Sozialgericht Aurich
Urt. v. 01.08.2012, Az.: S 5 AL 51/09

Anspruch eines privaten Arbeitsvermittlers auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsportal

Bibliographie

Gericht
SG Aurich
Datum
01.08.2012
Aktenzeichen
S 5 AL 51/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 41457
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGAURIC:2012:0801.S5AL51.09.0A

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, das Benutzerkonto "G." des Klägers in der Jobbörse "H ...de" der Beklagten freizuschalten.

  2. 2.

    Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten dem Kläger den Zugang zu dem von ihr betriebenen Internetportal "Jobbörse" freizuschalten.

Die Beklagte betreibt unter der Internetadresse "http:jobboerse. H ...de" ein Arbeitsvermittlungsportal. Dieses Portal beschreibt sie selbst als "ein internetgestütztes Vermittlungsverfahren der I., welches Arbeitgebern, Anbietern selbstständiger Tätigkeiten, privaten Arbeitsvermittlern, Arbeitsuchenden und Ausbildungsplatzsuchenden ermöglicht, Stellen- und Bewerberangebote einzusehen bzw. eigene Angebote einzustellen.". Hierfür hat sie Nutzungsbedingen erlassen, die auf dieser Internetseite einsehbar sind und mehrfach geändert wurden; die im Jahre 2009 geltenden Nutzungsbedingungen hat die Beklagte zur Akte gereicht (Bl. 79 ff des Verfahrens S 5 AL 48/09 ER), die im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Nutzungsbedingungen befinden sich auf Bl. 192 ff. der Akte.

Der Kläger ist privater Arbeitsvermittler und hat unter dem Namen "J." ein Gewerbe bei der Stadt K. angemeldet. Schwerpunkt seiner Berufstätigkeit ist nach eigenen Angaben die Vermittlung von Arbeitskräften im Gaststätten- und Hotelbereich für die Ostfriesischen Inseln L., M. und N ... In dem von der Beklagten betriebenen Portal war er u.a. unter den Firmenbezeichnungen "O.", "P.", "Q.", "R." und "S." registriert und hat unter diesen Bezeichnungen Stellenangebote eingestellt. Die beiden letztgenannten Bezeichnungen werden nach Angaben des Klägers nicht mehr verwendet. Am 15.02.2009 registrierte der Kläger unter der Bezeichnung "T." ein weiteres Benutzerkonto auf dem Internetportal der Beklagten und gab als Anschrift die Adresse seiner Mutter an. Eine Gewerbeanmeldung hierfür lag nicht vor, woraufhin das Benutzerkonto von der Beklagten deaktiviert wurde.

Im Februar 2009 deaktivierte die Beklagte auch die weiteren Benutzerkonten des Klägers und begründet dies mit E-Mail vom 10.02.2009 damit, dass der Kläger mit unterschiedlichen Firmennamen auftrete, Beschwerden von Kunden vorlägen, die nicht korrekt über die vertragliche Abwicklung der Vermittlungen beraten worden seien, Informationen bzw. Beschwerden über die Entsorgung von Bewerbungsunterlagen mit sensiblen persönlichen Daten in öffentlichen Altpapiercontainern vorlägen und der Kläger insgesamt gegen die Nutzungsbedingungen der Jobbörse, insbesondere § 2 Nr. 4 (Verstoß gegen Rechtsvorschriften) zuwider handele. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 18.02.2009 verlangte der Kläger die Wiederfreischaltung seiner Benutzerkonten und bestritt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Mit Antwortschreiben vom 16.03.2009 lehnte die Beklagten eine Freischaltung ab, wobei sie auf die Darlegungen des Klägers im Einzelnen einging. Ergänzend berief sie sich für die Deaktivierung der Benutzerkonten des Klägers auf dessen Arbeitsvermittlungsverträge sowie Hinweise von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, aus denen sich Verstöße gegen §§ 296, 297 und 421 g SGB III ergäben.

Mit der Klage begehrt der Kläger eine Verpflichtung der Beklagten, sein Benutzerkonto in der Jobbörse der Beklagten freizuschalten. Parallel mit der Klageerhebung hat der Kläger einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, der unter dem Aktenzeichen 5 AL 48/09 ER beim Sozialgericht Aurich anhängig war. Das erkennende Gericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 17.08.2009 abgelehnt und dazu u.a. ausgeführt, dass die Beklagte grundsätzlich berechtigt war dem Kläger den Zugang zu ihrem Internetportal zu verweigern, weil dieser gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen habe. Insbesondere habe er in den von ihm verwendeten Vermittlungsverträgen gegen das gesetzliche Verbot in § 296 Abs. 3 SGB III verstoßen, eine höhere bzw. weitere Vergütung für seine Vermittlungsleistungen von den Arbeitsuchenden zu verlangen. Die Frage, ob durch eine unbefristete, auf Dauer angelegte Sperre ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG) vorliegt, hat das erkennende Gericht dabei offen gelassen. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Der Kläger bestreitet die ihm von der Beklagten vorgeworfenen Verstöße. Die von ihm verwendeten Vertragsmuster seien im Rahmen der Vertragsfreiheit nicht zu beanstanden und von der Beklagten nicht zu kontrollieren.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, das Benutzerkonto "G." des Klägers in der Jobbörse "H ...de" der Beklagten freizuschalten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Kläger habe durch die Verwendung mehrerer Firmenbezeichnungen gegen den Grundsatz der Firmenwahrheit und -klarheit verstoßen, sei mit den sensiblen Daten nicht sorgfältig genug umgegangen und habe diese in öffentlichen Altpapiercontainern entsorgt. Außerdem enthielten die Arbeitsvermittlungsverträge etliche rechtswidrige Bedingungen, die die Arbeitsuchenden einseitig belasteten.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (S 5 AL 48/09 ER) sowie die Strafakten (U.) beigezogen und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist als Leistungsklage zulässig.

Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte (§ 54 Abs. 5 SGG).

Bei dem Begehren des Klägers, die Beklagte zur Freischaltung des Zugangs zu ihrer Internetseite zu verpflichten, handelt es sich um ein aktives Tun und nicht bloß um eine Unterlassung. Es brauchte auch kein Verwaltungsakt zu ergehen, da es sich um schlichtes Verwaltungshandeln handelt. Die Beklagte hat keinen Verwaltungsakt erlassen und auch nicht den Anschein einer derartigen Regelung gesetzt, sondern den Zugang des Klägers zu dem von ihr betriebenen Internetportal durch einen schlichten technischen Vorgang gesperrt (vgl. zur Rechtsqualität derartiger Maßnahmen auch Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 04.12.2008 - S 22 AL 6030/08 ER, Rdn. 17).

Ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers ist zu bejahen. Auch bei schlichtem Verwaltungshandeln ist der Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen durch Träger staatlicher Gewalt geschützt. Eine solche Beeinträchtigung kann insbesondere in der Verletzung von Grundrechten sowie bei Verstößen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorliegen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.05.2008 - 6 C 13/07).

II.

Die Klage ist auch begründet.

Zwar ist die Sperrung grundsätzlich rechtmäßig und stellt insbesondere keinen Verstoß gegen Artikel 12 GG dar. Die fehlende Befristung verstößt indes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

1. Die Beklagte war im Jahre 2009 berechtigt eine weitere Nutzung ihres Internetportals "jobboerse" durch den Kläger zu verhindern.

Die Kammer lässt dabei ausdrücklich offen, ob sämtliche von der Beklagten behaupteten Verstöße des Klägers gegen die Nutzungsbestimmungen bewiesen sind und für sich genommen eine Sperrung rechtfertigen. Jedenfalls steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger durch Verwendung von Vertragsklauseln, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen und einseitig den Arbeitsuchenden belasten, gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen hat und die Beklagte daher ursprünglich berechtigt gewesen ist, den Kläger von einer weiteren Nutzung des Internetportals auszuschließen.

Die Beklagte stellt ihr Portal "H ...de" u.a. mit der "Jobbörse" nach den "Hinweisen zur Nutzung des Portals H ...de der I. " (im folgenden: Nutzungsbedingungen) Arbeitgebern, Anbietern selbständiger Tätigkeiten, privaten Arbeitsvermittlern, Arbeitsuchenden und Ausbildungsplatzsuchenden zur Verfügung um Stellen- und Bewerberangebote einzusehen bzw. eigene Angebote einzustellen. Dies ist vor dem Hintergrund der §§ 3, 41 Abs. 1 und Abs. 2, 296, 297 SGB III nicht zu beanstanden.

Der Kläger ist privater Arbeitsvermittler im Sinne dieser Nutzungsbedingungen und damit berechtigt eigene Angebote in das Portal der Beklagten einzustellen.

Die Beklagte hat dem Kläger die weitere Nutzung dieses Portals dennoch grundsätzlich zu Recht versagt, weil der Kläger gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen hat.

Ausweislich § 2 Nr. 3 der Nutzungsbedingungen sind Angebote, die offensichtlich nur Werbezwecken dienen, die sachfremde Inhalt aufzeigen oder bewerbungsfremde Kosten (Gebühren etc.) beinhalten, unzulässig. Bei bekannt gewordenen Zuwiderhandlungen ist die I. berechtigt, die betreffenden Angebote - ohne Benachrichtigung der Anbieter - zu löschen und den Zugang zur Jobbörse zu sperren.

Die vom Kläger verwendeten Arbeitsvermittlungsverträge weisen zum Teil bewerbungsfremde Kosten und weitere Gebühren aus.

Ausweislich § 296 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31.03.2012 gültigen Fassung bedarf ein Vertrag, nach dem sich ein Vermittler verpflichtet, einem Arbeitsuchenden eine Arbeitsstelle zu vermitteln, der schriftlichen Form. In dem Vertrag ist insbesondere die Vergütung des Vermittlers anzugeben. Zu den Leistungen der Vermittlung gehören auch alle Leistungen, die zur Vorbereitung und Durchführung der Vermittlung erforderlich sind, insbesondere die Feststellung der Kenntnisse des Arbeitsuchenden sowie die mit der Vermittlung verbundene Berufsberatung. Ausweislich § 296 Abs. 3 SGB III darf die Vergütung einschl. der auf sie entfallenden gesetzlichen Umsatzsteuer den in § 421 g Abs. 2 SGB III genannten Betrag nicht übersteigen, soweit nicht durch Rechtsverordnung für bestimmte Berufe oder Personengruppen etwas anderes bestimmt ist.

Unwirksam sind Vereinbarungen zwischen einem Vermittler und einem Arbeitsuchenden über die Zahlung der Vergütung, wenn deren Höhe die nach § 296 Abs. 3 SGB III zulässige Höchstgrenze überschreitet, wenn Vergütungen für Leistungen verlangt oder entgegen genommen werden, die nach § 296 Abs. 1 Satz 3 SGB III zu den Leistungen der Vermittlung gehören oder wenn die erforderliche Schriftform nicht eingehalten wird (§ 297 Nr. 1 SGB III).

Der Vergütungsbegriff des § 296 SGB III ist vor dem Hintergrund seines Schutzzweckes weit auszulegen (vgl. Urmersbach in: Eicher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, § 296, Rdn. 35). Die Regelung dient dem Schutz der Arbeitsuchenden vor der Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Notlage und ihrer Unerfahrenheit (BT-Drucksache 14/8546, Seite 6). Vom Schutzzweck des § 296 SGB III sind daher nicht nur der eigentliche Maklerlohn, sondern sämtliche Zahlungsansprüche aus dem Vermittlungsvertrag, insbesondere Nebenabreden zum Aufwendungsersatz miterfasst (vgl. Urmersbach, a. a. O. Rdn. 54) und dürfen die jeweiligen Höchstbeträge für die Vergütung nicht übersteigen. Nur so kann verhindert werden, dass Leistungen, die notwendigerweise Bestandteil der Vermittlungstätigkeit sind, aus dem Vermittlungsvertrag herausgelöst und gesondert vereinbart werden, der Arbeitsuchende im Ergebnis also mit weiteren Kosten belastet wird.

Der Kläger hat - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - verschiedene Vertragsformulare für den Abschluss von Arbeitsvermittlungsverträgen verwendet. In dem von der Beklagten als Anlage 2 zu ihrem Schriftsatz vom 25.06.2009 überreichten Vertragsmuster heißt es unter 1.2 "Zusatzvereinbarung bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses":

"Kommt es während der ersten sieben Wochen des Beschäftigungsverhältnisses durch Fehlverhalten des Arbeitnehmers zur Kündigung durch den Arbeitgeber, so trägt der Arbeitsuchende die Vermittlungskosten. Als Fehlverhalten wird angesehen, unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit, Trunkenheit am Arbeitsplatz, Unpünktlichkeit, freches Auftreten gegenüber dem Arbeitgeber und den Gästen. Beendigt der Arbeitsuchende das Arbeitsverhältnis durch Kündigung innerhalb der ersten sieben Wochen, so trägt er die hier entstandenen Kosten in Höhe von 1.000 Euro selber."

Unter § 1 a wird ausgeführt:

"Der Arbeitsuchende hat alles was eine Arbeitsaufnahme beim Arbeitgeber verhindern könnte zu unterlassen. Der Arbeitsuchende trägt die Vermittlungskosten selber, wenn er nicht zu Vorstellungsgesprächen anreist oder sich dort nicht korrekt gegenüber dem Arbeitgeber verhält."

In dem als Anlage 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 25.06.2009 eingereichten Arbeitsvermittlungsvertrag des Klägers heißt es unter § 3 "Vergütung":

"Die Höhe der Vergütung beträgt bei einer erfolgreichen Vermittlung in ein Beschäftigungsverhältnis 1.000 Euro netto. Mit der Vergütung sind nicht die Leistungen abgegolten, die zur weiteren Vorbereitung und Durchführung der Vermittlung erforderlich sind, wie z. B. eine mit der Vermittlung verbundene weitere Berufsberatung, Portokosten und Kosten für Fotokopien die pro Kopie mit 0,20 Euro in Rechnung gestellt werden. Weitere Leistungen wie Versenden von Bewerbungsunterlagen werden ebenfalls gesondert in Rechnung gestellt. Hierfür wird pro Bewerbungsunterlage die von der Firma V. versandt wurde, 49 Euro als Auslagenpauschale berechnet, es werden max. 10 Bewerbungsunterlagen in Umlauf gebracht. Die Arbeitszeit, die für meine Vermittlungstätigkeit anfällt, wird mit einem Stundensatz von 80 Euro in Rechnung gestellt. Es wird jede angefangene Stunde die mit mehr als 15 Minuten überschritten wird als volle Stunde abgerechnet."

Die hier aufgeführten Vertragsbedingungen des Klägers führen zum Teil (§ 3) dazu, dass eine gesonderte Vergütung für Tätigkeiten verlangt wird, die notwendigerweise Teil der Vermittlungstätigkeit sind (z. B. für das Erstellen und Versenden von Bewerbungsunterlagen). Auch bietet § 296 SGB III keinen Spielraum, ein wie auch immer geartetes Fehlverhalten des Arbeitnehmers damit zu ahnden, dass dieser die Vermittlungsprovision ganz oder teilweise selbst zu zahlen hat. Das Zusammenspiel von § 296 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 421 g SGB III wird dadurch gestört und der Arbeitnehmer wird - entgegen der Absicht des Gesetzgebers - ganz oder teilweise vorrangiger Kostenschuldner des privaten Arbeitsvermittlers. Diese Vertragsbedingungen sind mithin gemäß § 297 Nr. 1 SGB III unwirksam, so dass der Kläger durch Verwendung dieser Klauseln gegen § 2 Nr. 3 der Nutzungsbedingungen verstoßen hat.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Verwendung von Vertragsmustern, die gegen gesetzliche Regelungen verstoßen und/oder die Arbeitsuchenden einseitig belasten, über das von ihr zur Verfügung gestellte Portal nicht duldet. Zum einen liegt der vom Kläger behauptete Verstoß gegen die Privatautonomie nicht vor, da diese ihre Grenzen u. a. in gesetzlichen Verboten findet. Der Gesetzgeber hat die Privatautonomie vorliegend bewusst im Interesse des Schutzes der Arbeitsuchenden vor Übervorteilung eingeschränkt (vgl. Urmersbach, a. a. O. Rdn 35 ff; Brand in: Niesel, Kommentar zum SGB III, § 296, Rdn. 12). Zum anderen wäre es weder mit dem Ansehen, noch mit den öffentlichen Aufgaben, die die Beklagte im Rahmen des SGB III wahrzunehmen hat, vereinbar, wenn mit ihrer Hilfestellung unbillige oder gar rechtswidrige Verträge zustande kommen.

Rechtsfolge des Verstoßes gegen § 2 Nr. 3 der Nutzungsbedingungen ist die Sperrung des Zugangs zur Jobbörse. Zwischenschritte sind dort weder vorgesehen, noch aus Rechtsgründen erforderlich.

Eine Beeinträchtigung des Grundrechts des Klägers auf freie Berufsausübung gem. Art. 12 GG vermag das Gericht nicht zu erkennen. Es handelt sich um eine Berufsausübungsregelung und nicht um eine Regelung des Zugangs zum Beruf des privaten Arbeitsvermittlers. Die erwähnten Schutzvorschriften im SGB III sind durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, da sie dem Schutz des Arbeitnehmers vor Übervorteilung dienen und nicht den Kernbereich der Tätigkeit eines Arbeitsvermittlers berühren.

2. Die unbefristete Sperrung des Zugangs verstößt indes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Artikel 20 Abs. 3 GG). Jedenfalls ab dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist die fortdauernde Sperrung des Zugangs als unverhältnismäßig anzusehen, so dass die Beklagte zu verpflichten war, diesen Zugang nunmehr wieder freizuschalten.

Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden (Artikel 20 Abs. 3 GG). Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes ergeben sich als übergreifende Leitregeln allen staatlichen Handelns zwingend aus dem Rechtstaatsprinzip und haben deshalb Verfassungsrang (vgl. etwa BVerfGE 23,133; 76,51 m.w.N.). Jeder Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich steht unter dem rechtstaatlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit des Mittels (BVerfGE 24,404; 37,185), das gewählte Mittel und der gewollte Zweck müssen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Das bedeutet, dass der Eingriff zur Erreichung des erstrebten Zieles geeignet, aber auch erforderlich sein muss, d. h., dass das Ziel nicht auf eine andere, den Einzelnen weniger belastende Weise ebenso gut erreicht werden kann. Schließlich muss das Maß der den Einzelnen treffenden Belastung noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den ihm und der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen stehen (vgl. BVerfGE 38,302; 30,316, 76,51).

Die Sperrung des Zugangs zu ihrem Portal "Jobboerse" seitens der Beklagten war grundsätzlich geeignet, weitere Verletzungen von Rechten der Arbeitsuchenden zu vermeiden. Ohne diese Maßnahme wäre es voraussichtlich zu neuen, zumindest ähnlichen Verstößen infolge des Abschlusses entsprechender Arbeitsvermittlungsverträge über das Portal gekommen.

Die Maßnahme war indes in diesem Umfang nicht erforderlich. Das Aussprechen einer zeitlich unbefristeten Sperre bereits bei einem erstmaligen Verstoß, und sei er auch noch so massiv, ist überzogen. Eine zeitlich befristete Sperre hätte dasselbe Ergebnis gehabt, die Grundrechtspositionen des Klägers indes weniger beeinträchtigt. Den Interessen der Beklagten bzw. der Arbeitsuchenden wäre dennoch in gleichem Maße Rechnung getragen worden, wie bei einer unbefristeten Sperre; denn bei zukünftigen weiteren Verstößen wäre es der Beklagten unbenommen gewesen eine erneute, ggf. dann auch verlängerte Sperrung zu veranlassen.

Soweit die Beklagte dagegen vorbringt, dies sei ihr aufgrund personeller Gegebenheiten nicht möglich, kann dies kein anderes Ergebnis begründen. Ob dies im Ergebnis überhaupt zutrifft, kann dahinstehen; Zweifel bestehen jedenfalls insoweit, als es nicht erforderlich ist sämtliche Zugänge permanent zu kontrollieren. Es wäre vielmehr ausreichend die Zugänge von Nutzern verschärft zu kontrollieren, die bereits einmal auffällig geworden sind. Dessen ungeachtet vermögen fehlende personelle Ressourcen eine vermeidbare Beeinträchtigung von Grundrechten nicht zu rechtfertigen.

Die Kammer lässt ausdrücklich offen, ob die aufgrund der Verfahrensdauer nunmehr gut drei Jahre dauernde faktische Sperrung angemessen ist oder welcher darunterliegender Zeitraum angemessen wäre; jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt ist eine weitere Fortdauer der Sperre mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr in Einklang zu bringen. III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Gericht hat dabei berücksichtigt, dass zum einen der Kläger grundsätzlich Anlass für die Sperrung des Zugangs zum Internetportal der Beklagten gegeben hat, zum anderen die Beklagte bei ihrer Reaktion den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt hat und hiervon trotz mehrfacher Hinweise des Gerichts auch im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht abzubringen war.

Frank