Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.10.2016, Az.: 7 LA 78/16

Prozessvergleich; Widmung; öffentlich-rechtlicher Vertrag; öffentliche Straße

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.10.2016
Aktenzeichen
7 LA 78/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43349
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 05.04.2016 - AZ: 3 A 149/14

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Einigt sich der private Eigentümer eines Wegegrundstücks in einem Rechtsstreit, in dem über die Frage der Öffentlichkeit des Weges gestritten wird, mit der Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast durch Prozessvergleich darauf, dass der Weg kein öffentlicher Weg sei, so ist die Vereinbarung nichtig, wenn dadurch das im Niedersächsischen Straßengesetz vorgesehene Einziehungsverfahren umgangen wird.

Tenor:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 3. Kammer -  vom 05. April 2016 wird abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger sind Erben des während des erstinstanzlichen Verfahrens verstorbenen früheren Klägers A. B. (im Folgenden: früherer Kläger). Dieser hatte in einem beim Verwaltungsgericht Lüneburg geführten Klageverfahren (Az. 4 A 197/11) die Feststellung begehrt, dass der in seinem Eigentum stehende „G.“ (Flurstück H., Flur I., Gemarkung J.) kein öffentlicher Weg sei. An den Weg grenzen sowohl ein – soweit ersichtlich bebautes – Grundstück des früheren Klägers als auch weitere, zum Teil bebaute und teilweise unbebaute Grundstücke. In östlicher Richtung führt der Weg zu dem mit dem so genannten K. bebauten Grundstück der Beigeladenen (L. straße …). In dem genannten Klageverfahren, an dem die Beigeladene nicht beteiligt war, schloss der frühere Kläger mit der Beklagten auf Anraten des Verwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung am 08. Mai 2012 einen Prozessvergleich mit unter anderem folgenden Erklärungen:

1. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der über das Grundstück des    Klägers verlaufende „G. (Flur I., Flurstück M.,     Gemarkung J.)“ kein öffentlicher Weg ist.

2. Der Kläger verpflichtet sich, die in diesem Weg bereits verlaufenden Ver-     und Entsorgungsleitungen zum K. weiter zu dulden.

3. Der Kläger behält sich vor, weiteren Personen die Benutzung seines Weges     zu gestatten.

Nachdem die Beklagte den Vergleich angefochten und die Fortsetzung des Verfahrens beantragt hatte, stellte das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 05. November 2013 (Az. 4 A 221/12) fest, dass das Klageverfahren 4 A 197/11 durch Vergleich vom 08. Mai 2012 beendet worden sei. In den Entscheidungsgründen des Urteils hieß es, dass der Prozessvergleich wirksam zustande gekommen sei. Ein Anfechtungsgrund sei nicht gegeben. Der Umstand, dass die Beklagte möglicherweise nicht bedacht habe, dass der „G.“ auch von anderen Anliegern, insbesondere den Anwohnern des K. benutzt werde, stelle einen Anfechtungsgrund unter allen rechtlichen Gesichtspunkten (Erklärungsirrtum, Motivirrtum, Täuschung etc.) nicht dar. Ergänzend wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass durch den Vergleich vom 08. Mai 2012 eine für alle Beteiligten rechtsverbindliche Klärung der Frage der Widmung des Weges nicht erfolgt sei. Insoweit verwies es darauf, dass der Weg in das Straßenbestandsverzeichnis der Beklagten aufgenommen worden sei. Das Verzeichnis sei vom früheren Kläger nicht angefochten worden, Klagefristen seien inzwischen abgelaufen. Gründe für die Annahme, das Bestandsverzeichnis sei nichtig bzw. teilnichtig, seien nicht dargetan.

Nachdem die Beklagte festgestellt hatte, dass der frühere Kläger auf dem „G.“ Poller angebracht hatte, um einen Verkehr auf dem Weg zu unterbinden, forderte sie den früheren Kläger mit Bescheid vom 31. Oktober 2014 auf, die Poller nebst Halterungen zu beseitigen und es zu unterlassen, die Benutzung des als öffentliche Straße anzusehenden Weges zu beeinträchtigen oder zu verhindern. Die dagegen erhobene Klage mit dem Begehren, den Bescheid vom 31. Oktober 2014 aufzuheben und (erneut) festzustellen, dass der „G.“ kein öffentlicher Weg sei, sowie hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die Widmung des Weges aufzuheben, hat das Verwaltungsgericht mit dem im Tenor bezeichneten Urteil, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, abgewiesen.

II.

Der gegen dieses Urteil gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Vorliegens eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), sind bereits nicht hinreichend dargelegt oder liegen jedenfalls in der Sache nicht vor.

1. Für die Darlegung des Zulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ist erforderlich, dass geltend gemacht wird, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist, und Sachgründe hierfür bezeichnet und erläutert werden. Erforderlich ist, dass der Antrag sich nicht darauf beschränkt, die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung allgemein oder unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens anzuzweifeln, sondern hinreichend fallbezogen und substantiiert auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den für die Entscheidung maßgeblichen Rechts- und Tatsachenfragen eingeht, deren Unrichtigkeit mit zumindest vertretbaren, jedenfalls nicht unvertretbaren Erwägungen dartut und sich dazu verhält, dass und aus welchen Gründen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung auf diesen -  aus Sicht des Rechtsmittelführers fehlerhaften - Erwägungen beruht. Dabei ist zu beachten, dass an das Darlegungserfordernis keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen. Es reicht aus, dass ein die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458).

Die Kläger machen geltend, ein Einschreiten auf der Grundlage des § 22 NStrG wegen unerlaubter Sondernutzung des streitgegenständlichen Weges sei nicht möglich, weil es sich bei dem Weg nicht um eine öffentliche Straße, sondern um einen Privatweg handele. Das Verwaltungsgericht habe sich im Rahmen seiner Entscheidung nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, welche rechtlichen Wirkungen von dem gerichtlichen Vergleich vom 08. Mai 2012 in Bezug auf die Rechtslage zwischen den Beteiligten ausgehen. Der Prozessvergleich habe eine Doppelnatur. Er sei einerseits Prozesshandlung, andererseits öffentlich-rechtlicher Vertrag. Das Verwaltungsgericht  habe die materiellen Wirkungen des Vergleichsvertrages vernachlässigt und nicht festgestellt, welchen positiven Regelungsgehalt der Vergleich habe. Die Bedeutung des Vergleichs sei nach dem Empfängerhorizont und unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 62 VwVfG in Verbindung mit §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Die Vereinbarung habe nur dahin ausgelegt werden können, dass die Vertragsschließenden – also der frühere Kläger bzw. nunmehr dessen Erben und die Beklagte – sich abschließend und verfahrensbeendend darauf geeinigt hätten, dass der streitgegenständliche Weg kein öffentlicher Weg sei. Die Vergleichsparteien hätten übereinstimmend angenommen, dass die Widmung des „G.“, welche durch Aufnahme in das Bestandsverzeichnis der Beklagten möglicherweise bewirkt worden sei, rückwirkend nichtig sei.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich aus diesem Vorbringen nicht. Zwar weist der Zulassungsantrag zu Recht darauf hin, dass einem gemäß § 106 VwGO geschlossenen Prozessvergleich eine Doppelnatur zukommt. Er ist sowohl Prozesshandlung, deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des Prozessrechts richtet, als auch öffentlich-rechtlicher Vertrag, für den die materiellrechtlichen Vorschriften der §§ 54 ff VwVfG gelten (BVerwG, Urteil vom 10.03.2010 – 6 C 15.09 u. a. -, NJW 2010, 3048; Urteil vom 18.07.2012 – 8 C 4.11 –, BVerwGE 143, 335). Als Prozesshandlung hat der Vergleichsabschluss vom 08. Mai 2012 dazu geführt, dass das beim Verwaltungsgericht seinerzeit geführte Klageverfahren unter dem Aktenzeichen 4 A 197/11 beendet worden ist. Dies hat das Verwaltungsgericht in seinem – soweit ersichtlich rechtskräftig gewordenen – Urteil vom 05. November 2013 (4 A 221/12) festgestellt. Mit ihren Ausführungen zu den materiellen Wirkungen des Prozessvergleichs dringen die Kläger indes nicht durch. Zwar dürfte ihnen darin zu folgen sein, dass unabhängig davon, welche Motive die Beklagte zur Abgabe der Erklärung unter Ziffer 1 des Vergleichs veranlasst haben, die beiderseitigen Erklärungen der Vergleichsschließenden darauf gerichtet waren, Einigkeit hinsichtlich der streitigen Frage der Öffentlichkeit des Wegeflurstücks H. (in dem Vergleichstext vom 08.05.2012 wohl irrtümlich als Flurstück M. bezeichnet) zu erzielen. Durch die einvernehmliche Beurteilung dieser Rechtsfrage konnte allerdings die Widmung des Wegegrundstücks als öffentliche Straßenfläche nicht überwunden bzw. aufgehoben werden. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann davon ausgegangen werden, dass das Wegeflurstück H. möglicherweise bereits durch Aufnahme in das Bestandsverzeichnis der Beklagten von 1969, jedenfalls aber durch (erneute) Aufnahme in das Bestandsverzeichnis für die Gemeindestraßen und die sonstigen öffentlichen Straßen der Beklagten von 1983 gemäß § 63 Abs. 5 NStrG (a. F., vgl. dazu Beschluss des Senats vom 16.09.2013 – 7 OB 69/13 –, juris; Beschluss vom 04.11.2014  – 7 LA 68/13  –, Nds. VBl. 2015, 202) als gewidmet gilt. Der Senat macht sich die diesbezüglichen Ausführungen in dem Urteil des Verwaltungsgerichts, welche zum Teil an die Begründung in dem Urteil der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts vom 05. November 2013 (4 A 221/12) anknüpfen, zu eigen und verweist auf sie (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Durchgreifende Zweifel an der Wirksamkeit der Aufstellung des Bestandsverzeichnisses bestehen danach weder hinsichtlich der Bildung von Straßengruppen im Sinne des § 3 Abs. 1 NStrG noch in Bezug auf die Auslegung der Aufstellungsunterlagen. Der Zulassungsantrag legt in dieser Hinsicht keine Gründe dar, die Anlass für eine abweichende Beurteilung geben könnten.

Ausgehend von einer bestandskräftig gewordenen Widmung des Flurstücks H. für den öffentlichen Verkehr bzw. eines bestandskräftig gewordenen Eintritts der Widmungsfiktion gemäß § 63 Abs. 5 Satz 1 NStrG (a. F.) konnten der frühere Kläger und die Beklagte sich durch den Vergleich vom 08. Mai 2012 nicht rechtswirksam über den Status des Weges als öffentliche Straßenfläche hinwegsetzen bzw. ihn aufheben. Dies gilt auch dann, wenn – was hier zu Gunsten der Kläger und wohl abweichend von der Einschätzung des Verwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 05. November 2013 (4 A 221/12) unterstellt werden kann – der Prozessvergleich vom 08. Mai 2012 materiell mit dem Inhalt geschlossen werden sollte, dass beide Seiten den „G.“ gegenwärtig und auch für die Zukunft als nicht öffentlich einordnen wollten. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag mit diesem Inhalt müsste nämlich als nichtig angesehen werden.

Gemäß § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 54 Satz 1 VwVfG kann ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Vereinbarung unter Ziffer 1 des Vergleichs vom 08. Mai 2012 auf eine Aufhebung des Status der streitigen Wegefläche als öffentliche Straße und damit auf ihre Entwidmung hinauslaufen würde. Für die Entwidmung einer öffentlichen Straße ist im Niedersächsischen Straßengesetz aber das Einziehungsverfahren nach § 8 NStrG vorgesehen, demzufolge die Einziehung nur unter den in der Vorschrift genannten tatbestandlichen Voraussetzungen verfügt werden kann und an das Verfahren überdies bestimmte formelle Anforderungen gestellt werden, wie zum Beispiel die öffentliche Bekanntmachung der Einziehung. Die durch den Vergleich vom 08. Mai 2012 getroffene Vereinbarung des früheren Klägers und der Beklagten trägt diesen Anforderungen nicht ansatzweise Rechnung. Sie stellt sich – mit dem zuvor genannten, hier unterstellten Inhalt – als unzulässige Umgehung des Einziehungsverfahrens dar und ist in materieller Hinsicht nichtig (§ 59 Abs. 1 VwVfG in Verbindung mit § 134 BGB). Bei der Widmung (§ 6 NStrG) handelt es sich um einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, welcher in der Form der Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 VwVfG ergeht. Durch die Widmung wird die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft über die Straße begründet, der Gemeingebrauch (§ 14 NStrG) eröffnet und das Eigentumsrecht an der Straße überlagert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.03.1976 – 1 BvR 355/67 –, juris Rn. 55f; Sauthoff in Müller/Schulz, FStrG, 2. Aufl., § 2 Rn. 20, 27; Herber in Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl., Kap. 8 Rn. 19.2). Diese Wirkungen, welche vorliegend durch Aufnahme des „G.“ in das Bestandsverzeichnis der Beklagten begründet wurden, können vom Straßenbaulastträger und dem privaten Straßeneigentümer nicht im Wege einer lediglich zweiseitigen Vereinbarung - rechtsgestaltend - wieder aufgehoben werden. Wie dargelegt, bedarf es hierzu der Umsetzung in einem Einziehungsverfahren (vgl. auch Herber, a. a. O., Kap. 11 Rn. 1, 14, 30ff), an der es hier fehlt. Ob die Vereinbarung gemäß Ziffer 1 des Prozessvergleichs vom 08. Mai 2012 im Übrigen der Zustimmung Dritter bedurft hätte, insbesondere der Zustimmung der Eigentümer der an das Wegegrundstück angrenzenden Grundstücke, und bis zur Erteilung der Zustimmung gemäß § 58 Abs. 1 VwVfG schwebend unwirksam geblieben wäre, bedarf danach keiner weiteren Vertiefung.

Entgegen dem Zulassungsvorbringen kann der Prozessvergleich vom 08. Mai 2012 auch nicht hilfsweise als Verfügung der Beklagten angesehen werden, das Wegeflurstück H. einzuziehen, oder weiterhin hilfsweise als Verpflichtung der Beklagten, eine entsprechende Einziehung zu verfügen. Ein derartiger Inhalt kann dem Prozessvergleich nicht beigemessen werden. Dieser gibt nichts dafür her, dass die Beklagte über die Abgabe der Erklärung (zu 1.), dass der „G.“ kein öffentlicher Weg sei, gewissermaßen vorsorglich auch die Einziehung nach § 8 NStrG verfügen wollte, sei es durch den Vergleich selbst oder in einem noch durchzuführenden Einziehungsverfahren.

Ohne Erfolg wenden die Kläger ein, die streitige Anordnung vom 31. Oktober 2014 sei zumindest ermessensfehlerhaft und insbesondere unverhältnismäßig, weil die Beklagte mit Blick auf den Prozessvergleich daran gehindert sei, auf der Grundlage des § 22 NStrG gegen sie bzw. zunächst gegen den früheren Kläger einzuschreiten. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich aus diesem Vorbringen nicht. Wie dargelegt, kommen dem Vergleich vom 08. Mai 2012 in materieller Hinsicht keine Rechtswirkungen in Bezug auf den Status des Wegeflurstücks als öffentliche Straße zu. Im Übrigen erweist sich die angefochtene Anordnung vom 31. Oktober 2014 auch nicht als unverhältnismäßig. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wurde durch das Aufstellen von Pollern die Funktionsfähigkeit der Straße beeinträchtigt, d. h. das Befahren der Straße im Rahmen des Gemeingebrauchs wurde erschwert und eine Benutzung mit Fahrzeugen, mit denen den Pollern nicht ausgewichen werden kann, sogar unterbunden. Auf den Einwand der Kläger, die Beigeladene sei auf das Befahren des Weges nicht angewiesen, weil ihr östlich angrenzendes Grundstück bereits über eine andere Wegeverbindung zugänglich sei, kommt es danach nicht an, weil die Anordnung vom 31. Oktober 2014 schon aus Gründen einer Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs, welcher nicht auf das Nutzungsinteresse eines einzelnen Anliegers reduziert werden kann, keinen Bedenken begegnet.

2. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangels im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund wird nur dann in der nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotenen Weise bezeichnet, wenn er sowohl bezüglich der ihn begründenden Tatsachen als auch seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Wird ein Verstoß gegen die Untersuchungs- und Aufklärungspflicht, mithin gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 Abs. 1 VwGO geltend gemacht, muss dementsprechend substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Ferner ist darzutun, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung und Aufklärungsmaßnahmen absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die Notwendigkeit derartiger Maßnahmen hätte aufdrängen müssen (Nds. OVG, Beschluss vom 04.02.2010 – 5 LA 37/08 –, juris; vgl. auch zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO st. Rspr. des BVerwG, z. B. Beschluss vom 10.02.2015 – 5 B 60.14 –, juris).

Die Kläger beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die Ermessensausübung in dem angefochtenen Bescheid nicht für fehlerhaft erachtet habe. Es habe die Ausführungen in dem Bescheid, dass die Beigeladene auf die Benutzung des „G.“ angewiesen sei, weil eine weitere Zuwegung zum K. nur eingeschränkt befahrbar sei, sich ungeprüft zu eigen gemacht. Das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, über den tatsächlichen Zustand dieser weiteren Zuwegung Beweis zu erheben. Mit diesem Vorbringen wird ein Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht dargetan, weil die Kläger sich damit im Wesentlichen nur gegen die materielle Beurteilung des Verwaltungsgerichts wenden, demzufolge die Beklagte im Rahmen der Ermessensausübung die Interessen der Beigeladenen an einer Aufrechterhaltung der Zuwegung zu ihrem Grundstück über den „G.“ in zutreffender Weise gewürdigt hat. Sofern die Kläger in dieser Hinsicht weiteren Aufklärungsbedarf gesehen haben, hätten sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, in der sie anwaltlich vertreten waren, auf eine entsprechende Aufklärung durch das Gericht hinwirken und gegebenenfalls Beweisanträge stellen können. Dies haben sie unterlassen und es musste sich dem Verwaltungsgericht auch nicht aufdrängen, ohne ein entsprechendes Hinwirken das Ausmaß von Erschwernissen bei der Benutzung der weiteren Zufahrt zu dem Grundstück der Beigeladenen von Amts wegen näher zu ermitteln. Davon abgesehen ist die Entscheidungserheblichkeit des Zulassungsvorbringens nicht zu erkennen. Die Beklagte hat die streitgegenständliche Anordnung, die auf dem Wegeflurstück aufgestellten Poller zu beseitigen, damit begründet, dass durch die Poller die Benutzung des Weges im Rahmen der Widmung durch jedermann, insbesondere zum Befahren des Weges, ausgeschlossen sei. Insoweit hat sie auf eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs der Straße abgehoben. Ausführungen im Hinblick auf die Erreichbarkeit des Grundstücks der Beigeladenen hat sie zur Begründung der zugleich verfügten Anordnung der sofortigen Vollziehung gemacht, deren Rechtmäßigkeit in dem vorliegenden Verfahren zur Hauptsache dahinstehen kann.

3. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen folgt die Entscheidung aus § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, weil diese dem Zulassungsbegehren entgegengetreten ist und sich durch die Beantragung der Zurückweisung des Antrags einem eigenen Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).