Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 28.10.2010, Az.: 11 B 2991/10
Gerichtliche Überprüfbarkeit eines die Marktfreiheit erhaltenden Zulassungssystems für die Teilnahme an einem Weihnachtsmarkt; Konsequenzen der Rechtswidrigkeit eines für eine Marktzulassung angewendeten Auswahlverfahrens; Voraussetzungen für die Verfassungsmäßigkeit von Auswahlverfahren und Auswahlkriterien
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 28.10.2010
- Aktenzeichen
- 11 B 2991/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 31293
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2010:1028.11B2991.10.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 12 Abs. 1 GG
- Art. 19 Abs. 4 GG
- § 69 GewO
- § 70 Abs. 1 GewO
- § 70 Abs. 2 GewO
- § 70 Abs. 3 GewO
- § 123 Abs. 1 VwGO
Verfahrensgegenstand
Marktzulassung I. Weihnachtsmarkt- Antrag nach § 123 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Zulassung zum Weihnachtsmarkt 2010 mit einem Baumkuchenstand
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die Bildung von verschiedenen Kategorien und Untergruppen und die Zuweisung einer Anzahl von Standplätzen zu jeder Kategorie und Untergruppe sind geeignet, ein möglichst breit aufgefächertes und damit attraktives Angebot für die Besucher eines kommunalen Weihnachtsmarkts zu sichern. Die Ausrichtung der Auswahlentscheidung der Marktteilnehmer vorrangig an der Attraktivität des Angebotes auf der Grundlage der von der Kommune entwickelten und einem Punktesystem zugeordneten Bewertungskriterien ist grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden. Ein derartiges Vergabeverfahren ist geeignet, die Zulassungschance im Rahmen des § 70 Abs. 3 GewO zu garantieren.
- 2.
Eine Auswahlentscheidung, der ein System zugrunde liegt, das Neubewerbern oder Wiederholungsbewerbern, die nicht kontinuierlich auf dem Markt vertreten waren, weder im Jahre der Antragstellung noch in einem erkennbaren zeitlichen Turnus eine Zulassungschance einräumt, liegt außerhalb der Ermessensgrenzen des § 70 Abs. 3 GewO.
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 11. Kammer -
am 28. Oktober 2010
beschlossen:
Tenor:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Bewerbung der Antragstellerin auf Teilnahme am I. Weihnachtsmarkt 2010 mit einem Baumkuchenstand innerhalb einer Woche nach Zustellung dieser Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 9.000,00 EURO festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren von der Antragsgegnerin die Zulassung zur Teilnahme an dem von der Antragsgegnerin veranstalteten J. Weihnachtsmarkt 2010.
Von den insgesamt 141 zugelassenen Bewerbungen für den I. Weihnachtsmarkt 2010 entfielen nach der von der Antragsgegnerin seit 2010 vorgenommenen Kategorisierung auf
Kat. 1 | Kunsthandwerker/Geschenkartikel | 31 Bewerbungen |
---|---|---|
Kat. 2 | Süßwaren | 18 Bewerbungen |
Kat. 3 | Kinderkarussells | 16 Bewerbungen |
Kat. 4 | Reine Getränkestände | 21 Bewerbungen |
Kat. 5 | Speisen, auch mit nachrangigem Getränkeausschank | 40 Bewerbungen |
Kat. 5.1 | Vollimbisse | 10 Bewerbungen |
Kat. 5.2 | Pizza- und Pastastände | 5 Bewerbungen |
Mit dem am 30.12.2009 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Schreiben bewarb sich die Antragstellerin mit ihrem noch zu bauenden zweiteiligen Stand "Baumkuchen, Konditoreispezialitäten, Getränke" neben 39 weiteren Bewerbern für den in der Zeit vom 24.11.2010 bis zum 23.12.2010 von der Antragsgegnerin veranstalteten Weihnachtsmarkt mit Angaben zu Größe und Ausstattung des Standes und fügte einen Lageplan und eine Architektenzeichnung mit Grundriss bei.
Mit Schreiben vom 22.03.2010 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin über das weitere Verfahren zur Vergabe der Standplätze. Das Hauptgewicht auf dem K. Weihnachtsmarkt liege auf kunsthandwerklichen Ständen. Als weitere Kategorien werde zwischen Süßwaren, Karussells, reinen Getränkeständen und Speiseständen differenziert. Bei der Standvergabe werde darauf geachtet, dass die Stände attraktiv seien und sich dem Altstadtcharakter, der Umgebung, aber auch der Weihnachtszeit anpassen. Bei der Auswahl und Bewertung der Stände werde nach den in Anlage beigefügten Vergaberichtlinien und dem Kriterienkatalog 2010 in allen angebotenen Kategorien verfahren. Bei den Ständen der Kategorie "Speisen" entscheide der überwiegende Anteil der jeweils spezifischen Verkaufsfläche über die Zuordnung der Unterkategorie. Sei aus der Bewerbung der überwiegende Anteil nicht eindeutig ersichtlich, werde der Bewerber darüber informiert und entscheide danach über die Zuordnung zur Unterkategorie. Um nach diesen Kriterien eine Standvergabe unter den gleichen Voraussetzungen für alle Bewerber vornehmen zu können, sei es erforderlich, von allen Bewerbern eine ausführliche Beschreibung ihres Sortiments sowie des Verkaufsstandes vorliegen zu haben. Zur Untermauerung seien auch Bilder, Prospekte etc. des Standes hilfreich, um einen optischen Eindruck vom jeweiligen Stand zu gewinnen. Zur Erstellung des Standplanes seien die genauen Maße des Verkaufsstandes notwendig. Dazu werde allen Bewerbern Gelegenheit gegeben, ihre bereits vorliegende Bewerbung unter Berücksichtigung der Vergaberichtlinien und des Kriterienkataloges bei Bedarf bis spätestens zu 16.04.2010 zu ergänzen. Das bloße Ausfüllen oder Ankreuzen der Merkmale auf dem Kriterienkatalog sei dafür nicht ausreichend und finde bei der Bewertung keine Berücksichtigung. Für Fragen zum weiteren Auswahlverfahren stehe ihr Sachbearbeiter gerne zur Verfügung.
Mit dem am 15.04.2010 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Schreiben ergänzte die Antragstellerin ihre Bewerbung mit Angaben zur Bauweise- und Gestaltung der noch zu bauenden Hütte und dem Angebot unter Hinweis auf ihr Highlight, dass sie mit einer nostalgischen Baumkuchenmaschine Baumkuchen herstellen und anbieten wolle, und fügte ein Foto von der nostalgischen Baumkuchenmaschine bei. Ferner heißt es: "Bei den Vergabekriterien erfüllen wir alle Vorgaben, wobei bei Punkt 1.1 Wände - die Alternativlösung entfällt und bei 1.2 Bedachung - ebenfalls die Alternativlösung nicht zum Tragen kommt. 5. Barrierefreiheit ist vollständig gegeben. Hiernach erreichen wir insgesamt 121 Punkte; somit die höchstmögliche Punktzahl."
Mit Bescheid vom 22.06.2010 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie nach der auf der Grundlage ihrer Weihnachtsmarktsatzung nach Maßgabe der Vergaberichtlinien vorgenommenen Auswahlentscheidung mit 35 Punkten in der von ihr beworbenen Kategorie keinen Standplatz mit dem Verkauf von "Baumkuchen, Konditoreispezialitäten, Getränke" auf dem I. Weihnachtsmarkt 2010 erhalten habe.
Die Antragstellerin hat am 06.07.2010 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und gleichzeitig Klage erhoben (Az.: 11 A 2990/10).
Sie legt eine eidesstattliche Versicherung ihrer Geschäftsführerin vor und macht geltend, sie habe einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Teilnahme am I. Weihnachtsmarkt 2010 mit ihrem Baumkuchenstand. Die Vergabeentscheidung der Antragsgegnerin verletze sie in ihrem Teilnahmerecht auf Zulassung zu dem von der Antragsgegnerin festgesetzten Weihnachtsmarkt. Die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Die von ihr vorgelegte und ergänzte Beschreibung ihres Standes für den I. Weihnachtsmarkt 2010 mit dem Verkauf von Baumkuchen, Konditoreispezialitäten und Getränken entspreche den Vorgaben der Weihnachtsmarktsatzung und der dazu ergangenen Vergaberichtlinien der Antragsgegnerin. Entsprechend dem Hinweis der Antragsgegnerin habe sie den Kriterienkatalog nicht bloß ausgefüllt oder angekreuzt, sondern in der ergänzenden Beschreibung darauf hingewiesen, dass sie alle Vorgaben der Vergabekriterien erfülle. Diese explizite Erklärung habe die Antragsgegnerin bei der Ausübung ihres Ermessens missachtet.
Hingegen seien der Mitbewerberin L. M. auf den vergleichbaren Hinweis, dass ihr Hüttenschmuck alle von der Antragsgegnerin vorgegebenen Punkte erfüllt habe und auch in diesem Jahr voll erfüllen werde, ohne nähere Beschreibung die bei diesem Kriterium erreichbare volle Punkzahl zuerkannt worden. Damit liege ein Verstoß gegen das Willkürverbot und den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Das gelte auch für die Beigeladenen und andere erfolgreiche Mitbewerber um einen Standplatz auf dem I. Weihnachtsmarkt in der Kategorie 5. Sie hätten die mögliche Punktzahl erreicht, obwohl sie die Vergabekriterien lediglich abgeschrieben hätten, ohne diese näher zu erläutern. Eine Ungleichbehandlung bestehe auch gegenüber den Beigeladenen zu 2) bis 5), die auf ihre Bilder aus den Vorjahren verwiesen, während sie als Neubewerberin mit einem noch nicht gebauten Stand keine Fotos vorweisen könne.
Ohne den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung drohten ihr wesentliche Nachteile. Angesichts der Tatsache, dass die Hütte noch gebaut werden müsse und für den Beginn des Weihnachtsmarktes eine gewisse Vorlaufzeit erforderlich sei, liege keine Vorwegnahme der Hauptsache vor.
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihre Bewerbung auf Teilnahme am Weihnachtsmarkt mit einem Baumkuchenstand unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts bis zu einem vom Gericht festzusetzenden Zeitpunkt erneut zu bescheiden.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und führt ergänzend aus, für die beantragte Kategorie seien nur 15 Plätze vergeben worden. Mit den erreichten 35 Punkten habe die Antragstellerin lediglich Platz 31 erreicht. Die Bewerberin Dörte Meyer habe ihre Bewerbungen zurückgezogen, so dass die Bewerber der laufenden Nummern 16 bis 18 der Liste nachgerückt seien. Aus der Bewerbung der Antragstellerin gehe nicht hervor, inwiefern sie die Kriterien erfülle, sondern nur, dass sie der Meinung sei, die Höchstpunktzahl erreicht zu haben. Die Kriterien anhand derer sie zu dem Ergebnis gekommen sei, seien aus dem Anschreiben und den weiteren Unterlagen nicht ersichtlich.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und sich auch im Übrigen nicht am Verfahren beteiligt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO hat Erfolg.
Die Antragstellerin hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie gegenüber der Antragsgegnerin einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Teilnahme an dem in der Zeit vom 24.11.2010 bis zum 23.12.2010 von der Antragsgegnerin veranstalteten Weihnachtsmarkt mit ihrem Baumkuckenstand hat und dass ihr wesentliche Nachteile im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO drohen, wenn die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergeht.
Eine eventuelle Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigt vorliegend nicht, die Erfordernisse eines effektiven Rechtsschutzes hintanzustellen. Die von der Rechtsprechung im Hinblick auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG entwickelten Grundsätze zu Ausnahmen vom Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache stellen zu Recht regelmäßig auch auf den irreparablen Rechtsverlust als solchen oder das Zeitmoment ab, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit zu spät käme (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.08.2002 - 1 BvR 1790/00 - NJW 2002, 3691 f. m.w.N.).
Die Vergabeentscheidung der Antragsgegnerin über die Bewerbung der Antragstellerin auf Teilnahme am I. Weihnachtsmarkt 2010 ist bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihrem Teilnahmerecht nach§ 70 Abs. 1 GewO.
Die Antragstellerin hat grundsätzlich gemäß § 70 Abs. 1 GewO einen Anspruch auf Zulassung zu dem nach § 69 GewO von der Antragsgegnerin festgesetzten Weihnachtsmarkt. Dieser aus dem Grundsatz der Marktfreiheit abzuleitende Anspruch ist allerdings durch § 70 Abs. 3 GewO eingeschränkt. Der Veranstalter kann nach § 70 Abs. 3 GewO aus sachlich gerechtfertigen Gründen, insbesondere wenn der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreicht, einzelne Aussteller, Anbieter oder Besucher von der Teilnahme ausschließen. Erfordert die Struktur oder die Platzkapazität einer Veranstaltung eine Beschränkung einzelner Stände oder Fahrgeschäfte, so steht es im Ermessen des Veranstalters, in welchem Umfang Beschränkungen vorzunehmen sind und wie die erforderliche Auswahlentscheidung zwischen mehreren Anbietern zu treffen ist.
Das Gestaltungsermessen bei der Konzeption der Veranstaltung und das Verteilungsermessen nach § 70 Abs. 3 GewO sind nicht nur durch die jede Ermessensentscheidung der Verwaltung bindenden Grundsätze eingeschränkt. Das Verteilungsermessen des Veranstalters unterliegt neben den jede Ermessensentscheidung der Verwaltung bindenden Grundsätzen wie Gleichheitsgrundsatz und Willkürverbot auch den sich aus dem Grundsatz der Marktfreiheit ergebenden Schranken (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.1984 - 1 C 24.82 - GewArch 1984, 265 = DVBl 1984, 1071). Wie im Einzelnen ein die Marktfreiheit erhaltendes Zulassungssystem auszugestalten ist, welche Bewerbergruppen gebildet werden und nach welchem System Standplätze zugeteilt werden, liegt im gerichtlich nur beschränkt nachprüfbaren Ermessen des Veranstalters (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 16.06.2005 - 7 LC 201/03 - NVwZ-RR 2006, 117). § 70 Abs. 3 GewO gibt einen bestimmten Auswahlmodus nicht vor. Der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 7/3859, S. 16) ist lediglich zu entnehmen, dass die Entscheidung des Veranstalters willkürfrei zu sein hat. Eine Auswahlentscheidung nach einem System, das nicht auf dem Markt vertretenen Neu- und Wiederholungsbewerbern weder im Jahr der Antragstellung noch in einem erkennbaren zeitlichen Turnus eine Zulassungschance einräumt, liegt jedenfalls außerhalb der Ermessensgrenzen des § 70 Abs. 3 GewO (vgl. BVerwG a.a.O.; Nds. OVG, Urt. v. 18.07.2002 - 7 LB 3835/01 -).
Nach diesen Maßstäben ist zwar die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens zu dem von der Antragsgegnerin festgesetzten Weihnachtsmarkt 2010 und die Ausrichtung der Auswahlentscheidung vorrangig an der Attraktivität des Angebots auf der Grundlage der von der Antragsgegnerin entwickelten und einem Punktesystem zugeordneten Bewertungskriterien und bei Punktgleichheit nachrangig an dem Auswahlkriterium "bekannt und bewährt" und einem Losverfahren im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Weihnachtsmarktsatzung der Antragsgegnerin vom 28.04.2010 regelt in § 4 die Zulassung zum Markt. Nach § 4 Abs. 2 der Weihnachtsmarktsatzung müssen Anträge auf Zulassung spätestens bis zum 31.12. des Vorjahres bei der Antragsgegnerin eingegangen sein und das Sortiment und die Größe des Standes angeben. Darüber hinaus sind auf Anforderung der Antragsgegnerin ergänzende Unterlagen wie Ablichtungen des Standes sowie eine Beschreibung oder Ablichtung der Produkte, die angeboten werden sollen, beizufügen. Über diese formellen Voraussetzungen hinausgehende Richtlinien für die Auswahl der Anbieter gemäß § 70 Abs. 3 GewO enthält die Marktsatzung nicht. § 5 Abs. 1 Satz 1 der Marktsatzung bestimmt lediglich, dass die Antragsgegnerin die Standplätze nach Maßgabe der zu dieser Marktsatzung erlassenen Vergaberichtlinie zuweist. Diese finden sich in den von der Oberbürgermeisterin der Antragsgegnerin unterzeichneten "Vergaberichtlinien zu § 5 der Weihnachtsmarktsatzung der Stadt N. " vom 28.04.2010.
Nach Ziffer 3. dieser neu gestalteten Vergaberichtlinien werden die zur Verfügung stehenden Plätze vorab in die fünf Hauptkategorien unterteilt: Kategorie 1 "Kunsthandwerk/Geschenkartikel", Kategorie 2 "Süßwaren", Kategorie 3 "Kinderkarussells", Kategorie 4 "Reine Getränkestände" und Kategorie 5 "Speisen, auch mit nachrangigem Getränkeausschank". Nach Ziffer 4. der Vergaberichtlinien wird die Kategorie 5 in die Unterkategorien 5.1 " typisch deutsche Imbissgerichte (z.B. Bratwurst, Currywurst, Schinkenwurst)" und 5.2 "italienische Pizza- /Pastastände" untergliedert. Allen Hauptkategorien wird ein maximaler prozentualer Anteil der ca. 70 verfügbaren Standplätze zugeordnet mit der Maßgabe, dass der Schwerpunkt des I. Weihnachtsmarkes bei den Ständen mit Kunsthandwerk und Geschenkartikel liegt.
Dazu hat das Verwaltungsgericht Hannover bereits in seinen Beschlüssen vom 31.10.2008 (Az.: 11 B 4403/08 und 11 B 4885/08) und in seinen Beschlüssen vom 26.10.2009 (Az.: 11 B 3597/09 und 11 B 4052/09), vom 26.10.2009 (Az.: 11 B 3593/09) und vom 29.10.2009 (Az.: 11 B 3660/09 und 11 B 3698/09) ausgeführt, dass die Bildung von verschiedenen Kategorien und Untergruppen und die Zuweisung einer Anzahl von Standplätzen zu jeder Kategorie und Untergruppe geeignet sind, ein möglichst breit aufgefächertes und damit attraktives Angebot für die Besucher des Weihnachtsmarkts zu sichern, und nicht zu beanstanden sind.
Eine solche Unterteilung der Bewerbungen in Kategorien und Unterkategorien und die Zuordnung der Stände durch die Antragsgegnerin ist seit der Umsetzung der im Vermerk vom 20.06.2002 festgehaltenen "Ausgestaltung der Vergaberichtlinien zu § 5 der Weihnachtsmarktsatzung der Stadt N. " durch die Antragsgegnerin bekannt und ist auch bei der Standplatzvergabe zum I. Weihnachtsmarkt der Vorjahre in dieser Form praktiziert worden. Damit ist insofern jedenfalls eine den Grundrechtsschutz sichernde Verfahrensgestaltung durch ein für alle Bewerber einheitliches, vorher festgelegtes und deshalb gerichtlich überprüfbares Verfahren gewährleistet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.09.2002 - 1 BvR 819/01 und 1 BvR 826/01 - NJW-RR 2003, 203).
Eine Modifizierung und teilweise Neufassung der Vergaberichtlinien sowie von Teilen der Ausgestaltungsvorschriften hat die Antragsgegnerin bereits ihrer Auswahlentscheidung zum Weihnachtsmarkt 2009 zugrunde gelegt und dabei berücksichtigt, dass das erkennende Gericht die für nicht praktikabel erachtete Anwendung der materiellen Auswahlkriterien nach Ziffer 4 der "Vergaberichtlinien zu § 5 der Weihnachtsmarktsatzung der Stadt N. " vom 29.04.1999 ohne weitere Anwendungshinweise zur Gewichtung oder Rangfolge der Auswahlkriterien in seinen Beschlüssen vom 31.10.2008 (Az.: 11 B 4403/08 und 11 B 4885/08) als rechtswidrig angesehen hat.
Der Inhalt der der Vergabeentscheidung der Antragsgegnerin im vergangenen Jahr zugrundeliegenden, durch die von ihren Mitarbeitern unterzeichneten Vermerke vom 16.01.2009 und vom 17.02.2009 geänderten Vergaberichtlinien hat nunmehr Eingang in die Vergaberichtlinien zu § 5 der Weihnachtsmarktsatzung der Stadt N. " vom 28.04.2010 gefunden.
Nach Ziffer 5. der Neufassung erfolgt die Platzvergabe auf der Grundlage der "Vergabekriterien für den I. Weihnachtsmarkt (des jeweiligen Jahres)" (Muster siehe Anlage). Die Vergabekriterien werden allen bis zum 31.12. des Vorjahres vorliegenden Bewerbern zugesandt. Jeder Bewerber hat danach innerhalb einer von der Antragsgegnerin festgesetzten Frist die Möglichkeit, seine Bewerbung durch entsprechende aussagekräftige Unterlagen zu ergänzen.
Nach Ziffer 6. erfolgt die Auswahl der Stände innerhalb der Kategorien und Unterkategorien auf der Grundlage der Vergabekriterien und der von den Bewerbern eingereichten Unterlagen. Dabei wird ein einheitliches Punktesystem zugrunde gelegt. Bewerber mit der höchsten Punktzahl erhalten den Zuschlag für einen Standplatz, danach Bewerber mit der zweithöchsten Punktzahl usw., bis die zur Verfügung stehenden Plätze der jeweiligen Kategorie und Unterkategorie belegt sind. Bei Punktgleichheit entscheidet das Los.
Ergänzend dazu sieht die Neufassung der Vergaberichtlinien vom 28.04.2010 im dritten und vierten Absatz der Ziffer 6. vor, dass bei einem Losverfahren zunächst die Bewerber berücksichtigt werden, die in den vergangenen drei Jahren mindestens einmal vollständig den J. Weihnachtsmarkt bestückt haben. Erst wenn keine oder keine entsprechende Anzahl derartiger Bewerber vorhanden sind, werden die Neubewerber mit gleicher Punktzahl ebenfalls im Losverfahren ermittelt.
Darüber hinaus enthält Ziffer 6. Regelungen zur Größe des Standplatzes, für Ersatzbewerber und für die von diesem Verfahren ausgenommenen Bewerber bei außergewöhnlicher Gestaltung des Marktstandes, außergewöhnlichem Warenangebot und außergewöhnlicher Präsentation des Warenangebotes, für die maximal zwei Standplätze in der jeweiligen Kategorie und Unterkategorie vorweg in Abzug gebracht werden.
Die als Anlage beigefügten "Vergabekriterien für den I. Weihnachtsmarkt 2010" ordnen dem Kriterium "1. Bauform, Bauweise/-Gestaltung" mit den Untergruppen "1.1 Wände", "1.2 Bedachung" und "1.3 Dach-/Fußbodenumfassung" mit den jeweiligen Gestaltungsmerkmalen eine maximal erreichbare Punktzahl von insgesamt 45 Punkten, der Kategorie "2. Weihnachtliche Beleuchtung der Stände" von 10 Punkten, "3. Hüttenschmuck" mit den jeweiligen mit 2 Punkten bewerteten Gestaltungsmerkmalen von insgesamt 26 Punkten, der Kategorie "4. Kundenorientierung" mit den jeweiligen Gestaltungsmerkmalen von insgesamt 25 Punkten, der Kategorie "5. Barrierefreiheit" von 15 Punkten zu.
Trotz des Umstandes, dass die Antragsgegnerin ihre Vergaberichtlinie vom 28.04.2010 nach Eingang der Bewerbungen bis spätestens zum 31.12.2009 geändert hat, ist vorliegend ein für alle Bewerber einheitliches, transparentes und nachvollziehbares Verfahren gewährleistet worden. Entsprechend den Vorgaben der Neufassung der Ziffer 5. der Vergaberichtlinien zu § 5 der Weihnachtsmarktsatzung sind alle Bewerber für den I. Weihnachtsmarkt 2010 mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 22.03.2010 über alle für die Auswahlentscheidung wesentlichen Punkte und Änderungen umfassend informiert worden. Dem Schreiben waren die "Vergabekriterien für den I. Weihnachtsmarkt 2010" in dem am 28.04.2010 von der Oberbürgermeisterin der Antragsgegnerin unterzeichneten Entwurf mit dem Hinweis beigefügt, dass dieser Kriterienkatalog zur Auswahl aller Bewerber in allen angebotenen Kategorien herangezogen werde und dass zur vergleichenden Beurteilung der Bewerber eine möglichst durch Bilder und Prospekte ergänzte ausführliche Beschreibung ihres Sortiments und Standes erforderlich sei. Aus dem beigefügten Kriterienkatalog ist für jeden Bewerber ersichtlich, welche Gestaltungsmerkmale im Einzelnen mit welcher zugeordneten maximal erreichbaren Punktzahl in die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin eingehen sollten. Aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 22.03.2010 geht zudem hervor, in welcher Form die Ergänzung zu erfolgen hat mit dem Hinweis, dass das bloße Ausfüllen oder Ankreuzen der Merkmale auf dem Kriterienkatalog dafür nicht ausreichend sei und bei der Bewertung keine Berücksichtigung finde. Aus diesen Vorgaben ist für alle Bewerber ersichtlich gewesen, dass die im einzelnen aufgeführten entscheidungsrelevanten Gestaltungsmerkmale in geeigneter Form beschrieben und möglichst, aber nicht zwingend durch Bildmaterial belegt sein sollten. Die Antragsgegnerin hat allen Bewerbern damit die Gelegenheit eröffnet, ihre bereits vorliegende Bewerbung zu jedem der entscheidungserheblichen Merkmale durch geeignete Nachweise in Schrift und Bild bis zum Ablauf der Nachfrist am 16.04.2010 zu ergänzen.
Es ist auch rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Vergabekriterien vom 28.04.2010 bis zum Ablauf der Nachfrist am 16.04.2010 den Bewerbern erst im Entwurf vorlagen, da die von der Oberbürgermeisterin der Antragsgegnerin am 28.04.2010 unterzeichneten Vergaberichtlinien - soweit ersichtlich und vorgetragen - dem Entwurf entsprechen.
Die Antragsgegnerin hat damit dem Erfordernis für eine den Grundrechtsschutz sichernde Verfahrensgestaltung, dass die maßgeblichen Auswahlkriterien und deren Verhältnis zueinander vor der Entscheidung festgelegt und bekannt gegeben sein müssen, um eine einheitliche Anwendung gegenüber sämtlichen Bewerbern nachvollziehbar und damit auch im Hinblick auf die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes gerichtlich überprüfbar zu machen, Genüge getan (vgl. Nds.OVG, Urt. v. 16.06.2005 - 7 LC 201/03; VG Oldenburg, Beschl. v. 01.07.2004 - 12 B 1203/04 - nach [...]; AG Hannover, Urt. v. 31.05.2007 - 544 C 6448/07 - nach [...]; VG Hannover, Urt. v. 09.12.2008 - 11 A 1537/07 - GewArch 2009, 82, 83).
Auch die Ausrichtung der Auswahlentscheidung vorrangig an der Attraktivität des Angebotes auf der Grundlage der von der Antragsgegnerin entwickelten und einem Punktesystem zugeordneten Bewertungskriterien ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Dieses Vergabeverfahren ist geeignet, die der Marktfreiheit immanente Zulassungschance im Rahmen des § 70 Abs. 3 GewO zu garantieren.
Die Auswahl unter dem Gesichtspunkt der Attraktivität wird dem Grundsatz der Marktfreiheit in besonderem Maße gerecht (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 22.12.2000 - 11 A 11462/99 - nach [...]). Die Anziehungskraft eines Geschäftes auf die Besucher ist ein Kriterium mit hoher Sachbezogenheit. Es schließt keinen Bewerber von vornherein aus, sondern eröffnet jedem im Rahmen eines durch ihn zu beeinflussenden Faktors - der Steigerung der Anziehungskraft seines Geschäfts - eine gesicherte Zulassungschance (so auch: OVG NRW, a.a.O.; Landmann/Rohmer, GewO, § 70 Rn. 19; Heitsch, Der gewerberechtliche Zulassungsanspruch zu Volksfesten, GewArch 2004, 225, 228). Für den Veranstalter bietet eine Bestenauswahl bei den Fahrgeschäften und Ständen unter Attraktivitätsgesichtspunkten die Chance, sich neben anderen attraktiven Vergnügungsmärkten zu behaupten.
Dazu hat die Antragsgegnerin vorab sachgerechte Kriterien für den I. Weihnachtsmarkt 2009 entwickelt, anhand derer die Attraktivität der Angebote der einzelnen Bewerber beurteilt werden kann.
Gerade das von der Antragsgegnerin zur Beurteilung der Attraktivität als Auswahlkriterium in ihren "Vergabekriterien für den I. Weihnachtsmarkt 2010" erstellte Bewertungsschema mit Zuordnung zu einem Punktesystem ermöglicht ihr eine sachgerechte Entscheidung im Rahmen der Grenzen des ihr durch § 70 Abs. 3 GewO eingeräumten Ermessens und steht im Einklang mit dem Zweck der Ermächtigung.
Nach dem Bewertungsschema sind zunächst die Bauform und -gestaltung mit insgesamt 45 Punkten und sodann die weihnachtliche Beleuchtung der Stände mit 10 Punkten, der Hüttenschmuck mit insgesamt 26 Punkten und schließlich die Kundenorientierung mit insgesamt 25 Punkten und die Barrierefreiheit mit 15 Punkten berücksichtigt worden.
Die Heranziehung der baulichen Gestaltung als Hauptkriterium ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dieses Kriterium als maßgeblich für das Erscheinungsbild des I. Weihnachtsmarktes anzusehen, ist sachgerecht. Dabei wurde den Vergaberichtlinien entsprechend besonders berücksichtigt, ob die Stände dem Altstadtcharakter entsprechen und aus natürlichen Materialien gefertigt sind.
Auch die besonderen weihnachtlichen Ausstattungsmerkmale, wie weihnachtliche Beleuchtung der Stände und Hüttenschmuck, sind geeignet, die Attraktivität eines Standes auf einem Weihnachtsmarkt zu bestimmen, und in der Zuordnung der maximal erreichbaren Punkte nicht unangemessen. Sie prägen in entscheidendem Maße den weihnachtlichen Charakter des Standes. Dabei lassen sich nach Auffassung des Gerichts auch die mit jeweils 2 erreichbaren Punkten bewerteten kleinteiligen Elemente des Hüttenschmucks in ausreichendem Maße auf abbildungsscharfen Fotos in ausreichender Größe erkennen oder zumindest der schriftlichen Beschreibung des Bewerbers entnehmen (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 26.10.2009 - 11 B 3597/09 und 11 B 4052/09 -, vom 26.10.2009 - 11 B 3593/09 - und vom 29.10.2009 - 11 B 3660/09 und 11 B 3698/09 -).
Darüber hinaus sind die unter dem Kriterium der Kundenorientierung zusammengefassten Gestaltungsmerkmale, die insbesondere den Komfort des Standes für den Kunden erhöhen, und behindertenfreundliche Ausstattungsmerkmale geeignet, die Attraktivität zu erhöhen.
Damit hatte die Antragsgegnerin insofern ein nachvollziehbares und plausibles Konzept für die Auswahl der Bewerber um den Standplatz auf dem I. Weihnachtsmarkt 2010 entwickelt, das in weiten Teilen bereits der Auswahlentscheidung zum Weihnachtsmarkt 2009 zugrunde lag.
Auch die im Falle einer Punktgleichheit nachrangige Ausrichtung der Vergabeentscheidung an dem Auswahlkriterium "bekannt und bewährt" und einem Losverfahren ist derzeit rechtlich nicht zu beanstanden.
Bei Punktgleichheit sollen nach Ziffer 6. der Vergaberichtlinien bei einem Losverfahren zunächst die Bewerber berücksichtigt werden, die in den vergangenen drei Jahren mindestens einmal vollständig den J. Weihnachtsmarkt bestückt haben. Damit werden im Falle gleicher Attraktivität zunächst die Altbeschicker berücksichtigt. Sie erfüllen zudem das Auswahlkriterium "bekannt und bewährt".
Das Auswahlkriterium "bekannt und bewährt" ist zwar als sachliches Kriterium anerkannt (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.1984 - 1 C 24.82 - GewArch 1984, 265 f.). Der Bewerber hat sich nämlich nach bisherigen Erfahrungen in besonderer Weise - positiv - in das Konzept der jeweiligen Veranstaltung eingefügt, so dass die Prognose gerechtfertigt erscheint, dies werde auch in Zukunft so bleiben. Allerdings kann die dem Merkmal "bekannt und bewährt" innewohnende Tendenz zum Bestandsschutz bei undifferenzierter Handhabung dazu führen, dass Neubewerbern unter Verletzung ihres grundsätzlich bestehenden Anspruchs auf Teilhabe auf Dauer jede realistische Zugangschance genommen wird. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 27.04.1984 entschieden, dass eine Auswahlentscheidung, der ein System zugrunde liegt, das Neubewerbern oder Wiederholungsbewerbern, die nicht kontinuierlich auf dem Markt vertreten waren, weder im Jahre der Antragstellung noch in einem erkennbaren zeitlichen Turnus eine Zulassungschance einräumt, in jedem Fall außerhalb der Ermessensgrenzen des § 70 Abs. 3 GewO liegt (vgl. auch Nds. OVG, 18.07.2002 - LB 3835/01 - [...]; Landmann/Rohmer, a.a.O., § 70 Randnr. 21). Insgesamt ist das Merkmal "bekannt und bewährt" nur dann ein sachlich gerechtfertigter Ausschlussgrund, wenn für Neubewerber eine reale Chance bleibt, ihrerseits in absehbarer Zeit am Marktgeschehen teilzuhaben.
Diesen Vorgaben tragen die Vergaberichtlinien vom 28.04.2010 noch Rechnung. Die Zulassungschance von Neubewerbern hängt in diesem Jahr und in Zukunft von der Attraktivität der Altbeschicker und deren Präsentation gegenüber der Antragsgegnerin ab. Ein solches Auswahlverfahren ist noch geeignet, dem Antragsteller und anderen Neubewerbern eine erkennbare Zulassungschance zu eröffnen. Nach dem Protokoll über den Losentscheid der Antragsgegnerin vom 29.06.2010 in den Kategorien 1, 4, 5 und 5.1 sind in den Kategorien 1, 4 und 5 jeweils zwei Standplätze und in Kategorie 5.1 drei Standplätze auf Neubewerber entfallen.
Im zweiten Jahr der Ausrichtung der Auswahlentscheidung an der Attraktivität des Angebots auf der Grundlage der von der Antragsgegnerin entwickelten und einem Punktesystem zugeordneten Bewertungskriterien ist allerdings zu beobachten, dass insbesondere unter den Altbeschickern die Bereitschaft wächst, bei der Gestaltung des Standes allen mit Punkten bewerteten Vorgaben zu entsprechen, um die höchstmögliche Punktzahl zu erreichen und damit die eigene Zulassungschance zu erhöhen. Sollte sich diese dem von der Antragsgegnerin gewählten System immanente Tendenz in Zukunft fortsetzten, ist damit zu rechnen, dass ein solches Auswahlverfahren dann nicht mehr geeignet sein wird, Neubewerbern eine erkennbare Zulassungschance zu eröffnen.
Derzeit ist auch die vorrangige Berücksichtigung der Altbeschicker und nachrangige Berücksichtigung der Neubewerber in einem Losverfahren rechtlich nicht zu beanstanden.
Es ist auch grundsätzlich zulässig, die Auswahl einer Mehrheit von Bewerbern um die Teilnahme an einem Markt durch Losentscheid zu treffen. Ein Losverfahren ist grundsätzlich geeignet, die der Marktfreiheit immanente Zulassungschancen zu garantieren, weil gerade bei einer Vielzahl von Bewerbern jedem geeigneten Bewerber um einen Standplatz auf dem Markt die gleiche Zulassungschance eingeräumt wird. Eine den Grundrechtsschutz - insbesondere den Rechtsschutz und die Chancengleichheit - sichernde Verfahrensgestaltung setzt voraus, dass das Auswahlverfahren und die Auswahlkriterien vorher bekannt gegeben werden und für alle Bewerber transparent, nachvollziehbar und damit auch im Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gerichtlich überprüfbar sind (vgl.: OVG Lüneburg, Urt. v. 16.06.2005 - 7 NC 201/03 -).
Diesen Anforderungen genügt das von der Antragsgegnerin vorgenommene Losverfahren. Nach dem Protokoll der Antragsgegnerin vom 30.06.2010 ist die Notwendigkeit für ein Losverfahren den betroffenen Bewerbern rechtzeitig bekannt gegeben und ihnen Gelegenheit eingeräumt worden, an der Auslosung teilzunehmen, so dass erkennbar den Anforderungen an ein transparentes und nachvollziehbares Verfahren Genüge getan ist.
Die Antragsgegnerin hatte aber bei der Anwendung dieses in ihren Verwaltungsrichtlinien und in ihrem an alle Bewerber gerichteten Schreiben vom 22.03.2010 für die Auswahl eines Bewerbers um einen Standplatz auf dem K. Weihnachtsmarkt 2010 festgeschriebenen und vor der Auswahlentscheidung bekannt gegebenen Systems ermessensfehlerhaft die Antragstellerin nicht berücksichtigt. Die getroffene Auswahlentscheidung war vorliegend den von der Antragsgegnerin selbst gestellten Anforderungen nicht gerecht geworden.
Die Naturholzverkleidung der Wände des Standes der Antragstellerin, die Bedachung aus Naturmaterialien, die Anpassung der Materialien an Wände und Dach, die weihnachtliche Beleuchtung, der Hüttenschmuck und die Merkmale der Kundenorientierung sind zu Unrecht mit keinem Punkt bewertet worden.
Nach den vorliegenden Bewerbungsunterlagen hätte der Stand der Antragstellerin wie die Stände von neun weiteren erfolgreichen Mitbewerbern im Ergebnis mit 121 Punkten bewertet werden müssen.
Die von der Antragstellerin vorgelegte und innerhalb der Nachfrist ergänzte Beschreibung ihres Standes für den I. Weihnachtsmarkt 2010 mit dem Verkauf von Baumkuchen, Konditoreispezialitäten und Getränken entspricht den Vorgaben der Weihnachtsmarktsatzung und der dazu ergangenen Vergaberichtlinien der Antragsgegnerin.
§ 4 Abs. 2 der Weihnachtsmarktsatzung bestimmt lediglich, dass auf Anforderung der Antragsgegnerin der Bewerbung ergänzende Unterlagen beizufügen sind, und trifft damit wie der erste Absatz in Ziffer 6. der Vergaberichtlinien keine näheren Bestimmungen zur Form der Präsentation in der Bewerbung. Lediglich dem zur Gewährleistung eines einheitlichen Verwaltungshandelns ergänzend heranzuziehenden Schreiben der Antragsgegnerin vom 22.03.2010 ist in Fettdruck zu entnehmen, dass das bloße Ausfüllen oder Ankreuzen der Merkmale auf dem Kriterienkatalog dafür nicht ausreichend ist und bei der Bewertung keine Berücksichtigung findet.
Nach dem insofern klaren Wortlaut und erkennbaren Willen der Antragsgegnerin soll damit verhindert werden, dass die Bewerber - wie zum Teil bei der Bewerbung um einen Standplatz auf dem I. Weihnachtsmarkt 2009 praktiziert - die einzelnen Merkmale lediglich auf dem Kriterienkatalog kennzeichnen. Weitergehende Anforderungen an die Art und Weise der Präsentation in Wort und Bild sind damit nicht vorgegeben und für die Bewerber nicht erkennbar. Mithin muss es ausreichen, wenn aus den Bewerbungsunterlagen in Bild oder Wort ersichtlich ist, welche Elemente der für den I. Weihnachtsmarkt vorgesehene Stand enthalten wird. Diesen Anforderungen genügt auch die textliche Übernahme der Merkmale aus dem Kriterienkatalog der Antragsgegnerin in einem separaten Bewerbungsschreiben oder eine zusammenfassende Darstellung, der sich widerspruchsfrei entnehmen lässt, welche Kriterien erfüllt sein werden.
Diese Vorgaben erfüllen die erfolgreichen Mitbewerber und die Antragstellerin.
Sie hat - vergleichbar der Mitbewerberin L. M. bei dem Merkmal "Hüttenschmuck" - den Kriterienkatalog nicht bloß ausgefüllt oder angekreuzt, sondern in der ergänzenden Beschreibung darauf hingewiesen, dass sie alle Vorgaben der Vergabekriterien erfüllt. Diese explizite Erklärung umfasst alle nach den Vorgaben der Antragsgegnerin entscheidungserheblichen Kriterien. Die Erklärung der Antragstellerin ist auch in sich stimmig und vollständig, weil sie ausdrücklich darauf hinweist, dass die ebenfalls in dem Kriterienkatalog aufgeführten und mit einer niedrigeren Punktzahl bewerteten Alternativlösungen bei den Punkten 1.1 Wände, 1.2 Bedachung und 5. Barrierefreiheit entfallen.
Diese Aspekte hat die Antragsgegnerin bei der Ausübung ihres Ermessens bei der Auswahlentscheidung in der Kategorie 5 zum I. Weihnachtsmarkt 2010 nicht beachtet.
Darüber hinaus ist nach den Vorgaben der Antragsgegnerin nicht erforderlich, dass die einzelnen Merkmale auch auf den der Bewerbung beigefügten Fotos erkennbar sind. Unabhängig davon wäre eine solche Forderung auch nicht von allen Bewerbern zu realisieren. Ein Beschicker, der sich zulässiger Weise mit einem noch zu bauenden Stand bewirbt, kann seiner Bewerbung zwar Planungsunterlagen hinzufügen, nicht hingegen Fotos, auf denen alle Hüttenschmuckelemente erkennbar sind. Er ist insofern auf eine schriftliche Darstellung angewiesen.
Die Antragstellerin hat wegen des ermessensfehlerhaften Auswahlverfahrens einen Bescheidungsanspruch. Das Gericht ist nicht befugt, das Auswahlermessen anstelle der Antragsgegnerin auszuüben. Allein aus der Rechtswidrigkeit des angewendeten Aus-wahlverfahrens kann die Antragstellerin keine für sie positive Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin ableiten (vgl. VG Hannover, Urt. v. 29.09.2005 - 11 A 451/05 -; Beschl. v. 31.10.2008 - 11 B 4403/08 -).
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin bereits den Beigeladenen und den übrigen erfolgreichen Mitbewerbern den Zuschlag erteilt hat und damit die Platzkapazität für einen Speisenstand der Kategorie 5 auf dem Weihnachtsmarkt 2010 erschöpft ist.
Die Kammer erachtet abweichend von dem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17.11.2009 (Az.: 7 ME 116/09) als nicht erforderlich, dass ein nicht berücksichtigter Bewerber um eine Marktzulassung neben dem Verpflichtungsantrag zusätzlich einen Anfechtungsantrag gegen den begünstigten Konkurrenten erheben muss.
Das Gebot effektiven Primärrechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG für abgelehnte Bewerber um eine Marktzulassung rechtfertigt es nicht, den nicht berücksichtigten Bewerber bei Erschöpfung der Platzkapazität auf eine inhaltliche Kontrolle der Entscheidung des Marktanbieters im Verfahren einer Fortsetzungsfeststellungsklage oder im Rahmen eines Schadensersatzprozesses wegen eines Amtshaftungsanspruchs zu beschränken. Das von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Bewerbers um eine Marktzulassung auf Ausübung seines Berufes als Marktbeschicker oder auf Teilnahme an einer korrekten Bewerberauswahl zu diesem Markt ist aber bereits mit der verzögerten oder verweigerten Sachentscheidung im einstweiligen Rechtsschutz unwiederbringlich verloren, ohne dass eine von Art. 19 Abs. 4 GG geforderte inhaltliche Überprüfung der Vergabeentscheidung durch ein Gericht stattgefunden hätte. Ergibt die Überprüfung der versagenden Vergabeentscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, dass ein Standplatz zu Unrecht vorenthalten wurde, hat das Gericht eine entsprechende Verpflichtung des Marktanbieters auszusprechen. Es ist dann die im Einzelnen vom Gericht nicht zu regelnde Sache des Marktanbieters, diese Verpflichtung umzusetzen. Sowohl das öffentliche Recht wie das Privatrecht halten mit Widerruf und Rücknahme oder der Möglichkeit der Kündigung - gegebenenfalls gegen Schadensersatz für den rechtswidrig bevorzugten Marktbeschicker - Vorkehrungen für den Fall bereit, dass die öffentliche Hand eine zunächst gewährte Rechtsposition entziehen muss. Die Bescheidung von erfolgreichen Mitbewerbern oder der Abschluss von Mietverträgen mit ihnen ist demnach weder ein rechtliches noch ein faktisches Hindernis, das die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes für einen zu Unrecht übergangenen Antragsteller unmöglich macht. Die Marktanbieter haben es in der Hand, durch die Regelung entsprechender Widerrufsvorbehalte oder die Vereinbarung entsprechender Kündigungsklauseln für diese Fälle vorzusorgen (BVerfG, Beschl. v. 15.08.2002 - 1 BvR 1790/00 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie keinen Antrag gestellt und sich damit nicht einem Kostenrisiko ausgesetzt haben.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG (n.F.) i.V.m. Ziffer 54.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der im Juli 2004 in Leipzig beschlossenen Änderungen (DVBl. 2004, 1525 ff.). Danach ist in Streitigkeiten der vorliegenden Art von einem Mindeststreitwert von 300,00 EUR pro Tag auszugehen.
Rechtsmittelbelehrung
Soweit über den Sachantrag entschieden worden ist, steht den Beteiligten die Beschwerde gegen diesen Beschluss an das ...
Israel
Dr. Schlei