Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 01.07.2004, Az.: 12 B 1203/04
Antrag auf Zulassung zum Kramermarkt; Als öffentliche Einrichtung festgesetztes Volksfest; Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 01.07.2004
- Aktenzeichen
- 12 B 1203/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 30435
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2004:0701.12B1203.04.0A
Rechtsgrundlagen
- § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO
- § 123 Abs. 3 VwGO
- § 920 Abs. 2 ZPO
- § 294 ZPO
- § 60b Abs. 1 GewO
- § 60b Abs. 2 S. 1 GewO
- § 920 Abs. 2 ZPO
- § 294 ZPO
- § 70 Abs. 3 GewO
- § 70 Abs. 1 GewO
- § 69 GewO
- § 40 Abs. 1 Ziff. 1 GO Ni
- Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG
- § 114 S. 2 VwGO
Fundstellen
- GewArch 2004, 419-423
- NVwZ-RR 2005, 127-131 (Volltext mit amtl. LS)
- NdsVBl 2005, 107-111
- NordÖR 2004, 418 (amtl. Leitsatz)
Verfahrensgegenstand
Zulassung zum Kramermarkt 2004
Prozessführer
R.-v, d, V, KG,
vertr.d.d. pers. haft. Ges. M. A.
Rechtsanwälte Dr. N. und andere, H-ststraße, O.
Prozessgegner
Stadt Oldenburg,
vertreten durch den Oberbürgermeister, Markt 1, 26105 Oldenburg,
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 12. Kammer -
am 1. Juli 2004
beschlossen:
Tenor:
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antrag auf Zulassung zum Kramermarkt 2004 in Oldenburg bis zum 1. September 2004 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt 3/4 und die Antragsgegnerin 1/4 der Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Das Begehren der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 123 VwGO zu verpflichten, sie mit ihrem neuen Autoscooter, hilfsweise mit dem bisher auf dem Kramermarkt bereits eingeführten Autoscooter "B.P." zum Oldenburger Kramermarkt 2004 zuzulassen und weiter hilfsweise den Antrag auf Zulassung zum Kramermarkt 2004 bis zu einem vom Gericht festzusetzenden Zeitpunkt erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden, ist zulässig, aber nur in dem im Tenor genannten Umfang begründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn sowohl ein Anordnungsgrund (die Eilbedürftigkeit der begehrten Regelung) als auch ein Anordnungsanspruch (der materiell-rechtliche Anspruch auf die begehrte Regelung) hinreichend glaubhaft gemacht worden sind (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Der erforderliche Anordnungsgrund liegt angesichts des von der Antragsgegnerin veranstalteten Kramermarktes vom 1. bis 10. Oktober 2004 vor. Weiterhin hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch - bezogen auf den Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag auf Zulassung zum Kramermarkt 2004 - hinreichend glaubhaft gemacht.
Die Antragsgegnerin betreibt den Kramermarkt gem. § 1 Nr. 2 lit. a ihrer Satzung über Wochenmärkte, Volksfeste und Spezialmärkte (Marktordnung) vom 20. Juni 2000 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems vom 30. Juni 2000, S. 570) als öffentliche Einrichtung und als nach § 60b Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GewO festgesetztes Volksfest, sodass die Antragstellerin gem. § 60b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 70 Abs. 1 GewO nach Maßgabe der für alle Veranstaltungsteilnehmer geltenden Bestimmungen einen Anspruch auf Zulassung zu dem nach § 69 GewO festgesetzten Volksfest der Antragsgegnerin hat. Die Antragstellerin gehört nach § 70 Abs. 1 GewO mit ihrem Autoscooter zum Teilnehmerkreis der festgesetzten Veranstaltung.
Ihr aus dem Grundsatz der Marktfreiheit abzuleitender Anspruch ist indes durch die Regelung in § 70 Abs. 3 GewO modifiziert. Hiernach kann der Veranstalter aus sachlich gerechtfertigten Gründen, insbesondere wenn der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreicht, allen Bewerbern einen Standplatz zuzuweisen, einzelne Aussteller und Anbieter von der Teilnahme ausschließen. Die Entscheidung, welchem der Bewerber der Vorzug zu geben ist, und welche Bewerber abzulehnen sind, steht im Ermessen des Veranstalters (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 18. Juli 2002 - 7 LB 3835/01 -, GewArch 2002, 428; Bay. VGH, Urteil vom 15. März 2004 - 22 B 03.1362 -, GewArch 2004, 248), sodass der Antragstellerin im Rahmen dieser Entscheidung grundsätzlich nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ausübung dieses Ausschließungsermessens zusteht (vgl. auch Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, Kommentar zur Gewerbeordnung, § 70 Rdnr. 10; Wagner, in: Friauf, Kommentar zur Gewerbeordnung, § 70 Rdnr. 54, jeweils m.w.N.).
Die dem ablehnenden Bescheid vom 12. März 2004 zu Grunde liegende Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin ist rechtswidrig. Es liegt zwar der für das Ausschließungsermessen nach § 70 Abs. 3 GewO erforderliche sachliche Grund vor: Die Antragsgegnerin hat nach eigenem Vorbringen, an dessen Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, den zur Verfügung stehenden Platz in Anspruch genommen und keine Platzreserven zurückgehalten.
Der zur Verfügung stehende Platz wird einmal begrenzt durch die festgesetzte Festplatzfläche und bestimmt sich auf diesem Platz neben den technischen Anforderungen insbesondere nach gestalterischen Gesichtspunkten. Es ist wegen des dem Veranstalter eingeräumten Ermessens nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die von den zugelassenen Bewerbern angegebenen Maße ihrer Geschäfte gerundet und mit Sicherheitspolstern versehen hat und die dann kurz vor Eröffnung des Marktes an verschiedenen Stellen entstandenen Lücken mit kleinen Geschäften gefüllt werden. Dies entspricht noch dem Grundsatz der optimalen Mängelverwaltung, wonach die vorhandenen Kapazitäten so zu nutzen sind, dass möglichst viele Bewerber zum Zuge kommen (vgl. Heitsch, Der gewerberechtliche Zulassungsanspruch zu Volksfesten, GewArch 2004, 225 f. m.w.N.; OVG Saarland, Beschluss vom 26. September 1991 - 1 W 103/91 -, GewArch 1992, 236). Die von der Antragstellerin behauptete "Freivergabe" an Geschäfte auch von 50 m Frontlänge findet nicht statt.
Die Antragstellerin ist der Gegenerklärung der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren auch nicht mehr entgegen getreten und hat ihre gegenteilige Behauptung nicht durch Tatsachen belegt. Es ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin das ihr eingeräumte Ermessen bei der Festlegung der Anzahl der Anbieter in den einzelnen Geschäftsgruppen so bestimmt hat, dass sie die Zahl der Autoscooter auf 4 begrenzt hat. Die Begrenzung der Zulassungszahl erfolgte, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den unterschiedlichen Angebotsgruppen zu erreichen und um so ein breit gefächertes Programmangebot auf dem Volksfest zur Verfügung zu stellen. Diese billigenswerten Gesichtspunkte halten sich wie auch die exakte Zahlenangabe in den einzelnen Sparten im Rahmen des dem Veranstalter eingeräumten (weiten) Ermessen das Veranstaltungs- und Platzkonzept festzulegen.
Die Antragsgegnerin hat aber den Anspruch der Antragstellerin auf fehlerfreie Ausübung des Ausschließungsermessens nach § 70 Abs. 3 GewO verletzt. Der Ausschluss der Antragsgegnerin erfolgte wegen Platzmangels und muss nach § 70 Abs. 3 GewO sachlich gerechtfertigt sein. Sachlich gerechtfertigt sind, wie sich aus dem Sinnzusammenhang der Regelungen in den einzelnen Absätzen des § 70 GewO ergibt, allein Gründe, die im Rahmen des vom Veranstalter festgelegten Volksfestkonzepts der Marktfreiheit Rechnung tragen, denn die sich aus § 70 Abs. 1 GewO ergebende Marktfreiheit wird durch § 70 Abs. 3 GewO nicht aufgehoben, sondern nur modifiziert (OVG Lüneburg, Urteil vom 21. September 1994 - 7 L 4560/93 -, V.n.b.; vgl. auch Heitsch, a.a.O., S. 227 m.w.N.).
Die Antragsgegnerin hat ihrer Entscheidung die vom Verwaltungsausschuss beschlossenen Richtlinien zur Durchführung des Zulassungsverfahrens zur Teilnahme an Volksfesten/ Spezialmärkten der Stadt Oldenburg zu Grunde gelegt. Damit hat sie dem Erfordernis, dass die Kriterien für die Auswahl und damit die Zulassung zum Volksfest und ihr Verhältnis zueinander vor der Entscheidung festgelegt sein müssen, um eine einheitliche Anwendung gegenüber sämtlichen Bewerbern nachvollziehbar und damit auch im Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes justiziabel zu machen, Genüge getan (vgl. Beschluss der Kammer vom 3. September 2003 - 12 B 1761/03 - mit Nachweisen zur Rechtsprechung).
Die Richtlinien sind entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil sie nicht vom Rat, sondern vom Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin aufgestellt worden sind. Da die Richtlinien als abstrakte Ermessensbindung der Verwaltung dienen sollen, sind sie zutreffend nicht als Geschäft der laufenden Verwaltung angesehen worden. Die innergemeindliche Zuständigkeit für den Erlass von Richtlinien zur Durchführung des Zulassungsverfahrens zur Teilnahme an Volksfesten/Spezialmärkten richtet sich vielmehr nach § 40 Abs. 1 Ziff. 1 NGO, wenn der Markt zugleich als öffentliche Einrichtung geführt wird (vgl. zur Frage der innergemeindlichen Zuständigkeit: Bay. VGH, Urteil vom 31. März 2003 - 4 B 00.2823 -, BayVBl. 2003, 501 = GewArch 2003, 304; VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 27. August 1990 - 14 S 2400/88 -, GewArch 1991, 35 = NVwZ-RR 1992, 90; VG Lüneburg, Urteil vom 17. September 2003 - 5 A 41/03 -, in welchem die Berufung zugelassen worden ist, weil die Frage, ob Auswahlentscheidungen nach § 70 Abs. 2 GewO durch einen gemeindlichen Veranstalter nur dann ermessensfehlerfrei getroffen werden können, wenn der Gemeinderat zuvor eine Zulassungsordnung oder einschlägige Vergaberichtlinien beschlossen habe, über den Einzelfall hinaus von grundsätzlicher Bedeutung sei). § 40 Abs. 1 Ziff. 1 NGO regelt die Richtlinienzuständigkeit des Rates, die auch nicht auf andere Organe der Gemeinde übertragen werden kann. Hierzu gehören auch die Richtlinien für die Benutzung von öffentlichen Einrichtungen nach § 22 Abs. 1 NGO (vgl. Thiele, NGO, 5. Auflage 1999, § 40 Anm. 2 unter Hinweis auf den Beschluss des OVG Lüneburg vom 24. April 1987 - 2 OVG B 29/87 -). Aus § 40 Abs. 1 Ziff. 1 NGO lässt sich zwar nicht ableiten, dass der Rat in Zulassungsverfahren zu gemeindlichen Märkten immer Richtlinien aufstellen muss. Eine solche Verpflichtung ergibt sich auch nicht aus den Regelungen der Gewerbeordnung für festgesetzte Märkte (vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 22. Dezember 2000 - 11 A 11462/99 -, juris; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. August 1981 - 9 A 65/81 -, NVwZ 1983, 49 = GewArch 1982, 304). Die Richtlinienkompetenz des Rates kann dieser aber nicht auf andere Organe der Gemeinde übertragen. Demnach wären die vom Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin aufgestellten Richtlinien nichtig. Die Antragstellerin könnte sich wegen der erheblichen Grundrechtsrelevanz der Zulassungskriterien auf die fehlerhafte innergemeindliche Zuständigkeit auch berufen (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 31. März 2003, a.a.O., VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. August 1990, a.a.O.).
Im vorliegenden Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hält die Kammer gleichwohl die vom Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin aufgestellten Richtlinien für anwendbar. Dabei sind folgende Überlegungen maßgebend: Der Rat der Stadt Oldenburg hat in der Marktordnung den grundlegenden Rahmen des Kramermarktes als öffentliche Einrichtung und als Volksfest festgelegt. Er hat - wenn auch sehr pauschal und allgemein - in dieser Marktordnung bestimmt, dass "das Angebot ausgewogen und mit attraktiven Geschäften abwechslungsreich gestaltet werden" soll (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Marktordnung). Daneben ist in § 5 Abs. 2 Marktordnung geregelt, dass die Zahl der zugelassenen Geschäfte in den einzelnen Sparten begrenzt werden könne, um ein ausgewogenes Angebot von Marktgeschäften zu erreichen. Im Beschluss vom 3. September 2003 - 12 B 1761/03 - hat die Kammer ausgeführt, dass diese Regelungen, denen sich auch unter Berücksichtigung der Regelungen in § 5 Abs. 6 Marktordnung keine näheren Bestimmungen über das Verfahren und die Kriterien der Auswahlentscheidung insbesondere bei fehlendem Platzangebot entnehmen lassen, nicht genügen als Grundlage einer Zulassungsentscheidung.
Angesichts der Größe des Oldenburger Kramermarktes und seiner wirtschaftlichen Bedeutung für die Schausteller hat die Kammer eine Festlegung der maßgeblichen Vergabekriterien und deren Verhältnis zueinander in Vergaberichtlinien gefordert. Diese sind nunmehr vom Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin aufgestellt worden. Da der Rat der Stadt Oldenburg in seiner Marktordnung die grundlegende Rahmenentscheidung getroffen und abstrakte ausführungsbedürftige Vorgaben gegeben hat, sieht es die Kammer im vorliegendem Verfahren als rechtlich zulässig an, dass die Konkretisierung dieses Rahmens durch den Verwaltungsausschuss erfolgt ist. Die konkrete Zulassungsentscheidung, die sich an den Vorgaben des Rates und des Verwaltungsausschusses auszurichten hat, fällt dann als Geschäft der laufenden Verwaltung in den Zuständigkeitsbereich der Verwaltung. Bedeutung behielten die Richtlinien im Übrigen auch bei angenommener Nichtigkeit als Ausdruck einer der Zulassungsentscheidung zu Grunde liegenden ständigen Übung, auf deren Einhaltung sich die Anbieter berufen könnten.
Hieraus ergibt sich, dass die für die konkrete Zulassungsentscheidung zuständige Verwaltung allerdings an die vom Verwaltungsausschuss aufgestellten Richtlinien als erlassene Ermessensdirektive gebunden ist. Auch die Antragstellerin kann sich unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG auf deren Einhaltung berufen.
Hiernach sind das Auswahlverfahren und infolge dessen die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin fehlerhaft und damit rechtswidrig, weil sie ihre Auswahlentscheidung nicht auf der Grundlage der Vergaberichtlinien, in denen die Auswahlkriterien und ihr Verhältnis zueinander näher bestimmt worden sind, getroffen hat: Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass es sich bei den Richtlinien nicht um Rechtsnormen handelt, sondern um Ermessens lenkende Richtlinien, die lediglich die ausgeübte Praxis der Vergabe der Plätze wieder geben. Sie sind deshalb keiner richterlichen Interpretation unterworfen.
Zu prüfen ist vielmehr, ob bei Anwendung derartiger Richtlinien in Einzelfällen der Gleichheitsgrundsatz verletzt oder der durch die gesetzliche Zweckbestimmung des § 70 GewO gezogene Rahmen nicht beachtet worden ist (OVG Lüneburg, Urteil vom 15. April 1992 - 7 L 3790/91 -, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 26. April 1979 - 3 C 111.79 -, DVBl. 1979, S. 881).
Die für das Auswahlverfahren maßgeblichen Grundsätze in den Richtlinien der Antragsgegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen: Zunächst werden die Betriebe bevorzugt, von denen angenommen werden kann, dass sie wegen ihrer Neuheit, Art, Ausstattung oder ihres Warenangebotes eine besondere Anziehungskraft ausüben (Ziff. 5.2 der Richtlinien). Dabei dürften in erster Linie Marktneuheiten angesprochen sein. Handelt es sich bei der konkreten Zulassung nicht um solche Marktneuheiten, richtet sich die Zulassung bei Anwendung der Richtlinien nach den dann geltenden allgemeinen Attraktivitätskriterien (Ziff. 5.2 Satz 2 und 5.3 der Richtlinien). Vorzuziehen sind Betriebe, die wegen ihrer optischen Gestaltung (insbesondere Fassadengestaltung, Beleuchtung), ihres Pflegezustandes, des Platzangebotes, der Präsentation oder ihres Warenangebotes attraktiver als gleichartige Betriebe anderer Bewerber sind (Ziff. 5.3 der Richtlinien).
Bei hiernach gleichwertigen Bewertungen der Attraktivität erhalten die "bewährten und bekannten Bewerber" gegenüber Neubewerbern den Vorzug (Ziff. 5.4 der Richtlinien). Erst wenn sich also Bewerber in gleicher Art, vergleichbarem Umfang und vergleichbarer Attraktivität vorstellen, greift das Kriterium "bekannt und bewährt" als weiteres Auswahlkriterium.
Erst bei gleicher Attraktivität aller Bewerber in einer Anzahl, die über die zuzulassende Zahl hinausgeht, ist das zusätzliche Auswahlkriterium "bekannt und bewährt" maßgebend. Dieser Vorrang der "Altbeschicker" tritt hinsichtlich eines Neubeschicker-/Neubewerberanteils von in der Regel 15 % zurück (Ziff. 5.5 der Richtlinien). Als hilfsweise heranzuziehende Auswahlkriterien nach Ziff. 5.6 der Richtlinien sind bei den bis hier vorliegenden gleichwertigen Bewertungen etwaige Ausschlussgründe gem. Ziff. 3.1 - 3.3 und 3.5 bis 3.6 der Richtlinien zu berücksichtigen.
Eine Nichtberücksichtigung erfolgt somit, wenn Ausschlussgründe gem.
- Ziff. 3.1
(Veränderungen des Betriebes),
- 3.2
(verfristete Bewerbung),
- 3.3
(unvollständiger Anmeldegrund),
- 3.5
(Leihgeschäfte) oder
- 3.6
(persönliche Zuverlässigkeit) vorliegen.
Liegen solche Ausschlussgründe nicht vor, entscheidet das Los (Ziff. 5.7 der Richtlinien).
Die Antragsgegnerin hat diese Richtlinien ihrer Entscheidung, den Antrag der Antragstellerin auf Zulassung des Autoscooters abzulehnen, auch unter Berücksichtigung der im gerichtlichen Verfahren nach § 114 Satz 2 VwGO zulässigerweise nachgeschobenen Begründungen nicht zu Grunde gelegt. Sie hatte bei Durchsicht und Zusammenstellung der Bewerber festgestellt, dass sich die in den letzten Jahren zugelassenen Anbieter von Autoscootern auch in diesem Jahr bewarben. Daneben hatten sich bislang nicht zugelassene, so genannte Neubewerber beworben. Weder dem Akteninhalt noch dem Vorbringen der Antragsgegnerin ist zu entnehmen, dass die Auswahl aller Bewerber - wie es die Richtlinien in Ziff. 5.3 vorsehen - nach Attraktivitätskriterien vorgenommen worden ist. Die Antragsgegnerin hat zunächst die vier "Altbeschicker" berücksichtigt und unter diesen vier Bewerbern eine Auswahl getroffen, ohne ihre Attraktivität mit der der "Neubewerber" zu vergleichen. Schon dies entspricht nicht den Richtlinien, denn erst bei Gleichwertigkeit aller Bewerber greift das Kriterium "bekannt und bewährt" nach Ziff. 5.4 der Richtlinien. Selbst wenn die Voraussetzungen für eine Auswahl nach Ziff. 5.4 bis 5.6 der Richtlinien vorgelegen hätten, erfolgte die Auswahl auch unter Berücksichtigung der nachgeschobenen Begründungen fehlerhaft. In der nachgeschobenen Begründung vom 19. Mai 2004 (Anlage zum Schriftsatz vom 24. Mai 2004) heißt es, dass die Antragstellerin sich mit einem neuen Autoscooter beworben habe, ohne die nach den Richtlinien erforderlichen Unterlagen beizufügen, es habe nicht einmal ein Prospekt vorgelegen.
Es seien lediglich Größen des Fahrgeschäftes angegeben worden, die für eine konkrete Berücksichtigung zu ungenau gewesen seien. Nach Ziff. 3.3 der Richtlinien durfte diese Bewerbung nicht berücksichtigt werden. Allerdings hatte die Antragstellerin sich gleichzeitig "alternativ" mit dem bisherigen Autoscooter "B. B." beworben. In dem Ergänzungsschreiben vom 16. Oktober 2003 heißt es hierzu:
"Wir bewerben uns aber schon jetzt mit diesem, unserem neuen Autoscooter, zusätzlich für ihre o.g. Veranstaltung, um einen reibungslosen Wechsel zwischen dem alten Autoscooter "B. B." und dem neuen Autoscooter "B. B." herbeiführen zu können.
Selbstverständlich hat auch unsere bisherige Bewerbung mit unserem bekannten Autoscooter Bestand. Auch dieser Autoscooter steht weiterhin zur Verfügung, falls Sie dieses wünschen."
Hinsichtlich dieses (in den Vorjahren zugelassenen) Fahrgeschäftes, um dessen Zulassung die Antragstellerin sich nach ihrem Bewerbungsschreiben also auch in diesem Jahr - wenn auch nur alternativ - bemühte, lagen die erforderlichen Unterlagen vor, sodass die Antragsgegnerin diese Bewerbung auch nicht an Ziff. 3.3 der Richtlinien scheitern ließ. Auch die übrigen Ausschlussgründe nach Ziff. 3.1, 3.2, 3.5 und 3.6 der Richtlinien lagen offenkundig nicht vor, sodass die Auswahl nicht nach Ziff. 5.6 der Richtlinien erfolgte. Ob die genannten Ausschlusstatbestände den Anforderungen des § 70 GewO genügen, also allein marktspezifische Ausschlussgründe in diesen Ziffern der Richtlinien geregelt sind, ist somit nicht zu prüfen.
Das Gericht hat auch von sich aus keine offenkundig nicht vorliegenden Gründe zu ermitteln.
Für den sich hieraus ergebenden Fall, dass trotz Anwendung aller vorausgegangenen Auswahlkriterien weiterhin eine Konkurrenzsituation besteht, entscheidet nach Ziff. 5.7 der Richtlinien das Los. Anders als Ziff. 5.7 der Richtlinien für diesen Fall vorsieht, ermittelte die Antragsgegnerin aber anschließend noch "graduelle Unterschiede im Erscheinungsbild der betreffenden Fahrgeschäfte". Dies entspricht schon vom Grundsatz her nicht den Richtlinien, sodass die Entscheidung der Antragsgegnerin bereits aus diesem Grund rechtswidrig ist.
Sie ist bei ihrer Entscheidung darüber hinaus auch - wie dem bisherigen Akteninhalt zu entnehmen ist - von falschen Tatsachen ausgegangen. Es handelt sich bei dem bislang zugelassenen Autoscooter der Antragstellerin nämlich nicht um ein "auslaufendes Modell". Auch die Fahrbahnfläche des Autoscooters der Antragstellerin ist nicht kleiner als die der Mitbewerber.
Die Fahrbahngrößen sind mit Ausnahme des Bewerbers W. R. nahezu identisch. Die Antragsgegnerin führt an dieser Stelle die Kriterien an, die nach Ziffern 5.2 bzw. 5.3 als Attraktivitätskriterium "Neuheit" und "Platzangebot" zu berücksichtigen sind. Schon dies widerspricht der Äußerung, dass es unter den bisherigen Stammbeschickern keine "gravierenden Attraktivitätsunterschiede" gegeben habe, "die in unmittelbarer Anwendung der Nr. 5.2 und 5.3 der Richtlinien eine Vergabe nach dieser Bestimmung zur Folge gehabt hätten." (Anlage vom 19. Mai 2004, S. 2 [Bl. 91 GA]). Es ist auch nicht unstreitig, dass sich die Geschäfte in zwei neuere (Bewerber W. R. und K.-H. H.) und zwei ältere (V./H. und Antragstellerin) aufteilen lassen und das Ältere des Bewerbers Vespermann "in jüngster Vergangenheit" von Grund auf erneuert sei. Die Antragsgegnerin stellt im letzten Schriftsatz vom 15. Juni 2004 klar, dass die Überholung der Geschäfte nach Angaben der Betreiber jährlich durchgeführt würde. Lediglich die optischen Elemente erlebten in der Regel eine langfristigere Erneuerung.
Auch die Fahrbahngröße sei im Wesentlichen identisch. Damit liegen die von der Antragsgegnerin angeführten zusätzlichen Attraktivitätsunterschiede in diesen Punkten auch tatsächlich nicht vor. Ob dem gegenüber die von der Antragstellerin aufgeführten Kriterien tatsächlich vorliegen, ist nicht entscheidungserheblich, da diese von der Antragsgegnerin ihrer Entscheidung nicht zu Grunde gelegt wurden.
Die sich hieraus ergebende rechtsfehlerhafte Ausübung des Ermessens führt allerdings nicht zur Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Antragstellerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zum Kramermarkt 2004 zuzulassen; insoweit ist der Antrag der Antragstellerin abzulehnen, weil sie einen entsprechenden Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat.
Die von der Antragstellerin begehrte Regelung steht - wie dargelegt - im Ermessen der Antragsgegnerin.
In einem Hauptsacheverfahren hat ihr Begehren auf Verpflichtung der Antragsgegnerin auf Zulassung zum Volksfest nur dann Erfolg, wenn eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin sich hierauf reduzierte, d.h. allein die Zulassung zum Volksfest ermessenfehlerfrei wäre (sog. Ermessensreduzierung auf Null). Andernfalls kann sie lediglich eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Zulassungsantrag begehren, sodass die von der Antragstellerin begehrte Zulassung zum Kramermarkt 2004 im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Überschreitung des in einem gegebenenfalls folgenden Klageverfahren zu erreichenden Rechtsschutzes führte. Ob bei einer Ermessensentscheidung ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Zulassung nur dann als hinreichend glaubhaft gemacht angesehen werden kann, wenn die ablehnende Ermessensentscheidung ermessensfehlerhaft ist und allein das Ergehen der vom Betroffenen beantragten Entscheidung als ermessensfehlerfrei erscheint (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. August 1978, - 1 WB 112.78 -, BVerwGE 63,110, 112 [BVerwG 16.08.1978 - 1 WB 112/78]; OVG Greifswald, Beschluss vom 22. August 1995 - 2 M 62/95 -, GewArch 1996, 76, 78; OVG Münster, Beschluss vom 4. November 1994 - 8 B 1845/94 -, NVwZ-Beilage 1995, 20, 22) oder ob zur Vermeidung verfassungswidriger Rechtsschutzlücken vorläufiger Rechtsschutz auf Zulassung bereits dann zu gewähren ist, wenn die Versagung des begehrten Verwaltungsaktes ermessensfehlerhaft ist und sich bei summarischer Prüfung bereits erkennen lässt oder überwiegend wahrscheinlich ist, dass eine Neubescheidung zu Gunsten des Antragstellers ausgehen wird (vgl. zum Meinungsstreit Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, Rdnr. 237 ff.; OVG Schleswig, Beschluss vom 6. Dezember 1996 - 3 M 104/96 -, ÖD 1997, 212 f. m.w.N.), kann im vorliegenden Fall offen bleiben.
Denn es ist nicht ersichtlich, dass allein die Zulassung der Antragstellerin zum Kramermarkt 2004 eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung darstellt. Mangels Vorlage der nach den Richtlinien erforderlichen Unterlagen bis zum Bewerbungsfristablauf darf die Antragsgegnerin nach Ziff. 3.3 der Richtlinien die Bewerbung der Antragstellerin mit dem neuen Autoscooter nicht berücksichtigen. Hinsichtlich des bisher zugelassenen Autoscooters ist nach den anzuwendenden Richtlinien eine Losentscheidung herbeizuführen, wenn trotz Anwendung aller Auswahlkriterien weiterhin eine Konkurrenzsituation besteht (Ziff. 5.7 der Richtlinien).
Angesichts einer Losentscheidung kann von einer allein zu Gunsten der Antragstellerin ausgehenden Entscheidung der Antragsgegnerin nicht ausgegangen werden.
Indes sieht es die Kammer im vorliegenden Fall zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG) für erforderlich an, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur erneuten Bescheidung zu verpflichten. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung bezogen auf einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ist nicht ausgeschlossen, setzt aber wegen der Vorwegnahme der Hauptsache voraus, dass dies die einzige Möglichkeit ist, wirksamen Rechtsschutz zu erlangen (vgl. Finkelnburg/Jank, a.a.O., Rdnr. 238 ff. und 241 und Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., Rdnr. 159 mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung). Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet nicht nur das formale Recht, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes.
Dieser muss die vollständige Nachprüfung des angegriffenen Hoheitsaktes in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht durch ein Gericht ermöglichen. Bezogen auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebietet das Erfordernis effektiven Rechtsschutzes - vor allem wenn Grundrechte des Rechtsschutzsuchenden betroffen sind - der Schaffung vollendeter Tatsachen so weit wie möglich zuvorzukommen, die im Falle der endgültigen Feststellung der Rechtswidrigkeit des hoheitlichen Handelns nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer vom 15. August 2002 - 1 BvR 1790/00 -, NJW 2002, 3691 [BVerfG 15.08.2002 - 1 BvR 1790/00] mit weiteren Nachweisen, vgl. hierzu Pöcker, Rechtsschutzfragen bei Verteilungsentscheidungen der öffentlichen Hand, NVwZ 2003, 688). Aus diesem Grund steht dem Anspruch der Antragstellerin auch nicht entgegen, dass über die Zulassungsanträge der Mitbewerber bereits entschieden ist und die zur Verfügung stehenden Plätze bereits vergeben sind. Die Erschöpfung der Platzkapazität rechtfertigt eine Versagung effektiven einstweiligen Rechtsschutzes nicht:
"Ergibt die Überprüfung der versagenden Vergabeentscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, dass ein Standplatz zu Unrecht vorenthalten wurde, hat das Fachgericht eine entsprechende Verpflichtung des Marktanbieters auszusprechen. Es ist dann die im Einzelnen vom Gericht nicht zu regelnde Sache des Marktanbieters, diese Verpflichtung umzusetzen. Sowohl das öffentliche Recht wie das Privatrecht halten mit Widerruf und Rücknahme oder der Möglichkeit der (außerordentlichen) Kündigung, ggfls. gegen Schadensersatz für den rechtswidrig bevorzugten Marktbeschicker, Vorkehrungen für den Fall bereit, dass die öffentliche Hand eine zunächst gewährte Rechtsposition entziehen muss."
(BVerfG, a.a.O.; vgl. auch die Rechtsprechung der Kammer, Beschluss vom 3. September 2003 - 12 B 1761/03 -; VGH Kassel, Beschluss vom 27. November 1992 - 8 TG 2430/92 -, GewArch 93, 248).
Auch im vorliegenden Verfahren ist demnach der Grundsatz effektiven Rechtsschutzes - auch im Hinblick auf das Grundrecht der Antragstellerin auf freie Berufsausübung - zu bejahen, weil allein durch eine Neubescheidung die Möglichkeit der Antragstellerin gewahrt wird, zum diesjährigen Kramermarkt zugelassen zu werden. Eine hiervon abweichende Beurteilung ist nach Auffassung des Gerichts nur dann gerechtfertigt, wenn offenkundig ist, dass die von der Behörde zu treffende Ermessensentscheidung rechtsfehlerfrei zu Ungunsten des Antragstellers ausgehen wird und damit die Gefahr, dass die Folgen einer rechtswidrigen hoheitlichen Maßnahme nicht rückgängig gemacht werden können, nicht zu befürchten ist oder ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe dem entgegenstehen.
Solche offenkundigen Gründe liegen nicht vor. Angesichts des zeitlichen Ablaufs ist es im vorliegenden Verfahren aus den oben genannten Gründen noch ausreichend, wenn nicht der Rat der Antragsgegnerin neue Richtlinien aufstellt, sondern die Antragsgegnerin ihrer Entscheidung die vom Verwaltungsausschuss aufgestellten Richtlinien zu Grunde gelegt.
Ob eine nach allem noch rechtzeitig vor dem Beginn des Volksfestes zutreffende Entscheidung der Antragsgegnerin nur durch Losentscheid herbeiführt wird, hängt davon ab, ob die in Ziff. 5.7. der Richtlinien vorausgesetzte Konkurrenzsituation weiterhin besteht. Dies setzte schon voraus, dass sich hinsichtlich aller Bewerber (sowohl Alt- wie Neu-) keine Unterscheidungsmerkmale fänden. Das erscheint wenig wahrscheinlich und dürfte dem mit den Richtlinien beabsichtigten Zweck, die Volksfeste unter Berücksichtigung ihrer Tradition, eines veranstaltungstypischen Gesamtbildes und einer besonderen Nähe zur Region mit einer größtmöglichen Attraktivität und Ausgewogenheit des Angebots der Betriebsarten untereinander als auch innerhalb der jeweiligen Betriebsart auszustatten, um die Veranstaltungen auf diesem Weg zu einem Publikumsmagneten und Wirtschaftsfaktor mit herausragender Bedeutung weiter zu entwickeln, nicht entsprechen (vgl. Präambel der vom Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin aufgestellten Richtlinien). Diese Hinweise in der Präambel wie auch die tatsächliche Vorgehensweise in den Zulassungsverfahren deuten darauf hin, dass die Antragsgegnerin nicht allen Bewerbern die gleichen Zulassungschancen einräumen will. Ein Auswahlverfahren, das jedem Bewerber die gleiche Zulassungschance einräumt, ist zwar rechtlich nicht zu beanstanden. Aber auch dann, wenn der Veranstalter sich an Merkmalen orientiert, die nicht bei jedem Bewerber vorliegen können, muss sich die sachliche Vertretbarkeit dieser Differenzierung aus der Eigenart des Marktgeschehens ableiten lassen. Dies ist z.B. bei der Bevorzugung bekannter und bewährter Unternehmen der Fall (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 1984 - 1 C 26.82 -, NVwZ 1984, 585). Diese auch unter der Rubrik der Attraktivität zu wertenden Abgrenzungs- und damit Ausschlusskriterien dürfen aber nicht dazu führen, dass den Neubewerbern weder im Jahr der Antragstellung noch in einem erkennbaren zeitlichen Turnus eine Zulassungschance eingeräumt wird (BVerwG, Urteil vom 27. April 1984 - 1 C 24.82 -, NVWZ 1984, 585; OVG Lüneburg, Urteil vom 18. Juli 2002 - 7 LB 3835/01 -, GewArch 2002 428 = NJW 2003, 531 = Nds. VBl. 2002, 290).
Nach Auffassung des Gerichts können auch bei der Sparte der Autoscooter Attraktivitätsunterschiede bestehen. Dies ist in der den Beteiligten bekannten Entscheidung des OVG Lüneburg vom 18. Juli 2002 (a.a.O.) betont, nach dem dort der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt aber verneint worden. Hierzu zählen weniger die für das Publikum nicht bemerkbaren technischen Entwicklungsstände, sondern eher die Größe der Fahrfläche und das Alter der Fahrgeschäfte. Selbst eine Dekoration kann, wenn sie bemerkbare Unterschiede deutlich macht, auf die der Markt reagiert, ein Unterscheidungskriterium darstellen. Auch diese nicht abschließende Aufzählung (Heitsch, a.a.O., S. 229) führt daneben noch die Eintrittspreise und die Standgestaltung an), ist von den Verwaltungsgerichten nicht zu ergänzen.
Die Verwaltungsgerichte griffen dann unzulässigerweise in die Bewertungs- und Beurteilungskompetenz der Verwaltung ein (vgl. Heitsch, a.a.O., S. 227 mit umfangreichen Rechtsprechungs- und Literaturnachweisen). Dies gilt in besonderem Maße für die Beurteilung der Attraktivität, die - wie ausgeführt - notwendig mit subjektiven Vorstellungen und Wertentscheidungen verbunden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO. Hinsichtlich der Verteilung der Kosten sind die Begehren der Antragstellerinnen hinsichtlich des neuen und des bisher zugelassenen Autoscooters gleich zu gewichten. Dem Begehren auf erneute Bescheidung kommt im Vergleich zur Verpflichtung der Antragsgegnerin die hälftige Bedeutung zu.
Streitwertbeschluss:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20, 13 Abs. 1 S. 1 Gerichtskostengesetz und ist nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Das Gericht erachtet in Anlehnung an den so genannten Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 1996, 653 [VG Berlin 20.09.1995 - 19 A 1766/95]) unter II Nr. 14.7 (Zulassung zum Markt) es für angemessen, den Streitwert für die Zulassung eines größeren Fahrgeschäftes mit 5.000,00 Euro festzusetzen.
Schulze,
Winkler