Amtsgericht Hannover
Urt. v. 22.08.2006, Az.: 561 C 5828/06
Anforderungen an die Durchsetzung eines Honoraranspruchs für eine Geschäftsbesorgung; Wirksamkeitsvoraussetzungen des Widerrufs eines Fernabsatzvertrags bezüglich der Überprüfung eines Krankenversicherungsvertrags
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 22.08.2006
- Aktenzeichen
- 561 C 5828/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 38880
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2006:0822.561C5828.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 312d Abs. 1 BGB
- § 355 BGB
- § 675 Abs. 1 BGB
Fundstelle
- NJW 2007, 781-782 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Forderung
In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 22.08.2006
durch
den Richter am Amtsgericht Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt vom Beklagten eine Honorarzahlung für eine Geschäftsbesorgung.
Ein Außendienstmitarbeiter der Klägerin rief den Beklagten am 08.11.2005 auf seinem Mobiltelefon an und fragte den Beklagten, ob er an einer Beitragssenkung hinsichtlich seiner privaten Krankenversicherung interessiert sei. Der Beklagte teilte mit, dass er eventuell interessiert sei. Der Beklagte erhielt daraufhin ein Schreiben der Beklagten per Fax (Bl. 32 d.A.) mit einem als "Auftrag zur Kostensenkungsanalyse" überschriebenen Formular (Bl. 11 d.A.), welches er ausfüllte, unterschrieb und an die Klägerin am 13.11.2005 per Fax schickte. In diesem heißt es unter Punkt Nr. 3, dass die Ersparnis von 12 Monaten zzgl. gesetzl. MwSt einmalig als Honorar berechnet werden darf, wenn die Klägerin aufzeigt, dass der maximale Gesamtjahresbeitrag bei der bestehenden Gesellschaft real gesenkt werden kann. Mit Schreiben vom 23.11.2005 teilte die Klägerin dem Beklagten als Ergebnis ihrer Überprüfung mit, dass er durch einen Wechsel von seinem jetzigen Tarif CA 3 in den Tarif CA 5 mindestens 773,56 EUR pro Jahr sparen könne. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Klägerin vom 23.11.2005 (Bl. 12 ff. d.A.) Bezug genommen. Dem Beklagten wurde gleichzeitig ein Schreiben an seine private Krankenversicherung mit einem entsprechenden Umstellungsantrag übersandt, welches er lediglich noch zu unterschreiben hatte. Am 23.11.2005 übersandte die Klägerin dem Beklagten eine Rechnung über 897,33 EUR mit der Bitte um Ausgleich. Der Beklagte zahlte hierauf nicht und verweigerte die Zahlung im einem Schreiben an die Beklagte vom 02.12.2005 mit dem Hinweis, dass die Klägerin Zahlungen von ihm mit Sicherheit nicht erhalten werde, jedenfalls nicht ohne Urteil. Die Klägerin mahnte den Beklagten am 26.01.2006 und am 13.02.2006.
Die Klägerin behauptet, die erstattungsfähigen Leistungen in den verglichenen Tarifen seien identisch. Die von ihr berechnete Mindestersparnis bestehe selbst dann, wenn der Beklagte in dem von ihr vorgeschlagenen Tarif die höhere Selbstbeteiligung in vollem Umfang zahlen müsste. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen schriftsätzlichen Vortrag der Klägerin Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 897,33 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 26.12.2005 sowie 5,00 EUR vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass ihm ein Widerrufsrecht aufgrund eines Fernabsatzvertrages zustehe, und hat den Widerruf ausdrücklich erklärt in seinem Schriftsatz vom 17.06.2006 (Bl. 28 d.A.). Darüber hinaus behauptet er, die aufgezeigte Alternative zu seinem bisherigen Tarif stelle keine Verbesserung zu diesem dar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen schriftsätzlichen Vortrag des Beklagten Bezug genommen.
Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten gem. § 675 Abs. 1 BGB keinen Anspruch auf Zahlung von 897,33 EUR. Denn der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag wurde von dem Beklagten gem.§§ 355, 312 d Abs. 1 BGB wirksam widerrufen.
1.
Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag i.S.d. § 312 b Abs. 1 BGB. Der Beklagte handelte beim Vertragsschluss als Verbraucher i.S.d. § 13 BGB, die Klägerin als Unternehmer i.S.d. § 14 BGB. Der Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung kam unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln i.S.d. § 312 b Abs. 2 BGB zustande, namentlich durch einen Telefonanruf und die Übermittlung von Telekopien. Die Ausnahme des § 312 b Abs. 3 Ziffer 3 BGB greift nicht ein, denn die Klägerin bietet selbst weder Versicherungen an, noch vermittelt sie diese. Darauf weist die Klägerin in ihrem Fax vom 8.11.2005 selbst in einer Fußnote hin (Bl. 33 d.A.).
2.
Dem Beklagten stand gem. § 312 d Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu, von dem er Gebrauch gemacht hat, indem er den Widerruf erklärte.
a.
Das Widerrufsrecht ist nicht gem. § 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB erloschen, bevor der Beklagte den Widerruf erklärt hat. Die Klägerin hatte zwar die Dienstleistung zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerrufsrechts bereits vollständig erbracht. Der Beklagte hatte jedoch dem Beginn der Ausführung der Dienstleistung nicht ausdrücklich zugestimmt. Der Beklagte hatte die Klägerin durch ein von dieser vorgefertigtes Formular mit der Überprüfung seines Krankenversicherungsvertrags beauftragt, ohne eine Zeitangabe zu machen, und entsprechende Unterlagen übersendet. Gerade die Übersendung der Unterlagen kann nur als konkludentes, nicht aber als ausdrückliches Einverständnis mit dem Beginn der Dienstleistung verstanden werden. Die Erklärungen im Vertrag selbst reichen zu einem ausdrücklichen Einverständnis mit dem Beginn der Dienstleistung ebenfalls nicht aus. Wären die Formulierungen in dem von der Klägerin vorgefertigten Auftragsformular als antizipiertes Einverständnis mit der Ausführung der Dienstleistung zu verstehen, wären sie sowohl gem. § 312 f BGB und gem. § 307 BGB unwirksam (vgl. Palandt, § 312 d Rn. 7 a).
b.
Der Widerruf durch den Beklagte erfolgte fristgerecht. Die Widerrufsfrist hatte noch gar nicht zu laufen begonnen, da der Beklagte über sein Widerrufsrecht nicht belehrt worden war (vgl. § 355 Abs. 2 BGB).
3.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.