Amtsgericht Hannover
Urt. v. 31.03.2006, Az.: 501 C 14356/04
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 31.03.2006
- Aktenzeichen
- 501 C 14356/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 45063
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2006:0331.501C14356.04.0A
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
- 3.
Das Urteil ist für die Beklagte ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von
110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien sind verbunden durch einen Hausratsversicherungsvertrag für das Objekt XXX.
Aufgrund eines Wasserschadens war von der Beklagten an den Kläger ein Betrag in Höhe von insgesamt 2.884,22 € zu erstatten.
Mit Schreiben vom 23.04.2003 (Bl. 36 d. A.) teilte der Kläger der zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten zunächst mit, dass er um Vergütung auf sein Konto XXX.
Mit Fax vom 02.10.2003 teilte der Kläger der dann zuständigen Sachbearbeiterin XXX seitens der Beklagten per Fax mit, dass die Überweisung auf sein neues Konto XXX.
Das Schreiben erhält den Zusatz, dass das alte Konto bei der Dresdner Bank nicht mehr gültig sei. Unter dem 07.10.2003 erfolgte dann ebenfalls an die Mitarbeiterin XXX unter Angabe wiederum der Hausratsversicherungsschaden-Nummer die Mitteilung, dass versehentlich eine falsche Kontonummer benannt worden sei.
Der Kläger bittet sobald der Schaden regulierungsreif sei in dem Schreiben um Überweisung auf sein neues Konto bei der Spardabank XXX.
Auch dieses Schreiben erhält den Zusatz, dass das alte Konto nicht mehr gültig sei.
Die Überweisung der Summe erfolgte dann unstreitig am 28.10.2003 auf das Konto bei der Spardabank XXX der Kläger in seinem Fax vom 02.10.2003 der Beklagten mitgeteilt hatte. Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass es hinsichtlich des im Fax vom 02.10.2003 benannten Kontos seitens einer dritten Person zu Vollstreckungshandlungen auf das Konto des Klägers gekommen ist.
Die Einzelheiten bzw. der Ablauf und die Rechtmäßigkeit dieses durchgeführten Vollstreckungsverfahrens auf Grundlage eines Vollstreckungsbescheides ist zwischen den Parteien streitig.
Eine weitere Erstattung oder Rückerstattung erfolgte durch die Beklagte auch nach Aufforderung des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht.
Der Kläger behauptet:
Es habe sich so verhalten, dass zu Unrecht ein Vollstreckungsbescheid gegen ihn erwirkt worden sei, der mittlerweile durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 18.01.2005 aufgehoben worden sei.
Dieser zu Unrecht erwirkte Vollstreckungsbescheid habe als Folge eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Wedding nach sich gezogen, der unter dem Datum vom 08.10.2003 erlassen worden sei, wobei auch die Erinnerung gemäß § 766 ZPO seitens des Klägers gegen die Vollstreckung vom 08.12.2003 bzw. auf den Einspruch und den gleichzeitigen Antrag der Zwangsvollstreckung erst eine Entscheidung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 18.12.2003 ergangen sei.
Die Spardabank habe in Ansehung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unter dem 17.12.2003 den zu Unrecht im Wege des Vollstreckungsbescheides titulierten Betrages bereits an die Gläubigerin ausgezahlt.
Gegen diese sei ein Anspruch nun nicht mehr vollstreckbar, da bereits zwei Haftbefehle gegen sie vorlege und sie die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verweigere.
Der Kläger ist der Ansicht, dass nach seiner Mitteilung im Fax vom 07.10.2003 der neuen Kontonummer bei der Spardabank gar keine Tilgungswirkung durch die Überweisung auf das im Fax vom 02.10.2003 angegebene Konto hätte eingehen können.
Zumindest stehe ihm wegen diese unsorgfältigen Sachbearbeitung ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Er habe Ende Oktober gegenüber der Mitarbeiterin der Beklagten Frau XXX ein Telefonat geführt, in dem der Zugang des Faxes mit der letztgenannten Kontonummer bestätigt worden sei und in dem mitgeteilt worden sei, dass nur noch auf das letztgenannte Konto gezahlt werden solle, was die Mitarbeiterin der Beklagten so auch bestätigt habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.844,22 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass durch die Zahlung auf das vom Kläger im Fax vom 02.10.2003 benannte Konto bei der Spardabank durchaus Erfüllung eingetreten sei.
Dem Kläger sei auch die Zahlung im Sinne einer Minderung seiner zumindest zum damaligen Zeitpunkt titulierten Schuld gegenüber der Gläubigerin, welche den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt hat, als wirtschaftlicher Vorteil zugeflossen.
Der Beklagten könne gerade in Anbetracht der relativ schnellen Folge der gewechselten Bankverbindung und des Aufbaues der bezeichneten Schreiben mit nahezu identischen Informationen kein Verschulden entgegen gehalten werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2005.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
Der Kläger hat zunächst keinen Anspruch auf Zahlung des von ihm verlangten Betrages aus dem zwischen den Parteien bestehenden Hausratsversicherungs-Vertrag und der sich anschließenden unstreitigen Schadensabwicklung.
Durch die Überweisung auf das vom Beklagten im Fax vom 02.10.2003 angegebenen Kontos ist die Tilgungswirkung des § 362 BGB eingetreten und die Forderung gegenüber der Beklagten erloschen.
Der Kläger hat durch die Mitteilung diverser (insgesamt 3) Bankverbindungen zuerkennen gegeben, dass er bereit ist, dem bargeldlosen Zahlungsverkehr im Wege der Überweisung zum Empfang von Forderungen zu akzeptieren.
Insoweit ist der Eingang bzw. die unstreitige Gutschrift des von der Versicherung aufgrund des Hausratsversicherungsvertrages zu zahlenden Betrages auf das Konto des Beklagten bei der Spardabank als Erfüllung anzusehen. Zwar ist es grundsätzlich nicht der Beliebigkeit einer Schuldnerin bzw. eines Schuldners unterworfen, auf welches Konto des Gläubigers von dort gezahlt werden soll. Hier liegt jedoch die Besonderheit, dass binnen 5 Tagen 2 verschiedene Bankverbindungen mitgeteilt worden sind, wobei jeweils der Hinweis erfolgte, dass eine alte Konto- bzw. Bankverbindung bei der Dresdner Bank nicht mehr gültig sei.
Mit der einmal eröffneten Möglichkeit der Überweisung braucht das Konto bei der Spardabank, welches später durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für den Kläger nach seinem Vortrag wirtschaftlich wertlos wurde, hat in Anbetracht der Tatsache, dass er zum Zeitpunkt der Überweisung Kontoinhaber war und insoweit mit der Gutschrift des Betrages auf seinem Konto der Geldbetrag auch in seinen wirtschaftlichen Machtbereich gelangte, die Erfüllung stattgefunden.
Unabhängig davon steht die Frage, ob er infolge des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses tatsächlich auch frei über das genannte Geld verfügen konnte.
Es ist dabei weiter zu beachten, dass das Einverständnis zur Zahlung auf ein anderes als das angegebene Konto nachträglich erteilt werden kann und zwar insbesondere auch in dem Schreiben des Überweisungsempfängers liegen kann.
Es muss als Gebot der Reibungslosigkeit des Zahlungsverkehrs angesehen werden, eine Überweisung, die nicht als Erfüllung gelten soll, grundsätzlich unverzüglich zurück zu überweisen.
Vorliegend kommt hinzu, dass nicht nur unverzüglich die Überweisung zurück gewiesen wurde, sondern geraume Zeit vergangen ist, bis die Überweisung als Erfüllung abgelehnt wurde (vgl. OLG Karlsruhe in NJW RR 1996, Seite 752 ff.).
Bis zur vorprozessualen Geltendmachung vergingen jedoch bis zum 22.03.2004 (Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers (Bl. 20 d. A.)) annähernd 5 Monate. Des Weiteren besteht auch kein Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber der Beklagen aus §§ 280 ff. BGB wegen einer Nebenpflichtverletzung.
Zwar hat die Beklagte sicher gegen die ihr obliegende Sorgfaltspflicht zur Überweisung auf das zuletzt vom Kläger angegebene Konto verstoßen. Dieser Verstoß wiegt jedoch in Anbetracht kurzfristig gewechselten Bankverbindung und deren Ähnlichkeiten in der schriftlichen Darstellung nicht so schwer.
Zum anderen scheitert jedoch ein Anspruch in Ermangelung der Kausalität im Sinne des Vorliegens einer Adäquanz zwischen dem Fehlverhalten der Beklagten und dem eingetretenen Schaden bei dem Kläger.
Fraglich ist vorliegend schon, ob ein Schaden in Höhe des überwiesenen Betrages überhaupt vorliegt, das Rückforderungs- bzw. Beitreibungsbemühungen bei der wohl zu Unrecht vollstreckenden Gläubigerin des Klägers noch nicht versucht worden sind.
Zumindest war jedoch nach dem normalen Lauf der Dinge für die Beklagte die Konstellation des Erwirkens eines unrechtmäßigen Vollstreckungsbescheides mit anschließenden Vollstreckungsmaßnahmen im Wege des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und die wohl aufgrund des zeitlichen Ablaufs nicht vorhandene Möglichkeit des Klägers auf dem Rechtswege die Auszahlung dieses Betrages zu verhindern, nicht vorhersehbar und nach dem normalen Lauf der Dinge auch nicht zu erwarten.
Etwas anderes könnte ggf. dann gelten, wenn der Kläger seine Motivation für die Angabe des neuen Kontos, nämlich das neue Konto seiner Ehefrau bei der Spardabank offen gelegt hätte. Dies ist indes vom Kläger nicht behauptet, so dass sein nachvollziehbares Interesse, die Pfändung des Kontos gegenüber der Versicherung nicht anzeigen zu wollen, hinter seiner Treuepflicht, seinem Vertragspartner ausständige Geschäftsbeziehungen vor Schaden zu bewahren, eindeutig zurücktritt. Es ist nämlich zu beachten, dass die Beklagte nicht damit rechnen musste, dass auf der Seite des Klägers bzw. durch die unberechtigt handelnde Gläubigerin deliktisches Handeln vorgenommen wird und dass das zunächst für Überweisung angegebene Konto zu Unrecht mit einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss eines Dritten überzogen wird.
Die Beklagte konnte sicherlich für sich bei der Vornahme von Überweisungen im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen in Anspruch nehmen, dass nach den Gepflogenheiten im Bankverkehr bei Veränderung einer Bankverbindung die Überweisung entweder nicht ausgeführt wird oder das Bankinstitut von sich aus den Überweisungsbetrag dem Zahlungsempfänger, also hier dem Kläger zuführt (vgl. zum Vorstehenden OLG Frankfurt in NJW 1998, Seite 387 ff.).
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.