Amtsgericht Hannover
Urt. v. 07.11.2006, Az.: 462 C 7059/06

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
07.11.2006
Aktenzeichen
462 C 7059/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 45052
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2006:1107.462C7059.06.0A

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Hannover Abt. 462 auf die mündliche Verhandlung vom 26.09.2006 durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

  4. 4.

    Der Gegenstandswert des Rechtsstreits wird auf 720,-- Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Feststellung, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Essensgeldzuschusses für die beiden klägerischen Söhne in Höhe von jeweils 30,--Euro monatlich hat.

2

Die Kläger sind Eheleute und Eltern des am ........ geborenen Sohnes ....... und des am ........ geborenen Sohnes ....... Die Kinder der Kläger besuchen die in der Trägerschaft der Beklagten befindliche.........................

3

Am 30.03.2004 wurde ein Betreuungsvertrag für die Betreuung von......, am 13.07.2004 für die Betreuung von....... geschlossen. Beide Verträge waren bis zum 31.07.2005 befristet. Für die Einzelheiten wird auf die Betreuungsverträge (Kopie Bl. 12, 13 d. A.) Bezug genommen.

4

Am 18.03.2005 schlössen die Kläger sodann geänderte Betreuungsverträge mit der Beklagten für die Zeit ab 01.08.2005 ab. Der Kindergartenvertrag für.......... wurde für die Dauer vom 01.08.2005 bis 31.07.2007, der Hortvertrag für.......... für die Dauer vom 01.08.2005 bis 31.07.2008 abgeschlossen. In den Betreuungsverträgen wird für die Höhe des zu entrichtenden Betreuungsentgeltes auf die Entgeltregelung der Landeshauptstadt Hannover Bezug genommen. Die Kläger haben in den Betreuungsverträgen bestätigt, die Entgeltregelung nebst Beitragsstaffel erhalten zu haben. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Betreuungsverträge (Kopie Bl. 69, 70 d. A.) Bezug genommen.

5

Beide Kinder nehmen am Mittagessen der Betreuungseinrichtung teil.

6

In der Entgeltregelung, die den bis zum 31.07.2005 befristeten Betreuungsverträgen zugrunde lag, war als Nutzungsentgelt ein einkommensabhängiger gestaffelter Elternbeitrag vorgesehen.

7

In der aktuellen Entgeltregelung, die Bestandteil der ab 01.08.2005 gültigen Verträge ist, ist neben einem gestaffelten Elternbeitrag unter Ziffer 15 ein einkommensunabhängiges Essensgeld in Höhe von 30,-- Euro monatlich pro Kind enthalten. Für die Einzelheiten wird auf die Entgeltregelung (Kopie Bl. 108 ff., 116 d. A.) Bezug genommen.

8

Nach Ziffer 7 der Entgeltregelung erfolgt die Festsetzung des Entgeltes durch gesonderte schriftliche Mitteilung und gilt als vereinbart, wenn nicht vom Beitragspflichtigen innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung schriftlich widersprochen wird.

9

Die Beklagte hat die Elternbeiträge der Kläger für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.07.2007 auf einen Gesamtbeitrag in Höhe von 347,-- Euro monatlich festgesetzt. Die Festsetzung ist den Klägern am 15.07.2005 zugegangen (Empfangsbestätigung Kopie Bl. 76 d. A.). Die Kläger haben der Festsetzung nicht widersprochen. Sie haben das Essensgeld aber zunächst nicht, später einen Teil unter Vorbehalt gezahlt. Per 29.08.2006 belief sich der Beitragsrückstand der Kläger auf 601,60 Euro.

10

Die Kläger sind der Ansicht, die Forderung eines zusätzlichen Essensgeldes im Rahmen der bestehenden Betreuungsverträge sei rechtsfehlerhaft. Das Mittagessen sei immer Bestandteil der geleisteten Elternbeiträge gewesen, eine rechtliche Grundlage für ein darüber hinaus gehendes Essensgeld gebe es nicht.

11

Auch verstoße ein ungestaffeltes Essensgeld ohne Berücksichtigung von Einkommen der Betreuungsperson und Geschwisterzahl gegen § 20 Kita-Gesetz.

12

Weiter verstoße die allgemeine Benutzungsregelung für Kindertageseinrichtungen gegen § 307 Abs. 1 BGB. Sie stelle eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben der Personensorgeberechtigten dar. Die allgemeine Benützungsregelung für Kindertageseinrichtungen der Landeshauptstadt Hannover enthalte auch nicht im Ansatz tatbestandlich formulierte Voraussetzungen für die Erhebung eines Essensgeldes. Dies werde explizit gar nicht erwähnt. Unter "9. Elternbeiträge" sei nur ausgeführt, dass der für die Nutzung einer Kindertageseinrichtung von der Landeshauptstadt Hannover in Form eines privatrechtlichen Entgeltes vom Sorgeberechtigten erhobene Beitrag sich nach der Entgeltregelung richte, die Teil des Betreuungsvertrages sei. Auch in dieser Entgeltregelung, die den befristeten Verträgen zugrunde lag, seien keine Voraussetzungen für die Erhebung eines Essensgeldes niedergelegt.

13

Darüber hinaus entspreche die Erhebung des Essensgeldes nicht der Billigkeit im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB. Im Rahmen des § 315 Abs. 3 BGB sei auch zu berücksichtigen, dass die Erhebung eines pauschalen Essensgeldbeitrages für jedes betreute Kind ohne Geschwisterberücksichtigung und ohne Berücksichtigung der jeweils bei den Sorgeberechtigten vorhandenen Einkommen der Abgabengerechtigkeit widerspreche und einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstelle. Auch sei in diesem Zusammenhang die Berücksichtigung von § 20 Satz 2 KitaG geboten. Das billige Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB werde durch § 20 KitaG konkretisiert, der eine Staffelung der Elternbeiträge und eine Geschwisterregelung vorsehe.

14

Die Kläger sind weiter der Ansicht, die Beklagte könne sich nicht auf die erfolgte Festsetzung der Beiträge berufen. Die Festsetzung beziehe sich nur auf die Berechnung der maßgeblichen Einkommensgrenze für die Berechnung der Gebühren.

15

Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Kläger keine Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Betreuungseinrichtungen in der Stadt Hannover hätten. Die Entgeltvereinbarung der Beklagten sei aufgrund der von der Stadt an die jeweiligen Träger zugewiesenen Fördergelder für sämtliche Betreuungseinrichtungen maßgeblich mit der Folge, dass Beiträge und Essensgeldzuschüsse innerhalb der Stadt Hannover für alle Einrichtungen gleich seien.

16

Die Kläger beantragen,

  1. festzustellen, dass die Beklagte keinen Anspruch gegen die Kläger auf Zahlung eines Essensgeldzuschusses für den am ...........geborenen Sohn der Kläger ....... und den am ........... geborenen Sohn der Kläger........... in Höhe von jeweils 30,-- Euro monatlich hat.

17

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

18

Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe mit den Klägern beginnend zum 01.08.2005 neue Verträge abgeschlossen, aus denen sich der ungestaffelte Essensgeldzuschuss in Höhe von 30,-- Euro ergebe. Ein solcher ungestaffelter Sockelbetrag sei mit § 20 KitaG vereinbar. Der Wortlaut gebe keine Vorgabe für die ausschließliche Staffelung der Gebühren und Beiträge. Aus der Entstehungsgeschichte des § 20 KitaG gehe hervor, dass den Trägern der Einrichtung ein weiter Entscheidungsspielraum eröffnet werden sollte. Als Grenze sei nur zu berücksichtigen, dass die wirtschaftliche Belastung für die Sorgeberechtigten zumutbar sein und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechen müsse. Der von der Beklagten erhobene Sockelbetrag in Höhe von 30,- Euro überschreite diese Grenze nicht. Er läge noch unterhalb des Betrages von 36,23 Euro, der nach den aktuellen gemeinsamen Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Jugendämter von Empfängern von Sozialhilfeleistungen, die einen Antrag auf Erlass/Übernahme des Entgeltes gemäß § 90 Abs. 3, 4 SGB VIII in Verbindung mit § 88 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII stellen, bei Essenversorgung in der Kindertagesstätte als so genannte häusliche Ersparnis in jedem Fall selbst zu tragen ist. Die häusliche Ersparnis sei bei jedem Kind gleich hoch. Sie werde mit steigender Kinderzahl nicht niedriger. Der Sockelbetrag der Landeshauptstadt Hannover von 30,- Euro pro Kind sei von vornherein so niedrig angesetzt, dass er selbst für die wirtschaftlich nicht leistungsfähigen Empfänger von Sozialhilfeleistungen zumutbar im Sinne des § 20 KitaG sei.

19

Die Beklagte ist darüber hinaus der Ansicht, ein Verstoß der Entgeltregelung gegen § 307 Abs. 1 BGB sei nicht erkennbar, da in Ziffer 15 der Entgeltregelung das anfallende Essensgeld konkret und klar formuliert sei.

20

Nach Ansicht der Beklagten ist § 315 Abs. 3 BGB auf die Regelung über das Essensgeld nicht anwendbar, da kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten vorliege. Darüber hinaus sei das Essensgeld aber auch nicht unbillig oder unangemessen festgesetzt, da die Bereitstellung der Mahlzeiten pro Kind und Monat Kosten verursache, die die Höhe des Essensgeldes überstiegen. Die Beklagte behauptet dazu, die Fixkosten für Personal und Räumlichkeiten beliefen sich auf 36,-- Euro, ein Betrag in Höhe von 26,--Euro entfalle auf verbrauchsabhängige Kosten.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Klage ist unbegründet.

22

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte keinen Anspruch gegen die Kläger auf Zahlung des Essensgeldzuschusses für die Söhne ....... und ..... in Höhe von jeweils 30,--Euro monatlich hat.

23

Die Kläger haben mit der Beklagten Betreuungsverträge für die Kinder........... am 18.03.2005 für die Zeit beginnend ab 01.08.2005 abgeschlossen. Darin ist bestimmt, dass sich die Höhe des zu entrichtenden Betreuungsentgelts nach der Entgeltregelung der Landeshauptstadt Hannover richtet. Die Entgeltregelung ist den Klägern bei Abschluss des Betreuungsvertrages ausgehändigt worden, sie haben dies ausdrücklich durch Unterschrift unter dem Betreuungsvertrag bestätigt.

24

Unter Ziffer 15 der Entgeltregelung ist ausgeführt, dass für Betreuungsangebote im Kindertagesstättenbereich, die neben der pädagogischen Betreuung auch ein Mittagessen beinhalten, ein Essensgeld in Höhe von monatlich 30,- Euro erhoben wird. Dies betrifft Betreuungsarten Kindergarten ganztags , Kindergarten 2/3, Kindergarten halbtags mit Essen, Krippe/Krabbelstube und alle Hortangebote.

25

Die Bestimmung ist vom Wortlaut her eindeutig und klar. Inhalt der zwischen den Parteien abgeschlossenen Betreuungsverträge ist die Erhebung eines Essensgeldes in Höhe von 30,-- € monatlich je Kind geworden.

26

Es kann dahinstehen, ob die Beklagte berechtigt gewesen wäre, im Rahmen der bis zum 31.07.05 befristeten Verträge ein zusätzliches Essengeld ab 01.08.2005 zu erheben, denn die Parteien haben mit Wirkung zum 01.08.2005 ausdrücklich geänderte Verträge unter Einbeziehung des Essensgeldes abgeschlossen.

27

Ziffer 15 der Entgeltregelung ist auch nicht nach § 307 BGB unwirksam.

28

Die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff BGB hat Vorrang vor der gerichtlichen Billigkeitsprüfung nach § 315 Abs. 3 BGB (vgl. LG Hannover, Nds. YB11.994, 65).

29

Die Kläger gehen zutreffend davon aus, dass die Entgeltregelung der Beklagten Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 - 310 BGB darstellt, denn es handelt sich hierbei um für eine Vielzahl von Verträgen - für alle durch die Beklagte abgeschlossenen Betreuungsverträge- vorformulierte Vertragsbedingungen, die die Beklagte den Klägern gestellt hat (§ 305 Abs. 1 BGB).

30

Die Entgeltregelung ist auch Bestandteil der zwischen den Parteien abgeschlossenen Betreuungsverträge geworden, denn die Beklagte hat in den Verträgen ausdrücklich hierauf Bezug genommen und den Vertragstext den Klägern bei Vertragschluss ausgehändigt. Dies haben die Kläger auf dem Vertragsformular vermerkt (§ 305 Abs. 2 BGB).

31

Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist dieses dann der Fall, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

32

Zwar sind nach § 307 Abs. 3 BGB Abreden der Parteien über die Höhe des zu zahlenden Preises grundsätzlich der gerichtlichen Kontrolle entzogen, es soll keine gerichtliche "Preiskontrolle" stattfinden (vgl. BGH NJW 1998, 1786f).

33

Haben aber Rechtsvorschriften Preisregelungen zum Gegenstand, wie § 20 KitaG, liegen die Voraussetzungen für eine Inhaltskontrolle vor, wenn von einer solchen Rechtsvorschrift abgewichen wird, denn der vom Gesetzgeber mit dem Erlass von Preisvorschriften verfolgte Schutzzweck erfordert die Überprüfung von formularmäßigen Entgeltklauseln daraufhin, ob sie mit dem Grundgedanken der Preisvorschrift übereinstimmen und sich in den von diesen Leitlinien gezogenen Grenzen halten. Das gilt auch, wenn in den preisrechtlichen Bestimmungen keine starre Regelung getroffen sondern für die Höhe des Entgelts ein Spielraum gewährt wird (vgl. BGH aaO; auch BGH NJW 1992, 746 [BGH 30.10.1991 - VIII ZR 51/91]f).

34

Die Festsetzung des ungestaffelten Essensgeldes - ohne Berücksichtigung von Einkommen und ohne Geschwisterberücksichtigung - verstößt aber nicht gegen § 20 KitaG.

35

Nach § 20 KitaG sind die Gebühren und Entgelte für den Besuch von Kindertagesstätten so zu bemessen, dass die wirtschaftliche Belastung für die Sorgeberechtigten zumutbar ist. Die festgesetzten Gebühren und Entgelte sollen sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Sorgeberechtigten unter Berücksichtigung der Zahl ihrer Kinder richten und gestaffelt werden.

36

Dieser Vorschrift lässt sich aber nicht entnehmen, dass eine Staffelung der Elternbeiträge unabhängig vom Beitragsniveau zwingend vorzunehmen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Gemeinde bei Wahl der Bemessungsgrundlage für ihre Gebühren und Beiträge eine weitgehende Gestaltungsfreiheit hat. Das Gericht hat nicht zu überprüfen, ob sie den zweckmäßigsten und vernünftigsten Maßstab gefunden hat. Auch geht aus den Gesetzesmaterialien hervor, dass der Regelung des § 20 KitaG das Ziel zugrunde lag, eine klare aber offene Regelung zu erarbeiten, die es den Trägern ermöglichen soll, jede ihnen sinnvoll erscheinende Regelung mehr oder weniger differenziert zu treffen. Berücksichtigt werden dürfen insbesondere verwaltungsökonomische Gründe (vgl. LG Hannover, NdsVB11994, 65, 66).

37

In der Literatur wird die Meinung vertreten, auf eine Staffelung könne im Interesse der Praktikabilität jedenfalls dann verzichtet werden, wenn das Beitragsniveau im allgemeinen niedrig ist (vgl. Klügel, Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder in Niedersachsen, Kommentar, 4. Auflage, § 20 KitaG, Anmerkung 4). Soweit ohne Differenzierung mit einem Einheitsbeitrag die Zumutbarkeit auch für Eltern mit niedrigem Einkommen nicht überschritten wird, soll eine Differenzierung nicht geboten sein. Nach dem Wortlaut des § 20 KitaG gehe es darum, die Belastung der Eltern zumutbar zu halten, nicht um steuerlich genaue Gerechtigkeit (vgl.. Klügel, a. a. O., § 20 KitaG, Anm. 18).

38

Auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 11.06.1998 (12 L 2301/98; Niedersächsische Rechtspflege 2000, 82f.) ausgeführt, dass der Senat der Auffassung zuneige, dass sowohl nach § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII als auch nach § 20 Satz 2 Niedersächsisches KitaG die Gestaltungsfreiheit bei der Staffelung der Teilnahmebeiträge es zulässt, die Kosten für das Mittagessen als ungestaffelten Teil des Teilnahmebeitrages zu erheben.

39

In Rechtsprechung und Literatur wird übereinstimmend davon ausgegangen, dass ein geringer auch wirtschaftlich nicht leistungsfähigen Personen zumutbarer Sockelbetrag ohne Berücksichtigung von Einkommen und ohne Geschwisterberücksichtigung nach § 20 Niedersächsisches KitaG festgesetzt werden kann.

40

Das von der Landeshauptstadt Hannover festgesetzte Essensgeld in Höhe von 30,-- Euro monatlich pro Kind liegt unterhalb des Betrages, der auch von Empfängern von Sozialhilfeleistungen bei Essensversorgung in Kindertagesstätten als so genannte häusliche Ersparnis in jedem Falls selbst zu tragen ist. Auch diese häusliche Ersparnis ist bei jedem Kind gleich hoch und wird mit steigender Kinderzahl nicht niedriger. Das Essensgeld ist mit 30,-- Euro monatlich deshalb so angesetzt, dass es auch für wirtschaftlich nicht leistungsfähige Erziehungsberechtigte zumutbar ist.

41

Angesichts der relativ geringen Höhe des Essensgeldes ist es auch nicht zu beanstanden, wenn aus verwaltungsökonomischen Gründen keine Abrechnung nach tatsächlich eingenommenen Mahlzeiten erfolgt und Fehltage, wie übrigens auch bei der Bemessung der Elternbeiträge im übrigen, das erhobene Essensgeld nicht vermindern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für jeden Kindergartenplatz mit Mittagsbetreuung die Voraussetzung für die Teilnahme am Essen an jedem Tag vorgehalten werden und bei der Beklagten Kosten verursachen. Eine Verpflichtung der Beklagten, Kindergartenplätze mit Mittagsbetreuung und ohne Essensteilnahme anzubieten ist nicht erkennbar.

42

Das monatliche Essensgeld in Höhe von 30,- Euro verstößt damit nicht gegen § 20 Niedersächsisches KitaG.

43

Ein Verstoß gegen kommunalrechtliche Grundsätze aus § 5 NKAG, der auch nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zur Unwirksamkeit der Ziffer 15 der Entgeltregelung führen könnte, ist ebenfalls nicht festzustellen.

44

Das kommunalrechtliche Kostenübersteigungsverbot gem. § 5 Abs. 1 NKAG gilt auch für Elternbeiträge (vgl. Klügel, aaO, § 20 KitaG Anm. 6, 7). Unzulässig wäre es, eine zunächst nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen kostendeckend kalkulierte Gebühr darüber hinaus anzuheben, um damit den durch Sozialrabatte entstandenen Einnahmeausfall an anderer Stelle zu kompensieren.

45

Zwar bestreiten die Kläger, dass sich die Kosten für die Bereitstellung des Mittagessens auf die von der Beklagten behaupteten 62,-- € belaufen. Das von der Beklagten erhobene Essensgeld ist mit 30,-- € aber so niedrig bemessen, dass es sich der Höhe nach auf einen Betrag unterhalb dessen beläuft, was sich Empfänger von Sozialleistungen als ersparte Eigenaufwendung anrechnen lassen müssen. Es ist deshalb offensichtlich, dass eine Kostenüberhebung nicht erfolgt, sondern das Essensgeld vielmehr von der Beklagten noch bezuschusst werden muss.

46

Ein Verstoß gegen die Abgabengerechtigkeit (§ 5 Abs. 3 NKAG) ist auch nicht erkennbar. Bei der Ausgestaltung der Beiträge dürfen sozialpolitische Zwecke berücksichtigt werden nach § 5 Abs. 3 S, 2, Abs. 1 S. 3 NKAG, ein Zwang besteht diesbezüglich aber nicht. Vielmehr gilt nach § 5 Abs. 3 S. 1 NKAG der Grundsatz, dass die Gebühr nach Art und Umfang der Inanspruchnahme zu bemessen ist.

47

Das festgesetzte Essensgeld entspricht auch der Billigkeit nach § 315 Abs. 3 BGB.

48

In höchstrichterlicher Rechtsprechung ist seit langem anerkannt, dass die Tarife von Unternehmen, die - im Rahmen eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses - Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, grundsätzlich der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind (vgl. BGH, NJW 1992, Seite 171 ff.). Ob Ziffer 15 der Entgeltregelung hierunter fällt, kann dahingestellt bleiben.

49

Selbst wenn § 315 BGB auf die Beiträge für Kindertageseinrichtungen anwendbar wäre, ist ein Verstoß gegen § 315 Abs. 3 BGB nicht festzustellen. Auch wenn die Kläger bestritten haben, dass sich die Kosten für die Bereitstellung des Mittagessens auf 62,--Euro und damit auf deutlich mehr als die erhobenen 30,- Euro Essensgeld belaufen, so ergibt sich schon allein aus der Tatsache, dass der Betrag, den sich Empfänger von Sozialleistungen als ersparte Eigenaufwendungen anrechnen lassen müssen, der Höhe nach durch das festgesetzte Essensgeld unterschritten wird, dass die Beklagte auch das Essensgeld noch bezuschusst, so dass eine Kostenübersteigung nicht vorliegen kann und das festgesetzte Essensgeld der Billigkeit entspricht, ohne dass es auf die Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten sowie die Verteilung der Kosten im Einzelnen ankommt.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

51

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre gesetzliche Grundlage in § 708 Nr. 11, 711 ZPO.