Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 05.07.2004, Az.: 6 B 1643/04

Altersteilzeit; Beamter; Schuldienst; Vertrauensschutz; Verwaltungspraxis; Änderung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
05.07.2004
Aktenzeichen
6 B 1643/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 50657
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Steht die Gewährung von Altersteilzeit im Ermessen des Dienstherrn, kann er aus Gründen der Haushaltskonsolidierung und der Unterrichtsversorgung seine bisherige Bewilligungspraxis ändern, ohne dies vorher anzukündigen.

Gründe

1

I. Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung, ihm Altersteilzeit zu gewähren.

2

Der im ... geborene Antragsteller ist verheiratet und Vater einer im Juni 1981 geborenen Tochter. Er hat eine Ausbildung zum Diplomhandelslehrer durchlaufen und steht seit dem 25. August 1983 im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Er ist als Studienrat bei den Berufsbildenden Schulen in ... tätig.

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Lehrkräften, die - wie der Antragsteller - vor dem 1. Februar 2004 das 56. Lebensjahr vollendeten, konnte nach § 80 b NBG in der bis zum 7. November 2003 geltenden Fassung iVm § 8 a der Arbeitszeitverordnung für Lehrkräfte in der ebenfalls bis zum 7. November 2003 geltenden Fassung Altersteilzeit mit den Anfangszeitpunkten 1. Februar 2003 oder 1. August 2004 (im Teilzeit- oder Blockmodell) bewilligt werden. Nach einem für die niedersächsischen Behörden entwickelten Merkblatt (SVBl. 2000, 481) war ein entsprechender Antrag spätestens 6 Monate vor dem gewünschten Beginn der Altersteilzeit bei der zuständigen Bezirksregierung einzureichen. Diese Frist wurde aber in der Praxis nicht als Ausschlussfrist behandelt. Nach dem 8. November 2003 in Kraft getretenen Gesetz vom 31. Oktober 2003 (Nds.GVBl. S. 372) darf eine ab dem 1. August 2004 beginnende Altersteilzeit erst nach Vollendung des 59. Lebensjahres bewilligt werden. Da sich diese Gesetzesänderung bereits im Sommer 2003 in der öffentlichen Diskussion abzeichnete, beantragte eine große Anzahl von Lehrern (etwa 360), die vor dem 1. Februar 2004 das 56. oder 57. Lebensjahr vollendeten, die Bewilligung von Altersteilzeit mit dem Anfangszeitpunkt 1. Februar 2004.

4

Der Antragsteller hatte bereits mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 bei der Antragsgegnerin die Gewährung von Altersteilzeit im Teilzeitmodell ab dem 1. August 2004 beantragt. Dieser Antrag war befürwortend vom Schulleiter der Berufsbildenden Schulen an die Antragsgegnerin weitergeleitet worden und dem Antragsteller wurde von der Antragsgegnerin unter dem 14. Januar 2003 der Eingang des Antrags bestätigt und eine Entscheidung über ihn „zu gegebener Zeit“ in Aussicht gestellt. Nachdem der Antragsteller im Sommer 2003 durch die öffentliche Diskussion von beabsichtigten Gesetzesänderungen Kenntnis erhalten hatte, beantragte er mit Schreiben vom 28. Juli 2003 die Gewährung von Altersteilzeit bereits ab dem 1. Februar 2004. Der Antrag ging bei der Schule des Antragstellers am 11. August 2003 ein und wurde vom Schulleiter befürwortend unter dem 12. August 2003 an die Antragsgegnerin weitergeleitet. Mit Schreiben vom 25. September 2003 bestätigte die Antragsgegnerin den Eingang des Antrags und teilte mit, dass sie für eine Entscheidung noch eine Weisung des Kultusministeriums abwarte. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2003 wies der Antragsteller darauf hin, dass er bereits vor dem 1. August 2003 mehrfach mit dem Sachbearbeiter über seinen Änderungsantrag vom 28. Juli 2003 gesprochen habe und dass er dabei fernmündlich die Erläuterung erhalten habe, es bestünden gute Aussichten auf eine Genehmigung seines Antrags, da er bereits früher mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 die Gewährung von Altersteilzeit beantragt habe.

5

Mit Schreiben vom 13. Januar 2004 wiederholte der Antragsteller seinen Antrag und führte aus, dass ihm auch unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes die begehrte Altersteilzeit gewährt werden müsse.

6

Am 17. März 2004 erhob der Antragsteller Klage gegen die Antragsgegnerin mit dem Begehren, diese zur Gewährung von Altersteilzeit ab dem 1. Februar 2004, hilfsweise ab dem 1. August 2004 zu gewähren. Über die Klage, für die das Widerspruchsverfahren noch nicht durchgeführt wurde, ist bislang noch nicht entschieden worden (Az: 6 A 1219/04).

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Mit Bescheid vom 8. April 2004 - zugestellt am 19. April 2004 - lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Altersteilzeit zum 1. Februar 2004 ab. Zur Begründung verwies sie auf die Änderungen des NBG und der ArbZVO-Lehr und darauf, dass das Niedersächsische Kultusministerium mit Erlass vom 5. Dezember 2003 entschieden habe, keine Bewilligungen auf Altersteilzeit für die Gruppe von Lehrkräften mehr vorzunehmen, deren Antrag erst nach dem 31. Juli 2003 bei den Bezirksregierungen eingegangen sei. Denn eine sehr große Anzahl von Lehrkräften habe entgegen den Erwartungen des Ministeriums Altersteilzeit zu diesem Zeitpunkt beantragt, so dass bei einer stattgebenden Entscheidung ein nicht mehr hinnehmbarer Ausfall von Unterrichtsstunden in der Versorgung der Schulen eintreten würde. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 13. Mai 2004 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde.

8

Bereits am 16. April 2004 hat sich der Antragsteller an das Gericht mit der Bitte um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gewandt, ohne auf die unter dem 17. März 2004 erhobene Klage hinzuweisen. Er macht geltend: Der Antrag sei jetzt schon aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten, weil das Schulhalbjahr nach dem 1. Februar 2004 schon begonnen habe und sonst durch Zeitablauf sein Anspruch auf Gewährung von Altersteilzeit nicht mehr erfüllt werden könne. Dieser Anspruch ergebe sich deswegen, weil auf Seiten der Antragsgegnerin eine Ermessensreduzierung auf Null eingetreten sei. Denn in der Vergangenheit sei stets allen Anträgen auf Bewilligung von Altersteilzeit stattgegeben worden, soweit die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt gewesen seien, so dass eine Selbstbindung der Verwaltung auf der Grundlage ihrer bisherigen Praxis eingetreten sei. Der Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 5. Dezember 2003 sei durch § 80 b Abs. 4 NBG n.F. nicht gedeckt. Diese Vorschrift stelle auf Beamtengruppen im konkret-funktionellen Sinne ab, nicht hingegen auf eine zufällig, nach dem Zeitpunkt des Antragseingangs zusammengekommene Gruppe. Im übrigen sei die im Merkblatt vorgesehene Antragsfrist von 6 Monaten weder eine gesetzliche Ausschlussfrist, noch sei sie in der Vergangenheit in dieser Art gehandhabt worden. Durch ihr früheres Verhalten - insbesondere durch die fernmündlichen Auskünfte des Sachbearbeiters vor dem 31. Juli 2003 - habe die Antragsgegnerin einen Vertrauenstatbestand geschaffen, in den nun nicht in rückwirkender Weise ändernd eingegriffen werden dürfe.

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Der Antragsteller beantragt,

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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm auf der Grundlage seines Antrags vom 28. Juli 2003 Altersteilzeit rückwirkend ab dem 1. Februar 2004 zu gewähren.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Sie ist der Ansicht, dass mit dem Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 5. Dezember 2003 eine Ausschlussregelung im Sinne des § 80 b Abs. 4 NBG ergangen sei und dass sonst im Falle einer Bewilligung der zahlreichen Altersteilzeitanträge nicht mehr hinnehmbare Einbußen in der Unterrichtsversorgung zu befürchten gewesen wären.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

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II. Der Antrag hat keinen Erfolg.

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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht im Wege der einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine Regelung erlassen, wenn dies - vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen - nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher stets, dass ein Anordnungsgrund (die Eilbedürftigkeit der Regelung) und ein Anordnungsanspruch (die materielle Schutzbedürftigkeit) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO iVm §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

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Die Kammer hat schon Zweifel, ob dem Begehren des Antragstellers nicht das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache bereits entgegensteht. Denn der Antragsteller begehrt bereits jetzt mit seiner Verpflichtung, ihm Altersteilzeit ab sofort zu gewähren, etwas, was er erst nach einer stattgebenden Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren durchsetzen könnte. Hinzu kommt im vorliegenden Falle, dass ein Widerspruchsverfahren, wie es in § 126 Abs. 3 BRRG in beamtenrechtlichen Sachen regelmäßig vorgeschrieben ist, nicht durchgeführt wurde.

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Indessen braucht den Fragen der Zulässigkeit des Antrags hier nicht weiter nachgegangen zu werden, weil der Antragsteller jedenfalls einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft dargetan hat.

19

Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 NBG (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung besoldungs- und anderer dienstrechtlicher Vorschriften vom 31. Oktober 2003, Nds.GVBl. S. 372, in Kraft getreten am 8. November 2003) kann einem Beamten auf Antrag eine altersabhängige Teilzeitbeschäftigung (Altersteilzeit) bewilligt werden, wenn er - unter anderem - das 55. Lebensjahr vollendet hat, die Altersteilzeit vor dem 1. Januar 2010 beginnt und dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Nach Satz 4 der Regelung ist Satz 1 der Vorschrift mit der Maßgabe anzuwenden, dass für Beamte im Schuldienst Altersteilzeit zum 1. Februar 2004 erst nach Vollendung des 56. Lebensjahres und zum 1. August 2004 erst nach Vollendung des 59. Lebensjahres bewilligt werden darf.

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Bereits der Wortlaut der Vorschrift macht deutlich, dass Altersteilzeit nur dann gewährt werden kann, wenn dem Begehren nicht das negative Tatbestandsmerkmal der „dringenden dienstlichen Belange“ entgegensteht. Auch wenn man zugunsten des Antragstellers betont, dass sein Antrag von der Schulleitung befürwortend an die Antragsgegnerin weitergeleitet wurde und dass es naturgemäß dem einzelnen Beamten schwer fällt, die seinem Begehren nicht entgegenstehenden dringenden dienstlichen Belange darzutun, weil er keinen Einblick ihn das gesamte Schulgeschehen hat, so weist die Antragsgegnerin überzeugend darauf hin, dass nach dem 31. Juli 2003 bis Ende Oktober 2003 insgesamt 364 Anträge von Lehrkräften auf Altersteilzeit mit dem Beginn zum 1. Februar 2004 landesweit eingegangen sind. Würde diesen Anträgen stattgegeben, so würde sich ein erheblicher Fehlbestand in der Unterrichtsversorgung ergeben, so dass es dem Antragsteller nicht gelungen ist, die nicht entgegenstehenden dienstlichen Belange darzulegen.

21

Selbst wenn man aber zugunsten des Antragstellers unterstellt, dieses negative Tatbestandsmerkmal griffe nicht zu seinen Lasten ein, so wäre gleichwohl nach dem Sinn und Zweck sowie dem Wortlaut der Vorschrift nach wie vor der Antragsgegnerin ein Ermessen bei der Entscheidung, ob sie dem Antragsteller Altersteilzeit gewähren will, eingeräumt. Entgegen der Ansicht des Antragstellers kann im gegenwärtigen Zeitpunkt von der Kammer nicht erkannt werden, es sei zu seinen Gunsten eine Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge eingetreten, dass er einen Anspruch auf Altersteilzeit ab dem 1. Februar 2004 hat. Dazu hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg mit Beschluss vom 26. März 2004 (Az: 5 ME 32/04, veröffentlicht auf der homepage des Gerichts) ausgeführt:

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„Was die Rüge der Ungleichbehandlung angeht, so trifft es zwar zu, dass eine Behörde grundsätzlich auch im Ermessensbereich an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden ist. Das bedeutet aber ohnehin nur, dass nicht willkürlich Gleiches ungleich behandelt werden darf, nicht dagegen, dass Differenzierungen aus sachlichen Gründen unzulässig wären. Hinzu kommt, dass die Behörde im Ermessensbereich durch den Gleichheitssatz nicht gehindert ist, eine Verwaltungspraxis für die Zukunft zu ändern. Wenn Anträgen auf Bewilligung von Altersteilzeit bis Mitte 2003 durchweg entsprochen worden ist, so folgt daraus also noch kein Anspruch auf eine Fortsetzung dieser Verwaltungspraxis. Abgesehen davon, dass die Ermessensausübung (wie auch bisher schon) davon abhängig ist, dass dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen, dürften Erfordernisse der Unterrichtsversorgung ein sachlicher Grund für eine Änderung einer großzügigen Verwaltungspraxis sein (und zwar wahrscheinlich auch dann, wenn es die Regelung des § 80 b Abs. 4 NBG n.F. und den Erlass des Kultusministeriums vom 5. Dezember 2003 nicht gäbe). Wäre den Erfordernissen der Unterrichtsversorgung bei einer Stattgabe aller zu einem bestimmten Anfangszeitpunkt gestellten Anträge auf Altersteilzeit nicht genügt, so ermöglicht es die Ermessensvorschrift, nur einem Teil der Anträge zu entsprechen. Sicher sind mehrere sachliche Gründe denkbar, nach denen die Behörde die Auswahl der stattzugebenden Anträge treffen könnte. Ein naheliegender Gesichtspunkt ist der von dem Niedersächsischen Kultusministerium gewählte Gesichtspunkt der Priorität. Den zuerst gestellten Anträgen wird entsprochen, später gestellte Anträge werden abgelehnt. Insoweit an den Stichtag 31. Juli 2003 anzuknüpfen, lag auch deshalb nahe, weil nach dem den Beamten bekannt gegebenen Merkblatt (SVBl. 2000, 481) der Antrag spätestens 6 Monate vor dem gewünschten Beginn der Altersteilzeit bei der zuständigen Bezirksregierung zu stellen war. Wenngleich es gewiss Auswahlprinzipien gibt, die der Einzelfallgerechtigkeit besser entsprechen und dem Antragsteller eher einleuchten (z.B. ein Abstellen auf den Grad der Unterrichtsversorgung an der Schule, bei der er beschäftigt ist), so erweist sich das Prioritätsprinzip doch nicht als sachwidrig oder willkürlich.

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Nicht unberücksichtigt bleiben kann der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität. Der Zeitpunkt des Eingangs des Antrages bei der Bewilligungsbehörde steht eindeutig fest. Jedes andere Differenzierungskriterium würde zu einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand führen und könnte Quelle von mancherlei Streitigkeiten sein.

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Ferner ist nicht zu beanstanden, dass der Erlass vom 5. Dezember 2003, der - falls er nicht durch § 80 Abs. 4 NBG n.F. gerechtfertigt ist - auch als ermessensbindende Regelung für den Landesbereich Wirkung haben könnte, auch diejenigen Anträge einbezieht, die nach dem 31. Juli 2003 auf das Anfangsdatum 1. Februar 2004 umgestellt wurden. Denn diese Anträge unterscheiden sich nicht grundlegend von den Anträgen, die erstmals nach dem Stichtag gestellt wurden (denn alle Antragsteller wollten der gesetzlichen Regelung, wonach eine Bewilligung von Altersteilzeit ab dem 1. August 2004 nur noch nach Vollendung des 59. Lebensjahres möglich war, entgehen). Dass es nach dem Erlass vom 5. Dezember 2003 nicht auf die Motive dafür ankommt, weshalb bis zum 31. Juli 2003 ein Antrag auf Altersteilzeit beginnend ab dem 1. Februar 2004 nicht gestellt wurde, ist ebenfalls nicht sachwidrig. Denn in aller Regel sind die Motive nicht in nachprüfbarer Weise schriftlich niederlegt. Die nachträgliche Erforschung der wahren Motive ist kaum zuverlässig möglich und wäre jedenfalls mit einem großen Verwaltungsaufwand verbunden.

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Der Vertrauensschutzgedanke hindert die Antragsgegnerin ebenfalls nicht an einer Ablehnung des nach dem 31. Juli 2003 gestellten Antrags. Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur Unzulässigkeit belastender gesetzlicher Vorschriften mit echter Rückwirkung ist auf die hier vorliegende Konstellation nicht übertragbar. Das maßgebliche Gesetz (§ 80 b NBG) stellt die Bewilligung von Altersteilzeit auch in der bisherigen Fassung schon in das Ermessen der Behörde und macht dies vom Vorliegen bestimmter Voraussetzungen abhängig. Der Antragsteller musste also sowohl damit rechnen, dass sich an den Voraussetzungen (nämlich dem Nichtentgegenstehen dringender dienstlicher Belange, Erfordernisse der Unterrichtsversorgung) etwas ändern würde, als auch damit, dass in der Ermessensbetätigung aus sachlichen Gründen (wozu z.B. auch fiskalische Erwägungen gehören können) eine andere Praxis Platz greifen würde. Unter diesen Umständen kann keine Rede davon sein, dass der Antragsteller eine rechtliche Position erlangt hätte, auf deren Bestand er hätte vertrauen können. Er konnte nur die unsichere Hoffnung auf eine Fortsetzung der bisherigen großzügigen Bewilligungspraxis hegen. Dieses Interesse darf die Antragsgegnerin indessen hinter dem öffentlichen Interesse an einer möglichst ausgeglichenen Unterrichtsversorgung und an der Konsolidierung des Landeshaushalts zurücktreten lassen.

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Entgegen der Auffassung des Antragstellers lässt sich sein Anspruch auch aus dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht nicht herleiten. Die Fürsorgepflicht unterliegt der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber. Nur wenn die gesetzliche Regelung zu einer Verletzung der Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern gehört, wäre an einen Rückgriff auf die Fürsorgepflicht als allgemeiner Anspruchsgrundlage zu denken. Eine Verletzung der Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern ist hier aber von dem Antragsteller nicht glaubhaft gemacht worden.

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Schließlich macht der Antragsteller zu Unrecht geltend, er habe nicht zu vertreten, dass er den Antrag erst nach dem 31. Juli 2003 gestellt habe; vielmehr beruhe dies auf dem Fehlen einer rechtzeitigen Information seitens der Behörden und damit auf einem behördlichen Verschulden. Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht überzeugend, weil in dem erwähnten Merkblatt ausdrücklich auf eine sechsmonatige Frist zur Einreichung des Anträge hingewiesen worden ist. Der Antragsteller handelte also auf eigenes Risiko, wenn er diese Frist nicht beachtete. Auch wenn die Frist in der bisherigen Verwaltungspraxis nicht als Ausschlussfrist behandelt wurde, war das Kultusministerium nicht gehalten, vorher anzukündigen, dass wegen der - vielleicht auch gar nicht vorhersehbaren - ungewöhnlich hohen Anzahl nicht fristgerecht eingereichter Anträge diese sämtlich abgelehnt würden. Die Antragsgegnerin hat im übrigen nachvollziehbar dargelegt, dass die Ablehnung der nach dem 31. Juli 2003 gestellten Anträge nicht allein wegen der Fristversäumnis, sondern wegen des Erfordernisses der Unterrichtsversorgung erfolgte. Die Fristversäumnis wurde also nur als Auswahlmerkmal bei der Entscheidung herangezogen, welchen auf Bewilligung einer Altersteilzeit ab dem 1. Februar 2004 gestellten Anträgen zu entsprechen war und welchen nicht.“

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Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an. Auch für den vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten. Dem Antragsteller, der seit langen Jahren im Schuldienst beschäftigt ist, musste klar sein, dass sein Antrag vom 28. Juli 2003 wegen der Schließung des Schulsekretariats erst später an die Bezirksregierung weitergeleitet werden konnte, wo er erst am 16. August 2003 einging. Bei den Berufsbildenden Schulen in ... trägt er den Eingangsstempel vom 11. August 2003. An dieser Bewertung ändert sich auch nichts dadurch, dass der Antragsteller glaubhaft vorträgt, er habe vor dem 31. Juli 2003 mit dem Sachbearbeiter bei der Antragsgegnerin telefoniert und fernmündlich angekündigt, dass er seinen ursprünglichen Antrag mit Beginn der Altersteilzeit zum 1. August 2004 umstellen wollte und nun eine frühere Altersteilzeit ab dem 1. Februar 2004 wegen der in der Öffentlichkeit diskutierten Änderung der gesetzlichen Regelungen begehrte. Denn allein durch eine fernmündliche Auskunftserteilung und Erörterung konnte beim Antragsteller noch nicht sich das bindende Vertrauen darauf ergeben, die Antragsgegnerin werde in jedem Fall seinem Antrag entsprechen. Tatsächlich ist ja auch die Auskunft des Sachbearbeiters seinerzeit im wesentlichen zutreffend gewesen, weil der Erlass des Kultusministeriums erst unter dem 5. Dezember 2003 erfolgte. Erst zu diesem Zeitpunkt war klar, dass wegen der die Erwartung erheblich übersteigenden Anzahl der Anträge eine Änderung in der Linie bei der Bewilligung von Altersteilzeitanträgen erfolgen sollte. Bestand mithin zum Zeitpunkt der vom Antragsteller angeführten Ferngespräche kein Anspruch auf Bewilligung von Altersteilzeit, wie sich aus den obigen Ausführungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ergibt, so kann auch durch diese Gespräche und die späteren Erläuterungen des Sachbearbeiters vom September 2003 daraus nicht geschlussfolgert werden, seinem Antrag müsste in jedem Falle im Wege der Ermessensreduzierung auf Null stattgegeben werden. Der Antragsteller ist als Lebenszeitbeamter ohnehin verpflichtet, unter Wahrung seines Dienst- und Treueverhältnisses zum Dienstherrn sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen (vgl. § 62 Satz 1 NBG). Er hat daher keinen Anspruch darauf, dass eine Verwaltung eine früher vorgenommene großzügige Handhabung der Ermessensvorschriften losgelöst von der Haushaltslage und sonstigen tatsächlich objektiven Gegebenheiten weiter beibehält.

29

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.