Sozialgericht Aurich
Urt. v. 11.01.2012, Az.: S 15 AS 863/09

Anspruch auf Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Zuschuss statt als Darlehen; Hausgrundstück als verwertbares Vermögen aufgrund unangemessener Größe nach Auszug der Kinder aus dem Haushalt

Bibliographie

Gericht
SG Aurich
Datum
11.01.2012
Aktenzeichen
S 15 AS 863/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 42291
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGAURIC:2012:0111.S15AS863.09.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
LSG Niedersachsen-Bremen - AZ: L 13 AS 54/12

Tenor:

  1. 1.)

    Der Bescheid vom 10.12.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2010 wird abgeändert.

  2. 2.)

    Der Beklagte wird verpflichtet, die den Klägern für den Zeitraum 01.12.2007 bis 31.10.2009 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren.

  3. 3.)

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  4. 4.)

    Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

  5. 5.)

    Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch der Kläger auf Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum 01.12.2007 bis 31.10.2009 als Zuschuss statt als Darlehen.

Der am K. geborene Kläger zu 1) und die am L. geborene Klägerin zu 2) beziehen seit dem 01.01.2005 bei der im Auftrag des Beklagten handelnden Samtgemeinde M. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Kläger sind miteinander verheiratet und je zur ideellen Hälfte Miteigentümer des Hausgrundstücks C., Gemarkung N., Flurstück O. in der Gemeinde E ... Das Grundstück hat eine Größe von 973 qm und ist bebaut mit einem Einfamilienhaus mit Garage, Baujahr 1977, die Wohnfläche beträgt ca. 122 qm. Die Kläger haben zwei Kinder, das Haus wurde mit erheblichen Eigenleistungen nach der Geburt des ersten und vor der Geburt des zweiten Kindes errichtet. Die Kläger haben das mittlerweile schuldenfreie Haus in der Folgezeit dann durchgängig mit den beiden Kindern bewohnt, bis diese nach Abschluss der Berufsausbildung das Elternhaus verließen und heute beide auswärtig einer Berufstätigkeit nachgehen.

Die Samtgemeinde M. gewährte den Klägern Leistungen nach dem SGB II zur Sicherung des Lebensunterhalts bis einschließlich November 2007 als Zuschuss. Die weitere Leistungsbewilligung ab Dezember 2007 erfolgte seitens der Samtgemeinde M. mit diversen Bescheiden, die mit Ausnahme eines Bescheides allesamt nicht streitgegenständlich und - soweit ersichtlich - rechtskräftig geworden sind, als "vorläufiges Darlehen". Wörtlich hieß es in diesen Bescheiden: "Da Sie Eigentümer von möglicherweise zu verwertendem Vermögen sind, das Sie zur Bestreitung Ihres Lebensunterhalts einzusetzen hätten, gewähre ich Ihnen die Leistungen als vorläufiges Darlehen gem. § 23 Abs. 5 SGB II. Eine endgültige Entscheidung hierüber trifft der Landkreis P ... Sie erhalten dann einen gesonderten Bescheid."

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 17.11.2008 bewilligte die Samtgemeinde M. den Klägern für den Zeitraum 01.12.2008 bis 31.05.2009 monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 902,- Euro monatlich, ebenfalls als "vorläufiges Darlehen" mit dem soeben zitierten Hinweis. Den Widerspruch der Kläger, der sich gegen die darlehensweise Bewilligung richtete, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2009 als unbegründet zurück. Die dagegen gerichtete Klage ging am 13.08.2009 beim Sozialgericht Aurich ein. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 15 AS 863/09 geführt.

Für die anschließenden Monate bis einschließlich November 2009 erfolgte wiederum eine Leistungsbewilligung als "vorläufiges Darlehen" mit dem oben zitierten Zusatz. Auch diese Bescheide sind nicht streitgegenständlich. Seit dem 01.11.2009 bezieht der Kläger zu 1) Altersrente. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II werden seit diesem Zeitpunkt nicht mehr bezogen.

Mit dem als Grundbescheid bezeichneten Bescheid vom 10.12.2009 gewährte der Beklagte die Grundsicherungsleistungen ab dem 01.12.2007 als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II unter weiteren Nebenbestimmungen, die sich auf die Darlehensbedingungen sowie die Eintragung einer Grundschuld bezogen. Er führte aus, die Vermögensprüfung habe ergeben, dass es sich bei dem Hausgrundstück "C." in E. um verwertbares Vermögen handele. Da der sofortige Verbrauch bzw. die sofortige Verwertung nicht möglich sei, jedenfalls aber eine besondere Härte bedeuten würde, erfolge die Leistungsbewilligung darlehensweise. Die Verwertbarkeit des Hauses ergebe sich daraus, dass dieses für einen Zweipersonenhaushalt unangemessen groß sei und die für diese Haushaltsgröße als angemessen anzusehende Wohnfläche von maximal 90 qm überschritten werde. Die Kläger legten dagegen Widerspruch ein und wandten sich gegen die Bewertung des Hauses als unangemessen. Von einer Reduktion der Wohnfläche sei abzusehen, wenn erwachsene Kinder das Elternhaus verließen. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2010 als unbegründet zurück und führte aus, das Haus sei nicht angemessen und damit kein Schonvermögen, da bei zwei Bewohnern nur eine Wohnfläche von maximal 90 qm noch als angemessen angesehen werden könne. Auch das Grundstück übersteige den Grenzwert von 800 qm und sei damit unangemessen groß. Die Wertermittlung habe einen Wert von 119.761.- EUR ergeben, dinglich gesicherte Verbindlichkeiten bestünden nicht, so dass sich nach Abzug der Freibeträge ein berücksichtigungsfähiges Vermögen von 100.861.- EUR errechne.

Mit der dagegen gerichteten Klage begehren die Kläger die Bewilligung von Zuschussleistungen für den Zeitraum 01.12.2007 bis 31.10.2009. Das Verfahren war unter dem Aktenzeichen S 35 AS 874/10 beim Sozialgericht Aurich anhängig. Mit Beschluss vom 27.07.2011 hat das Gericht die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

Die Kläger tragen vor, durch den Auszug der Kinder habe sich an ihrem Vermögen nichts geändert. Abzustellen sei auf die Situation bei Errichtung des Gebäudes und seinerzeit sei das Gebäude auch nach Auffassung des Beklagten angemessen gewesen.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Samtgemeinde M. vom 10.12.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die im Zeitraum 01.12.2007 bis 31.10.2009 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren, ferner den Bescheid der Samtgemeinde M. vom 17.11.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich auf sein Vorbringen aus den Widerspruchsbescheiden.

Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Samtgemeinde M. und des Beklagten beigezogen und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage gegen den Bescheid vom 17.11.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2009 ist mangels Rechtschutzbedürfnis unzulässig.

Bei dem Bescheid vom 17.11.2008 der Samtgemeinde M. handelt es sich ebenso wie bei den Bewilligungsbescheiden für die übrigen Zeiträume, die nicht streitgegenständlich sind, um vorläufige Entscheidungen gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 SGB III.

Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn u.a. zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlich vorliegen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat (§ 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III). Die Vorschriften des 3. Buches über u. a. die vorläufige Entscheidung (§v 328 SGB III) sind entsprechend anwendbar (§ 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a SGB II).

Verwaltungsakte sind unter entsprechender Anwendung der Grundsätze über die Auslegung von Willenserklärungen auszulegen. Dabei kommt es nicht darauf an, von welcher Vorstellung die Behörde ausgegangen ist, es ist vielmehr der objektive Sinngehalt der Erklärung, d. h., wie der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls objektiv verstehen musste, entscheidend (vgl. BSG Urteil vom 17.01.1996 -3 RK 39/94, BSGE 77, 219, 223; Urteil v. 24.01.1995 - 8 RKn 11/93, BSGE 75, 291, 296; Engelmann in von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 6. Auflage, Rn 26 zu § 31). Abzustellen ist auf den Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann (BSG, Urteil vom 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R, BSGE 89, 90, 100; Urteil v. 29.06.1995 - 11 RAr 109/94, BSGE 76, 184, 186).

Zwar ist hinsichtlich des streitgegenständlichen Bescheides vom 17.11.2008 festzuhalten, dass die Formulierung "vorläufiges Darlehen gemäß § 23 Abs. 5 SGG II" in sich widersprüchlich ist. Leistungen nach § 23 Abs. 5 SGB II sind Darlehensleistungen, es handelt sich aber um endgültig bewilligte Leistungen. Vorläufige Leistungen nach § 328 SGB III sind dagegen nach einer endgültigen Entscheidung zwar zu erstatten (vgl. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III), es handelt sich dabei aber gerade nicht um Darlehensleistungen. Dessen ungeachtet hat der Verwaltungsträger deutlich gemacht, dass er die Voraussetzungen für eine endgültige Bewilligung im Moment noch nicht als geklärt ansieht, deshalb auch ausdrücklich ausführt: "Da Sie Eigentümer von möglicherweise zu verwertendem Vermögen sind.". Weiterhin wird deutlich gemacht, dass noch eine endgültige Entscheidung beabsichtigt ist (Zitat: "Eine endgültige Entscheidung hierüber trifft der Landkreis P ..."). Das reicht nach Überzeugung der erkennenden Kammer aus, um dem Empfänger dieses Verwaltungsaktes deutlich zu machen, dass die nunmehr getroffene Entscheidung noch nicht endgültig ist. Dies ist aber das Wesen einer vorläufigen Entscheidung nach § 328 SGB III.

Die Kläger sind durch diesen vorläufigen Bescheid indes nicht mehr beschwert, da dieser mittlerweile durch den als Grundbescheid bezeichneten Bescheid des Beklagten vom 10.12.2009 überholt ist. Dieser ist als endgültige Entscheidung zu qualifizieren.

Der Beklagte bezieht sich gleich zu Beginn des Bescheides vom 10.12.2009 auf "gewährte Grundsicherungsleistungen ab dem 01.12.2007". Im letzten Absatz wird der Zeitraum vollständig mit "01.12.2007 bis 30.11.2009" angegeben und der Beklagte nimmt unmittelbar Bezug auf die für diesen Zeitraum bislang vorläufig bewilligten Leistungen. Damit ist der Bescheid hinreichend bestimmt, zumal die in den vorläufigen Bescheiden festgesetzte Höhe nicht mehr in Frage gestellt wird; der für diesen Zeitraum insgesamt bewilligte Betrag wird lediglich noch einmal wiederholt. Insgesamt ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Beklagte diesen Betrag nunmehr endgültig, wenngleich nur als Darlehen gem. § 23 Abs. 5 SGB II und unter weiteren Nebenbestimmungen, bewilligen will. Die von der Terminologie des SGB II und SGB III abweichende Bezeichnung als "Grundbescheid" ändert an diesem Charakter des Bescheides nichts; denn der Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" ist auch im Sozialrecht und bei der Auslegung von Verwaltungsakten zu beachten (vgl. BSG, Beschluss v. 28.10.2009 -6 KA 56/08 B; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 15.04.2010 -L 10 KR 65/07).

Der endgültige Bescheid ersetzt den Vorläufigen in vollem Umfang (BSG, Urteil vom 17.04.1996 - 3 RK 13/95, SozR 3-5425 § 10 Nr. 1 S. 6). Dieser hat sich damit gem. § 39 Abs. 2 SGB X erledigt, so dass kein Rechtschutzbedürfnis für die Anfechtung des vorläufigen Bescheides mehr besteht.

Im Übrigen ist die Klage zulässig.

Sie ist auch begründet.

Die Kläger haben im streitigen Zeitraum vom 01.12.2007 bis 31.10.2009 Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Zuschuss. Die dem entgegenstehenden Bescheide vom 10.12.2009 und vom 05.07.2010 waren daher abzuändern.

Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die (1) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, (2) erwerbsfähig sind, (3) hilfebedürftig sind und (4) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (7 Abs. 1 S. 1 SGB II a. F.). Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben (7 Abs. 2 Satz 1 SGB II a. F.). Zur Bedarfsgemeinschaft gehören u. a. die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte und die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder (§ 7 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 SGB II a. F.).

Mit Ausnahme der Hilfebedürftigkeit sind alle Anspruchsvoraussetzungen nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten gegeben und damit unstreitig. Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieses Vortrags sind während des Verfahrens nicht zutage getreten.

Die Kläger sind darüber hinaus auch hilfebedürftig.

Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen, bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB II a. F.).

Der Lebensunterhalt der Kläger ist derzeit unstreitig weder durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, noch aus zu berücksichtigendem Einkommen zu sichern.

Der Lebensunterhalt kann auch nicht aus dem zu berücksichtigenden Vermögen gesichert werden.

Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Damit ist der gesamte Bestand an Sachen oder Rechten in Geld oder Geldeswert erfasst (Hänlein in: Gagel, Kommentar zum SGB III mit SGB II, § 12 Rdn. 23; Mecke in: Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, § 12 Rdn. 13; Frank in: GK zum SGB II, § 12 Rdn. 6 jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- zur Arbeitslosenhilfe, etwa in BSGE 41, 187, 188 [BSG 11.02.1976 - 7 RAr 159/74]; 46, 271, 273; 72, 248, 250). Zum einzusetzenden Vermögen können neben beweglichen Sachen und Immobilien auch verbriefte oder nicht verbriefte Forderungen gehören (BSG, Urteil v. 30.08.2010 - B 4 AS 70/09 R, SGb 2011, 646). Vom Vermögen sind dabei verschiedene Freibeträge abzusetzen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB II).

Nach dem Akteninhalt und dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten ist als einziger nennenswerter Vermögensgegenstand das Hausgrundstück C., Gemarkung N., Flurstück O. in der Gemeinde E. vorhanden. Bei diesem Haus handelt es sich um sog. Schonvermögen, das bei Prüfung der Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen ist.

Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen u. a. ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II).

Da das Einfamilienhaus C. in E. von den Klägern selbst bewohnt wird, handelt es sich um ein selbst genutztes Haus.

Es ist auch von angemessener Größe.

Bei dem Begriff der angemessenen Größe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. Urteil des BSG vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R; Urteil des BSG vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R; Urteil des BSG vom 19.09.2008, B 14 AS 54/07 R; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, § 12 Rdn. 208; Radüge in: jurisPK-SGB II, 3. Auflage 2011, § 12, Rdn. 127; Frank in: GK zum SGB II, § 12 Rdn. 63).

Der 7. Senat des Bundessozialgerichts hat mit Urteil vom 07.11.2006 (- B 7b AS 2/05 R, BSGE 97, 203) die Angemessenheitsgrenze für eine Eigentumswohnung mit 120 m2 bei einem Haushalt von 4 Personen festgelegt und sich dabei auf die Wohnflächengrenzen in § 39 des 2. Wohnungsbaugesetzes -II. WoBauG- bezogen. Durch die Wohnflächengrenzen dieses Gesetzes, das aufgrund von Artikel 2 des Wohnungsbaureformgesetzes vom 13.09.2001 (BGBl I 2376) mit Wirkung vom 01.01.2002 außer Kraft getreten ist, sei, anders als durch Anwendung der Wohnflächengrenzen in den Ausführungsbestimmungen der Länder, die seit 2002 für die soziale Wohnraumförderung zuständig sind, eine sachgerechte und einheitliche Handhabung möglich. Dabei sei jedoch eine Differenzierung nach der Anzahl der Personen geboten. Zwar sei im II. WoBauG selbst nur die Erhöhung von jeweils 20 m2 pro Person zur angemessenen Unterbringung eines Haushalts mit mehr als 4 Personen geregelt (vgl. § 82 Abs. 3 Satz 1 II. WoBauG). Eine Korrektur in beide Richtungen sei aber erforderlich um eine verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbare Ungleichbehandlung gegenüber leistungsberechtigten Immobilienbesitzern nach dem SGB XII zu vermeiden. Die Wohnflächengrenze sei daher - ausgehend von 120 m2 bei einem Hauhalt von 4 Personen und einer Eigentumswohnung - um jeweils 20 m2 pro Person weniger zu reduzieren (vgl. BSG a.a.O., Rdn. 22). Bei Belegung mit einer Person sei die Grenze aber typisierend auf 80 m2 festzusetzen, ohne dass eine weitere Reduzierung in Betracht komme.

Der 11. Senat des BSG hat sich dieser Rechtssprechung mit Urteil vom 16.05.2007 -B 11b AS 37/06 R- angeschlossen, der 14. Senat hat diese mit Urteil vom 15.04.2008 -B 14/7 b AS 34/06 R- und Urteil vom 19.09.2008 -B 14 AS 54/07 R- insoweit fortgeschrieben, als - ebenfalls in Anwendung von § 39 II. WoBauG - bei einem Eigenheim bzw. Familienheim für einen 4-Personenhauhalt eine Wohnflächenobergrenze von 130 m2 gelte, die dann ggf. bei geringerer Personenzahl bis auf 90 qm zu reduzieren sei.

Die Instanzrechtsprechung ist dieser Rechtsprechung des Bundessozialgerichts weitgehend gefolgt (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 17.12.2010 - L 19 AS 1323/10 B; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 25.9.2009 - L 32 AS 412/08; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 30.09.2011 - L 12 AS 5858/10; a. A.: SG Nordhausen, Urteil v. 24.03.2011 -S 13 AS 3123/10). Auch in der Literatur findet diese Rechtsauffassung überwiegend Zustimmung (vgl. etwa Geiger in: LPK SGB II, 4. Auflage, § 12 Rdn. 52; Hänlein in: Gagel, a.a.O. § 12 Rdn. 54a, 54b), jedenfalls wird einer Reduzierung der Wohnfläche bei Haushaltsgrößen unter 4 Personen nicht widersprochen (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, § 12 Rdn. 210e, anders noch die Vorauflage Rdn. 211; Radüge in: jurisPK-SGB II, 3. Auflage 2011, § 12, Rdn.130, anders noch Behrend in der Vorauflage Rdn. 41).

Lediglich Link ("Hartz IV vor dem BSG: Schutz von Eigentum und Mietwohnraum" in: Sozialrecht Aktuell 2007, Heft 1, Seite 8 ff., 12) und Mecke (in: Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage, Rdn. 71 zu § 12) vertreten die Auffassung, dass von einer Reduktion der Wohnfläche in den Fällen abzusehen ist, in denen sich die Personenzahl verringert hat, weil die erwachsen gewordenen Kinder die Wohnung der Eltern verlassen haben und ziehen insoweit den Rechtsgedanken des § 82 Abs. 3 Satz 2 II. WoBauG heran, wonach eine Verminderung der Personenzahl nach dem erstmaligen Bezug der Wohnung im Rahmen der öffentlichen Wohnbauförderung unschädlich ist. Zeitler (NDV 1991, Seite 73 ff., 75) spricht sich für den Anwendungsbereich des früheren BSHG generell für eine Anwendung des II. WoBauG, aber ohne jede Reduzierung der Wohnfläche bei Haushaltsgrößen unter vier Personen aus.

Die Auslegung des Angemessenheitsbegriffs nach Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie Regelungsabsicht des Gesetzgebers spricht eher gegen eine Reduzierung der Wohnfläche bei Haushaltsgrößen von weniger als vier Personen als dafür. Die verfassungskonforme Auslegung führt jedenfalls in den Fällen, in denen die Reduzierung der Familiengröße durch den Auszug erwachsen gewordener Kinder bedingt ist, zu keiner Veränderung der ursprünglichen Angemessenheitsgrenze.

Bei der Wortlautauslegung des Angemessenheitsbegriffs ist zu beachten, dass dieser ausdrücklich Bezug nimmt auf die Größe; geschützt sind selbst genutzte Hausgrundstücke von "angemessener Größe". Nach dem Wortlaut ist mithin einziger Angemessenheitsmaßstab, der bei der Auslegung zugrunde zu legen ist, die Größe des Hauses, womit wegen des Bezuges zur Selbstnutzung jedenfalls die Wohnfläche gemeint ist. Eine weitere Nutzfläche dürfte dagegen von untergeordneter Bedeutung sein (zur Bedeutung der Grundfläche sogleich); denn Selbstnutzung im Rahmen des SGB II ist Selbstnutzung im Sinne von Wohnen. Anders als im SGB XII (und dessen Vorläufervorschrift BSHG) ist damit nach dem Wortlaut der Bestimmung im SGB II nicht der Wert, die Bewohnerzahl, der Zuschnitt oder die Ausstattung Maßstab der Auslegung. Dies sieht auch das Bundessozialgericht so (vgl. Urteil vom 07.11.2006, a.a.O., Rdn. 14), wenngleich es dies kritisiert (a.a.O., Rdn. 15 und 16).

Die Wortlautauslegung spricht damit gegen eine Reduzierung der maßgeblichen Wohnfläche, da anders als im BSHG oder im SGB XII ausschließlich auf die Größe als Angemessenheitskriterium abgestellt wird, nicht dagegen auf die Zahl der Bewohner.

Bei systematischer Betrachtung sind § 1 Abs. 1 SGB II und § 12 Abs. 3 S. 2 SGB II zu beachten.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB II soll die Grundsicherung für Arbeitsuchende die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen stärken und diese bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihn nicht auf anderer Weise bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung sind dabei darauf auszurichten, dass u. a. die familienspezifischen Lebensverhältnisse von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die Kinder erziehen oder pflegebedürftige Angehörige betreuen, berücksichtigt werden (§ 1 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 SGB II). Diese sog. Berücksichtigungsgebote in § 1 Abs. 1 Satz 4 binden die Leistungsträger insbesondere bei der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe (vgl. Bieback in Gagel, Kommentar zum SGB II und SGB III, Rdn. 21 zu § 1 SGB II). Mindestinhalt ist dabei die Umsetzung von Art. 6 GG (dazu sogleich), also die Vermeidung von Nachteilen für Familien. Dazu gehören angesichts des weiten Familienbegriffs des Art. 6 GG Eltern, die gegenwärtig - in welcher Lebensform auch immer- Kinder erziehen, aber auch solche, die Kinder erzogen haben, deren Kinder- oder Familienphase bereits beendet ist. Diese zu den allgemeinen Leistungsgrundsätzen gehörende Norm spricht gegen eine Reduzierung der Wohnfläche ausschließlich aufgrund der Tatsache, dass erwachsen gewordene Kinder das Haus verlassen, da dies familienspezifische Umstände sind, auf die Rücksicht zu nehmen ist.

Auch § 12 Abs. 3 S. 2 SGB II, wonach für die Angemessenheit die Lebensumstände während des Bezuges von SGB II-Leistungen maßgeblich sind, ändert an diesem Ergebnis nichts Die Lebensumstände während des Leistungsbezuges sind zwar bei oberflächlicher Betrachtung davon geprägt, dass in dem für eine Familie mit Kindern errichteten Haus nunmehr nur noch die Eltern leben. Doch einerseits sind die Mehrflächen nach ihrem Zuschnitt und ihrer Konzeption (Stichwort: Kinderzimmer) ohne Einfluss auf die Angemessenheit der Kernfläche (dazu sogleich mehr). Andererseits ist die gesetzgeberische Wertung in dem insoweit sachnäheren II. WoBauG zu beachten, dessen Ziel die Errichtung von Wohneigentum für breite Bevölkerungsschichten und damit auch für einkommensschwächere Gruppen war. Auch nach diesem Gesetz wurden mit öffentlichen Mitteln zwar nur angemessene Größen gefördert (vgl. § 39 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 II. WoBauG), aus guten Gründen auf eine Reduzierung der Wohnfläche nach Erstbezug aber verzichtet (§ 82 Abs. 3 S. 2 II. WoBauG), u. a. um die mit diesem Gesetz verfolgten Ziele nicht zu gefährden. Danach wurden die Lebensumstände auch von einkommensschwachen Bevölkerungsschichten nicht dadurch unangemessen, dass sie auch nach dem Auszug der Kinder weiterhin über jetzt leerstehende Kinderzimmer verfügen konnten. Die sog. einkommensschwachen Haushalte eignen sich ohne weiteres als Vergleichsmaßstab für die Bewertung der Lebensumstände während des SGB II - Bezuges, wie ein Blick auf § 4 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes -RBEG- oder die Vorläufervorschrift in § 2 Abs. 3 Regelsatzverordnung -RSV- zeigt.

Die Regelungsabsicht des Gesetzgebers spricht deutlich gegen eine Reduzierung der Wohnfläche bei einer Verkleinerung der Familie.

In der Begründung zum "Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" (BT-Drucksache 15/1516 vom 05.09.2003, Seite 53), das in Art. 1 das neue SGB II enthielt, wird zu § 12 SGB II ausgeführt, die Berücksichtigung von Vermögen solle "im Wesentlichen wie das bisherige Recht der Arbeitslosenhilfe" geregelt werden. Die zu diesem Zeitpunkt in Kraft befindliche Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV 2002) vom 13.12.2001 (BGBl I Seite 3734) in der Fassung von Art. 11 des 1. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I Seite 4607) beinhaltete in § 1 Abs. 3 Ziff. 5 folgende Regelung: "Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen u. a. ein Hausgrundstück von angemessener Größe, das der Arbeitslose bewohnt oder eine entsprechende Eigentumswohnung " Die Vorgängerregelung der Arbeitslosenhilfeverordnung vom 07.08.1974 (BGBl I Seite 1929) wies in § 6 Abs. 3 Ziff. 7 folgende Formulierung auf: "Nicht zumutbar ist insbesondere die Verwertung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe, das der Eigentümer bewohnt, oder einer entsprechenden Eigentumswohnung " Die dieser Verordnung vorausgehende "12. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung" vom 25.04.1961 (BGBl I Seite 478) beinhaltete in § 3 Satz 2 Nr. 1 die Formulierung: "Nicht zumutbar ist insbesondere die Verwertung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe, das der Eigentümer bewohnt, oder einer entsprechenden Eigentumswohnung, " Die Regelung über die Nichtberücksichtigung eines selbstbewohnten Eigenheims ist im Recht der Arbeitslosenhilfe mithin vom 01.06.1961 bis zum 31.12.2001 im Wortlaut identisch, für den sich anschließenden Zeitraum bis zum 31.12.2004 lediglich mit einer geringfügigen sprachlichen Anpassung inhaltlich gleichbleibend geregelt gewesen.

Die Rechtssprechung des Bundessozialgerichts zu diesen Bestimmungen der Arbeitslosenhilfeverordnung bzw. der Vorläufervorschrift vom 25.04.1961 setzte mit dem Urteil vom 06.10.1977 -7 RAr 1/77- ein und hat über die folgenden Jahrzehnte hinweg die Frage, wie der Angemessenheitsbegriff bei einem Hausgrundstück im Rahmen der Arbeitslosenhilfe zu bestimmen ist, nicht thematisiert. Entschieden wurde daher auch nicht die Frage, ob das II.WoBauG Anwendung findet und ob bei einer Verkleinerung der Personenzahl gegenüber der im II.WoBauG angenommenen "Standardgröße" eine Reduzierung der Wohnfläche stattzufinden hat. Mitursächlich hierfür war möglicherweise die Weisungslage der Bundesagentur für Arbeit (dazu sogleich). Erstmals mit Urteil vom 17.12.2002 (B 7 AL 126/01, SGb 2003, 279 [BSG 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R]) hat sich das Bundessozialgericht zur Auslegung des Begriffs "von angemessener Größe" in § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 der Arbeitslosenhilfeverordnung 1974 geäußert und der Literatur folgend die Anwendbarkeit der Vorschriften des II. WoBauG für zutreffend erachtet. Dabei hat es ausdrücklich offen gelassen, ob Abschläge von den Wohnflächengrenzen des § 39 II.WoBauG zulässig wären, falls das Familienheim von weniger als 4 Personen bewohnt werden sollte. In Auseinandersetzung mit dem seinerzeit vom BSG zu prüfenden Urteil des Landessozialgerichts, das eine entsprechende Reduzierung der Wohnfläche vorgenommen hatte, auf die es nach Rechtsaufassung des BSG indes für die Entscheidung des konkreten Falles nicht ankam, hat es wörtlich ausgeführt: "Man könnte jedoch auch -was möglicherweise näher läge- für den Regelfall, bei einer Familiengröße bis zu 4 Personen, bei der Wohnflächengrenze des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 II. WoBauG (130 m2) bleiben, ohne das hiervon Abschläge bei einer geringeren Personzahl erlaubt wären Die Zahl der Bewohner wäre demgemäß nur dann von Bedeutung, wenn mehr als 4 Personen das Haus oder die Wohnung bewohnen sollten."

Die Weisungslage der seinerzeit für die Durchführung der Arbeitslosenhilfe allein zuständigen Bundesagentur für Arbeit war zu diesem Zeitpunkt so, dass bei einer geringeren Personenzahl als 4 Personen keine Reduzierung der Wohnfläche vorzunehmen war (vgl. DA 3.42-9- zu § 137 AFG, Stand: 8/94; Sammelerlass ALG/ALHI SGB III, § 193, DA 3.2-4-, Stand 01/02).

Diese Situation fand der Gesetzgeber des "4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" vor, als er am 05.09.2003 in der Drucksache 15/1516 auf Seite 53 als Begründung zum Entwurf von § 12 SGB II ausführte: "Die Vorschrift regelt die Berücksichtigung von Vermögen im Wesentlichen wie das bisherige Recht der Arbeitslosenhilfe. Nicht als Vermögen sind zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung " Hätte der Gesetzgeber bei dieser eindeutigen Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit und einer höchstrichterlichen Rechtssprechung, die sich im Jahr zuvor erstmals ausführlich mit der Problematik der Bestimmung des Angemessenheitsbegriffs in der Arbeitslosenhilfeverordnung befasst und ausdrücklich zu erkennen gegeben hat, dass es keine Reduzierung der Wohnfläche bei Verkleinerung der Bewohnerzahl (bis zu 4 Personen) vorzunehmen gedenkt, hätte er dies ausdrücklich regeln müssen und nicht eine nahezu wortgleiche Bestimmung wie im Arbeitslosenhilferecht in das Gesetz aufnehmen und in der Erläuterung lapidar auf das bisherige Recht der Arbeitslosenhilfe verweisen dürfen. Dies hat er nicht getan.

Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung unterstreichen dies.

Ziel des SGB II ist u. a. die schnellstmögliche Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess (§ 1 Abs. 1 S. 2 u. S. 4 Nr. 1 u. 2 a. F.), der Hilfebedürftige soll über kurz oder lang, nach der Vorstellung des Gesetzgebers aber jedenfalls möglichst schnell, wieder in die Lage versetzen werden, seinen Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme der Grundsicherung bestreiten zu können (§ 1 Abs. 1 S. 1 SGB II).

Schutzzweck der Regelung in § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II ist nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung (BSG, Urteil v. 07.11.2006, a. a. O.; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil v. 21.04.2006 - L 7 AS 69/05; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.9.2011 - L 13 AS 4496/10; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 08.06.2006 - L 7 AS 443/05 ER) und Literatur (Mecke, a.a.O. Rdn. 69; Geiger a.a.O. Rdn. 50; Hengelhaupt a.a.O., Rdn 207; Hänlein, a.a.O., Rdn. 49; Radüge, a.a.O., Rdn. 124; Frank, a.a.O., Rdn. 62) nicht der Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern der Schutz der Wohnung zur Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen sowie als Lebensmittelpunkt. Dies hat das Bundessozialgericht auch im Rahmen der Vorläuferregelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 AlhiVO 1974 stets betont (vgl. BSG, Urteil v. 17.12.2002, a.a.O.; Urteil v. 25.03.1999 -B 7 AL 28/98 R, BSGE 84, 48, 51; Urteil v. 04.09.1979 - B 7 RAr 115/78, BSGE 49, 30, 31). Die Privilegierung einer Immobilie, die gegenüber den meisten anderen, nicht geschützten und damit grundsätzlich zu verwertenden Vermögensgegenständen einen erheblich höheren Wert hat, ist auch nur bei diesem Verständnis des Schutzzwecks vertretbar, ohne damit verfassungsrechtliche Fragen vor dem Hintergrund des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes in Artikel 3 GG aufzuwerfen (vgl. dazu etwa BVerfG, Beschluss v. 22.06.1995 - 2 BvR 552/91 zur Erbschaftssteuer bei Grundbesitz).

Die hohe Bedeutung des Grundbedürfnisses Wohnen und des Schutzes des Lebensmittelpunktes einerseits und die vor dem Hintergrund der Aufgaben und Ziele des SGB II insgesamt nur zeitlich beschränkte Angewiesenheit der Leistungsberechtigten auf SGB II-Leistungen andererseits, führt dazu, dass eine Verwertung der Immobilie einer Familie bei Reduzierung der Zahl der Familienmitglieder unverhältnismäßig ist.

In diesem Zusammenhang ist es auch hilfreich, einen Blick darauf zu werfen, wie das Grundbedürfnis Wohnen in der jeweiligen Region gedeckt wird. Aussagekräftig ist insoweit die Eigenheimquote (Quelle: Wohnungsmarktbeobachtung 2010/2011 der NBank, http://www.nbank.de/Fachthemen/Wohnungsmarktbeobachtung). Während diese landesweit ca. 35 Prozent beträgt, beläuft sich die Eigenheimquote in Niedersachsen auf 60 Prozent. In den ländlichen Regionen Nordwestniedersachsens liegt sie durchgängig bei 80 Prozent, im Bezirk des Beklagten beträgt sie 84 Prozent (zum Vergleich: Stadt Hannover - 16 Prozent; Region Hannover - 35 Prozent). Dies hat zum einen zur Folge, dass das Grundbedürfnis Wohnen hier bis in die unteren Einkommensgruppen hinein durch Eigenheime gedeckt wird, diese Wohnform mithin als die normale, übliche Unterbringung insbesondere von Familien zu betrachten ist. Zum anderen, dass es in weiten Landstrichen außerhalb der Städte keine, oder allenfalls vereinzelt Mietwohnungen gibt, so dass hier eine alternative Deckung des Wohnbedarfs ausscheidet.

Die Gesetzesauslegung unter Beachtung der genannten Auslegungsgrundsätze führt mithin dazu, dass mehr Argumente gegen eine Reduzierung der Wohnfläche bei Verkleinerung der Personenzahl durch den Auszug von erwachsen gewordenen Kindern sprechen als dafür.

Dieses Ergebnis ist auch verfassungsrechtlich geboten.

Eine Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "von angemessener Größe" dahingehend, dass eine Reduzierung der Personenzahl wegen Auszugs der erwachsen gewordenen Kinder zu einer Nichtanwendbarkeit des in § 12 Abs. 3 Ziffer 4 SGB II enthaltenen Schutzes des Lebensmittelpunktes und damit zu einer Verwertbarkeit des Hausgrundstücks führt, verstieße gegen Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 6 Abs. 1 GG.

Nach Art. 6 Abs. 1 GG steht die Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Art. 6 Abs. 1 GG enthält einen besonderen Gleichheitssatz, der es im Sinne eines Diskriminierungsverbotes untersagt, Eltern oder alleinerziehende Elternteile gegenüber Kinderlosen schlechter zu stellen (Bundesverfassungsgericht -BVerfG-, Beschluss v. 16.03.2005 -2 BvL 7/00, E 112, 268; Beschluss v. 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, E 99, 216, 232; Beschluss v. 29.05.1990 - 1 BvL 20/8460, E 82, 60, 80). Dieses Benachteiligungsverbot steht jeder belastenden Differenzierung entgegen, die u. a. an die Wahrnehmung des Elternrechts anknüpft (BVerfG, Beschluss v. 10.11.1998 -2 BvR 1057/91, a.a.O.; Beschluss v. 07.07.1992 -1 BvL 51/86, E 87, 1, 37). Das in dieser Grundrechtsnorm enthaltene Verbot, Ehe und Familie durch staatliche Maßnahmen zu benachteiligen, gilt auch für den Bereich der staatlichen Gewährung von Leistungen und Vorteilen (BVerfG, Beschluss v. 27.05.1970 - 1 BvL 22/63, E 28, 324, 347).

Sinn und Zweck des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II ist der Schutz der Wohnung zur Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen sowie als Lebensmittelpunkt (s.o.). Die Auslegung des Angemessenheitsbegriffs in § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II dahingehend, dass Familien, definiert als Personen, die Kinder erziehen oder erzogen haben, nicht in diesen Schutz kommen, verstieße gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG. Dies wird an folgender Betrachtung deutlich:

Ziel des II. WoBauG war die Förderung von Wohneigentum für breite Schichten (§ 1 II. WoBauG), insbesondere für Familien (§ 1 Abs. 2 S. 3 II.WoBauG). Der Bau von sog. Familienheimen (§ 7 II. WoBauG) war dabei von besonderer Bedeutung. Gefördert werden sollten nur angemessen große Wohnungen (§ 39 Abs. 1 S. 1 II. WoBauG), wobei für ein Familienheim eine Obergrenze von 130 qm galt (§ 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 II. WoBauG). Diese Grenze war typisierend für bis zu vier Personen anzuwenden, eine Überschreitung bei größeren Kopfzahlen war zulässig (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 II. WoBauG). Für jede weitere Person war die Inanspruchnahme einer Mehrfläche von 20 qm möglich (§ 82 Abs. 3 S. 1 II. WoBauG), aufgrund der Typisierung war die Verminderung der Personenzahl nach dem erstmaligen Bezug dagegen unschädlich (§ 82 Abs. 3 S. 2 II. WoBauG). Diese Vorschriften für den öffentlichen geförderten Wohnungsbau trugen der Tatsache Rechnung, dass Familien in der Phase der Kindererziehung eine größere Wohnfläche benötigen als elternlose Paare.

Ein kinderloses Paar, das von vorneherein ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 90 m2 errichtet, verfügt nicht über einen geringeren Wohnkomfort als ein für Eltern mit zwei Kindern konzipiertes sog. Familienheim mit einer Wohnfläche von maximal 130 m2. Dies wird daran deutlich, dass allein für die unmittelbar zur Unterbringung der Kinder dienenden Kinderzimmer jeweils eine Mindestgröße von 12 m2 zu berücksichtigen ist (vgl. für Niedersachsen den RdErl. des Sozialministeriums v. 21.12.1992, G 2 in Nds.MinBl. 1993, 205 ff, 211, mittlerweile abgelöst durch die Richtlinie über die Soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen v. 27.06.2003, MinBl 2003, 580 ff, 589). Inklusive der anteiligen größeren Erschließungs- und Bewegungsfläche ist die Differenz, jedenfalls aber ein wesentlicher Teil der Differenz zwischen der für Zwei Personen als angemessen erachteten Wohnfläche von 90 m2 und der für vier Personen als angemessen erachteten Wohnfläche von bis zu 130 m2 ausschließlich der Tatsache geschuldet, dass Eltern für einen vorübergehenden Zeitraum nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Kinder unterzubringen haben. Ist diese Lebenssituation abgeschlossen, besteht einerseits kein Bedarf mehr für diese Räume, die regelmäßig auch keiner sinnvollen Verwendung zugeführt werden können. Andererseits lassen sich die als Familienheime geplanten Einfamilienhäuser auch nicht ohne Weiteres "abschmelzen", also sinnvoll und ohne großen finanziellen Aufwand derart verkleinern, dass die für die ehemals anwesenden Kinder erforderlichen Flächen abgetrennt werden können. Das II. WoBauG trägt diesem Umstand in § 82 Abs. 3 S. 2 konsequenterweise dadurch Rechnung, dass eine spätere Verminderung der Personenzahl als unschädlich erachtet wird.

Die Lebenssituation von Eltern nach Abschluss der Erziehungsphase in derartigen Häusern ist mithin grundsätzlich anders als die Lebenssituation eines kinderlosen Paares, das von vornherein ein Einfamilienhaus für zwei Personen mit 130 m2 gebaut hätte. Eine derart von Beginn an größer konzipierte Wohnfläche wäre in der Tat unangemessen, da sie nicht auf den Bedarf weiterer Personen Rücksicht zu nehmen hatte, tatsächlich also nur auf den Wohnbedarf von zwei Personen ausgerichtet ist. Der Kern des Wohnbereiches eines Elternpaares ändert sich durch den Auszug zweier Kinder im Aufbau aber nicht. Im Verhältnis zu den Wohnverhältnissen des beispielhaft genannten kinderlosen Paares bleibt sie vielmehr vergleichbar mit der Wohnfläche eines solchen Paares, die von vornherein auf 90 m2 konzipiert ist. Das zweite Wohnungsbaugesetz macht dies dadurch deutlich, dass es den Wohnmehrbedarf für eine Person typisierend mit 20 m2 veranschlagt, das "Kernwohnen" bei einem kinderlosen Paar mit 90 m2 und bei einem Paar mit zwei Kindern und 130 m2 mithin als vergleichbar ansieht.

Legt man den Angemessenheitsbegriff in § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II nun so aus, dass er - anders als das in Bezug genommene II. WoBauG - zwingend eine Reduzierung der Angemessenheitsgrenze nach jeweils aktueller Personenzahl erfordert, erzielte man folgendes Ergebnis: Ein kinderloses Paar, das Eigentümer eines Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 90 m2 ist, müsste -unabhängig vom Wert des Hauses- sein Haus vor Inanspruchnahme von SGB II-Leistungen nicht verwerten, es kommt in den Genuss des vom Gesetzgeber angestrebten Schutzes des Lebensmittelpunktes. Eltern mit einer im Kern vergleichbaren Wohnsituation, die nur aufgrund der Versorgung ihrer Kinder eine größere Wohnfläche vorhalten mussten, müssen dagegen vor Inanspruchnahme von Leistungen ihr Haus verwerten. Sie können nicht in den vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutz des Lebensmittelpunktes gelangen, weil sie zuvor Kinder großgezogen haben. Hieraus ergäbe sich ein Verstoß gegen das in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Diskriminierungsverbot. Zwar befindet sich dieser Personenkreis aktuell nicht mehr in dieser Familiensituation; ein wirksamer Diskriminierungsschutz muss aber auch Benachteiligungen in Form nachwirkender Diskriminierungen vermeiden. Ein gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßendes Ergebnis kann indes im Wege verfassungskonformer Auslegung des Begriffs "angemessen" vermieden werden, indem nach dem Auszug von Kindern keine Reduzierung der Wohnfläche stattfindet, sofern das Haus jedenfalls ursprünglich, also bei Bewohnung in voller Familiengröße, die Wohnflächengrenzen des II. WoBauG eingehalten hat. Da dies mit den übrigen Auslegungskriterien, insbesondere mit der Wortlautauslegung, korrespondiert, ist diesem Ergebnis der Vorzug zu geben.

Dagegen lässt sich auch nicht vorbringen, die Bestimmung der Angemessenheit nach der Zahl der Bewohner sei geboten, weil "andernfalls die Ungleichheiten bei der Immobilienverwertungspflicht, die sich aus der unterschiedlichen Fassung der maßgebenden Vorschriften in § 90 Abs 2 Nr. 8 SGB XII einerseits und § 12 Abs 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II andererseits ergeben, ein Ausmaß erreichten, das verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbar wäre" (so aber BSG, Urteil v. 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R, BSGE 97, 203). Zweifel an der Richtigkeit dieser Auffassung bestehen insoweit, als SGB II und SGB XII von unterschiedlichen Prinzipien geleitet sind. Ein bedeutsames Prinzip des SGB II ist das sich u. a. in § 1 niederschlagende Eingliederungs- sowie das Aktivierungsprinzip, wonach vorrangiges Ziel die möglichst kurzfristige Wiedereingliederung der Betroffenen in den Arbeitsmarkt ist, während die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur nachrangige Bedeutung haben (vgl. dazu u. a. Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, vor § 1 Rdn. 6 und § 1, Rdn. 4 unter Hinweis auf BT-Drucksache 15/1516, S. 41). Oberstes Prinzip der Leistungen nach dem SGB XII ist dagegen die Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens (vgl. Spellbrink, a.a.O.). Konsequenterweise hat das Bundessozialgericht es auch in der Vergangenheit als zulässig angesehen, vergleichbare Lebenssachverhalte, die im SGB II und im SGB XII unterschiedlich geregelt sind, auch unterschiedlich zu behandeln. So wird im Urteil v. 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R ausgeführt: " die Zielrichtung der Leistungsgewährung nach dem SGB II eine andere ist als nach dem SGB XII. Dem SGB II werden vorrangig die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zugeordnet. Hauptdifferenzierungskriterium für die Systemzuordnung ist mithin die Erwerbsfähigkeit." Folgerichtig hatte das BSG hier keine Bedenken, die unterschiedlichen Leistungen für die Ausbildungsförderung in Härtefällen in beiden Systemen als rechtlich unproblematisch zu bestätigen und dies wie folgt begründet: "Grund für die unterschiedlichen Leistungsarten ist die Zuordnung zu dem einen oder anderen System, differenziert nach der Erwerbsfähigkeit." Vor dem Hintergrund dieser zutreffenden Ausführungen sind die Bedenken des BSG vor einer unterschiedlichen Auslegung der Vermögensschutzvorschriften im SGB II einerseits und im SGB XII andererseits nicht nachvollziehbar. Dies zumal vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundessozialgerichts v. 30.09.2008 -B 4 AS 19/07 R- zur unterschiedlichen Behandlung der Eigenheimzulage in den beiden Leistungssystemen. Hierzu führt das Bundessozialgericht aus: ""Unter Berücksichtigung des Ziels des SGB II, eine möglichst zügige (Wieder-)Eingliederung des Hilfebedürftigen in den Arbeitsmarkt (§ 1 SGB II) zu gewährleisten, ist die Nichtberücksichtigung der Eigenheimzulage als Einkommen auch systematisch konsequent. Es soll zu keinem "Ausverkauf" des während vorangegangener Erwerbstätigkeit mit staatlicher Förderung erworbenen Vermögens kommen; es soll vielmehr - sofern angemessen im Hinblick auf den Bezug einer staatlichen Fürsorgeleistung - erhalten bleiben. Daher gewährleistet der Verordnungsgeber durch die Nichtberücksichtigung der Eigenheimzulage als Einkommen, dass die angemessene Immobilie, die nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II unter Schutz gestellt ist, tatsächlich erhalten werden kann." Diese unterschiedlichen Prinzipien der Leistungssysteme schlagen sich auch im Bereich der Vermögensverwertung nieder. Es liegt daher keineswegs auf der Hand, warum eine unterschiedliche Handhabung in Konflikt mit dem Gleichheitsgrundsatz stehen soll. Bei typisierender Betrachtung ist dabei auf der einen Seite die Situation eines Arbeitslosen zu bewerten, der mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln (Stichwort "Fordern und Fördern") wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden soll und damit grundsätzlich in absehbarer Zeit sein Erwerbsleben fortsetzen wird. Auf der anderen Seite geht es im Bereich des SGB XII um die Situation von langfristig oder dauerhaft Erwerbsunfähigen, für die ein Leben ohne steuerfinanzierte Sozialleistungen in der Regel weder absehbar noch naheliegend ist. Es erscheint daher keinesfalls evident gleichheitswidrig, wenn der erstgenannte Personenkreis im Ergebnis das über acht Jahre mit öffentlichen Wohnungsbaufördermitteln unterstützte Eigenheim bzw. die Eigentumswohnung behalten darf.

Die Wohnfläche im Haus der Kläger beträgt ca. 122 qm. Das Haus wurde ursprünglich von vier Personen bewohnt und bewegt sich damit innerhalb des Rahmens von § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 1 II. WoBauG. Da der spätere Auszug der Kinder bei verfassungskonformer Auslegung und in entsprechender Anwendung von § 82 Abs. 3 S. 2 II. WoBauG unschädlich ist, steht die Wohnfläche der Bewertung des selbstgenutzten Hausgrundstücks als angemessen nicht entgegen.

Ob für die Prüfung der Angemessenheit darüber hinaus die Grundstücksgröße von Bedeutung ist, wird streitig beurteilt. Es bedarf vorliegend aber keiner abschließenden Entscheidung, da das Grundstück als angemessen anzusehen ist.

Die Bundesagentur bejaht die Maßgeblichkeit der Grundstücksgröße für die Angemessenheitsprüfung und hält in städtischen Gebieten eine Grundstücksfläche von 500 qm und in ländlichen Gebieten eine solche von 800 qm für noch angemessen (Hinweise der BA zu § 12 SGB II, 12.26).

Das Bundessozialgericht hat dies bislang offen gelassen und im Urteil vom 15.04.2008 (B 14/7b AS 34/06 R, BSGE 100, 186) unter Verweis auf die diversen Beispiele in der Kommentierung von Hengelhaupt (in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand März 2008, K § 12 RdNr 214a) angedeutet, dass jedenfalls baurechtlich unteilbare Grundstücke nicht zu einer Unangemessenheit des Hausgrundstücks führen können, wenn die Wohnfläche angemessen ist. Maßgeblich seien im Übrigen die tatsächlichen und rechtlichen örtlichen Gegebenheiten.

Die Instanzrechtsprechung hat sich dem überwiegend angeschlossen (LSG NRW, Urteil v. 22.11.2009 - L 7 (12) AS 9/07; LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 17.03.2009 - L 11 AS 16/08; Bayerisches LSG, Urteil v. 21.04.2006 - L 7 AS 1/05) oder hält die Grundstücksgröße im Rahmen der Angemessenheitsprüfung des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II überhaupt nicht für ein berücksichtigungsfähiges Kriterium (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 08.07.2011 - L 9 AS 524/07).

In der Literatur wird diese Frage unterschiedlich beurteilt. Einigkeit besteht weitgehend insoweit, dass abtrennbare Grundstücksteile, die gesondert verwertet werden können, als eigenständiges Vermögen zu betrachten sind und nicht unter den Schutz des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II fallen. Im Übrigen sprechen sich Hengelhaupt (a.a.O., Rdn. 214a), Frank (a.a.O., Rdn. 64) und Mecke (a.a.O., Rdn. 73) bei einem unteilbaren Grundstück gegen eine Unangemessenheit der Einheit Haus/Grundstück nur aufgrund der Grundstücksgröße aus. Geiger (a.a.O., Rdn. 53 und Hänlein (a.a.O., Rdn. 54b) halten die Grenzwerte der BA grundsätzlich für anwendbar, Geiger lässt in Einzelfällen aber Ausnahmen zu.

Die erkennende Kammer tendiert dazu, der Grundstücksgröße bei nicht teilbaren Grundstücken und nicht gesondert verwertbaren Grundstücksteilen keine eigenständige Bedeutung für die Beurteilung der Angemessenheit im Rahmen des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II zuzumessen. Dies bedurfte hier jedoch keiner Entscheidung, da die bei Berücksichtigung der Grundstücksgröße maßgeblichen Kriterien vorliegend jedenfalls eingehalten wären.

Die festen Grenzwerte der Bundesagentur können keine Anwendung finden; sie sind unplausibel, ihre Herleitung ist unklar und sie berücksichtigen nicht die unterschiedlichen Wohn- und Lebensverhältnisse in den einzelnen Regionen. Dort wo die Grundstückspreise traditionell niedrig sind, finden sich in den Baugebieten regelmäßig deutlich größere Grundstücke als in den Gegenden, in denen die Grundstückspreise immer schon hoch waren oder in denen aufgrund regionaler geographischer Verhältnisse (z. B. in einigen Mittelgebirgsregionen) die Grundstücke immer schon vergleichsweise klein geschnitten waren. Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 15.04.2008, a.a.O., daher konsequenterweise angedeutet, dass die örtlichen Gegebenheiten insoweit von Bedeutung sein können. Es spricht daher einiges dafür, die Angemessenheit nach den Verhältnissen in der jeweiligen Region zu bestimmen, womit die Ortslage, das Baugebiet oder Einheiten vergleichbarer Größenordnung gemeint sind.

Dies vorausgeschickt ergibt sich vorliegend, dass angesichts einer Grundstücksgröße von 973 qm, des Zuschnitts des Grundstücks und der Lage des Hauses auf dem Grundstück offensichtlich keine Abtrennung eines verwertbaren Grundstücksteils in Betracht kommt. Betrachtet man auf Grundlage der Lagepläne die nähere Umgebung des Hausgrundstücks, ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit des Grundstücks. Nahezu alle Grundstücke in der näheren Umgebung sind etwa genau so groß, wie das Grundstück der Kläger, ein Grundstück ist deutlich größer. Das Grundstück der Kläger hält sich damit deutlich im Rahmen dessen, was in dieser Ortslage üblich ist.

Da es sich bei dem Einfamilienhaus der Kläger um ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe im Sinne des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II handelt, ist es als Schonvermögen von einer Verwertung ausgenommen. Die Hilfebedürftigkeit ist gegeben und die Leistungen nach dem SGB II sind als Zuschuss zu bewilligen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Frank