Sozialgericht Aurich
Urt. v. 22.05.2012, Az.: S 33 U 12/10
Bibliographie
- Gericht
- SG Aurich
- Datum
- 22.05.2012
- Aktenzeichen
- S 33 U 12/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 44359
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 26.08.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 17.12.2009 werden aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 28.03.2009 ein Arbeitsunfall war.
3. Als Folge des Arbeitsunfalls wird festgestellt:
Abgeklungene Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion, gemischt.
4. Die Beklagte hat dem Kläger dessen zur Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Arbeitsunfalls. Der am 12.11.1953 geborene Kläger ist seit 1988 Pächter einer T.-Tankstelle in Aurich-Q., seine Ehefrau ist bei ihm angestellt. Das Wohnhaus der Eheleute befindet sich ebenfalls in Q., in ca. 700 m Entfernung zur Tankstelle. Das Büro der Tankstelle befindet sich im Wohnhaus der Eheleute.
Am 14.03.2009, als sich die Eheleute auf einer Boßeltour befunden hatten, wurde in ihr Wohnhaus eingebrochen. Es wurde die gesamte Wohnung durchsucht. Gestohlen wurden eine Wechselgeldkasse sowie das Portemonnaie der Ehefrau des Klägers. Insgesamt erbeuteten der oder die Täter ca. 400,00 Euro sowie einige Geldkarten. Täter konnten bisher nicht ermittelt werden. Der Einbruch erfolgte dabei über die vom Wohnzimmer zum Garten führende Terrassentür. Die Tür wurde zunächst notdürftig von innen verriegelt.
Am 28.03.2009 verrichtete der Kläger seine Tätigkeit an der Tankstelle, seine Ehefrau befand sich abends in dem gemeinsamen Wohnhaus. Gegen 20:20 Uhr erfolgte ein Anruf des Klägers bei seiner Ehefrau, in dem er diese bat, ihn abzuholen und ihm zu helfen, die Tankstelle zu verschließen. Die Klägerin fuhr sodann zur Tankstelle. Als der Kassenabschluss erfolgen sollte, fiel auf, dass der USB-Stick zu Hause vergessen worden war. Die Ehefrau des Klägers fuhr deshalb um wenige Minuten vor 21:00 Uhr zum Wohnhaus zurück. Sie hatte dort bereits zuvor im Gebäude das Licht angelassen. Nunmehr ging sie in das Wohnhaus, nahm den USB-Stick und kehrte sofort zur Tankstelle zurück. Nachdem die Eheleute den Kassenabschluss getätigt hatten, kehrten sie gegen 5 Minuten nach 21:00 Uhr zurück zu ihrem Wohnhaus. Sie betraten das Gebäude durch die Vordertür. Die Frau des Klägers ging in die Küche, legte dort die Wechselgeldkasse auf den Tisch, und begab sich sodann durch eine Seitentür aus der Küche hinaus in den Garten, um eine Harke in den Schuppen zu stellen. Währenddessen hatte sich der Kläger die Schuhe ausgezogen, und ging in das Wohnzimmer. Seine Ehefrau war unterdessen aufgefallen, dass die Terrassentür, die durch den ersten Einbruch bereits geschädigt und notdürftig von innen verschlossen wurde, erneut aufgebrochen war. Sie rief zu ihrem Mann, dass „schon wieder ins Haus eingebrochen“ worden sei. Sie betrat sodann das Gebäude über die Terrassentür zum Wohnzimmer. Nun öffnete sich die Wohnzimmertür und es trat ein mit einer Sturmhaube maskierter Mann hervor, der mit einer Schusswaffe und einem Messer bewaffnet war. Er forderte den Kläger und seine Ehefrau auf, ihm Geld zu übergeben. Beide waren sehr aufgeregt und schrien. Der Täter deutete ihnen, ruhig zu bleiben, er wolle nur Geld. Dabei sprach er den Satz: „Ich bin Profi, Sie sind Profi.“ Sodann ging der Täter mit den Eheleuten in die Küche, wo er ein rotes Lederetui mit der Aufschrift der Sparkasse an sich nahm. Hierbei handelte es sich um die Wechselgeldkasse der Tankstelle für den nächsten Tag. Es befanden sich 250,00 € in dem Etui. Der Täter verlangte nach mehr Geld. Er fand eine sich in der Küche befindliche Geldkassette. Der Kläger versuchte dem Täter zu erklären, dass diese Geldkassette leer sei. Die Tageseinnahmen befänden sich nicht im Haus der Eheleute. Seine Ehefrau bot dem Täter ihr eigenes Portemonnaie an, worauf der Täter jedoch nicht reagierte. Sodann führte der Täter die Eheleute in das Büro des Hauses, welches sich ebenfalls im Erdgeschoss in der Nähe der Küche befindet. Er schloss die Eheleute in dem Büro ein, nachdem er die Telefonkabel durchtrennt hatte. Der Täter entwendete die rote Geldtasche mit dem Wechselgeld sowie die leere Geldkassette. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Aurich verblieben bis heute erfolglos, ein Täter konnte nicht ermittelt werden.
Die Eheleute wandten sich zunächst an die Stiftung Opferhilfe Niedersachsen, die unter dem 14.04.2009 eine Unfallanzeige bei der Beklagten erstattete und um die Vermittlung einer Traumatherapie bat. Ab dem 29.04.2009 erfolgte eine psychologische Krisenintervention für Opfer von Gewaltereignissen durch die O. GmbH. Die Gespräche wurden von der Dipl.-Psychologin X. in M. durchgeführt. Auf den Abschlussbericht vom 27.08.2009 wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 26.08.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 28.03.2009 als Arbeitsunfall ab. Der Überfall sei nach der Beendigung einer versicherten Tätigkeit erfolgt. Der versicherte Weg ende mit dem Durchschreiten der eigenen Wohnungstür.
Unter dem 16.09.2009 erhob der Kläger Widerspruch. Der Überfall sei der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Ein Arbeitsunfall müsse auch dann gegeben sein, wenn das Tatmotiv bei einem Überfall betriebsbezogen sei. Ebenso sei ein Arbeitsunfall anzunehmen, wenn das Tatmotiv zwar nicht betriebsbezogen sei, betriebliche Umstände die Tat jedoch begünstigt hätten. Der Täter habe ein betriebsbezogenes Motiv gehabt, indem er die Tageseinnahmen erbeuten wollte. Zudem sei der Arbeitsweg auch nach dem Durchschreiten der Wohnungstür noch nicht abgeschlossen gewesen, da noch die Wechselgeldkasse habe in das Büro gebracht werden müssen. Darüber hinaus habe der Täter den betrieblichen Umstand, dass sich das Büro der Tankstelle in dem Wohnhaus befindet, ausgenutzt. Hierdurch habe er den Überfall ohne den Publikumsverkehr der Tankstelle durchführen können.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2009 zurück. Ein Arbeitsunfall habe nicht vorgelegen, da der Arbeitsweg nach dem Durchschreiten der Wohnungstür beendet gewesen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 18.01.2010 Klage erhoben. Es habe eine versicherte Tätigkeit vorgelegen. Der Arbeitsweg sei auch nach dem Durchschreiten der Wohnungstür nicht beendet gewesen. Hierzu nimmt er Bezug auf die Begründung aus dem Widerspruch. Der Täter habe es ausdrücklich auf die Tageseinnahmen der Tankstelle abgesehen. Seine Frau habe ihm ihr Portemonnaie angeboten. Hierauf sei der Täter nicht eingegangen.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 26.08.2009 und den Widerspruchsbescheid vom 07.12.2009 aufzuheben,
2. festzustellen, dass das Ereignis vom 28.03.2009 ein Arbeitsunfall war,
3. festzustellen, dass eine Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion, gemischt, Folge des Arbeitsunfalls war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und nimmt zur Begründung auf die Ausführungen der angefochtenen Bescheide Bezug. Ergänzend führt sie aus, es sei kein betrieblicher Zusammenhang gegeben. Es sei nicht nachgewiesen, dass es dem Täter gerade um die Tageseinnahmen der Tankstelle gegangen sei. Er habe auch nicht gezielt das Wechselgeld zum Ziel gehabt. Dieses sei in einem Leinenbeutel in der Küche abgelegt gewesen. Der Täter sei erst im Rahmen des Überfalls hierauf aufmerksam geworden. Die Ehefrau des Klägers habe es in der Küche abgelegt, bevor sie in den Garten gegangen sei, um eine Harke in den Schuppen zu bringen. Der Arbeitsweg sei nach dem Durchschreiten der Wohnungstür beendet gewesen. Maßgeblich komme es auf einen inneren Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit an. Dieser innere Zusammenhang sei mit Vollbeweis nachzuweisen. Entscheidend sei dabei ein subjektives Element des Versicherten, die sogenannte Handlungstendenz. Es habe eine wertende Zuordnung zu erfolgen, ob die Verrichtung innerhalb der Grenze liege, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reiche. Die Feststellung der Handlungstendenz und die wertende Zuordnung müssten sich an objektiven Umständen des Einzelfalls orientieren. Daher seien im vorliegenden Fall die Beweggründe eines Räubers mit dem Maßstab des Vollbeweises festzustellen, wenn hinsichtlich des Zusammenhanges nicht auf die Handlungstendenz des Versicherten, sondern auf die des Täters abgestellt werden sollte. Anderenfalls widerspreche dies dem wesentlichen Strukturelement der gesetzlichen Unfallversicherung, der Ablösung der Unternehmerhaftung. Das betriebsbezogene Motiv des Täters sei jedoch nicht nachgewiesen worden. Weiter ergebe sich jedoch ein Versicherungsschutz ohnehin nicht aus einem betriebsbezogenen Motiv des Täters, wenn im Zeitpunkt des Überfalls nicht einer versicherten Tätigkeit nachgegangen werde. Die Beklagte nimmt hierzu Bezug auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 19.12.2000 - B 2 U 37/99 -.
Das Gericht hat Beweis erhoben und ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. vom 15.10.2011 beigezogen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten Bezug genommen.
Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Verfahrensakte, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2012 sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls sowie einer Unfallfolge.
Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann mit der Feststellungsklage die Feststellung begehrt werden, dass eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist. Der Überfall vom 28.03.2009 war ein Arbeitsunfall. Eine Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion, gemischt, ist die Folge dieses Arbeitsunfalls.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls erfordert hiernach grundsätzlich eine sachliche Verknüpfung der zum Unfall führenden Verrichtung mit der versicherten Tätigkeit (sog. innerer Zusammenhang). Im Rahmen von Überfällen ist für die Annahme eines Arbeitsunfalls ebenfalls grundsätzlich maßgeblich, ob ein innerer (sachlicher) Zusammenhang zwischen dem Überfall und der versicherten Tätigkeit besteht (BSG, U.v. 15.12.1966 - 2 RU 255/63 - = BSGE 26, 45; U.v. 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - = SozR 4-2700 § 8 Nr. 30; Krasney in Becker/Burchardt/Kasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Mai 2010, § 8 Rz. 171 Stichwort: Überfall; jeweils m.w.N.). Vorliegend kann es dahinstehen, ob der Kläger im Zeitpunkt des Überfalls konkret eine versicherte Tätigkeit gemäß § 3 SGB VII in Verbindung mit der Satzung der Beklagten als Unternehmer ausgeübt hat. Der sachliche Zusammenhang einer Verrichtung mit der grundsätzlich versicherten Tätigkeit ist dann entbehrlich, wenn sich eine besondere Betriebsgefahr verwirklicht (BSG, U.v. 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - = SozR 4-2700 § 8 Nr. 30, m.w.N.). Die Einbeziehung solcher Schäden, ist vom Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung, die Beschäftigten gegen die Gefahren des Betriebes zu versichern, denen sie wegen ihrer Beschäftigung ausgesetzt sind, und die Unternehmen von möglichen Schadensersatzansprüchen ihrer Beschäftigten freizustellen, gedeckt (BSG, U.v. 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - = SozR 4-2700 § 8 Nr. 30, m.w.N.). In der Rechtsprechung wurde dies bereits für andere Bereiche, in denen betrieblich motivierte Gefahren in den Bereich eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten ausstrahlen, anerkannt (vgl. etwa für den Bereich der Dienstreisen BSG U.v. 04.08.1992 - 2 RU 43/91 - m.w.N., zit. nach Juris). Aus diesem Grunde besteht ein sachlicher Zusammenhang auch bei Überfällen, die außerhalb der Arbeitsstätte und der Arbeitszeit erfolgen und ein betriebsbezogenes Tatmotiv aufweisen. Denn auch hier hat sich die vom Betrieb gesetzte Gefahr verwirklicht, der der Versicherte sonst nicht ausgesetzt wäre (BSG, U.v. 15.12.1966 - 2 RU 255/63 - = BSGE 26, 45; U.v. 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - = SozR 4-2700 § 8 Nr. 30; Krasney in Becker/Burchardt/Kasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Mai 2010, § 8 Rz. 171 Stichwort: Überfall; jeweils m.w.N.; a.A.: BSG, U.v. 19.12.2000 - B 2 U 37/99 R -= BSGE 87, 224; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 SGB VII, Erg.-Lief. 1/12, Anm. 7.44 Buchst. e).
Ein solches betriebsbezogenes Tatmotiv bei Überfällen ist in der Rechtsprechung etwa dann anerkannt worden, wenn der Täter betriebliche Gelder zu erbeuten suchte. Versicherungsrechtlich bedeutsam ist in diesem Fall nicht der zeitliche und örtliche Zusammenhang zum Betrieb, sondern der Umstand, dass hier ein Angriff auf Betriebsmittel und damit auf den Betrieb selbst erfolgt (BSG, U.v. 15.12.1966 - 2 RU 255/63 - = BSGE 26, 45). Darauf, ob der Versicherte in diesen Fällen dem Angreifer tatsächlich entgegentritt (vgl. BSG, U.v. 15.12.1966 - 2 RU 255/63 - = BSGE 26, 45) kann es indes zur Begründung des Versicherungsschutzes nicht ankommen, so dass Versicherungsschutz auch besteht, wenn der Versicherte nichtsahnend niedergeschlagen wird und daher keine Handlungstendenz entfalten konnte (BSG, U.v. 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - = SozR 4-2700 § 8 Nr. 30).
Für das betriebsbezogene Tatmotiv im Rahmen von Überfällen ist ausreichend, dass der Versicherte aufgrund der sich ihm darbietenden Umstände annehmen kann, dass der Einbrecher nicht nur zum Privatgebrauch bestimmte Wertgegenstände (Schmuck etc.), sondern Werte jeglicher Art und somit auch für das Geschäft bestimmte Geldmittel sich unbefugt aneignen will. Diese Beweiserleichterung ist im Hinblick darauf, dass ein Täter in der Regel den Grund seines Eindringens nicht mitteilt - sofern er überhaupt gefasst werden kann - und im Hinblick auf die Intensität des Angriffs gerechtfertigt (BSG, U.v. 15.12.1966 - 2 RU 255/63 - = BSGE 26, 45; Krasney in Becker/Burchardt/Kasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Mai 2010, § 8 Rz. 171 Stichwort: Überfall), anderenfalls würden die Beweisanforderungen in Fällen der vorliegenden Art für das Opfer doch unerträglich erhöht.
Hiernach war zur Überzeugung der Kammer ein betriebsbezogenes Tatmotiv und damit ein sachlicher Zusammenhang zu einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit bei dem Überfall vom 28.03.2009 gegeben. Dies entnimmt die Kammer dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen. Zunächst ist im Zusammenhang mit dem Überfall vom 28.03.2009 zu berücksichtigen, dass bereits 14 Tage zuvor, am 14.03.2009 ein Einbruch in das Wohnhaus der Eheleute erfolgt ist, als das Ehepaar nicht anwesend war. Das Haus wurde im Rahmen dieses Einbruches durchsucht. Gestohlen wurden jedoch lediglich eine Tasche mit Wechselgeld für die Tankstelle sowie das private Portemonnaie der Klägerin mit Bargeld und Geldkarten. Weitere Wertgegenstände wurden hingegen nicht gestohlen. Der zweite Einbruch erfolgte wiederum über die zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig reparierte Terrassentür, die vom Wohnzimmer in den Garten führt. Auch im Rahmen dieses zweiten Einbruches hatte es der Täter ausschließlich auf Bargeld abgesehen. Nachdem er den Eheleuten im Wohnzimmer mit einem Messer und einer Pistole bewaffnet gegenübertrat, befragte er diese in einer sehr ruhigen Art nach Geld. Es wurde ihm in der Küche die rote Ledertasche mit der Aufschrift der Sparkasse ausgehändigt, in der sich das Wechselgeld der Tankstelle befand. Weiter nahm er die leere Geldkassette an sich, während er auf das Angebot der Klägerin, ihm das private Portemonnaie zu übergeben, nicht reagierte. Der Täter fragte weiter nach "mehr Geld" womit er zumindest aus der Sicht des Klägers die Tageseinnahmen der Tankstelle gemeint haben musste, als ihm erklärt wurde, dass sich diese nicht im Hause befanden. War die Tat hiernach auf Bargeld gerichtet, so stellte es sich aus Sicht des Klägers so dar, dass der Täter die Eheleute antreffen wollte. Dies entnimmt die Kammer dem Zeitpunkt der Tat um 21:05 Uhr, einem Zeitpunkt, zu dem die Eheleute nach dem Schließen der Tankstelle zu Hause einzutreffen pflegten. Nach Auffassung der Kammer finden Überfälle, die auf das Rauben von Wertgegenständen aus dem privaten Bereich gerichtet sind, eher am Vormittag oder spät in der Nacht statt, da die Bewohner hier entweder schlafen oder nicht zu Hause sind. Weiter haben die Eheleute im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen angegeben, dass das Licht im Haus eingeschaltet war. Während bei dem Einbruch vom 14.03.2009 die Sicherungen ausgeschaltet gewesen waren und der oder die Täter damit auf Dunkelheit fixiert waren. Letztlich spricht das Verhalten des Täters während der Tat dafür, dass die Eheleute nicht zufälliges Opfer dieser Gewalttat geworden sind. Nach den Angaben der Eheleute im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen sei der Täter während der gesamten Tat sehr ruhig gewesen. Er habe zu den Eheleuten gesagt, sie sollten ebenfalls ruhig bleiben, er wolle nur Geld. Er habe gesagt: "Ich bin Profi, Sie sind Profi". Unabhängig davon, dass der Täter zunächst lediglich "Geld" verlangt habe - worauf die Beklagte abstellt - und möglicherweise die Wechselgeldkasse erst durch den Kläger oder seiner Ehefrau genannt worden ist, so musste sich aus der Sicht des Klägers der Überfall doch derart darstellen, dass er im Wesentlichen auf die Tageseinnahmen der Tankstelle gerichtet und damit betrieblich motiviert war. Denn es handelte sich offensichtlich um einen routinierten Täter, der es auf eine größere Menge Bargeld abgesehen hatte, welches in "normalen" Privathaushalten zumindest nicht regelmäßig vorzufinden sein dürfte. Dafür spricht auch, dass tatsächlich ausschließlich Betriebsmittel, nämlich die Tasche mit dem Wechselgeld und die leere Geldkassette, gestohlen wurden.
Kann demnach ein sachlicher Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit angenommen werden, so liegen auch die weiteren Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls vor. Es ist infolge des Überfalls zu einem Körperschaden gekommen. Dies stützt die Kammer auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. L., dem die Beklagte nicht entgegengetreten ist. Die Sachverständige hat schlüssig und für die Kammer nachvollziehbar das Vorliegen einer Anpassungsstörung mit Angst und Depression, gemischt, beschrieben. Hingegen besteht kein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente gemäß § 56 Abs. 1 SGB VII. Hiernach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Dabei richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Eine MdE von mindestens 20 v.H. infolge der genannten Unfallfolge hat nicht bestanden. Dies stützt die Kammer auf das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten der Sachverständigen. Der Kläger ist dem Ergebnis des Gutachtens ebenfalls nicht entgegengetreten und hat entsprechend keinen Antrag auf Gewährung einer Verletztenrente gestellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.