Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 31.01.2002, Az.: 4 B 1833/01

Angemessenheit; Tabelle zu WoGG 8; Unterkunftskosten

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
31.01.2002
Aktenzeichen
4 B 1833/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 42361
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

1

Der Antragsteller begehrt von dem Antragsgegner, dass die Kosten seiner 44 m² großen Wohnung in R., R. 64, ab dem 1. Januar 2002 (weiterhin) in tatsächlicher Höhe im Rahmen der ihm gewährten laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt übernommen werden. Bis zum 31. Dezember 2001 zahlte die für den Antragsgegner handelnde Gemeinde R. monatlich 834,17 DM (= 426,50 EUR) zuzüglich Heizkosten in Höhe von 30,-- DM (= 15,34 EUR). Nachdem sie den Antragsteller bereits durch Schreiben vom 12. Juli 2001 aufgefordert hatte, die Kosten seiner Unterkunft durch Untervermietung, Wohnungswechsel usw. zu senken, und ihm für den Fall, dass er dieser Aufforderung nicht bis zum 31. Dezember 2001 nachkomme, angekündigt hatte, von diesem Zeitpunkt an die Kosten der Unterkunft nur noch in der angemessenen Höhe zu berücksichtigen, beschränkte sie durch Bescheid vom 19. Dezember 2001 ab Januar 2002 die Übernahme der Mietkosten auf 259 EUR zuzüglich Heizkosten in Höhe von unverändert 15,34 EUR. Hiergegen suchte der Antragsteller am 24. Dezember 2001 bei Gericht um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach.

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Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Gemäß den §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO hat der Antragsteller sowohl die Eilbedürftigkeit der begehrten gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) als auch seine materielle Anspruchsberechtigung (Anordnungsanspruch) glaubhaft darzulegen.

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Gemessen an diesen Vorgaben hat der Antragsteller das Bestehen eines Anordnungsgrundes und damit die Eilbedürftigkeit der begehrten gerichtlichen Regelung nicht glaubhaft gemacht, soweit es um Leistungen für die Vergangenheit (hier: Januar 2002) geht. Denn mit der einstweiligen Anordnung kann regelmäßig nur eine vorläufige Entscheidung über einen aktuellen Bedarf des Hilfeempfängers getroffen werden. Soweit in der Vergangenheit liegende Zeiträume im Streit stehen, kommt insoweit grundsätzlich nur eine Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren in Betracht.

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Im Übrigen, also für die Zeit ab dem 1. Februar 2002 hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Zwar ist die Entscheidung der für den Antragsgegner handelnden Gemeinde R., im Falle des Antragstellers ab Januar 2002 nur noch die angemessenen Unterkunftskosten im Rahmen der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt zu übernehmen, dem Grunde nach nicht zu bestanden. Hinsichtlich der Höhe ist der Eilantrag aber insoweit erfolgreich, als der Antragsteller einen Anspruch auf Berücksichtigung einer Kaltmiete in Höhe von 300 EUR als angemessene Unterkunftskosten hat.

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§ 3 Abs. 1 Satz 1 der Regelsatzverordnung bestimmt, dass laufende Leistungen für die Unterkunft grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gewährt werden. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind aber die Aufwendungen, die den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf nur so lange anzuerkennen, als es dem Hilfeempfänger nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Dabei geht die Kammer in ständiger Rechtsprechung von einer Höchstdauer von sechs Monaten aus, für die übergangsweise eine Berücksichtigung der unangemessen hohen Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe erfolgen kann. Dieser Zeitraum war im Falle des Antragstellers Ende Dezember 2001 verstrichen, so dass die Entscheidung der Gemeinde R., zukünftig nur noch die angemessenen Unterkunftskosten des Antragstellers als Bedarf zu berücksichtigen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller in der Vergangenheit bereits mehrfach in Entscheidungen der 1. Kammer des erkennenden Gerichts (vgl. zuletzt: Beschl. v. 19. 7. 2001 - 1 B 654/01 -) auf die Unangemessenheit seiner Unterkunftskosten und auf seine Pflicht, diese zu senken, hingewiesen worden ist. Gründe, die hier ausnahmsweise über die Dauer von sechs Monaten hinaus die Übernahme der tatsächlichen Mietkosten rechtfertigen könnten, sind ebenfalls nicht gegeben. In diesem Zusammenhang weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass den Ausführungen des Antragstellers, es sei ihm nicht möglich gewesen, günstigeren Wohnraum anzumieten, nicht gefolgt werden kann. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 10. Januar 2002 nimmt die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

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Hinsichtlich der Höhe der im Rahmen des § 3 Abs. 1 Satz 2 Regelsatzverordnung zu

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übernehmenden Unterhaltskosten ist der Antragsgegner aber verpflichtet, als angemessene Miete nicht nur einen Betrag von 259 EUR, sondern in Höhe von 300 EUR zu berücksichtigen.

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Ausgangspunkt ist dabei, dass sich die Kammer - ebenso wie das Nds. Oberverwaltungsgericht - in ständiger Rechtsprechung bei der Bestimmung der Grenze der Angemessenheit von Unterkunftskosten grundsätzlich, also insbesondere in den Fällen, in denen - wie hier - kein Mietspiegel existiert, an der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) orientiert, weil diese regelmäßig einen verlässlichen Hinweis darauf bietet, in welcher Höhe ein Mietzins in einer bestimmten Gemeinde noch als angemessen angesehen werden kann. Soweit die Kammer allerdings in der Vergangenheit regelmäßig auf die äußerste rechte Spalte der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Tabelle zu § 8 WoGG abgestellt hat, wird hieran nicht mehr festgehalten. Die Kammer folgt insoweit der Rechtsprechung des 4. Senats des Nds. Oberverwaltungsgerichts (Beschl. v. 25. 10. 2001 - 4 MB 1798/01 -), wonach zur Ermittlung der Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft die konkreten Werte der Tabelle zu § 8 WoGG in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung heranzuziehen sind. Dies bedeutet im vorliegenden Fall für den alleinstehenden Antragsteller bei einer maßgeblichen Mietenstufe III und einer Bezugsfertigkeit seiner Wohnung ab dem 1. Januar 1992 (hier: 1. 4. 1994), dass die angemessenen Unterkunftskosten 300 EUR betragen.

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Ob darüber hinaus aber dem 4. Senat des Nds. Oberverwaltungsgerichts für alle Bereiche Niedersachsens auch darin zu folgen ist, dass die jeweiligen in der zum 1. Januar 2001 geänderten Tabelle aufgeführten Werte um einen einheitlichen Zuschlag von 10 % zu erhöhen sind, um die Unterkunftskosten sozialhilferechtlich als angemessen anzusehen (vgl. S. 8/9 des o. a. Beschlusses), erscheint der Kammer bei summarischer Prüfung zweifelhaft und bedarf in jedem Fall einer genaueren Prüfung - gegebenenfalls einschließlich einer Wohnungsmarktanalyse -, die einer Hauptsacheentscheidung vorbehalten werden muss.