Amtsgericht Hannover
Urt. v. 12.06.2006, Az.: 530 C 4660/06

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
12.06.2006
Aktenzeichen
530 C 4660/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 45054
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2006:0612.530C4660.06.0A

In dem Rechtsstreit

...

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Hannover - Abt. 530 -

auf die mündliche Verhandlung vom 29.05.2006

durch die Richterin am Amtsgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Rückabwicklung eines Kaufvertrages. Der Kläger erwarb mit schriftlichem Kaufvertrag vom 29.12.2005 vom Beklagten als vierten Besitzer einen gebrauchten VW Passat VR6 mit 189 000 km Laufleistung zum Preis von 2 550,- €. (Wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf den Kaufvertrag Bl. 4 d.A.).

2

Der Beklagte erklärte im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen, das Fahrzeug sei scheckheftgepflegt, wobei er auf ein in seiner Hand gehaltenes Serviceheft verwies. Auf Nachfrage erklärte er, das Fahrzeug verbrauche kein Öl. Das Servicenachweisheft wurde dem Kläger übergeben.

3

Der Kläger behauptet, er habe nach einer Laufleistung von 500 km festgestellt, dass das Fahrzeug Öl verbrauche, d.h. er Öl habe nachfüllen müssen.

4

Der Kläger behauptet, das Fahrzeug sei bei einer Laufleistung dann von 190 000 km mit Motorschaden liegen geblieben. Es sei festgestellt worden, dass der Zahnriemen (Steuerkette), der die Nockenwelle antreibe, verschleißbedingt gerissen sei, da dieser mehr als 100 000 km Laufleistung aufgewiesen hätte. Das Fahrzeug habe, wid der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung erklärte, Totalschaden erlitten, da die Reparaturkosten den Wert des Fahrzeugs übersteigen würden.

5

Der Kläger behauptet, der Zahnriemen hätte laut Serviceheft alle 90 000 km gewechselt werden müssen. Nach Durchsicht des Serviceheftes im Einzelnen habe er dann festgestellt, dass im Rahmen der jeweiligen Inspektionen dieser Zahnriemen nie gewechselt worden sei.

6

Er sei somit über die verkehrswesentlichen Eigenschaften des Fahrzeugs getäuscht worden.

7

Mit Schreiben vom 7.1.2006 hat er den Rücktritt vom Kaufvertrag gegenüber dem Beklagten erklärt und beantragt:

8

1. Der Beklagte wird verurteilt an den Kläger 2 550,00 € Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW‘s VW Passat mit der Fahrzeug-Identitäts-Nr. WVWZZZ31ZSE158199 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.1.2006 zu zahlen.

9

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte sich mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Verzug befindet.

10

Der Beklagte beantragt:

  1. Die Klage abzuweisen.

11

Er beruft sich auf den vertraglichen Ausschluss von Gewährleistungsrechten im schriftlichen Kaufvertrag. Er habe sich, wie er in der mündlichen Verhandlung erklärte, als Laie lediglich aus den Stempeln im Serviceheft orientiert, die eine Durchführung von Inspektionen zuletzt im Mai 2005 bei 185 500 km bescheinigten. Inspektionen während seiner Besitzzeit seien nicht durchgeführt worden, was unstreitig ist. Er meint, im Übrigen hätte sich der Kläger aufgrund der Vorlage des Serviceheftes selbst orientieren können über den Umfang der durchgeführten Arbeiten.

12

Der Beklagte erklärte im Rahmen der mündlichen Verhandlung, dass das Fahrzeug keinen Dieselmotor besitze, sondern einen Benzinmotor, was vom Klägervertreter nicht bestritten worden ist. Der Beklagte beruft sich ferner darauf, dass er während seiner Besitzzeit kein Öl habe nachfüllen müssen, da bei den durchgeführten Kontrollen der Ölstand ausreichend gewesen sei.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die vorgetragenen Inhalte der Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten nebst Anlagen, sowie das Sitzungsprotokoll und das per Fax übersandte Serviceheft.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist unbegründet.

15

Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 433 Abs. 1, 434 Abs. 1, 437, 323, 326 BGB, noch einen Rückzahlungsanspruch wegen Beratungsverschuldens bzw. arglistiger Täuschung über wesentliche Eigenschaften aus §§ 311, 241 Abs. 2, 249 BGB im Wege der Vertragsaufhebung. Mit der Aussage, das Fahrzeug sei "scheckheftgepflegt" wollte der Beklagte als vierter Besitzer des Fahrzeuges erkennbar keine Garantie dafür übernehmen, dass im Rahmen der unstreitig durchgeführten Inspektionen, die nicht in seine Besitzzeit fielen, alle gegebenenfalls erforderlichen, vom Hersteller empfohlenen, Wartungsarbeiten insbesondere Zahnriemenwechsel durchgeführt worden sind. Vom Empfängerhorizont, d.h. nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte kann unter Übergabe des Serviceheftes die Erklärung des Beklagten gemäß §§ 133, 157 BGB nur dahingehend verstanden werden, dass regelmäßig, wenn auch nicht lückenlos, Inspektionen durchgeführt worden sind, deren Umfang im Einzelnen dem überreichten Scheckheft entnommen werden kann. Ein Käufer, der ein Fahrzeug aus vierter Hand erwirbt, kann auch bei dieser Zusage nicht erwarten, dass der Verkäufer über Inspektionsarbeiten im Einzelnen, die nicht in seine Besitzzeit fallen, die Gewähr übernehmen will, dass alle im jeweiligen Inspektionstermin anfallenden Arbeiten ausgeführt worden sind. Damit würde er auch gegebenenfalls für Wartungsfehler einstehen, die in den Verantwortungsbereich der jeweiligen Werkstätten fallen, was erkennbar nicht gewollt ist. Gerade, wenn das Scheckheft im Rahmen des Verkaufsabschlusses sofort übergeben wird, ist dem Käufer zuzumuten, sich selbst ein Bild von dem Umfang der im Rahmen der jeweiligen Inspektionen durchgeführten Arbeiten im Einzelnen zu machen, wenn dies für den Kauf entscheidend sein sollte bzw. gezielt nach dem Austausch einzelner Verschleißteile zu fragen. Etwas Anderes mag dann gelten, wenn das Serviceheft erst nach Abschluss des Kaufvertrages zugeschickt wird und der Käufer den Angaben des Verkäufers insoweit vertrauen muss. Dies war vorliegend aber nicht der Fall. Es war für den Kläger vielmehr erkennbar, dass der Beklagte ebenso wie er selbst Laie war und das Fahrzeug selbst nur kurzzeitig besessen hat. Er durfte somit nicht davon ausgehen, dass dieser die einzelnen Inspektionsarbeiten genauer überprüft hat. Eine verbindliche Zusage, dass alle, eventuell erforderlichen Arbeiten im Rahmen der jeweiligen Inspektion durchgeführt wurden, wollte der Beklagte erkennbar nicht abgeben, so dass die gewählte Bezeichnung "scheckheftgepflegt" keine Falschauskunft und auch keine Zusicherung eines turnusmäßig erfolgten Zahnriemenwechsels darstellte. Erst recht stellt diese Zusage keine Täuschung durch den Beklagten dar. Dieser hat sich unwidersprochen dahingehend eingelassen, die Inspektionsstempel lediglich überprüft zu haben, nicht jedoch inwieweit einzelne durchzuführende Arbeiten nach den Herstellerempfehlungen vorzunehmen waren. Letztlich kommt es auf die Frage, ob der Beklagte im Rahmen seiner Erklärung "scheckheftgepflegt" für einen unterlassenen Zahnriemenwechsel/Wechsel der Steuerkette einzustehen hat, insofern nicht an, als nach dem Serviceheft ein Zahnriemenwechsel lediglich bei TDI-Motoren bei 90 000 km erforderlich ist. Der Beklagte hat unwidersprochen im Rahmen der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es sich bei dem verkauften Passat nicht um ein TDI-Modell handelt, sondern um ein Fahrzeug mit Benzinmotor. Vorgeschriebene Wechselintervalle für Zahnriemen/Steuerkette für Benzinmotoren ergeben sich nicht aus dem Serviceheft. Dass der Motor, nach Klägervortrag, aufgrund eines zerschlissenen Zahnriemens/Steuerkette einen Schaden erlitt, stellt einen verschleißbedingten Schaden dar, für den der Beklagte nicht haftet. Mit Verschleißschäden ist bei älteren Fahrzeugen, selbst bei durchgeführten Inspektionen, zu rechnen. Ein solcher verschleißbedingter Schaden stellt nach ganz herrschender Meinung bei gebrauchten Fahrzeugen keinen Mangel im Sinne von § 434 BGB dar, zumal die Parteien auch die Haftung für Mängel des Fahrzeugs und eine Garantie ausdrücklich ausgeschlossen haben im Rahmen der Sondervereinbarungen im schriftlichen Kaufvertrag. Dafür, dass der Beklagte Kenntnis von einer abgenutzten Steuerkette bzw. dem Zahnriemen hatte und dies dem Kläger bewusst verschwieg, bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Der Zahnriemen ist von außen nicht zu sehen. Selbst wenn der Kläger nach 500 km Öl nachfüllen musste, stellt dies keinen Mangel des Fahrzeugs dar. Die Angabe, dass das Fahrzeug kein Öl verbrauche, kann lediglich dahin verstanden werden, dass ein Ölverbrauch sich im Rahmen des normalen Verbrauchs bewegt, da gerichtsbekannter Maßen jedes Kfz, insbesondere ältere Autos, im gewissen Umfang Öl verbrauchen. Dass der Verbrauch über das Maß hinausging, mit dem üblicherweise bei derartigen Fahrzeugen zu rechnen ist, ist dem Klägervortrag nicht zu entnehmen. Unabhängig davon ist vom Kläger auch nichts dazu vorgetragen, ob ein Ölverbrauch bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorlag; der Beklagte somit falsche Angaben gemacht hat. Der Beklagte hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass er selbst den Ölstand kontrolliert hat und dieser sich immer im Bereich des Limits bewegt hat. Die Beweislastumkehr des § 476 BGB findet nur auf Verbrauchsgüterkäufe Anwendung, d.h. auf Kaufverträge, bei denen der Verkäufer Unternehmer ist, was hier nicht der Fall ist. Letztlich ist die Angabe, dass das Fahrzeug kein Öl verbrauche, aber auch nicht als Garantie einer etwaigen Mangelfreiheit insoweit zu verstehen, da andernfalls dies im schriftlichen Kaufvertrag festgehalten worden wäre. Da der Beklagte hier gerade die Mangelhaftung und Garantie ausgeschlossen hat, konnte der Kläger nicht darauf vertrauen, dass die mündliche Erklärung eine Garantie darstellen soll (vgl. insoweit auch Reinking-Eggert, der Autokauf, 9. Auflage Rn. 1366).

16

Die Klage war deshalb abzuweisen. Auf die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 30.05.2006, dass Steuerkette und Zahnriemen nicht identisch seien, kam es entscheidungserheblich nicht mehr an.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.