Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 18.01.2002, Az.: 6 A 1680/99

Extensivierungsbeihilfe; Pflanzenschutzmittel; Rückforderung; Unregelmäßigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
18.01.2002
Aktenzeichen
6 A 1680/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43436
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten mit dem die dem Kläger erteilte Bewilligung von Extensivierungsbeihilfen widerrufen und die bereits gezahlten Beihilfen zurückgefordert wurden.

2

Mit am 11. September 1991 beim Amt für Agrarstruktur B. (AfA) eingegangenen Formularantrag beantragte der Kläger eine Extensivierungsbeihilfe nach den Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für die Förderung der Extensivierung der landwirtschaftlichen Erzeugung auf der Grundlage der Verordnung Nr. 4115/88 (EWG) in der Fassung der Verordnung Nr. 838/93 (EWG). Der Kläger wählte hier die Maßnahme 3 - Betriebsumstellung auf ökologischen Landbau für nach Abgleich mit dem Kataster festgestellten 82,91 ha Grünland und 11,44 ha Ackerfutterfläche. Hierfür wurde ihm mit Bescheid vom 23. Oktober 1991 eine Zuwendung von jährlich 33.969,60 DM für die Jahre 1991/92 bis 1995/96 bewilligt und in der Höhe für das Jahr 1992 ausgezahlt. Durch schriftliche Erklärung vom 5. Juni 1992 erklärte der Kläger, dass er seinen Betrieb gemäß den Richtlinien des Extensivierungsprogramms umgestellte habe.

3

Mit Schreiben vom 8. Juli 1992 beantragte der Kläger eine von ihm durch landwirtschaftlichen Pachtvertrag vom 14. November 1991 hinzu gepachtete Fläche von 1,7042 ha Grünland ebenfalls in das Extensivierungsprogramm aufzunehmen. Diesem Antrag gab das Amt für Agrarstruktur mit Bescheid vom 22. Juli 1992 statt. Bei einer Überprüfung der Umstellung vor Ort am 16. September 1992 gab es keine Beanstandungen. Und mit Schreiben vom 9. September 1992 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Extensivierungsbeihilfe für das Jahr 1990/91 von der Landestreuhandstelle für Agrarförderung veranlasst werde. Außerdem wurde nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Extensivierungsbeihilfe unter dem Vorbehalt des Widerrufs gezahlt wird, dass die im Antrag anerkannten Bedingungen und Auflagen insgesamt eingehalten werden. Ein weiterer Hinweis erfolgte mit Schreiben vom 26. Juli 1994 anlässlich der Überweisung der Extensivierungsbeihilfe für das Jahr 1993/94.

4

Bei der örtlichen Überprüfung am 26. Juni 1996 wurde festgestellt, dass mit Mais bebaute Flächen des Klägers mit chemischen Unkrautvernichtungsmitteln gespritzt worden waren, die nach den Extensivierungsrichtlinien nicht zugelassen waren. Mit Schreiben vom 11. Juli 1996 an das beklagte Amt teilte der Kläger mit, der Mais sei nicht chemisch behandelt worden. Sein Vater habe vielmehr den Lohnunternehmer W. beauftragt, den Mais mechanisch bzw. mit einem Gerät, dass das Unkraut durch Gasflammen hindert weiterzuwachsen, zu behandeln. Anlässlich einer telefonischen Rückfrage des Amtes bei dem Kläger am 25. Juli 1996 bestätigte dieser dann schließlich, dass auf den Flächen Herbizide ausgebracht worden seien. Dies beruhe aber auf einem Versehen des Lohnunternehmers, der den Auftrag gehabt habe, die Bestände mechanisch zu bearbeiten. Diesen Sachvortrag wiederholte der Kläger dann nochmals mit einem am 29. Juli 1996 bei dem Beklagten eingegangen Schreiben und betonte, dass dies ohne sein Wissen geschehen sei und legte hierzu eine eidesstattliche Versicherung des Lohnunternehmers W., D., vom 22. August 1996 vor, in der ausgeführt ist, dass die Bearbeitung mit chemischen Herbiziden auf einer Missinformation innerhalb des Betriebes erfolgt sei. Ein von dem Beklagten in Auftrag gegebenes Gutachten der Landwirtschaftskammer H. vom 30. Juli 1996 kam zu dem Ergebnis, dass auf den Maisflächen des Klägers mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eines oder mehrere Herbizide zur Anwendung gekommen waren. Näheres müsse gegebenenfalls durch Rückstandsanalysen des Bodens ermittelt werden.

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Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 18. April 1997 widerrief der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 23. Oktober 1991 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Juli 1992 und forderte gleichzeitig die zwischenzeitlich gewährte Beihilfe in Höhe von insgesamt 192.296,00 DM zuzüglich Zinsen zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe sich mit der Teilnahme am Extensivierungsprogramm verpflichtet, die Bedingungen gemäß den genannten Richtlinien für die von ihm gewählte Maßnahme für die Dauer von 5 Jahren nach Zugang des Bewilligungsbescheides einzuhalten. Zu diesen Bedingungen gehöre u.a. das Verbot des Einsatzes von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln auf dem gesamten Betrieb. Diese Bedingung sei durch den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln auf den Maisflächen des Klägers nicht eingehalten worden. Die Aussage des Klägers, dass der Einsatz von dieser Pflanzenschutzmittel ohne sein Wissen erfolgt sei, führe nicht dazu, dass dieser Einsatz nicht als Verstoß gegen die Richtlinien des Extensivierungsprogramms angesehen werden werde. Er sei als Antragsteller verpflichtet, die Einhaltung der Bedingungen sicherzustellen. Gemäß Artikel 16 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung 4115/88 (EWG) werde bei schweren Unregelmäßigkeiten, die sich aus der Nichteinhaltung der Verpflichtungen ergeben, insbesondere alle Fällen betrügerischer Absicht des Beihilfeempfängers oder seines Rechtsnachfolgers, die Beihilfe für die gesamte Dauer der Extensivierungsverpflichtung gestrichen, unbeschadet angemessener zusätzlicher Strafmaßnahmen. Eine schwere Unregelmäßigkeit liege vor, wenn die Verpflichtungen im Rahmen des Extensivierungsprogramms sowie die damit einhergehenden Auflagen in einem derartigen Umfang von dem Antragsteller nicht eingehalten bzw. missachtet würden, dass er der mit diesem Programm zu erzielende Zweck maximal in Teilbereichen erreicht werde. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sei als eine solche schwere Unregelmäßigkeit im Sinne der Verordnung einzustufen. Gemäß Artikel 16 a VO (EWG) Nr. 4115/88 würden darüber hinaus zu Unrecht gezahlte Beihilfesummen zuzüglich der Zinsen für die Zeit zwischen der Auszahlung und der Beihilfe und ihrer Rückforderung durch den Empfänger wieder eingezogen. Ein Ermessensspielraum lasse das Gemeinschaftsrecht in diesem Falle nicht zu. Zwar stünden die nationalen Bestimmungen über den Wegfall der Bereicherung dem Gemeinschaftsrecht nicht entgegen, hierauf könne sich der Kläger aber nicht berufen, da er gewusst habe, dass der Bewilligungsbescheid zu widerrufen und die gewährte Zuwendung zurückzufordern sei, wenn die erteilten Auflagen nicht erfüllt würden. Unter Ziffer 1.3 auf der Rückseite des Bewilligungsbescheides sei er auf diesen Widerrufsvorbehalt hingewiesen worden.

6

Mit Schreiben vom 18. Mai 1997, eingegangen am 20. Mai 1997, legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und begründete diesen mit Schreiben vom 30. Mai 1997 dahingehend, dass die Behandlung des Maises in Eigenverantwortung des Lohnunternehmers W. erfolgt sei. Aus seiner Sicht habe er dies nicht verhindern können, zumal er gleichzeitig mit der Silagebereitung beschäftigt gewesen sei. Er selbst habe die Verpflichtung keine Pflanzenschutzmittel einzusetzen, eingehalten. Dies hätten die Kontrollen des AfA ergeben, bei denen es keine Beanstandungen gegeben habe. Im Übrigen seien die finanziellen Mittel, die er aus dem Extensivierungsprogramm erhalten habe, im Betrieb verwendet worden, um die Umstellung bzw. die Beibehaltung der Extensivierung zu gewährleisten.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 1999 wies die Bezirksregierung L. den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, Rechtsgrundlage für den Widerruf sie § 10 Abs. 2 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (MOG). Hiernach seien begünstigende Verwaltungsakte zu widerrufen, wenn eine Voraussetzung für den Erlass des Bescheides nachträglich entfallen oder nicht eingehalten worden sei, insbesondere, wenn die gewährte Vergünstigung nicht oder nicht mehr nach Maßgabe des Bescheides verwendet werde. Insbesondere könne damit ein Bewilligungsbescheid widerrufen werden, wenn mit der Bewilligung verbundene Auflagen und Verpflichtungen nicht eingehalten wurden oder wenn vor Ablauf der 5-jährigen Frist die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr gegeben seien. Rechtsgrundlage für die Erstattung bzw. Rückzahlung der gewährten Zuwendungen sei § 10 Abs. 2 MOG i.V.m. § 49 a. Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Danach seien bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen worden sei. Nicht einschlägig bei der Widerrufsentscheidung sei dagegen der vom AfA B. zitierte Artikel 16 der Verordnung EWG 838/93. Mit der Teilnahme am Extensivierungsprogramm habe sich der Kläger verpflichtet, die Auflagen und Zuwendungsvoraussetzungen der Rahmen des Programms geförderten Flächen für den Verpflichtungszeitraum einzuhalten. Hierzu gehöre auch die Auflage nach Nr. 2 b. der Anlage B der Richtlinien, bei der Maßnahme Nr. 3 kein chemisch-synthetisches Pflanzenschutzmittel einzusetzen. Die vom Kläger beantragten Flächen seien aber zum Teil mit solchen Pflanzenschutzmitteln behandelt worden. Insgesamt sei eine Maisfläche von 6,7064 ha behandelt worden. Hierbei handelt es sich um 7,65 % der angemeldeten Flächen und der Umfang der Fläche auf der Beihilfevorschriften eingehalten worden seien, betragen nur noch 87,6536 ha, so dass nach Abzug der Differenz von 6,7064 ha nur noch eine förderfähige Fläche von 80,9472 ha bestehen bleibe. Die schuldhafte Vorgehensweise des Lohnunternehmers müsse sich der Kläger gemäß § 278 Satz 1 BGB anrechnen lassen. Es liege daher keine Ausnahme gemäß Artikel 16 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung 4115/88 in der Fassung der Verordnung 838/93 vor. Darüber hinaus sei der Bescheid gemäß Artikel 16 Abs. 3 der genannten Verordnung aber insgesamt zu widerrufen, da hier gleichzeitig eine schwere Unregelmäßigkeit vorliege, denn der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln laufe den Zielen des Extensivierungsprogramms im großen Maße zuwider. Diese schwere Unregelmäßigkeit müsse dem Kläger auch angelastet werden, da er sich verpflichtet habe, die Einhaltung der Bedingungen des Extensivierungsprogramms sicherzustellen. Als Auftraggeber sei er gemäß § 278 Satz 1 BGB analog für die Einhaltung der Extensivierungsvorschriften auch für von ihm beauftragte Personen verantwortlich und müsse sich deren Fehlverhalten zurechnen.

8

Mit der am 14. Oktober 1999 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung wird in Ergänzung des bisherigen Vorbringens vorgetragen, der Kläger habe die Firma W. vor 1996 nicht zur Unkrautbekämpfung eingesetzt. Nach im Mai 1996 der Mais gelegt worden sei, sei der Kläger aufgrund anderer Tätigkeiten im Rahmen der Grasgelagebereitung nicht dazu gekommen, die mechanische Unkrautbekämpfung der Maisflächen auszuführen. Ohne dies mit dem Kläger abzusprechen habe sich dessen Vater, der aushilfsweise auf dem Hof noch mitarbeitete, an die Firma W. gewandt und diese gebeten, die mechanische Unkrautbekämpfung im Mais zu erledigen. Dies sei von der Firma W. auch zugesagt worden. Da der Kläger hierüber von seinem Vater nicht informiert worden sei, und auch später nicht festgestellt habe, dass die Flächen nicht mechanisch, sondern chemisch behandelt worden seien, habe er keinen Handlungsbedarf gesehen. Der gesamte Sachverhalt sei erst nachträglich bekannt geworden.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 18. April 1997 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung L. vom 10. September 1999 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie wiederholt ihr bisherigen Vorbringen, dass es nicht darauf ankomme, ob der Kläger von dem Fehlverhalten der Firma W. Kenntnis gehabt habe. Er müsse sich dieses Verhalten jedenfalls zurechnen lassen. Für jeden praktizierenden Landwirt sei eindeutig erkennbar gewesen, dass auf den betreffenden Silomaisflächen ohne Zweifel chemische Herbizide eingesetzt worden seien. Die Unkräuter hätten auch zwischen den Maisflächen deutliche Absterbeerscheinungen gezeigt.

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Ein bei dem Amtsgericht Langen zwischenzeitlich anhängiges Strafverfahren gegen den Kläger wegen Subventionsbetruges wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 9. April 2001 gegen Zahlung eines Geldbetrages von 4.500,00 DM gemäß § 153 a StPO vorläufig eingestellt (4a Cs 141 Js 12172/00).

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Bezirksregierung L. sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2002 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat teilweise Erfolg. Der angefochtene Bescheid des Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L. ist rechtswidrig  und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit die Extensivierungsbeihilfe in Höhe eines Betrages von mehr als 12.144,79 ¤ (= 23.753,15 DM) zurückgefordert wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Im Übrigen sind die Bescheide nicht zu beanstanden.

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Die (teilweise) Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 5. Dezember 1991 richtet sich nach § 10 Abs. 2 des Gesetzes über die Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) - in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. September 1995 (BGBl. I S. 1146) mit späteren Änderungen - in Verbindung mit Art. 16 der VO (EWG) Nr. 4115/88 der Kommission vom 21. Dezember 1988 mit Durchführungsbestimmungen zur Beihilferegelung für die Extensivierung der Erzeugung in der durch die VO (EWG) Nr. 838/93 der Kommission vom 6. April 1993 geänderten Fassung (im Folgenden: VO Nr. 4115/88). Bei der dem Ehemann der Klägerin gewährten Extensivierungsbeihilfe für die Betriebsumstellung auf ökologischen Landbau handelt es sich um eine flächenbezogene Beihilfe im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 7 MOG (vgl. OVG Münster, Urteil vom 6. November 1997 - 9 A 6053/95 - AgrarR 1998, 96, 97).

18

Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 MOG sind rechtmäßige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zu widerrufen, soweit eine Voraussetzung für den Erlass des Bescheides nachträglich entfallen oder nicht ein-gehalten worden ist, insbesondere die gewährte Vergünstigung nicht oder nicht mehr nach Maßgabe des Bescheides verwendet wird; der Bescheid ist mit Wirkung für die Vergangenheit zu widerrufen, soweit Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 nichts anderes zulassen. Für die hier streitige Extensivierungsbeihilfe legt die VO Nr. 4115/88 fest, welche Kontrollen die Mitgliedstaaten durchzuführen und welche Maßnahmen sie zu ergreifen haben, um die Nichteinhaltung der vom Empfänger eingehaltenen Verpflichtungen zu ahnden. Hierzu bestimmt Art. 16 der genannten Verordnung (i.d.F. der VO Nr. 838/93) Folgendes:

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"(1) Ergibt die Kontrolle hinsichtlich des Umfanges an Einheiten, definiert als Anbauflächen (ha), als Viehbestand (GVE), als Gewicht (t) oder als Volumen (m³), eine Differenz zwischen dem beantragten und festgestellten Umfang von mindestens 2 % und 0,2 Einheiten bis zu höchstens 10 % und 2 Einheiten, so wird die Beihilfe nach dem festgestellten Umfang, abzüglich der Differenz berechnet. Diese Verminderung betrifft auch bereits gewährte Beihilfen, es sei denn, der Begünstigte weist nach, dass der Unterschied weder auf Vorsatz noch auf Fahrlässigkeit seinerseits zurückzuführen ist.

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(2) Ergibt sich eine größere Differenz als die in Abs. 1 genannten Grenzwerte, so wird vorbehaltlich weitergehender Strafmaßnahmen für die gesamte Dauer der Extensivierungsverpflichtung keine Beihilfe gewährt. Beihilfen, die in zu-rückliegenden Jahren gezahlt wurden, werden jedoch nicht zurückgefordert, wenn der Begünstigte beweisen kann, dass der Unterschied weder auf Vorsatz noch auf Fahrlässigkeit seinerseits zurückzuführen ist.

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(3) In allen anderen Fällen der Nichteinhaltung der Verpflichtungen als denen, die von den Abs. 1 und 2 erfasst werden, verhängen die Mitgliedstaaten zumindest Geldstrafen, ausgenommen bei Vorliegen höherer Gewalt oder anderen dem Beihilfeempfänger nicht anzulastenden Ursachen. Bei schweren Unregelmäßigkeiten, die sich aus der Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen ergeben, insbesondere allen Fällen betrügerischer Absicht des Beihilfeempfängers oder seines Rechtsnachfolgers, wird die Beihilfe für die gesamte Dauer der Extensivierungsverpflichtung gestrichen, unbeschadet angemessener zusätzlicher Strafmaßnahmen."

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Die Bezirksregierung L. geht in dem Widerspruchsbescheid davon aus, dass die Sanktionierung im vorliegenden Fall nach Art. 16 Abs. 3 Satz 2 der genannten Verordnung vorzunehmen ist (mit der Folge einer Streichung der Beihilfe für die gesamte Dauer der Extensivierungsverpflichtung).

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Art. 16 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 4115/88 regelt allerdings nur die Fälle von Pflichtverletzungen, die von den ersten beiden Absätzen nicht erfasst werden. Insoweit handelt es sich um einen Ergänzungstatbestand. Hiervon ist der EuGH in seinem Urteil vom 20. Januar 2000 - Rs C 414/98 - AgrarR 2000, 293 f.) erkennbar ausgegangen. Zwar hat der Gerichtshof in seiner Entscheidung eine Auslegung des Begriffes der schweren Unregelmäßigkeit nicht vorgenommen, doch ist unter Berücksichtigung des der Vorlageentscheidung des Verwaltungsgerichts Schwerin zu Grunde liegenden Sachverhalts davon auszugehen, dass Art. 16 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 4115/88 nur auf Ausnahmefälle Anwendung finden kann. Im dortigen Fall war gegen die Verpflichtung Stickstoffdünger einzusetzen auf einer Anbaufläche von ca. 57 ha, bezogen auf eine ursprünglich mit Überschusserzeugnissen bepflanzte Fläche von 395 ha und eine mit anderen Erzeugnissen bepflanzte Fläche von 495 ha, verstoßen worden. Gleichwohl hat der Gerichthof nur Art. 16 Abs. 1 und 2 VO (EWG) Nr. 4115/88 für anwendbar gehalten. Dies entspricht auch der Auffassung des Generalanwaltes in seinen Schlussanträgen, der davon ausgeht, dass die schweren Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit anderen Fällen der Nichteinhaltung von Extensivierungsmaßnahmen stehen und eine mehr oder weniger große Abweichung festgestellter von angemeldeter ha-Zahl nicht ausreiche. Zusätzlich verlange der subjektive Tatbestand grobe Fahrlässigkeit oder betrügerische Absicht (vgl. Columbus, Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 20. Januar 2000, AgrarR 2000, 294, 295; vgl. auch Urteil der Kammer vom 23. Mai 2001 - 6 A 2090/99). Eine betrügerische Absicht des Klägers oder eine vergleichbar schwere Verfehlung lässt sich hier nicht feststellen. Die Umstände, die zu der Behandlung der Maisflächen mit Herbiziden geführt haben, lassen eine planmäßige Vorgehensweise, wie dies für die Annahme einer betrügerischen Absicht erforderlich wäre, nicht erkennen. Der Kläger hat es vielmehr durch mangelnde Sorgfalt in der Überwachung des von ihm zumindest konkludent mit der Wahrnehmung von Aufgaben für die Bewirtschaftung des Hofes beauftragten Vaters und des Unternehmers W. zu verantworten, dass es zu der missbräuchlichen Ausbringung der Herbizide kam. Dies wird auch belegt durch die Einlassungen des Unternehmers W. in diesem und in dem Strafverfahren,  was letztlich dann auch zu einer Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO geführt hat. Dass der Kläger den Sachverhalt nach seiner Entdeckung nicht sofort eingeräumt hat, lässt nach Überzeugung des Gerichts ebenfalls keine andere Bewertung zu.

24

Demnach kommt im vorliegenden Fall nur eine anteilige Kürzung und Rückforderung der dem Kläger gewährten Extensivierungsbeihilfe in Betracht gemäß Art. 16 Abs. 1 letzter Satz VO (EWG) Nr. 4115/88. Nach den Feststellungen des Beklagten wurden auf insgesamt  6,7064 ha der Silomaisfläche des Klägers chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel unter Verstoß gegen die übernommene Verpflichtung aus dem Extensivierungsprogramm eingesetzt.  Damit beträgt die Differenz zwischen beantragter und festgestellter Fläche 7,65 % und liegt damit zwischen den Grenzwerten des Art. 16 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 4115/88. Die Beihilfevorschriften wurden nur auf einer förderfähigen Fläche von 81,1638 ha im Jahre 1991/92 und 82,8638 ha in den Jahren 1992/93 bis 1996. Damit ist die dem Kläger gewährte Beihilfe gemäß Art. 16 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 4115/88 anteilig zu kürzen und dieser verpflichtet  12.144,79 ¤  zurückzuzahlen.

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Eine Exkulpation des Klägers gemäß Art. 16 Abs. 1 letzter Satz VO (EWG) Nr. 4115/88 scheidet aus, des es ist nicht feststellbar, dass die versehentliche Ausbringung der Herbizide nicht jedenfalls auf Fahrlässigkeit des Vaters des Klägers oder des Unternehmers W. beruht. Deren Verhalten muss sich der Kläger gemäß § 278 BGB auch zurechnen lassen. Er ist verpflichtet, sich für den fall der Inanspruchnahme von Hilfspersonen zu vergewissern, dass diese die ihnen übertragenen Aufgaben gewissenhaft erfüllen und diese Personen entsprechend zu überwachen. Ein Fehlverhalten dieser Personen begründet für den Kläger deshalb die Verpflichtung zur Rückzahlung von aufgrund dieses Fehlverhaltens verwirkten Subventionen. Eine Freistellung des Klägers zu Lasten der öffentlichen Hand kommt nicht in Betracht. Dieser muss sich vielmehr auf eventuell bestehende zivilrechtliche Ansprüche gegen diese Personen verweisen lassen.