Landgericht Hannover
Urt. v. 15.12.2010, Az.: 23 O 32/07

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
15.12.2010
Aktenzeichen
23 O 32/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 47895
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Rechtsstreit ist in Höhe eines Teilbetrages von 89.777,39 € in der Hauptsache erledigt.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 5.000.000 € nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszins, höchstens jedoch 10 % Zinsen, seit dem 1. Mai 2006 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen. Ausgenommen hiervon sind die durch die mündliche Verhandlung am 2. Dezember 2009 entstandenen besonderen außergerichtlichen Kosten. Diese Kosten werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 15.080.494,51 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin, früher firmierend als C.- Privatkunden AG & Co. KGaA, verlangt von der Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht Versicherungsleistungen aus der als „Valorenversicherung laufende Police Nr. 7509“ bezeichneten Versicherung, die die Beklagte für die H.- Transport GmbH und deren Tochtergesellschaften übernommen hat. Die Versicherung Nr. 7509 begann am 1. Dezember 2001. Die Klägerin gehörte seit Mai 2004 zu den Kunden von H.-.

Die Bedingungen der von der Beklagten gegebenen Versicherung beschreiben den „Gegenstand der Versicherung“ (Seite 2 der Versicherungsbedingungen) wie folgt:

„Hartgeld, Banknoten, … und sonstige Wertgegenstände … in Gewahrsam von H.- sowie im Gewahrsam von von H.- eingesetzten Subunternehmern, einerlei, ob die Sache Eigentum des Versicherungsnehmers oder Dritter ist während sämtlicher Transporte, Lagerungen, Bearbeitung und sonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommenen Tätigkeiten.

...“

Auf Seite 4 der Versicherungsbedingungen wird die Versicherung als „Transportversicherung“ bezeichnet. Ziffer 2. der Bedingungen umschreibt den „Umfang der Versicherung“ wie folgt:

„...

Gedeckt sind, ...:

2.1.1.1 jegliche Verluste und/oder Schäden gleichviel aus welcher Ursache einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch die Versicherungsnehmerin. Mitversichert sind Schäden verursacht durch einen früheren Angestellten der Versicherungsnehmerin, der Güter abholt und übernimmt und sich hierbei als Angestellter der Versicherungsnehmerin ausgibt, soweit H.- hierfür nach gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zu haften hat.

...

2.1.2 die gesetzliche Haftung von H.- gegenüber den Auftraggebern

2.1.3 die von H.- übernommene darüberhinausgehende vertragliche Haftung nach vorheriger ausdrücklicher Genehmigung durch den führenden Versicherer

...“

Abschnitt 3. der Versicherungsbedingungen befasst sich mit der „Dauer der Versicherung“ unter anderem wie folgt:

„...

3.1 Die Versicherung beginnt mit Übergabe der versicherten Güter an die Versicherungsnehmerin.

3.2 Die Versicherung endet, wenn die versicherten Güter bei der vom Auftraggeber vorher bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben wurden.

...“

Unter Ziffer 4. der Versicherungsbedingungen sind Versicherungshöchstsummen („Maximum“) bestimmt, unter anderem (4.1.9)

„während der Lagerungen und/oder während der Bearbeitung etc. im Gewahrsam der Versicherungsnehmerin entsprechend den mit dem führenden Versicherer abgestimmten Summen bis zu EUR 10 Millionen/ Betriebsstätte“

...“

Nach Abschnitt 10. („Gefahränderung“) durfte die Versicherungsnehmerin Gefahren erhöhen (10.1), hatte diese jedoch anzuzeigen (10.2).

Unter Ziffer 11. („Bestimmungen für den Versicherungsfall“) enthalten die Versicherungsbedingungen nähere Einzelheiten zur Schadenregulierung

„...

11.3 Schäden werden, unabhängig davon, wie der Regress ausgeht, spätestens 14 Tage nach Vorlage der erforderlichen Belege reguliert.

...

11.3.1 Schadenzahlungen können mit befreiender Wirkung nur direkt an den Auftraggeber der Versicherungsnehmerin für die vom Schaden betroffenen Transporte erfolgen. Das Aufrechnungsrecht des Versicherers gemäß § 35 b VVG ist insoweit ausgeschlossen.

Die Zahlung an die Auftraggeber erfolgt ohne Abzug gemäß Ziffer 2.2.4. Die Versicherer werden den vereinbarten Selbstbehalt von der Versicherungsnehmerin einziehen.

...“

Abschnitt 12. („Verschollenheit“) bestimmt den Umfang der Ersatzpflicht für verschollene oder angehaltene und zurückgehaltene Güter (wie Totalverlust) und definiert als Verschollenheit ("... Güter sind verschollen, wenn zum Zeitpunkt ihrer geplanten Ankunft 30 Tage verstrichen sind und keine Nachricht über ihren Verbleib bei der Versicherungsnehmerin eingegangen ist. ...“)

Im Abschnitt „Obliegenheiten“ (13.) sind unter anderem folgende Einzelregelungen getroffen:

„...

13.3 Hat die Versicherungsnehmerin eine Gefahrerhöhung nicht angezeigt, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei denn, die Verletzung der Anzeigepflicht beruhte nicht auf Vorsatz oder die Gefahrerhöhung hatte weder Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalles noch auf den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers.

13.4 Verstöße gegen Obliegenheiten, sonstige Rechtspflichten und Sicherheitsauflagen durch die Versicherungsnehmerin beeinträchtigen den Versicherungsschutz nicht. Diese Vereinbarung gilt ausschließlich zugunsten der jeweiligen Auftraggeber.

13.5 Der Versicherer behält sich das Recht vor, bei Schäden, verursacht durch grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz der Repräsentanten der Versicherungsnehmerin Regress gegen die Versicherungsnehmerin durchzuführen.

...“

Ziffer 15.3 der Versicherungsbedingungen nennt Einzelheiten zu den Mitversicherern der Beklagten für die Versicherung Nr. 7509. Der Beteiligungsanteil der Beklagten, die die führende Versicherung ist, beträgt 62,5 %. Neben der Versicherung Nr. 7509 besteht eine weitere Versicherung für Schäden oberhalb der Versicherungssummen der Versicherung Nr. 7509. An dieser weiteren Versicherung ist die Beklagte jedoch nicht beteiligt.

Abschnitt 16. der Versicherungsbedingungen benennt die M.- GmbH in Hamburg zum Abwickler für den gesamten Geschäftsverkehr.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Versicherungsbedingungen wird auf die Anlage K2 Bezug genommen.

Grundlage des Rechtsverhältnisses der Klägerin zur H.- Transport GmbH und ihrer Tochtergesellschaften ist der Rahmenvertrag vom 3. Mai 2004 (Anlage K1).

Nach dem Inhalt dieses Vertrages übernahm die H.- Transport GmbH für die Klägerin ab 1. Mai 2004 „... den bundesweiten Bargeldservice für die Bank und deren gesamtes Zweigstellennetz(es)" (§ 1 Nr. 1 Satz 1) nach Maßgabe eines Leistungsverzeichnisses (§ 1 Nrn. 3 und 4 - Anlage 1) „... wie die Transporte im Einzelnen durchzuführen sind. Abweichungen von den dortigen Festlegungen sind außer bei Gefahr im Verzuge nur im Einvernehmen mit der Bank zulässig. Bargeldver- und -entsorgungen mit Euronoten und Hartgeld, die Ver- und Entsorgungen der Zweigstellen der Bank mit Sorten und Valoren sowie der Transport von Bundesbankschecks werden ebenfalls im Leistungsverzeichnis geregelt. ...“).

In diesen Leistungsbeschreibungen ist die Versorgung der Geschäftsstellen der Klägerin mit Banknoten (Anlage 1 a) 1.) und Münzen (Anlage 1 a) 2.) unter anderem wie folgt umschrieben und festgelegt:

„...

Die Gesellschaft stellt der Bank für Transporte bundesweit spezialgepanzerte Fahrzeuge zur Verfügung, die mit mindestens zwei bewaffneten Mitarbeitern besetzt sind.

Am Vortrag der geplanten Auslieferung wird bis 10:45 Uhr der Gesellschaft eine Datei zur Verfügung gestellt, aus der hervorgeht, welche Zweigstellen am Folgetag beliefert werden müssen. Die entsprechenden Gegenwerte dieser Auslieferungen werden dem Bundesbankkonto der Gesellschaft bis 12:00 Uhr in einem Gesamtbetrag treuhänderisch zur Verfügung gestellt.

Die Gesellschaft verteilt das Geld intern an die ausliefernden Niederlassungen.

Das Geld der jeweiligen Niederlassung wird in gepanzerten Transportern in die Niederlassung verbracht, dort unter Videoaufzeichnung portioniert, in Safebags verpackt und versiegelt.

Am folgenden Arbeitstag werden diese Safebags in einem gepanzerten Fahrzeug mit zwei bewaffneten Mitarbeitern zur jeweiligen Zweigstelle gebracht. ...

Erst dann findet die Geldübergabe in einem separaten Raum der Zweigstelle statt. ... Nach Öffnen des Behältnisses wird das Safebag/die Safebags entnommen und an den Mitarbeiter der Bank übergeben. ...

...

Werden Unstimmigkeiten oder Beschädigungen festgestellt, sind diese im Beisein des Mitarbeiters der Gesellschaft zu protokollieren, der Inhalt ist sofort zu kontrollieren und zu zählen. ...

2.

...

Im Rahmen der Papiergeldversorgungen kann es auch zu Versorgungen mit Hartgeld kommen. ...

...

Werden Unstimmigkeiten oder Beschädigungen festgestellt, sind diese im Beisein des Mitarbeiters der Gesellschaft zu protokollieren, der Inhalt ist sofort zu kontrollieren. ...“

Die sogenannte Bargeldentsorgung ist in Teil b) der Anlage 1 zum Rahmenvertrag (Abschnitte 1. und 2.) unter anderem wie folgt beschrieben:

„...

Bei den im Leistungsverzeichnis Geldversorgung benannten Zweigstellenstopps kann es auch zu Entsorgungen von Papiergeld unserer Zweigstellen kommen.

Die von den Zweigstellen der Bank benötigten Safebags zur Papiergeldabgabe werden von der Gesellschaft verwaltet und an die Zweigstellen ausgeliefert.

Das Papiergeld wird von den Zweigstellen der Bank im 4-Augen-Prinzip sortiert. ... Der Einzahlbeleg der Gesellschaft ... komplett ausgefüllt ... und zusammen mit dem Geld in den Safebag gepackt und dann versiegelt. ... Das Safebag wird mit der Filialnummer und Datum versehen, ... Die Safebagnummern werden in den Beleg der Gesellschaft „Kontrolle Geldverkehr“ ... eingetragen.

Die Geldübergabe an den Fahrer findet in einem separaten Raum der Zweigstelle statt. Es folgt eine Prüfung der Safebags auf Anzahl und Beschädigung im Beisein des Mitarbeiters der Bank. Anschließend findet eine Quittungsleistung des Fahrers der Gesellschaft ... statt.

Die Safebags werden vom Fahrer dann in sein Plombenprotokoll ... eingetragen und die Angaben durch Mitarbeiter der Zweigstelle quittiert.

...

Der Fahrer der Gesellschaft liefert die Papiergeldentsorgung in der Niederlassung ab.

...

Bei den im Leistungsverzeichnis Geldversorgung benannten Zweigstellenstopps kann es auch zu Entsorgungen von Hartgeld unserer Zweigstellen kommen.

...

Der Fahrer der Gesellschaft liefert die Hartgeldentsorgung in der Niederlassung ab.“

Die Weiterbearbeitung von abgeholten Banknoten und Hartgeld ist im Teil c) der Anlage 1 zum Rahmenvertrag u.a. wie folgt umschrieben:

„...

Die im Leistungsverzeichnis Bargeldentsorgung aufgeführten Werte der Bank werden von der entsprechenden Dienststelle der Gesellschaft bearbeitet. Von der Gesellschaft ist sicherzustellen, dass der Lauf jedes Safebags jederzeit nachvollziehbar ist und dass eine Öffnung eines Safebags nur unter Videoüberwachung stattfindet, so dass im Falle einer Differenz jederzeit nachgewiesen werden kann, wo diese verursacht wurde. Die im Safebag befindlichen Gelder werden von den Mitarbeitern der Gesellschaft gezählt, das Auszählergebnis wird mit der Vorgabe der Bank verglichen. Falls keine Differenz festgestellt wurde, sind alle Auszählungen eines Tages bundesweit in einer Datei zu erfassen und an das Cashmanagement der Bank zu übermitteln. Die Datei muss folgende Information ... beinhalten:

- Zweigstellennummer

- Safebagnummer

- Datum der Abholung

- Vorgabebetrag

- Auszählbetrag

- Differenzbetrag

- Gesamtbetrag der Auszählung

Zeitgleich ist eine Prior1Überweisung in Höhe des Gesamtbetrages der Auszählung gem. der Datei zu Gunsten des Kontos der Bank zu veranlassen. Die Gegenwerte der Zweigstellenentsorgungen müssen spätestens am 2. Arbeitstag nach Übernahme auf dem Konto der Bank gutgeschrieben worden sein.

...“

§ 2 des Rahmenvertrages zwischen der Klägerin und H.- bestimmt für die Haftung von H.-:

„...

1. Die Gesellschaft haftet der Bank für Verlust, Vernichtung oder Beschädigung der ihr zur Beförderung übergebenen Sachen und Wertgegenstände während der für die Bank ausgeführten Transporte oder Verwahrungen ungeachtet der Ursache des Verlustes, der Vernichtung oder Beschädigung, ohne Rücksicht darauf ob der Schaden von der Gesellschaft oder von Personen, die in deren Diensten stehen oder standen, verschuldet oder verursacht sind, und ob die Gegenstände der Bank oder dritten Personen gehören.

Eine weitergehende Haftung wegen Nicht- oder Schlechterfüllung des Vertrages bleibt hierdurch unberührt.

2. Die Gesellschaft haftet der Bank je Schadensereignis bis zur Höhe von € 5 Mio. im Rahmen der bestehenden Versicherung. Die gesetzliche Haftung ist darüber hinaus nicht ausgeschlossen.

3. Die Haftung beginnt mit der Übergabe der Gegenstände an die Gesellschaft und endet nach der ordnungsgemäßen Übergabe der Gegenstände an die Bank, die Kunden oder die zum Empfang der Gegenstände Berechtigten. ...

...“

In § 2 (Nr. 7 Abs. 1) des Rahmenvertrages werden Ansprüche aus Versicherungen von H.- an die Klägerin abgetreten und die Versicherung angewiesen, bei Eintritt eines Schadensfalls Leistung nur an die Klägerin zu erbringen (Nr. 7 Abs. 4).

§ 5 Nr. 7 Abs. 1 des Rahmenvertrages verpflichtet H.- „... jederzeit zur vollständigen Absicherung der Haftung, die sich für sie aus diesem Transportvertrag ergibt, einen Versicherungsschutz zu unterhalten und diesen ... nachzuweisen.“

Absatz 2 von Ziffer 1 zu § 5 des Rahmenvertrages verweist dabei auf die Versicherung der Beklagten Nr. 7509. Nr. 3 von § 5 verpflichtet H.-, der Klägerin eine schriftliche Bestätigung durch den Versicherer oder den Versicherungsmakler beizubringen.

Dieser Nachweis ist bereits vor Abschluss des Rahmenvertrages, nämlich durch die Bestätigung der M.- GmbH von 12. März 2004 (Teil von Anlage K1), zuletzt wiederholend durch die Bestätigung vom 28. November 2005 (Anlage K3) jeweils „... namens und in Vollmacht der Versicherer …“ erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Inhalt des Dienstleistungsvertrages zwischen der Klägerin und der H.- Transport GmbH und wegen des Inhalts der Versicherungsbestätigungen der M.- GmbH wird auf die Anlagen K1 und K3 Bezug genommen.

Die Klägerin beklagt den Verlust von insgesamt 1.968.537,50 € Bargeld, das in ihren Filialen am 27. Januar, sowie 10., 16., 17. und 20. Februar 2006 abgeholt, von H.- jedoch auf ihrem, der Klägerin, Konto bei der Deutschen Bundesbank nicht eingezahlt worden sein soll. Abgeholt worden seien am 16., 17. und 20. Februar 2006 insgesamt 2.240.667,50 €, eingezahlt jedoch nur 282.330 €. Hinzu kämen nicht eingezahlte 10.000 € der Geldabholung am 27. Januar 2006 und 200 € der Geldabholung am 10. Februar 2006.

Daneben vermisst die Klägerin weitere 22.168.500 €, die von ihr am 16. und 17. Februar 2006 an H.- überwiesen, jedoch ihren, der Klägerin, Filialen nicht übergeben und ihr, der Klägerin, von H.- auch nicht zurückgezahlt worden seien.

Den behaupteten Wertverlusten im Zusammenhang mit der Bargeldversorgung liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

Am 16. Februar 2006 überwies die Klägerin an eine Tochtergesellschaft der H.- Transport GmbH, die N.- GmbH in Hamburg, auf deren Konto bei der Deutschen Bundesbank zur Bargeldversorgung der Filialen der Klägerin am 17. Februar 2006 65.000.000 €. Hiervon wurden 18.177.600 € am gleichen Tage an die Klägerin zurücküberwiesen. Von den an Filialen der Klägerin auszuliefern beauftragten weiteren 46.822.400 € seien jedoch nur 35.907.400 € ausgeliefert worden (Differenz: 10.915.000 €). Am 17. Februar 2006 überwies die Klägerin der N.- GmbH auf das gleiche Konto weitere 25.000.000 € zur Bargeldversorgung von Filialen der Klägerin am 20. Februar 2006, von denen nur 17.784.900 € für die Filialen gebraucht wurden. Ausgeliefert habe H.- hiervon jedoch nur 13.746.500 € (Differenz: 4.038.400 €). Der nicht benötigte restliche Spitzenbetrag (7.215.100 €) sei nicht mehr an sie, die Klägerin, zurücküberwiesen worden.

Die Klägerin hat von dem vermissten Geld später nur insgesamt 151.890,10 € zurückerhalten, davon vor Prozessbeginn 8.246,28 € und nach Rechtshängigkeit des vorliegenden Verfahrens weitere 143.643,82 €.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachvortrag der Klägerin insoweit wird auf die Klageschrift unter III. (Seiten 16 - 20) nebst den dazu vorgelegten Anlagen K5 bis K13 und auf die Seiten 39 - 43 des Schriftsatzes der Klägerin vom 30. August 2007 (Blatt 217 - 221 d.A.) nebst den Anlagen K40 - K42 Bezug genommen.

Im Anschluss an die erste mündliche Verhandlung in dieser Sache am 8. Oktober 2008 hat die Klägerin auf den Seiten 33 - 45 des Schriftsatzes vom 12. Januar 2009 (Band IV, Blatt 33 - 45 d.A.) die Wertverluste aus den Bargeldentsorgungen am 16. Februar 2006 (einem Donnerstag), dem 17. Februar 2006 (einem Freitag) und vom Montag, dem 20. Februar 2006, sowie aus den Bargeldversorgungen für den 17. Februar 2006 und den 20. Februar 2006 bezogen auf ihre einzelnen Filialen und die diesen Filialen jeweils zugeordneten regionalen Dienstleistungsstandorte und Betriebsstätten von H.- summenmäßig aufgegliedert. Im Schriftsatz vom 19. Oktober 2009 (Band V, Blatt 96 f d.A.) hat die Klägerin zu den Fragen Stellung genommen, die der Vorsitzende auf der Grundlage der Beratung der Kammer im Anschluss an die Stellungnahmen der Parteien nach der mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2008 der Klägerin gestellt hatte (Schreiben vom 06.03.2009, Band V, Blatt 77 f d.A.). Auch hierauf wird Bezug genommen.

Die Klägerin sieht die Ursache für die bei ihr aufgetretenen Verluste darin, dass die H.- Transport GmbH über einen lang andauernden Zeitraum kontinuierlich Geldmittel in großer Höhe aus den bei ihr alltäglich anfallenden und vorhanden gewesenen Geldströmen abgeleitet, zweckentfremdet und dies systematisch verschleiert habe. Am 15. Februar 2006 sei den Verantwortlichen bei H.- endgültig klar geworden, dass eine weitere Verschleierung dieses kriminellen Handelns nicht mehr möglich und der Zusammenbruch von H.- nicht mehr aufzuhalten sei. Zu Lasten der Großkunden von H.-, insbesondere auch der Bankkunden von H.- und darunter zu ihren, der Klägerin, Lasten seien daraufhin von H.- große Geldsummen verwendet worden, um zumindest einigen - kleineren - Handelsunternehmenskunden von H.- noch Finanzmittel zur Verfügung stellen zu können.

Mehrere leitende Verantwortliche von H.-, darunter der Inhaber des Unternehmens, sind in dem Verfahren 25 Kls 5413 Js 18030/06 StA Hannover am 23. Mai 2007 vom Landgericht Hildesheim unter anderem wegen Untreue auch zu Lasten der Klägerin zu langjährigen Freiheitsstrafen (Gesamtstrafen: 10 Jahre; 8 Jahre; 7 Jahre 6 Monate, 6 Jahre 6 Monate) verurteilt worden. Die Entscheidung ist ganz überwiegend rechtskräftig geworden (BGH, Beschluss vom 01.04.2008, 3 StR 494/07).

Am 20. Februar 2006 beantragte die H.- Transport GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Das Insolvenzverfahren wurde am 20. April 2006 eröffnet (906 IN 18406-7 - Amtsgericht Hannover).

Die Klägerin hat ihre Forderung gegen die H.- Transport GmbH zur Insolvenztabelle angemeldet. Die Forderung ist in Höhe von 24.137.037,50 € am 6. September 2006 zur Insolvenztabelle festgestellt worden (Anlage 2 a)).

Die Klägerin hat ihren Schaden bei der M.- GmbH am 22. Februar 2006 als Versicherungsschaden angemeldet (Anlage K15) und mit Schreiben vom 30. März 2006 (Anlage K17) Unterlagen zu dessen Konkretisierung vorgelegt. Die Klägerin hat die Beklagte bis zum 30. April 2006 zur Zahlung aufgefordert. Eine Zahlung der Beklagten erfolgte nicht. Die Beklagte hat ihre Leistungspflicht vielmehr durch anwaltliches Schreiben vom 28. November 2006 (Anlage K22) abgelehnt.

Am 8. Januar 2007 focht die Beklagte den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung an und erklärte zugleich den Rücktritt vom Vertrag. Am gleichen Tage unterrichtete die Beklagte die Klägerin über die Anfechtung und den Rücktritt (Anlage K24).

Unter dem 14. Februar 2007 hat der Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren H.- die Klägerin zur Geltendmachung der Ansprüche aus der Versicherung mit der Beklagten ermächtigt (Anlage K36).

Von ihrer Schadensersatzforderung macht die Klägerin gegen die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit entsprechend der Haftungsquote der Beklagten nur einen Anteil von 62,5 % geltend.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von noch 14.990.717,12 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2006 zu verurteilen.

In Höhe von 89.777,39 € (62,5 % aus 143.643,82 €) hat die Klägerin

den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Beklagte hat

der Erledigungserklärung nicht zugestimmt.

Sie beantragt vielmehr,

die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Beklagte zieht die Klagebefugnis der Klägerin für den geltend gemachten Versicherungsanspruch in Zweifel. Versicherungsansprüche stünden allein der H.- Transport GmbH, der Versicherungsnehmerin, zu.

Sie, die Beklagte, sei leistungsfrei, weil sie den Versicherungsvertrag mit H.- wegen arglistiger Täuschung angefochten, da die verantwortlichen Vertreter von H.- bei Abschluss des Versicherungsvertrages im Jahre 2001 eine bereits damals bestehende Insolvenzreife und einen Großschaden im Jahre 2001 verschwiegen hätten. Insbesondere sei sie, die Beklagte, von ihrer Versicherungsnehmerin nicht darüber unterrichtet worden, dass bereits seit Mitte der 90er Jahre bei H.- systematisch und andauernd Geld aus den alltäglichen Zahlungsverkehrs- und Geldbewegungsströmen abgezweigt und zweckwidrig verwendet worden sei. Wegen der großen, alltäglich umlaufenden Bargeldmengen bei H.- sei es jedoch dem Unternehmen gelungen, den Geldabfluss jedenfalls zunächst und über einen langen Zeitraum hinweg zu verschleiern.

Die von der Klägerin vorgebrachten Sachverhalte zu ihrem Geldverlust seien kein Versicherungsfall nach der Versicherung Nr. 7509, da der Versicherungsschutz des abgeholten Bargeldes mit der Einzahlung auf Konten von H.-, also durch die Umwandlung in Buchgeld, geendet habe. Auch für die von der Klägerin an H.- überwiesenen Geldbeträge zur Vorbereitung der Bargeldversorgung der Filialen bestehe kein Versicherungsschutz, da die Geldmittel zu keiner Zeit in Bargeld getauscht worden seien, was allein der Versicherung Nr. 7509 unterfalle. Die Versicherung Nr. 7509 sei eine reine Gütertransportversicherung. Vertraglich begründete Nichterfüllungsansprüche seien von der Versicherung nicht umfasst. Den Inhalt des Rahmenvertrages zwischen der Klägerin und H.- vom 3. Mai 2004 habe sie, die Beklagte, vor den Ereignissen im Februar 2006 nicht gekannt. Die Versicherung habe bereits zu laufen begonnen, bevor die Klägerin im Mai 2004 mit H.- den Dienstleistungsvertrag geschlossen habe.

Die Klägerin habe durch ihre Vereinbarungen mit H.- betreffend die Bereitstellung von Geldmitteln in der Form von Gutschriften auf Konten von H.- zur Umwandlung in Bargeld und anschließenden Verteilung an die Filialen und durch die Vereinbarung der Sammlung abgeholter Bargeldbestände auf Konten von H.- zur Überweisung auf ein Konto der Klägerin den ihr, der Klägerin, entstandenen Schaden selbst mit herbeigeführt, zumindest entscheidend schuldhaft mit verursacht.

Die Klägerin habe eine darin zu sehende Gefahrerhöhung weder ihr, der Beklagten, angezeigt noch ihr, der Klägerin, bekanntgewordene Unregelmäßigkeiten und Auffälligkeiten bei der Leistungserbringung von H.-, die das System der kontinuierlichen Zweckentfremdung von Geldmitteln für die Klägerin hätten erkennbar werden lassen müssen, ihr, der Versicherung, zur Kenntnis gebracht.

Abgesehen davon habe die Klägerin den ihr entstandenen Schaden weder ausreichend dargelegt noch belegt.

Die Beklagte beruft sich auf die Deckungsgrenze der von ihr gegebenen Versicherung und auf die Haftungshöchstgrenze von H.- gegenüber der Klägerin. Die systematische, kontinuierliche und langjährige Zweckentfremdung von Geldmitteln aus dem Bargeldkreislauf bei H.- sei als ein Schadenereignis unter der Versicherung Nr. 7509 anzusehen, das in Ansehung der Haftungshöchstgrenze allenfalls zu nur quotalen Beteiligung der Vertragskunden von H.- führe, da die Verluste die Deckungsgrenze bei weitem überstiegen. Weil das gesamte Ausmaß der Verluste noch nicht endgültig feststehe, sei die von der Klägerin geltend gemachte Versicherungsforderung zumindest derzeit noch nicht fällig.

Die Beklagte beruft sich auf die begrenzte Verzugszinspflicht für bisher etwa nicht erbrachte Versicherungsleistungen.

Die Klägerin bestreitet, zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 16. Februar 2006 Anlass gehabt zu haben, an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftstätigkeit von H.- Zweifel hegen zu können. Die Bargelddifferenz vom 27. Januar 2006 (10.000 €) beruhe darauf, dass seinerzeit beschädigtes Bargeld zur Aussortierung aus dem Bargeldkreislauf durch die Bundesbank abgeholt worden, der Aussonderungs- und Vernichtungsvorgang bei der Deutschen Bundesbank jedoch noch nicht administrativ abgeschlossen gewesen sei. Bei der Abrechnungsdifferenz von 200 € vom 10. Februar 2006 habe es sich um eine geringfügige Fehlmenge gehandelt, die bei den großen Volumina der alltäglichen Geldströme im zweistelligen Millionenbereich und beim Umfang des Geldverteilungssystems (über 300 Filialen im gesamten Bundesgebiet) immer wieder vorkommen könne. Für sie, die Klägerin, sei H.- bis zum 16. Februar 2006 als besonders verlässliches Geldtransportunternehmen erschienen. Nennenswerte Unstimmigkeiten habe es während der Vertragslaufzeit zu keiner Zeit gegeben. Beispielhaft ergebe sich dies aus den Geldversorgungsabrechnungen bezogen auf den 14. Januar 2005.

Die Beklagte hat die Richter der erkennenden Kammer für Handelssachen unmittelbar vor Beginn der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2009 wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (Sonderheft, Blatt 1 - 6) und dadurch die Vertagung der Verhandlung am 2. Dezember 2009 herbeigeführt. Die Ablehnung erfolgte, nachdem die früheren Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schriftsatz vom 25. November 2009 (Band VI, Blatt 4 d.A.) das Mandat für die Beklagte ohne Angabe von Gründen niedergelegt und der Vorsitzende der Kammer den Terminsverlegungsantrag der neuen Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Schriftsatz vom 26. November 2009 (Band VI, Blatt 5 a, 6 d.A.) nach Widerspruch der Klägerin (Schriftsatz vom 27.11.2009; Band VI, Blatt 14 - 16 d.A.) durch Verfügung vom 30. November 2009 (Band VI, Blatt 19 - 21 d.A.) abgelehnt und entschieden hatte, dass über den weiteren Terminsverlegungsantrag der Beklagten im Schriftsatz vom 1. Dezember 2009 (Band VI, Blatt 41 f d.A.), der nach fernmündlicher Anhörung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Vertagungsantrag zu werten sei, erst nach mündlicher Verhandlung am 2. Dezember 2009 Bestimmung getroffen werden solle. Daneben bezog sich die Beklagte als Grundlage für ihr Ablehnungsgesuch auf den Verlauf der mündlichen Verhandlung am 7. Oktober 2009 und von Teilen der Entscheidungsbegründung des Urteils der Kammer vom 18. November 2009 in der Rechtssache Sch.- GmbH & Co. KG gegen M.- Versicherung AG (23 O 81/08). Das Ablehnungsgesuch der Beklagten ist erfolglos geblieben und wurde auf Kosten der Beklagten durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 28. April 2010 (9 W 38/10; Sonderheft, Blatt 155 - 159) zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klägerin ist für die von ihr im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Versicherungsansprüche aktivlegitimiert. Das Zahlungsbegehren der Klägerin und damit ihre darauf gerichtete Klage ist jedoch nur teilweise begründet.

Zwar ist der Klägerin aus Straftaten leitender Verantwortlicher der H.- Transport GmbH und der Unternehmen der H.- Gruppe aus Bargeldentsorgungsvorgängen am 27. Januar sowie am 12., 16., 17. und 20. Februar 2006 und Bargeldversorgungsvorgängen für die Filialen der Klägerin in der Zeit zwischen dem 16. und 20. Februar 2006 ein niedrig zweistelliger Millionenschaden entstanden. Dieser Schaden beruht zumindest auch auf Sachverhalten, für die die Beklagte unter der Valorentransportversicherung Nr. 7509 das Risiko der Klägerin übernommen hat. Von diesem Risiko kann sich die Beklagte jedenfalls mit rechtlicher Wirkung gegenüber der Klägerin auch nicht durch Anfechtung ihrer auf den Abschluss des Versicherungsvertrages gerichteten Willenserklärung gegenüber H.- wegen arglistiger Täuschung durch leitende Verantwortliche der H.- Gruppe wieder befreien. Die Haftung der Beklagten ist jedoch begrenzt und zwar auf den Höchstbetrag, auf den die Klägerin die Haftung ihrer Vertragspartnerin - H.- - limitiert hat, auch wenn H.- sich der Klägerin gegenüber auf die vereinbarte Haftungsgrenze nicht berufen könnte.

Das Feststellungsbegehren der Klägerin wegen der teilweisen Erledigung der Hauptsache ist begründet, weil sich der Ersatzanspruch der Klägerin teilweise durch Repartition von asservierten individualisierbaren Rechtsvermögenswerten bei H.- verringert hat. Die Beklagte hat durch ihre verweigerte Zustimmung zur Erledigungserklärung der Klägerin jedoch zum Ausdruck gebracht, sich davon nichts auf ihr Haftungslimit anrechnen lassen zu wollen.

Hinsichtlich der Höhe des Verzugszinsanspruches muss sich die Klägerin als Versicherte einer Versicherung auf fremde Rechnung mit dem zufriedengeben, was nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages von der Beklagten beansprucht werden kann.

A.

I.

Die Klägerin ist zur Geltendmachung ihrer Versicherungsansprüche aus der Valorentransportversicherung Nr. 7509 unmittelbar gegen die Beklagte berechtigt.

Die Versicherung ist als Versicherung auf fremde Rechnung im Sinne von § 74 Abs. 1 VVG a.F. anzusehen. Das ergibt sich bereits daraus, dass nach Ziffer 11.3.1 der Versicherungsbedingungen Schadensersatzzahlungen für die von Schäden betroffenen Werttransporte der Versicherungsnehmerin der Beklagten mit befreiender Wirkung nur direkt an die Auftraggeber der Versicherungsnehmerin erfolgen konnten. Das bei der Versicherung auf fremde Rechnung durch § 75 Abs. 2 VVG a.F. begrenzte Recht des Versicherten, ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers über seine Rechte im Regelfall nicht selbständig verfügen und sie gerichtlich nicht geltend machen zu können, ist im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich, weil von einer Zustimmung der Versicherungsnehmerin auszugehen ist. Sie ist bereits darin zu sehen, dass nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 des Rahmenvertrages vom 3. Mai 2004 (Anlage K1) die Versicherungsnehmerin der Beklagten ihre Versicherungsansprüche an die Klägerin abgetreten hat. Zusätzlich hat der Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren H.- die Klägerin unter dem 14. Februar 2007 zur Geltendmachung der Ansprüche aus der Versicherung ermächtigt (Anlage K36).

II.

Die Klägerin ist als Versicherte der Versicherung der Beklagten Nr. 7509 berechtigt, von der Beklagten im Umfang ihrer Beteiligungsquote an der Versicherung Nr. 7509 (62,5 %) Versicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen, weil die Versicherungsnehmerin der Beklagten von der Klägerin am 16., 17. und 20. Februar 2006 insgesamt 1.958.337,50 € (1.968.357,50 € - 10.000 € - 200 €) Bargeld zum Zwecke des Transports, der Auszählung und der anschließenden Überweisung des Bargeldes auf das Konto der Klägerin bei der Deutschen Bundesbank erhalten, das Geld jedoch nicht gemäß den Bestimmungen des Rahmenvertrages vom 3. Mai 2004 (Anlage K2) in Verbindung mit dem Leistungsverzeichnis behandelt hat und der Klägerin das Geld in der Folgezeit nur teilweise, nämlich in Höhe von insgesamt 151.890,10 € wieder zugeflossen ist.

Die Versicherungsnehmerin der Beklagten hat ihr übergebene Güter (Ziffer 3.1 der Versicherung Nr. 7509) nicht bei der ihr von ihrem Auftraggeber, der Klägerin, vorher bezeichneten Stelle einer von der Klägerin autorisierten Person zurückgegeben (Ziffer 3.2 der Versicherung).

Die Versicherung der Beklagten bezieht sich nach Ziffer 2.1.1 der Versicherungsbedingungen auf jegliche Verluste, gleich aus welcher Ursache, einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch die Versicherungsnehmerin der Beklagten selbst. Die Beklagte kann Pflichtverletzungen ihrer Versicherungsnehmerin gegenüber ihr selbst oder gegenüber der Klägerin - auch vorsätzliche oder grob fahrlässige - nach Ziffer 13.4 Satz 2 der Versicherungsbedingungen gegenüber der Klägerin nicht einwenden.

III.

Die Klägerin hat einem Unternehmen der Versicherungsnehmerin der Beklagten, der vom Versicherungsvertrag ebenfalls umfassten N.- GmbH, am 16. Februar 2006 65.000.000 € auf dem vertragsgemäß vereinbarten Konto bei der Deutschen Bundesbank treuhänderisch und ausschließlich zum Zwecke der Bargeldversorgung der Filialen der Klägerin im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland am 17. Februar 2006 durch Aufteilung, Verteilung, Bargeldtausch, Bargeldtransport und Bargeldübergabe der Werteäquivalente zur Verfügung gestellt. Hiervon gab die N.- GmbH der Klägerin 18.177.600 € zurück und lieferte nur 35.907.400 € an Filialen der Klägerin aus. 10.915.000 € für weitere 40 Filialen lieferte H.- weder am 17. Februar 2006 noch später aus und gab sie der Klägerin auch nicht zurück.

Es kann dahinstehen, ob schon die treuhänderische Bereitstellung von Geldmitteln bei der Versicherungsnehmerin der Beklagten allein zum Zwecke des Umtausches dieser Geldmittel in Bargeld, also zum Umtausch in Banknoten und Münzgeld, und ausschließlich zum anschließenden Transport und zur Ablieferung als Bargeld bei vorher von der Klägerin bestimmten Empfangsstellen dem Wortlaut des Policentextes nach als Übergabe von Gütern im Sinne von Ziffer 3.1 der Versicherung Nr. 7509, die nach Ziffer 3.2 einer von der Klägerin bestimmten autorisierten Person zurückgegeben werden mussten, angesehen werden kann.

Jedenfalls ist bei vernünftiger kaufmännischer Betrachtung (§ 114 GVG) das Massengeschäft der Bargeldversorgung großer Filialunternehmen realistischerweise zumindest heute nicht mehr als rein physischer Geldtransport zu organisieren. Dies muss der Beklagten als Handelsunternehmen und als Fachversicherung für Transporte bei Abschluss der Versicherung Nr. 7509 mit einem reinen Geldtransport- und Geldlogistikdienstleister bekannt gewesen oder kann ihr nur durch mangelnde Sorgfalt bei der Vertragsvorbereitung verborgen geblieben sein. Solche Unwissenheit ist jedoch so fernliegend und wirklichkeitsfremd, dass die Beklagte bei der mit ihrem Wissen und ihrer Billigung verantwortlich in den Rechtsverkehr gebrachten Versicherungsbestätigung durch die M.- GmbH, die Versicherung Nr. 7509 umfasse "… Transporte und Lagerungen von Hartgeld und/oder Banknoten … für die nach kaufmännischen Grundsätzen und/oder aufgrund eines besonderen Auftrags Versicherungsschutz von H.- zu besorgen ist …", den dadurch erzeugten Rechtsschein und das auf diese Weise in Anspruch genommene Vertrauen in ihre Expertise nur dann nicht enttäuschte, wenn sie zugleich mit der Übermittlung der Versicherungsbestätigung deren Adressaten den vollständigen Text der Versicherungspolice Nr. 7509 auszuhändigte und außerdem die am Rechtsverkehr Beteiligten unmissverständlich darauf hinwies, dass jede Organisation des Bargeldversorgungsgeschäftes mit H.- jenseits individualisierter physischer Bargeldbewegungen zumindest unter der Versicherung Nr. 7509 unversichert sei und dies, obwohl die Versicherung auch den Fall der Haftung für schädigendes Handeln der Unternehmensleitung von H.- umfassen sollte.

IV.

Da die Haftungssumme der Beklagten gegenüber der Klägerin unter der Versicherung Nr. 7509 für die Geldentsorgungen am 16., 17. und 20. Februar 2006 (1.958.337,50 € - 151.890,10 € = 1.806.447,40 €; 62,5 % von 1.806,447,40 € = 1.129.029,63 €) und der Geldversorgung am 16. Februar 2006 für den 17. Februar 2006 (62,5 % von 10.915.000 €= 6.821.875 €) bereits höher ist als die Haftungshöchstgrenze von 5.000.000 € je Versicherungsfall nach § 2 Nr. 2 Satz 1 des Rahmenvertrages vom 3. Mai 2004, kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, ob der Haftungsanspruch der Klägerin auch nur dem Grunde nach zumindest auch für die Geldentsorgungen am 27. Januar 2006 (62,5 % von 10.000 € = 6.250 €) und am 10. Februar 2006 (62,5 % von 200 € = 125 €) sowie für die Geldversorgung am 17. Februar 2006 für den 20. Februar 2006 (nicht ausgeliefertes Bargeld: 62,5 % von 4.038.400 € = 2.524.000 €; nicht zurückgezahltes Treuhandgeld: 62,5 % von 7.215.100 € = 4.509.437,50 €) besteht. Denn mehr als höchstens 5.000.000 € Versicherungsleistung kann die Klägerin von der Beklagten insgesamt nicht beanspruchen.

Der Versicherungsfall für den Anspruch der Klägerin ist nämlich darin zu sehen, dass die bei H.- über Jahre hinweg praktizierte, durch kriminelle, zweckwidrige Verwendung entstandene Deckungslücke, die nur wegen der enormen täglichen Geldbewegungsvolumina jahrelang verschleiert werden konnte, erst ab dem 16. Februar 2006 eskalierend zutage trat, nachdem die Täter, wie die Klägerin selbst vorträgt und was sich auch aus dem Strafurteil des Landgerichts Hildesheim vom 23. Mai 2007 ergibt, an diesem Tage erkannt hatten, dass die Offenbarung ihrer Taten nicht mehr aufzuhalten sei und damit der Zusammenbruch der H.- Gruppe nicht mehr abzuwenden war. Erst durch diese Einsicht der Täter in das Unvermeidliche verlagerte sich die zunächst bei H.- verdeckt vorhandene Finanzlücke auf die individualisierbare Ebene der einzelnen Kunden von H.- und konkretisierte und manifestierte sich letztendlich dort, darunter auch bei der Klägerin. Dies erst führte unmittelbar zu den konkreten Verlusten der Klägerin und begründete ihren Schaden und dadurch den - einen - Versicherungsfall. Dass sich der Schaden wegen des großen Filialnetzes der Klägerin abrechnungstechnisch in viele Einzelposten aufteilt und auf viele Einzelstandorte verteilt, ist für die rechtliche Beurteilung des Ereignisses in seiner Gesamtheit im Kern nicht entscheidend.

Die von der Klägerin mit H.- vereinbarte Haftungsgrenze kann die Beklagte der Klägerin entgegenhalten, obwohl H.- sich gegenüber der Klägerin hierauf nicht berufen könnte, weil der Schaden der Klägerin von H.- vorsätzlich zugefügt worden ist, was im Regelfall jeder Haftungsbegrenzung für einen Täter die rechtlich belastbare Basis entzieht. Dieser Grundsatz trägt jedoch nicht im Verhältnis der Beklagten zur Klägerin. Denn die Klägerin ist mit keinem Sachvortrag dafür hervorgetreten, die Beklagte habe durch kolusives Zusammenwirken mit ihrer Versicherungsnehmerin deren Handeln mit zu verantworten. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich.

Klägerin und Beklagte sind vielmehr gleichermaßen Opfer strafbarer Handlungen Dritter. Genauso wie sich die Beklagte dem unter Verkehrsschutzgesichtspunkten vernünftigerweise verstehbaren Inhalt und Umfang ihres Versicherungsversprechens angesichts der außergewöhnlichen tatsächlichen Ereignisse und der für Außenstehende unvorhersehbaren kriminellen Machenschaften und Methoden der Verantwortlichen von H.- nicht von aller Verantwortung freimachen kann, ihr Vertrauen vielmehr dort suchen muss, wo sie es gelassen hat, muss auch die Klägerin sich damit abfinden, dass zu ihrem Nachteil berücksichtigt wird, dass sie ihren gesamten physischen Bargeldumlauf über längere Zeit einem Unternehmen überlassen hat, mit dem sie vertraglich eine Haftungsgrenze vereinbart hatte, die in keinem auch nur annähernd angemessen Verhältnis zum tatsächlichen Volumen der täglichen Geldbewegungen gestanden hat. Das an sich Unvorstellbare ist trotzdem eingetreten: für die Beklagte, aber auch für die Klägerin.

B.

Das Recht der Klägerin, von der Beklagten Versicherungsleistungen aus der Versicherung Nr. 7509 zu beanspruchen, ist nicht durch die Anfechtungserklärungen der Beklagten vom 8. Januar 2007 gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin erloschen (§ 142 Abs. 1 BGB).

I.

Dass die Klägerin die Tatsachen kannte oder kennen musste (§ 142 Abs. 2 BGB), auf die die Beklagte ihre Anfechtung wegen arglistiger Täuschung stützt, ist nicht erkennbar.

Die auf den Abschluss der Versicherung Nr. 7509 gerichtete Willenserklärung der Beklagten ist gegen Ende des Jahres 2001 abgegeben worden. Zu dieser Zeit hatte die Klägerin ihren Rahmenvertrag mit H.- noch nicht geschlossen. Die Beklagte hat auch nicht aufgezeigt, woraus sich ergibt, dass die Klägerin von systematischen, zweckwidrigen Verwendungen von Geldmitteln bei H.- sowie von den finanziellen Engpässen bei und einer Insolvenzreife des Unternehmens im Jahre 2004 Kenntnis gehabt hat. Die vor Abschluss des Rahmenvertrages von der Klägerin eingeholte Wirtschaftsauskunft vom 18. November 2003 (Anlage K47) lässt keine Auffälligkeiten erkennen, aus denen sich für die Klägerin Zweifel an der Seriosität und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von H.- ergeben mussten.

II.

Ob die Anfechtungserklärung der Beklagten vom 8. Januar 2007 wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB; § 22 VVG a.F.) durch ihre Versicherungsnehmerin noch rechtzeitig, nämlich innerhalb der Jahresfrist (§ 124 Abs. 1 BGB) erfolgt ist, bedarf im vorliegenden Rechtsstreit keiner Entscheidung. Gleiches gilt hinsichtlich einer Feststellung, ob die von der Beklagten vorgetragenen Tatsachen als ausreichende Anfechtungsgründe zu werten sind.

Von beidem kann zugunsten der Beklagten ausgegangen werden.

III.

Selbst eine durchgreifende Anfechtungserklärung der Beklagten gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin wegen arglistiger Täuschung wirkt sich jedoch nicht zu Lasten der Klägerin als Versicherter einer Versicherung auf fremde Rechnung (§ 74 Abs. 1 VVG a.F.) aus (§ 123 Abs. 2 Satz 2 BGB), weil weder erkennbar noch vorgetragen ist, dass die Klägerin die Tatsachen kannte oder kennen musste, die die Beklagte zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gegenüber H.-, also ihrer Versicherungsnehmerin, berechtigten.

1. Die Versicherung Nr. 7509 ist als Versicherung auf fremde Rechnung zu qualifizieren. Durch sie wurden den bei Abschluss der Versicherung vorhandenen, während des Laufs der Versicherung verbleibenden und den später noch hinzukommenden jeweiligen Kunden der verschiedenen Unternehmen von H.-, soweit die Versicherung der Beklagten auf sie erstreckt war oder worden ist, Versicherungsschutz gewährt für die Interessen, deren Risiken die Versicherung deckt (§ 75 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.).

Dass die Versicherten bei Abschluss des Versicherungsvertrages noch nicht sämtlichst und abschließend einzeln feststanden, sondern wechseln konnten, ist immanenter Inhalt der Versicherung Nr. 7509. Diese Versicherung wurde - auch für die Beklagte erkennbar - für ein werbend tätiges und aktiv am Geschäftsverkehr teilnehmendes lebendes Unternehmen mit erkennbar wechselndem Kundenbestand gegeben. Versichert sein sollte der, der bei versicherten Unternehmen der H.-gruppe Kunde war, werden sollte und blieb. Diese Kunden sollten mit Aufnahme der Geschäftsbeziehungen zu versicherten Unternehmen der H.- Gruppe von dem Sicherungsschirm der Versicherung Nr. 7509 umfasst sein.

Mit der Aufnahme der Geschäftsbeziehung zu H.- erlangten die Kunden den Status als Versicherte der Beklagten unter der Versicherung 7509 und erwarben unmittelbar eigene Rechte gegen die Beklagte aus der Versicherung für die versicherten Interessen, soweit sie versichert sein sollten, also durch Inhalt und Reichweite der Versicherung Nr. 7509 der Beklagten umfasst waren.

Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin erfüllt. Dass dies der Klägerin bereits vor Abschluss des Rahmenvertrages am 3. Mai 2004 durch die von der M.- GmbH für die Beklagte abgegebene Bestätigung vom 12. März 2004 deutlich gemacht und zuletzt am 28. November 2005 noch einmal wiederholt worden ist, lässt vernünftige Zweifel nicht aufkommen.

2. Nach § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB ist die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gegenüber einem Dritten, der durch einen Vertrag ein eigenes Recht unmittelbar erworben hat, nur wirksam, wenn dieser die tatsächlichen Umstände selbst kannte oder kennen musste, die den anfechtenden Vertragspartner zur Anfechtung berechtigen.

Dafür gibt es mit Blick auf die Klägerin keine erkennbaren tatsächlichen Anhaltspunkte. Die Beklagte hat solche auch nicht aufgezeigt. Die Beklagte hat auch nicht behauptet, dass die Klägerin derartige Tatsachen kannte, als sie ihren Rahmenvertrag vom 3. Mai 2004 mit H.- schloss.

3. Die allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzes über das Recht der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, seine Voraussetzungen und seine Reichweite, werden durch das Versicherungsrecht, speziell das für die Versicherung auf fremde Rechnung, nur teilweise abweichend, jedoch nicht umfassend und anders geregelt als es im allgemeinen Zivilrecht der Fall ist.

a.) Lediglich der in § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB normierte Sachverhalt, wonach es für die Anfechtungsberechtigung wegen arglistiger Täuschung in vertraglichen Dreiecksverhältnissen nur auf das dolose Handeln desjenigen ankommen soll, demgegenüber die Anfechtung zu erklären ist, findet in § 79 Abs. 1 VVG a.F. bei der Versicherung auf fremde Rechnung eine ergänzende, den Schutz des Getäuschten erweiternde Sonderregelung, nämlich dahin, dass - auch - Täuschungen durch einen Dritten den Versicherungsgeber zur Anfechtung berechtigen können.

b.) Für die umgekehrte, in § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB enthaltene Konfliktwertungslage - die Unwissenheit des mit eigenen Rechten ausgestatteten und am Vertragsverhältnis mit eigenen Rechten beteiligten Dritten - ergibt sich aus diesem Befund nichts.

Die spezialgesetzliche Ergänzung des Wertungskonzepts von § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB durch § 79 Abs. 1 VVG a.F. bei der Versicherung für fremde Rechnung gerade ohne ausdrückliche sondergesetzliche Normierung auch des in der Grund- und Konfliktwertung gegenläufigen Normprogramms aus § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB spricht allein schon auf der systematischen Ebene und zudem nach dem Wortlaut der Gesetze gegen die - stillschweigende - Einbeziehung der in § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB normierten Sachverhalte, die dem Schutz des redlichen Drittberechtigten dienen, in den Interessenschutz des Versicherungsgebers nach § 79 Abs. 1 VVG a.F..

Hätte der Gesetzgeber dies in Kenntnis der unterschiedlichen Konfliktlage so werten oder eine andere Wertung neu justieren wollen, wäre bei der Neufassung des Versicherungsvertragsrechts durch das Gesetz vom 23. November 2007 dazu Anlass und Gelegenheit gewesen. Da dies auch aus Anlass der gesetzlichen Neuregelung jedoch nicht geschehen ist (§ 47 VVG n.F.), besteht jedenfalls jetzt keine Grundlage - mehr - anzunehmen, dass die Gesetzeslage immer schon anders gewertet oder zumindest ab Inkrafttreten des neuen Gesetzes anders als zuvor bestimmt werden sollte.

c.) Gegen die uneingeschränkte Geltung von § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB auch im Versicherungsrecht der Versicherung für fremde Rechnung spricht auch nicht, dass das vormalige - und neue - Versicherungsrecht für - hier nicht gegebene - besondere Arten von Versicherungen (Pflichthaftpflichtversicherung und Feuerversicherung) die Wertungsentscheidung des § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB bei jenen Versicherungen ausdrücklich für anwendbar erklärt (§§ 158 i und 102 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F.).

Aus der Bekräftigung einer gesetzlichen Wertungsentscheidung für einen bestimmten Sonderfall ergibt sich - im Umkehrschluss - nicht, dass das geltende allgemeine Recht für bestimmte weitere Fälle ausgeschlossen ist, obwohl und wenn eine ausdrückliche spezialgesetzliche Regelung (in § 79 Abs. 1 VVG a.F.) erfolgt ist, die jedoch die allgemeine Regelung gerade nicht voll erfasst, sondern nur einen Teilkomplex abweichend/ergänzend betrifft.

d.) Das durch § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB fundierte Normprogramm wird auch nicht durch den in § 334 BGB niedergelegten Grundsatz außer Kraft gesetzt, wonach der Schuldner eines Vertrages auch einem Dritten gegenüber, dem er eine Vertragsleistung versprochen hat, die Einwendungen entgegenhalten kann, die er seinem unmittelbaren Vertragspartner entgegenhalten könnte. Die Norm setzt vielmehr für ihre Anwendung das Entstehen des Schuldverhältnisses und seinen Bestand schon voraus und erhält dem Schuldner die Einwendungen gegenüber seinem weiteren/neuen Vertragspartner. Demgegenüber befasst sich § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB mit dem Vertrauensschutz des redlichen - weiteren - Vertragspartners des erklärenden Schuldners, der zum Selbstschutz gegenüber Täuschungen seinen vertragsbegründenden Willenserklärungen ihre Bindungswirkung durch Anfechtung wieder nehmen kann.

e.) Das Versicherungsvertragsgesetz ist für das Recht der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auch nicht als abschließende, andere Normen des bürgerlichen Rechts ausschließende Gesamtkodifikation anzusehen. § 22 VVG a.F. enthält für das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung kein eigenständiges, isoliert und abschließend regelndes Normprogramm. Die Vorschrift verweist vielmehr für die Voraussetzungen und Folgen einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auf das allgemeine materielle Recht, soweit keine spezialgesetzlichen Sonderregelungen erfolgen, was für die Versicherung auf fremde Rechnung durch § 79 Abs. 1 VVG a.F. allerdings nur teilweise, nämlich nur für den dort geregelten Sachverhalt, im übrigen aber nicht geschehen ist.

f.) Die Anwendung des § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB auf eine Versicherung für fremde Rechnung scheitert auch nicht am Fehlen einer eigenen geschützten Rechtsposition des Versicherten, also daran, dass der Versicherte in dieser Versicherung ein eigenes Recht nicht unmittelbar erwirbt.

Vielmehr bestimmt § 75 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. ausdrücklich, dass die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten zustehen. Dass der Versicherte einzelne Rechte aus dem Vertrag (zum Beispiel: Aushändigung des Versicherungsscheins; gerichtliche Geltendmachung; § 75 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 zweiter Halbsatz VVG a.F.) nicht, zumindest nicht ohne weiteres (§ 75 Abs. 2 erster Halbsatz VVG a.F.) verlangen, über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag also nicht verfügen kann, vielmehr Verfügungen des Versicherungsnehmers sogar hinnehmen muss (§ 76 Abs. 1 VVG a.F.), spricht nicht gegen, sondern eher für die Anwendung des § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB gerade auch bei der Versicherung auf fremde Rechnung. Denn die genannten Regelungen zeigen lediglich, dass auch der Versicherer bei der Versicherung auf fremde Rechnung Schutz verdient und von Gesetzes wegen auch genießt.

Die Ausfüllung dieses Schutzprogramms und die Gewichtung der dabei berührten Interessen hat allerdings der Gesetzgeber selbst vorgenommen. Es ist deshalb nicht die Aufgabe der Rechtsprechung, das differenzierte Wertungskonzept des Gesetzgebers durch grundwertungswidersprechende, erweiternde Normanwendung abzuändern. Der Schutz redlicher Vertragsbeteiligter und der Schutz des Rechts- und Geschäftsverkehrs sind neben dem Schutz der freien Willensbetätigung ebenfalls hohe Rechtsgüter, deren Verwirklichung im Einzelfall gleichgewichtige Aufgabe der Rechtsprechung ist. Die Rechtsgüter verdienen gleichermaßen Respekt und erfordern eine behutsame Abwägung bei der Rechtsanwendung.

Für eine erweiternde, allgemeine Normen (§ 123 Abs. 2 Satz 2 BGB) außer Kraft setzende Analogie zu § 79 Abs. 1 VVG a.F. fehlt damit schon die gesetzliche Grundlage.

IV.

Ob diese Entscheidungslage unabweisbar dazu zwingt, in jedem Fall einer Versicherung auf fremde Rechnung § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB für anwendbar anzusehen, kann allerdings letztlich hier dahinstehen, denn jedenfalls muss dies gelten, wenn - ergänzend - nach dem Inhalt eines Versicherungsvertrages und seiner konkreten tatsächlichen Umsetzung folgende tatsächliche Umstände hinzutreten:

-Nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages sollen die Versicherten, durch einen generellen Einwendungsverzicht, der allerdings das Anfechtungsrecht nicht ausdrücklich erwähnt, besonders geschützt werden (Ziffern 13.4 und 13.5 der Versicherung der Beklagten);

-der Versicherungsgeber hat dies durch eine ausdrücklich für ihn erklärte Versicherungsbestätigung - sei es auch durch einen Vertreter - zum Ausdruck gebracht;

-dem Versicherungsgeber war bekannt oder musste doch erkennbar sein, dass das Bestehen und der Bestand der Versicherung für die Versicherten wegen der Art des Geschäftsbetriebes des Versicherungsnehmers unbedingte Voraussetzung für die Begründung einer rechtsgeschäftlichen Beziehung zum Versicherungsnehmer sein sollte und war;

-die Versicherung umfasst nach ihrem Inhalt auch eine solche gegen den Versicherungsnehmer selbst, sollte also auch dessen nicht nur illoyales (Ziffern 13.3, 13.4, 13.5 der Versicherung der Beklagten), sondern auch und sogar dessen strafbares Handeln umfassen (Ziffer 2.1.1.1 der Versicherung der Beklagten);

-dem Versicherten kann ein Vorwurf an der Mitwirkung der Täuschung des Versicherungsgebers weder bei dessen auf den Abschluss der Versicherung gerichteten Willenserklärung noch bei Beginn des Versicherungsschutzes für den Versicherten, insbesondere bei der Entgegennahme einer Versicherungsbestätigung, gemacht werden (§ 123 Abs. 2 Satz 2 BGB).

V.

Gegen die Rechtsauffassung der Kammer spricht nicht, dass die Klägerin als Versicherte einer Versicherung auf fremde Rechnung nicht bereits mit Abschluss des Rahmenvertrages vom 3. Mai 2004 begünstigte Versicherte der Police Nr. 7509 wurde, sondern dies punktuell und temporär immer nur dann, wenn die Vertragspartnerin der Klägerin, gleichzeitig die Versicherungsnehmerin der von der Beklagten gegebenen Versicherung, also H.-, versicherte Güter von der Klägerin übernahm und/oder von der Versicherung der Beklagten umfasste Leistungen erbrachte.

Denn es muss unterschieden werden zwischen dem revolvierenden, mittelbaren Versicherungsschutz jedes Kunden eines Unternehmens, das für Schadensfälle aus seiner unternehmerischen Betätigung eine Versicherung abgeschlossen hat und den eigenen und eigenständigen Sicherungs- und Schutzrechten des Versicherten in den Fällen einer Versicherung auf fremde Rechnung. Bei einer solchen Versicherung beginnt der Versicherungsschutz für die Versicherten bereits mit seiner ersten Einbeziehung in die abgeschlossene Versicherung. Jede andere Beurteilung ist allein vom Ergebnis her bestimmt. Spätestens mit der erstmaligen Übermittlung der Versicherungsbestätigung der M.- GmbH gegenüber der Klägerin, „... namens und in Vollmacht der Beklagten ...“ wurde die Klägerin Versicherte der Valorentransportversicherung Nr. 7509.

Es ist auch nicht überzeugend, dass der Status der Klägerin als Versicherte der Versicherung Nr. 7509 erst dann entstehen soll, wenn sich ein Versicherungsfall unter Beeinträchtigung von Vermögenswerten bzw. Vermögensinteressen der Klägerin ereignete. Dass Versicherungsschutz sachlich und zeitlich erst dann entsteht, wenn ein Versicherungsfall eintritt (eingetreten ist), ist von einer am Ergebnis orientierten Argumentation getragen. Eine nicht nur die Sicht der Beklagten einnehmende, sondern auch die Rechte und Interessen der Versicherten angemessen berücksichtigende Betrachtung kann diesem Standpunkt nicht beitreten.

Am Regelungskontext von § 123 Abs. 2 (Sätze 1 und 2) BGB völlig vorbei geht die Überlegung, der in § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB geschützte Dritte müsse an dem Rechtsverhältnis gänzlich unbeteiligt sein, auf das die Willenserklärung bezogen ist, deren rechtliche Verbindlichkeit durch die Anfechtungserklärung beseitigt werden soll. Wie ein „Dritter“ an einem Rechtsverhältnis zwischen anderen Rechtssubjekten einerseits eigene Rechte erwerben können, jedoch gleichzeitig an dem Rechtsverhältnis völlig unbeteiligt sein soll, sagt selbst die Beklagte nicht. Ein solcher Standpunkt wäre auch in sich widersprüchlich.

VI.

Der Standpunkt der Beklagten, den gesetzlichen Konfliktentscheidungsgrundsatz aus § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB im Versicherungsrecht generell und in den Fällen der Versicherung auf fremde Rechnung speziell für unanwendbar anzusehen und ihn durch das Normprogramm des § 79 Abs. 1 VVG a.F. allgemein zu ersetzen, stärkt im Ergebnis den Schutz des Versicherers vor Angriffen gegen seine Selbstbestimmung, mit wem er Verträge schließen und welche Risiken er übernehmen und tragen will. Dieses Interesse einer Versicherung ist nachvollziehbar und legitim. Es kollidiert jedoch mit dem ebenso nachvollziehbaren und ebenso legitimen Interesse des Rechtsverkehrs, wenn durch eine Versicherung auch und - beispielsweise in der Valorentransportversicherung - praktisch ausschließlich Wert- und Sacherhaltungsinteressen Dritter Gegenstand der Versicherung sind, wenn und weil fremde Güter im arbeitsteilig organisierten Wirtschaftsverkehr vorübergehend unvermeidbar demjenigen überlassen werden, der - deshalb - eine Versicherung abschließt. In solchen Dreiecksverhältnissen ist ein auf bilaterale Rechtsbeziehungen zugeschnittenes Rechtsnormenprogramm wie das Recht der Willenserklärung für den Verkehrsschutz nicht ausreichend, weil es die rechtlichen Interessen des betroffenen Dritten ohne wertende Differenzierungsmöglichkeit, strukturell bedingt, ausschließt, nämlich unabhängig davon anzuwenden ist, ob die Drittinteressen Schutz verdienen oder nicht.

Diese konzeptionelle Resistenz des freiheitssichernden Willenserklärungsrechts für die berechtigten Belange des Rechtsverkehres hat der Gesetzgeber von Beginn an, also seit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches, gesehen und deshalb im Recht der Willenserklärung selbst - dort in § 123 BGB - verankert. Diese gesetzgeberische Grundentscheidung verdient auch nach mehr als 110 Jahren seit ihrem Inkrafttreten immer noch Respekt. Ein Sonderrecht für Versicherungen kann es daneben nur dann und insoweit geben, als und soweit der Gesetzgeber den Schutz des Versicherers gegenüber dem Schutz des Versicherten für vorrangig ansieht.

Denn zwischen Versichererschutz auf der einen und Versicherungsschutz auf der anderen Seite besteht ein natürlicher, fundamentaler Interessenwiderstreit. Eine Versicherung, welches weitgehende Risiko sie auch immer abzudecken erscheinen mag, ist nichts wert, wenn der Versicherer sich von seinem Leistungsversprechen im Fall der Fälle einseitig lösen darf. Ebenso selbstverständlich ist es aber auch, dass eine Versicherung nicht zu ihrem Wort stehen muss, wenn sie zu ihrem Versicherungsversprechen durch absichtliche Verschleierung der zu versichernden Risiken bestimmt worden ist. Vor allem braucht eine solche Versicherung dem nichts zu leisten, der ihrem Versicherungsversprechen nicht vertraut, sondern sie getäuscht und dadurch über den Tisch zu ziehen versucht hat.

Das prägt aber nur die eine Seite des versicherungsrechtlichen Vertrauensverhältnisses. Ihm gegenüber liegt die andere Seite des redlichen (Geschäfts-)Verkehrs, wenn und solange dieser auf den Bestand des Versicherungsverhältnisses vertraut hat und wenn und falls er dieses Vertrauen rechtfertigt, es also verdient. In solchen Fällen muss dem Schutz des redlichen (Geschäfts-)Verkehrs gleichberechtigtes Gewicht gegenüber dem Vertrauensfrustrierungsschutz der Versicherung zuerkannt werden, so dass beide Interessen im Konfliktfall in eine praktisch Konkordanz gebracht, also gegeneinander abgewogen werden müssen und nicht bereits im - strukturellen - Ansatz des rechtsdogmatischen Konzepts in ein Vorrang-/Nachrangverhältnis gebracht werden dürfen.

Ein solcher Abwägungsfall ist bei Versicherung auf fremde Rechnung anzunehmen, wenn und weil hier nicht nur - auch für die Versicherung erkennbar - fremde Interessen Gegenstand der Versicherung sind, sondern darüber hinaus - ebenso für die Versicherung deutlich - unter Bezug auf sie ein Geschäft betrieben wird und die Versicherung es dabei zulässt, dass ihr Versicherungsnehmer mit der Versicherung und unter Bezug auf sie am Rechtsverkehr vertrauenswerbend teilnimmt.

Diese Vorausetzungen liegen im Fall der Beklagten bei ihrer Versicherung Nr. 7509 für die H.- Gruppe vor.

Es überzeugt auch nicht, anzunehmen, bei einer Versicherung auf fremde Rechnung stünden Versicherungsnehmer und Versicherter stets „im selben Lager“. Diese Erwägung trägt bei der Versicherung Nr. 7509 schon deshalb nicht, weil es sich hierbei um eine solche auch gegen den Versicherungsnehmer selbst handelt. Die Versicherung Nr. 7509 schützt die Versicherten nicht nur gegen Angriffe „von außen“, also gegen ihre Interessen und damit gleichzeitig auch gegen die Interessen der Versicherungsnehmerin (H.-), sondern auch und zusätzlich gegen Angriffe „von innen“, also solchen vom Versicherungsnehmer (H.-) gegen die Versicherten.

VII.

Bei der Beklagten kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass ihre Versicherung Nr. 7509 durch die Einbeziehung einer großen Anzahl von Versicherten eines vormals in seiner Branche marktstarken und zuletzt marktbeherrschenden Unternehmens sowie durch die ausdrückliche, mit ihrem, der Beklagten, Wissen und Wollen und auch in ihrem Namen verlautbarten Bestätigung über den Inhalt und das Bestehen der Versicherung eine erhebliche Verkehrsgeltung erreicht hat. Es trifft zwar zu, dass mit der Versicherung der Beklagten für H.- nicht die gesamte geschäftliche Betätigung von H.- gegen sämtliche wirtschaftlich nachteiligen Folgen für die Kunden versichert worden ist. Andererseits kann selbst die Beklagte nicht in Abrede nehmen, dass die von ihr gegebene Versicherung mehr als nur schadenstiftende Angriffe gegen H.- und damit gegen die H.- anvertrauten Vermögenswerte Dritter (der Versicherten) umfasst hat. Mit der Versicherung Nr. 7509 hat die Beklagte wirtschaftliche Interessen der Versicherten auch gegen Angriffe durch H.- versichert. Die Beklagte hat darüber hinaus alles dies nicht nur als stilles Risiko gehalten, sondern den Inhalt, den Gegenstand und die Reichweite der Versicherung auch gegenüber den Versicherten verlautbaren und in Ihrem, der Beklagten, Namen bestätigen lassen. Dass es sich dann in den Fällen der Inanspruchnahme (Haftung) aus diesem so in den Verkehr gebrachten Versicherungsprodukt nicht quasi von selbst versteht, zum Schutz des Produzenten dieses Versicherungsproduktes dem Versicherungsversprechen die risikoabschirmende Wirkung bereits im Ansatz und vor allem rückwirkend zu nehmen, muss die Beklagte bei objektiv neutraler Bewertung der außerordentlich prekären Abwägungslage hinzunehmen.

VIII.

Die erkennende Kammer sieht sich aus den genannten Gründen unverändert nicht in der Lage, die aufgeworfene Rechtsfrage so zu beurteilen wie der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle in seiner als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung (beispielhaft hier: Urteil vom 10.06.2010; 8 U 76/09). Dies gilt auch, nachdem der Senat durch Urteil vom 22. September 2008 (8 U 55/09) das auch in dieser Frage anderslautende Urteil der erkennenden Kammer für Handelssachen vom 28. Januar 2008 (23 O 103/07) rechtskräftig und auch das Urteil der erkennenden Kammer vom 22. April 2009 (23 O 98/07) durch die Entscheidung vom 1. Juli 2010 (8 U 97/09) abgeändert hat. In dieser Sache ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (IV ZR 166/10). Das Urteil der Kammer vom 18. November 2009 (23 O 81/08) ist ebenfalls mit der Berufung zum Oberlandesgericht Celle angefochten (8 U 241/09), aber bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in dieser Sache noch nicht verhandelt worden. Es ist allerdings zu erwarten, dass das Rechtsmittelgericht die Entscheidung der Kammer wie bisher auch in anderen Sachen ändern wird.

Da die erkennende Kammer in der Rechtsprechung des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle anders als dieser auch eine Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 1.Alternative ZPO) sieht und der Entscheidung der Rechtssachen im H.- Komplex, zu denen auch das vorliegende Verfahren gehört, grundlegende Bedeutung (§ 543 Abs.2 Nr. 1 ZPO) beimisst, kann sie auch vor einer Entscheidung des Revisionsgerichts (§§ 545 Abs. 1, 546 ZPO) zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ihre bisherige Spruchpraxis nicht ändern.

Obwohl sich - auch - der vorliegende Rechtsstreit wegen mehrerer beim Bundesgerichtshof schon anhängiger Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gegen Entscheidungen des Oberlandesgerichts Celle zum H.- Komplex für eine Verfahrensaussetzung (§ 148 ZPO) geradezu anbietet, ist der Kammer dieser Weg für einen behutsamen Umgang mit den Ressourcen der Rechtsprechung und den wohlverstandenen Interessen der Parteien verschlossen, weil die Kammer weiß, dass nach der Rechtsprechung des 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle (beispielsweise Beschluss vom 1. Dezember 2009; 8 W 75/09) Rechtsmittel gegen Aussetzungsentscheidungen in H.- Sachen für begründet angesehen werden. Ein Konsens der Parteien zu einer Verfahrensaussetzung des vorliegenden Verfahren war schon deshalb nicht zu erreichen, weil die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 3. November 2010 ihr bereits in den Schriftsätzen vom 3. Dezember 2009 (Band VI, Blatt 55 - 58) und 15. März 2010 (Band VI, Blatt 59 f d.A.) zum Ausdruck gebrachtes dringliches Interesse an einer Verfahrensbeschleunigung noch einmal unterstrichen hat.

C.

Durch den Rahmenvertrag vom 3. Mai 2004 wurde die Klägerin als Versicherte (für fremde Rechnung) in den Schutzbereich der Valorentransportversicherung Nr. 7509 zwischen der Beklagten und H.- einbezogen. Die Beklagte hat die Existenz der Versicherung, ihren Inhalt und ihren Bestand gegenüber der Klägerin - durch die M.- GmbH - ausdrücklich bestätigt.

I.

Sowohl nach dem Inhalt des Rahmenvertrages (dort § 5 Nr. 1) als auch nach dem Inhalt der Versicherung Nr. 7509 (dort vor allem beim „Gegenstand der Versicherung“ sowie nach den Ziffern 2.1.1.1, 2.1.2, 3.1, 3.2, 13.4) besteht ein direkter tatsächlicher und rechtlicher Zusammenhang zwischen - einerseits - dem von der Beklagten gewährten Versicherungsschutz und - andererseits - der geschäftlichen Betätigung der Unternehmen der H.- Gruppe für und gegenüber von deren Kunden. Nur wenn und weil die geschäftliche Betätigung von H.- Rechte und Interessen der Kunden berührte und ihre Vermögenswerte betraf, gewährte die Beklagte Versicherungsschutz und zwar sowohl zur Abschirmung und Entlastung von H.- von bestimmten Risiken bei der Geschäftsausübung als auch zugleich gegenüber den Kunden von H.- aus und wegen der geschäftlichen Betätigung.

Zwar hat die Beklagte damit nicht vorbehaltlos die Ordnungsmäßigkeit der gesamten geschäftlichen Betätigung von H.- gegenüber deren Kunden gegen sämtliche Risiken des Geschäftsbetriebs versicherungsrechtlich abgedeckt. Der Inhalt und die Reichweite des Versicherungsversprechens der Beklagten bleibt nicht nur Grund, sondern auch Grenze der Versicherungsschutzpflicht. Das bedeutet aber nicht, dass dieser Grund und diese Grenze isoliert und losgelöst von dem verstanden werden können, was, wem und vor allem wie sich H.- gegenüber den jeweiligen Kunden vertraglich verpflichtet hat. Dies vor allem wegen der besonderen Art des Gutes, dessen Transfer der praktisch ausschließliche Gegenstand der Dienstleistung von H.- für die Kunden darstellte, nämlich Geld. Die Unternehmen der H.- Gruppe waren, wie der Beklagten aufgrund ihrer seit 1990 bestehenden Geschäftsbeziehung zu H.- ernstlich nicht verborgen geblieben sein kann, sehr viel mehr als reine Frachtführer für das Transportgut „Geld“. Neben dem physischen Transport von Bargeld zwischen einzelnen Betriebsstätten betrieb H.- das die Wertinteressen der Kunden wahren und sichern sollende Geschäft des Bargeldtransfers. Weil es für Sachversicherungen keinen Typenzwang für einen bestimmten Inhalt des Versicherungsschutzes gibt, muss dieser durch Auslegung aus dem konkreten Kontext der tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen heraus bestimmt werden.

II.

In diesem Zusammenhang kommt dem Inhalt der Versicherungsbestätigungen der Beklagten gegenüber den Kunden von H.- eine besondere Bedeutung zu.

Denn durch diese Versicherungsbestätigungen, für die Klägerin zuletzt die vom 28. November 2005 (Teil der Anlage K1), die durch die M.- GmbH ausdrücklich „... namens und in Vollmacht ...“ auch der Beklagten als führendem Versicherer der Versicherung Nr. 7509 erteilt worden sind, wurde zum einen klar und - auch für die Beklagte - unmißverstehbar zum Ausdruck gebracht, dass die Versicherung nicht nur eine rein interne, zwischen der Beklagten und H.- abgeschlossene Rückabsicherungsversicherung (auf fremde Rechnung) sein sollte, sondern dass die Versicherten, die Kunden, eigene Rechte und Interessen hatten und dies auch von der Beklagten bestätigt erhalten sollten und wollten und zwar bei der Versicherung Nr. 7509 ausdrücklich als einer solchen „... für die nach kaufmännischen Grundsätzen und/oder aufgrund eines besonderen Auftrags Versicherungsschutz von H.- zu besorgen ist ...“. Dass ein solcher Versicherungsschutz von der Beklagten nur dann gewährt werde, wenn dies ergänzend und ausdrücklich von der Beklagten vorher genehmigt wird, ist in der Versicherungsbestätigung nicht, schon gar nicht in einer für einen objektiv wertenden, neutralen Erklärungsempfänger der Versicherungsbestätigung erkennbaren Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht.

III.

Ein von der Versicherung der Beklagten Nr. 7509 umfasster Versicherungsfall ist zum Nachteil der Klägerin eingetreten.

Die von der Klägerin mit Geldtransportleistungen beauftragte Versicherungsnehmerin der Beklagten, die H.- Transport GmbH, hat am 16., 17. und 20. Februar 2006 in Safebags verschlossenes Bargeld in Filialen der Klägerin übergeben erhalten und in den Geschäftsräumen verschiedener regionaler Betriebsstellen von H.- ausgezählt. Anschließend wurde das ausgezählte Bargeld nicht entsprechend der Weisung der Klägerin dort und mit der Verwendungszweckbestimmung abgegeben und bereitgestellt, wo und wie es die Klägerin von ihrer Auftraggeberin zuvor verlangt und mit ihr vertraglich vereinbart hatte.

Die betroffenen einzelnen Filialen der Klägerin sowie die jeweiligen regionalen Transport- und Geldauszählstandorte von H.- ergeben sich aus den Übersichten, die die Klägerin im Schriftsatz vom 12. Januar 2009 auf den Seiten 33 - 39 (Band IV, Blatt 33 - 39 d.A.) vorgetragen hat.

1. Gegenstand der Versicherung der Beklagten Nr. 7509 ist Geld in Form von Hartgeld und Banknoten, wenn und soweit es H.- übergeben und von ihr in Gewahrsam genommen worden ist (Gegenstand der Versicherung; Seite 2 der Versicherungspolice).

Dass dies auch am 16., 17. und 20. Februar 2006 der Fall war, hat die Beklagte im Grundsatz nicht in Zweifel gezogen. Das ergibt sich auch daraus, dass sie selbst vorträgt, dass nahezu sämtliches bei der Klägerin durch H.- abgeholte Bargeld von H.- auch bei der (den Filialen der) Deutschen Bundesbank eingezahlt worden ist.

2. Auch die weitere Bearbeitung - das Auszählen - des Geldes einschließlich des sich nachfolgend anschließenden Bargeldtransports durch H.- zu den Filialen der Deutschen Bundesbank ist in den Versicherungsschutz der Versicherung der Beklagten einbezogen. Denn neben dem Bargeldtransport sollten auch „... sonstige vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommene Tätigkeiten ...“ von der Versicherung umfasst sein.

Damit enthält bereits die Beschreibung des Gegenstands der Versicherung auf Seite 2 der Versicherungspolice einen Bezug auf die Dienstleistungsverträge, die H.- mit seinen Kunden abgeschlossen hatte. Denn nur daraus konnten sich - auch für die Beklagte erkennbar - die „sonstigen vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommenen Tätigkeiten“ von H.- ergeben.

Dies - wie es die Beklagte gleichwohl tut - bereits im Grundsatz in Abrede zu nehmen, widerspricht schon dem Text der Versicherungspolice Nr. 7509, deren Inhalt die Beklagte sich aber entgegenhalten lassen muss und zwar so, wie er sich für einen durchschnittlichen, objektiv urteilenden redlichen Versicherungsnehmer und - da die Versicherung (für die Beklagte erkennbar) als eine solche für fremde Rechnung abgeschlossen ist - auch für den Kreis der Versicherten ergibt. Ein Bezug auf vertraglich übernommene Tätigkeiten ohne Vertrag ist undenkbar. Jedes andere Verständnis, mag es die Beklagte auch jetzt bevorzugen, ist für einen objektiv urteilenden Dritten nicht nachvollziehbar.

Die gegenständliche Bestimmung der Reichweite der Versicherung der Beklagten auch "… sonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommenen Tätigkeiten" (Vorbemerkung Seite 2 der Versicherungsbedingungen) ist auch nicht dadurch eingeschränkt, dass die "... von H.- übernommene darüber hinausgehende vertragliche Haftung ..." nach Ziffer 2.1.3 der Versicherungsbedingungen der vorherigen ausdrücklichen - hier nicht eingeholten und deshalb auch nicht erteilten - Genehmigung durch die Beklagte bedurfte. Die stetige Betonung der Beklagten, nur der Gegenstand der Versicherung sei für deren Reichweite allein maßgebend, offenbart in diesem Zusammenhang die immanente Widersprüchlichkeit des Policentextes. Selbst nach strengsten Maßstäben kann dies nicht dazu führen, der Beklagten auch noch insoweit die Entbindung von ihrem Versicherungsversprechen zu erlauben, nachdem ein auch aus Sicht der Beklagten unvorstellbares kriminelles Handeln in der Leitungsebene von H.- Schäden in zuvor undenkbarem Ausmaß verursacht hat.

Jedenfalls für den vertragsgemäßen Bargeldtransport und die vertragsgemäße Bargeldbearbeitung enthält die Umschreibung des Gegenstands der Versicherung keinen einschränkenden Bezug oder gar einen Verweis auf Ziffer 2.1.3 der Versicherungsbedingungen der Police Nr. 7509, wonach eine von H.- vertraglich übernommene weitergehende Haftung nur nach vorheriger ausdrücklicher Genehmigung der Beklagten versichert werden konnte. Dies wäre aber aus Gründen der Klarheit und Eindeutigkeit des Policentextes erforderlich gewesen, um der weiten Fassung der Eingangsbeschreibung des Versicherungsgegenstands die überaus bedeutsame Einschränkung aus Ziffer 2.1.3 des Vertragstextes beilegen und für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer/ Versicherten erkennbar und nachvollziehbar machen zu können.

Aus dem Umstand, dass nach dem eigenen Sachvortrag der Beklagten von der großen Zahl der Kunden von H.- kein einziger Kunde eine Genehmigung der Beklagten nach Ziffer 2.1.3 der Versicherungsbedingungen für notwendig erachtet und eingeholt hat, ergibt sich sinnfällig, wie wenig klar und eindeutig die Textinterpretation der Beklagten im kaufmännischen Geschäftsverkehr in Erscheinung getreten ist.

3. Am 16., 17. und 20. Februar 2006 hat H.- bei den Filialen der Klägerin in Safebags verpacktes Bargeld abgeholt und nach Auszählung nicht so der Klägerin wieder bereitgestellt, wie dies nach dem Rahmenvertrag vom 3. Mai 2004 zwischen der Klägerin und H.- erforderlich war.

a) Dies aber war nicht nur die vertragliche Pflicht von H.-, sondern bestimmte auch zugleich den Zeitpunkt für das Ende des von der Beklagten unter der Versicherung Nr. 7509 gegebenen Versicherungsschutzes (Ziffer 3.2 der Versicherung). Denn danach musste das abgeholte und transportierte Bargeld weisungsgemäß bei der vom Versicherten, den Kunden von H.-, vorher bezeichneten Stelle dort seiner, des Kunden, Vertrauensperson übergeben werden.

b) Nach dem Inhalt des Vertrages vom 3. Mai 2004 in Verbindung mit dem Leistungsverzeichnis Abschnitte b) und c) hatte H.- bei den Filialen der Klägerin Bargeld (in Safebags) abzuholen, das in den Safebags enthaltene Geld auszuzählen, über das Auszählergebnis Rechnung zu legen und sodann mit dem Bargeld so zu verfahren, dass der Gegenwert des Bargeldes dem Konto der Klägerin durch eine zeitgleich zu veranlassende Prior1 Überweisung in Höhe des Gesamtbetrages der Auszählung am zweiten Arbeitstag nach Übernahme gutgeschrieben wurde.

aa) Der Rahmenvertrag zwischen der Klägerin und H.- enthält damit eine exakte sachliche und zeitliche Bestimmung darüber, wie H.- mit dem ausgezählten Bargeld aus den Filialen der Klägerin zu verfahren hatte, um die Dienstleistungspflichten gegenüber der Klägerin vollständig zu erfüllen. Das Bargeld war solange vorzuhalten und auf die Klägerin individualisiert zu verwahren, bis ein - bargeldloser - Geldtransfer von H.- zugunsten der Klägerin durch H.- ausgelöst war. Bis dahin blieb das abgeholte und verpackte Bargeld aus den Filialen der Klägerin für H.- fremdes Geld, wobei die rechtliche Zuordnung des Bargeldes zur Klägerin unter der auflösenden Bedingung stand, dass eine betragskongruente Prior1 Überweisung durch H.- veranlasst war.

Da die Klägerin als Bank über ein eigenes Konto bei der Deutschen Bundesbank verfügte, war das mit H.- vereinbarte Verfahren auch praktisch ohne weiteres umsetzbar. Es wurde im Leistungsverzeichnis sachgerecht und vollständig umschrieben. Ein Wille der Klägerin, auf ihr Eigentum an ihrem Bargeld schon zu einem Zeitpunkt zu verzichten, bevor H.- die Anweisung zugunsten der Klägerin tatsächlich bewirkt hatte, lässt sich nicht erkennen.

Durch den Ersatz der Verpflichtung zur physischen Rückgabe des Bargeldes der Klägerin an diese im Wege der Bestimmung einer zeitgleichen Anweisung des Geldwertes auf ein Konto der Klägerin bei der Deutschen Bundesbank kann auch nicht unterstellt werden, die Klägerin habe auf den Schutz ihres Eigentums unter der Versicherung der Beklagten dadurch verzichten wollen, dass sie mit einer Formumwandlung des Bargeldrückgabeanspruches an H.- in eine Buchgeldforderung gegen H.- einverstanden war. Durch die Verwendung des Begriffs "zeitgleich" im Leistungsverzeichnis Teil c) für den Anweisungszeitpunkt ist vielmehr sowohl klar als auch eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass von der Klägerin mit H.- gerade kein Wechsel des Anspruchsinhalts vereinbart worden ist, ohne dass die Rechtsbedingung eintrat, dass die Anweisung des Gegenwertes zugunsten der Klägerin tatsächlich auch erfolgt war.

Dies - und nur dies - bestimmt den Inhalt der mit H.- vereinbarten transportrechtlichen Weisung der Klägerin. Jedes andere Verständnis verfälscht demgegenüber den Inhalt für das sich aus ihm angeblich abzuleitende Beurteilungsergebnis.

bb) Auch aus der Verwendung des Begriffs "Überweisung" im Leistungsverzeichnis für die Weiterbearbeitung der Bargeldentsorgungsvorgänge durch H.- ergibt sich kein anderes Verständnis des Inhalts der transportrechtlichen Weisung der Klägerin.

Zwar hat die Beklagte Recht, wenn sie ausführt, die Begriffsverwendung deute auf einen unbaren - giralen - Zahlungsverkehrsvorgang hin, der nicht von physischen Güterbewegungen, sondern vom elektronischen Datenaustausch von Konto zu Konto geprägt sei. Die Bestimmung einer vertragsgemäß zugelassenen Ersatzübergabeform zwischen Absender/Empfänger und Frachtführer verändert jedoch nicht den Inhalt des Transportvertrages und damit dessen Kardinalpflichten, sondern nur die tatsächlichen Erscheinungsmerkmale, wie die Pflichten vertragsgemäß auszuführen waren und erfüllt werden mussten. Wenn bei einem Transportgegenstand - wie es bei Geld der Fall ist - seine Umwandlung ohne Beeinträchtigung des Sach- und Wertinteresses möglich ist, so kann aus der Verwendung begrifflicher Bezeichnungen für die vertragsgemäß mögliche Umwandlung nicht entnommen werden, dass der konkrete Transportauftrag in seinem allein bestimmenden Wesenskern verändert, schon gar nicht, dass dies dem Willen und/oder der offenbarten Weisung des Transportauftraggebers entsprochen hat.

c) Die Weisung des Transportauftraggebers für die Behandlung/Ablieferung des Transportgutes hat nicht nur im Transportrecht zentrale Bedeutung für den Inhalt des Transportauftrages (§ 407 Abs. 1 HGB), sondern daneben auch für die Haftung des Transportauftragnehmers (§ 425 Abs. 1 HGB).

Die Weisung des Auftraggebers bestimmt auch die zeitliche und sachliche Reichweite des Versicherungsschutzes der Beklagten nach der Versicherung Nr. 7509.

Der Policentext (3.2) bezieht sich explizit auf die Weisung des Auftraggebers. Wie anders als durch dessen einseitige Erklärung oder durch Vereinbarung im Transportvertrag diese Weisung materialisiert, rechtlich begründet und verbindlich werden konnte, kann die Beklagte trotz aller interpretativen Bemühungen dazu der Kammer nicht nachvollziehbar machen.

Schon nach dem bloßen Text der Versicherungspolice der Versicherung der Beklagten, erst recht aber nach jedem vernünftigen Verständnis eines redlichen, objektiv urteilenden Versicherungsnehmers und auch eines Versicherten in der Versicherung auf fremde Rechnung, springt der Bezug auf den jeweiligen Transportvertrag sofort ins Auge.

Das konnte der Beklagten nicht verborgen bleiben. Hätte sie es anderes gewollt, hätte sie dies ausdrücklich zum Ausdruck bringen müssen, um nicht dem Einwand ausgesetzt werden zu können, ihre Vertragspartner, wozu auch die Versicherten, also auch die Klägerin gehörten, auch nur versehentlich in die Irre geführt zu haben.

d) Dass und gegebenenfalls ob überhaupt das Bargeld der Klägerin durch H.- bei der Deutschen Bundesbank zu irgendwessen Gunsten übergeben wurde, ist schon aus Rechtsgründen unerheblich. Der Transportauftrag der Klägerin wurde allein dadurch nicht erfüllt. Nur aus ihm ergibt sich aber, wann der Versicherungsschutz der Beklagten nach Ziffer 3.2 der Versicherung Nr. 7509 endete.

e) Bei der bestehenden Sach- und Rechtslage ist es nicht entscheidend, ob sich Verantwortliche von H.- gegenüber der Klägerin durch weisungswidrige Unterlassung der Einzahlung von Bargeld der Klägerin strafbar gemacht haben und wie diese Taten rechtlich zu qualifizieren sind.

Es spricht allerdings viel dafür, die abredewidrige Verwendung von fremdem Bargeld zu eigenen oder anderen Gunsten durch verantwortliche Leiter eines Werttransportunternehmens als qualifizierte Unterschlagung (§ 246 Absätze 1 und 2 StGB) einzuordnen.

4. Die Versicherung Nr. 7509 der Beklagten ist danach nicht nur eine reine Transportversicherung, sondern als eine Wertinteressen sichernde Valorenversicherung anzusehen, mögen diese Werte auch gegenständlich beschränkt sein. Für den Inhalt und die Reichweite einer solchen Versicherung besteht kein, schon gar kein gesetzlicher Typen- oder Vertragsinhaltszwang.

a) Das bedeutet, dass eine so bezeichnete Versicherung auch risikoabschirmende Elemente enthalten kann, die über das reine Sacherhaltungsinteresse des versicherten Eigentümers des transportierten Gutes hinausgehen und nicht nur Schutz vor den typischen Transportrisiken bieten kann, die bei und während des Transports bis zu seinem Abschluss auftreten können. Obwohl eine solche Versicherung im Regelfall keine Geld- und Geldwertversicherung ist (BGH-Beschluss vom 21.11.2007; IV ZR 70/07; IV ZR 48/07), sondern nur gegen Transportgefahren sichert, für die in erster Linie kennzeichnend ist, dass die Transportsache während ihrer Beförderung fremder und wechselnder Obhut überlassen werden muss und dadurch einer erhöhten Gefahr des (Sach-)Zugriffs ausgesetzt ist, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 7. Mai 2003 (IV ZR 239/02) ausgesprochen, dass der von ihm bestimmte Inhalt der Transportversicherung, das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers des transportierten Gutes, die Einbeziehung weiterer Interessen in die Versicherung nicht ausschließt. Die Parteien eines Versicherungsvertrages seien in der Gestaltung ihres Versicherungsverhältnisses frei. Es unterliege ihrer Entscheidung, welches und wessen Interesse Gegenstand der Versicherung sein solle. Die Typisierung eines Versicherungsvertrages besage - für den Inhalt des Rechtsverhältnisses der Parteien des Versicherungsvertrages zueinander - noch nicht, dass die Ausgestaltung im einzelnen nicht auch Elemente anderer Vertragstypen enthalten könnten. Es stehe im Vertragsabschlusswillen der Parteien, bei der Ausgestaltung des Versicherungsvertrages im einzelnen neben dem Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers weitere Interessen zu versichern, wobei dies im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln sei.

Diese grundlegende Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in seinen beiden Entscheidungen vom 21. November 2007 dahin ergänzt, dass es zum richtigen Verständnis des Inhalts einer Valorentransportversicherung mit Allgefahrendeckung und bei der Versicherung auch gegen Veruntreuungen entscheidend auf die Beförderungsabsicht im Hinblick auf die versicherten Güter ankomme.

In den entschiedenen Fällen hat der Bundesgerichtshof eine solche Beförderungsabsicht verneint, da die überlassenen Geldbeträge (IV ZR 70/07) bzw. Schecks (IV ZR 48/07) nicht zum Zwecke des Transports, sondern zum Zwecke der sichernden Hinterlegung in die Obhut des Versicherungsnehmers gelangt seien und weder ein Transport noch eine Verwahrung im Vorwege eines beabsichtigten Transports durch den Versicherungsnehmer beabsichtigt gewesen sei (IV ZR 70/07) bzw. nur ein Fall der unregelmäßigen Verwahrung vorgelegen habe (IV ZR 48/07), so dass schon eine „Übergabe“ zum Zwecke des Transports zu verneinen sei.

b) Zu einer Vertiefung dieser rechtlichen Grundsätze gibt der vorliegende Rechtsstreit keine Veranlassung. Es ist nicht erkennbar, dass der Bundesgerichtshof die weisungswidrige Ablieferung von Transportgut selbst bei einer - reinen - Transportversicherung als vom Versicherungsumfang nicht mehr umfasst ansehen könnte.

c) Allerdings muss die Kammer nach den Entscheidungen des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 10. Juni 2010 (8 U 55/09) und vom 1. Juli 2010 (8 U 87/09), anders als noch in ihrer Entscheidung vom 18. November 2009 (23 O 81/08; dort unter II.7. der Entscheidungsgründe) für möglich erachtet hatte, jetzt davon ausgehen, dass keiner der Kunden von H.- mit H.- für Geldentsorgungsleistungen Transportvereinbarungen getroffen hat, für die unter der Versicherung Nr. 7509 nach der Rechtsprechung des Senats ein Versicherungsschutz gegen die kriminellen Handlungen der Leitungsverantwortlichen von H.- bestanden hat und zwar selbst dann nicht, wenn man davon absieht, dass nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle der Beklagten auch noch die seit dem Jahre 2001 bestehende Möglichkeit zur Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung bereitsteht.

Die Kammer sieht sich aus den bereits oben genannten Gründen (unter B.VII. und VIII.) außerstande, dieser restriktiven, im Ergebnis primär die Interessen des Versicherers schützenden Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle zu folgen.

5. Die Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass die Klägerin während der Zeit, in der sie den Geldentsorgungsbedarf ihrer Filialen H.- anvertraut hatte, also in der Zeit zwischen Mai 2004 und Mitte Februar 2006, die vertragsgemäße Ausführung der Geldbewegungsvorgänge nur nachlässig begleitet, insbesondere Abweichungen von den mit H.- vereinbarten Pflichten in zeitlicher oder sachlicher Hinsicht hingenommen oder gar gefördert hat.

Die von der Beklagten vorgetragenen Einzelfälle beschränken sich auf Auszähl- und Abrechnungsdifferenzen sowie zeitliche Verzögerungen in geringer Anzahl und von einer so geringen wirtschaftlichen Bedeutung, dass dies angesichts der bedeutenden Anzahl der Geldentsorgungsleistungen für die auf das ganze Bundesgebiet verteilten vielen Filialen der Klägerin und in Ansehung der dabei bewegten großen Geldsummen als erstaunlich selten anzusehen und wirtschaftlich zu vernachlässigen sind. Auch die Klägerin, wie viele andere Kunden von H.-, hat die Leistungen des Unternehmers über lange Zeiträume hinweg als zuverlässig und branchenführend geschätzt.

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin aufgetretene Unstimmigkeiten bei der Abrechnung durch H.- deutlich zur Sprache gebracht hat und ihnen entschieden nachgegangen ist. Nicht nur als Bank, sondern auch allgemein als korrekt geführtes Handelsunternehmen hat die Klägerin gegenüber H.- auf sorgfältige Abwicklung und genaueste Abrechnung der Geldbewegungsvorgänge entschiedenen Wert gelegt. Dies geschah nicht zuletzt deshalb, weil der Umgang mit Geld - auch in großen Summen - selbst zum Kerngeschäft der Klägerin zählt, bei dem Nachlässigkeiten nicht zu dulden sind und auch nicht geduldet werden. Insbesondere als Bank verfügt die Klägerin zudem auch selbst über die hinreichende Erfahrung und technische Ausstattung, rechnerische Differenzen im Abrechnungsverkehr zeitnah zu erkennen, zu recherchieren und abzuarbeiten.

IV.

Auch die von H.- am 16./17. Februar 2006 nicht mehr vollständig umgesetzte Bargeldversorgung von Filialen der Klägerin und der dadurch bei der Klägerin eingetretene Geldverlust ist unter der Versicherung Nr. 7509 jedenfalls in Verbindung mit dem vertrauensschützenden Inhalt der von der Beklagten, vertreten durch die Mash GmbH, in den Verkehr gebrachten, darunter auch gegenüber der Klägerin verlautbarten Inhalt der Versicherungsbestätigung vom 12. März 2004, wiederholt zuletzt gegenüber der Klägerin noch am 28. November 2005, als Versicherungsfall zu werten. Damit ist der aufgrund der Ereignisse auch insoweit bei der Klägerin entstandene Schaden von der Beklagten als Versicherungsgeberin der Versicherung Nr. 7509 zu ersetzen.

Den von der Klägerin an H.- am 16. Februar 2006 erteilten konkreten Transportauftrag (Anlage K8), am 17. Februar 2006 46.822.400 € an die Filialen der Klägerin als Bargeld auszuliefern, hat H.- bei 40 der damals über 300 Filialen der Klägerin in Höhe eines Teilbetrages von insgesamt 10.915.000 € nicht ausgeführt und dafür nicht die Geldmittel verwendet, die die Klägerin H.- am 16. Februar 2006 dafür auf dem Bankkonto von H.- bei der Deutschen Bundesbank treuhänderisch allein für die Zwecke des Geldtransportes zur Verfügung gestellt hatte.

1. Nach dem Sprachgebrauch des Policentextes zur Versicherung Nr. 7509 ist der Gegenstand der Versicherung auf physische Transportgüter beschränkt und nur in dieser Form, diesem Aggregatzustand, gegen fast sämtliche Transportgefahren vor schädigenden Angriffen - auch vorsätzlichen - von innen und außen, also sowohl von fremder Hand als auch aus der Organisation der Versicherungsnehmerin der Beklagten einschließlich aus deren Leitungsebene, vom Zeitpunkt des Gefahrübergangs auf die Versicherungsnehmerin der Beklagten bis zur verantwortlichen Rückgabe des Gewahrsams an die Transportauftraggeber von H.-, also an die, die von den Transportauftraggebern nach dem Inhalt der Transportweisung zur Übernahme des Gewahrsams ermächtigt worden waren, geschützt.

Bargeldbestände/-guthaben auf Bankkonten sind allerdings keine physischen (Transport-)Güter. An ihnen ist auch kein Besitz und damit auch kein Gewahrsam möglich. Kontoguthaben können auch nicht übergeben oder zurückgenommen werden. An die Stelle des Besitzes an Gütern tritt bei Bankguthaben die Kontoinhaberschaft; an die Stelle des Gewahrsams an Sachen tritt bei Bankkonten die Kontoführungsbefugnis.

"Geld" als Substrat logistischer Vorgänge kann seine Erscheinungsform ändern, weil es selbst nur Materialisierungsform von Wertzuschreibungen ist. Es kann physisch als Bargeld (Noten und Münzen), aber auch - giral - als Buchgeld in Erscheinung treten, ohne allein dadurch seine eigentliche Substanz als Wertzuschreibungszeichen zu verlieren. Währungsrechtlich besteht zwischen den unterschiedlichen Erscheinungsformen der Geldzeichen sowohl vollständige Äquivalenz als auch eine grundsätzlich unbeschränkte Austauschbarkeit.

Ein Transportauftrag für die Wertzuschreibungszeichen von Geld ist deshalb nicht per se auf eine bestimmte Erscheinungsform der Wertzeichen beschränkt. Dass schließt allerdings nicht aus, eine Konkretisierung der Transportaufgaben vorzunehmen, den Inhalt des Transportauftrages damit auf die Bewegung bestimmter Wertzeichenarten zu beschränken. Stets kommt es dafür jedoch darauf an, welche Bestimmung im einzelnen getroffen worden ist und wie die vertragsschließenden Parteien dabei die Transportaufgabe konkret gestaltet haben.

Dies haben die vertragsschließenden Parteien des Rahmenvertrages vom 3. Mai 2004, die Klägerin und H.-, bezüglich der Transportaufgabe Bargeldversorgung gemacht. Sie haben die besonderen Materialisierungseigenschaften des Transportgutes "Geld" (Bargeld/Buchgeld) und die transportlogistischen Eigenschaften dieses Wirtschaftsgutes (Äquivalenz und freie Konvertierbarkeit) zur Erleichterung und Vereinfachung der Transportaufgabe genutzt, um die logistische Aufgabe der Bargeldversorgung in der Fläche und für eine große Anzahl von Empfangsstellen einfach, aufwands- und risikoarm sowie schnell und redundanzfrei zu organisieren.

Einer der entscheidenden Bausteine dieses Organisationsmodells sind die Nutzung der Äquivalenz und der Konvertibilität von Geld sowie die Dezentralisierung des Umtausches in das Zieltransportgut Bargeld. Statt das zu transportierende und aus- sowie abzuliefernde Bargeld dem Transportauftragnehmer physisch - zentral oder dezentral - bereitzustellen, haben die Klägerin und H.- schon die Materialisierung des Geldes selbst auf H.- übertragen und die "Übergabe" und den "Gewahrsamswechsel" an dem Geld am Anfang der Transportstrecke durch die treuhänderische und nur Transportzwecken dienende Bereitstellung von Wertrechten ersetzt. Die Klägerin und H.- haben im Rahmenvertrag vom 3. Mai 2004 hinsichtlich der Bargeldversorgung mithin transportrechtlich nichts anderes vereinbart als die physische Übergabe von Bargeld durch die vorherige Bereitstellung von Wertrechten an Stelle der Übergabe von Bargeld zu ersetzen.

2. Durch diese Ausgestaltung des Transportauftrages der Klägerin an H.- verlagerte sich das transportrechtliche Risiko.

Die dezentrale Materialisierung des Bargelds verringerte deutlich das Schadensrisiko physischer Angriffe insbesondere auch "von außen". Das Transportrisiko wurde auf einen kleinen Kreis von Vertrauenssachwaltern verringert. Deren Verantwortung und damit die Gefahr von Angriffen, Vertrauensbrüchen, durch sie wurde dadurch allerdings stark erhöht.

3. Wäre die Valorenversicherung Nr. 7509 als eine solche nur zum Schutz gegen von außen gerichtete Transportrisiken zu verstehen oder nur auf schädigende Handlungen von Personen unterhalb der leitenden Vertrauensträgeebene bei H.- beschränkt, ließe sich die Reichweite des Versicherungsschutzes auch in Ansehung der besonderen Organisation der Bargeldversorgung ohne Wertungswiderspruch auf Ereignisse ab Beginn der physischen Bargeldmaterialisierung begrenzen. Gerade dies ist, wovon auch die Beklagte selbst ausgeht, bei der Versicherung Nr. 7509 jedoch nicht der Fall. Die Beklagte gelangt zu der von ihr erstrebten Begrenzung der Reichweite der Versicherung stattdessen durch die Heraushebung und Betonung einzelner Elemente ihres Versicherungsversprechens, indem sie diesen eine den Versicherungsinhalt allein prägende - exklusive - Deutungswirkung beilegt. Alle anderen Elemente der Versicherung werden dabei jedoch als nachrangig qualifiziert und damit die erforderliche Gesamtschau und Gesamtwürdigung aller Wertungsumstände zur Bestimmung des Inhalts der Versicherung vernachlässigt.

4. Dies ließe sich noch hinnehmen, wenn der Inhalt und die Reichweite der Versicherung Nr. 7509 allein auf den Interessenausgleich in der bilateralen Ebene zwischen der Beklagten und ihrer Versicherungsnehmerin beschränkt wäre. Hier könnte ein rein physisch/gegenständlich orientiertes Verständnis des Versicherungsinhalts vielleicht der Deutungshoheit von H.- und der Beklagten allein überlassen werden. Dabei bliebe allerdings der spezifische Charakter der Versicherung als Versicherung auf fremde Rechnung - nämlich von Drittinteressen -, vor allem jedoch der Umstand unberücksichtigt, dass sich nicht nur H.-, sondern auch die Beklagte selbst mit dem Mittel der Versicherung Nr. 7509 um das Vertrauen des Verkehrs bemüht und dieses in eine bestimmte, problemabsorbierende Richtung gelenkt und diesen Eindruck bis kurz vor dem Zusammenbruch von H.- auch aufrechterhalten hat.

In der Versicherungsbestätigung vom 24. März 2004 bis hin zu der vom 28. November 2005 hat die Beklagte, vertreten durch die M.- GmbH, zusammen mit der Bestätigung des Bestandes der Versicherung selbst erklärt, dass diese Transporte und Lagerungen von physischem Geld versichere "… für die nach kaufmännischen Grundsätzen und/oder aufgrund eines besonderen Auftrages Versicherungsschutz von H.- zu besorgen ist …". Für jeden verständigen Empfänger dieser Erklärung ergab sich daraus, dass der gesamte Inhalt der Leistungspflichten von H.-, so er einen nach kaufmännischen Grundsätzen vernünftigen Inhalt hatte und soweit H.- ihn versichern musste, durch die Versicherung Nr. 7509 auch versichert war, wenn und soweit der Leistungsinhalt sich auf den Transport (und die Lagerung) von physischem Geld bezog.

Diese Erklärung hat die Beklagte gegenüber der Klägerin bereits zu einem Zeitpunkt abgegeben, zu dem der Rahmenvertrag vom 3. Mai 2004 noch nicht geschlossen war, also schon während der Anbahnung und im Vorfeld des Abschlusses des Vertrages zwischen der Klägerin und H.-. Die Klägerin konnte diese Erklärung der Beklagten nur dahin verstehen, dass ihr gegenüber damit zum Ausdruck gebracht werde, dass auch ihre Bargeldversorgungstätigkeiten in der Form, wie das vernünftig mit H.- vereinbart werden sollte, von der Versicherung umfasst sein würden.

5. Die Kammer vermag nicht davon auszugehen, dass die Beklagte als Fachunternehmen in der Transportversicherungsbranche im Jahre 2004 nicht gewusst hat,

-dass eine Filialbank wie die Klägerin nicht nur Abtransport-, sondern auch Hintransportbedarf in Bezug auf Bargeld hatte,

-dass H.- das Geldversorgungstransportgeschäft im Falle der Klägerin nicht erstmals übernehmen wollte und

-dass die dezentrale Bargeldversorgung von Transportempfangsstellen nicht auf dem ganzen Transportweg von der Zentrale der Klägerin bis zu ihren Filialen ausschließlich physisch abgewickelt werden sollte.

Die Beklagte hat ihre Erklärung vom 12. März 2004 gegenüber der Klägerin nicht mit der Information verbunden, dass jede andere als physische Form der Geldbereitstellung bei H.- von der Versicherung Nr. 7509 nicht gedeckt sei und dass eine Erweiterung des Versicherungsschutzes nach der Versicherung Nr. 7509 zwar möglich, jedoch nur im Falle ihrer, der Beklagten, ausdrücklichen vorherigen Genehmigung verbindlich werden konnte.

Ob bewusst oder unbewusst geschehen: Der Inhalt der Versicherungsbestätigung der Beklagten gegenüber der Klägerin hat dieser jedes Problembewusstsein dafür verschüttet, dass wesentliche Abschnitte der Geldtransportlogistik von H.- für seine Kunden von der bestehenden Versicherung nicht - ohne weiteres - umfasst seien.

Es spricht nichts dafür, dass die Klägerin bei entsprechender Information die Versicherung der Beklagten als ausreichend akzeptiert oder den Rahmenvertrag vom 3. Mai 2004 mit H.- so wie dann geschehen geschlossen hätte.

Dies wird dadurch bestätigt, dass keiner der Kunden von H.-, wie die Beklagte selbst sagt, von der angeblich so naheliegenden Möglichkeit zur Erweiterung der Versicherung Gebrauch gemacht hat. Es erscheint für die Kammer undenkbar, dass alle die vielen Kunden von H.- - auch die Klägerin - bei der Bewältigung ihres geschäftlichen Bargeldumlaufs so sorglos, unerfahren und unbedarft waren, wie sie es auch Sicht der Beklagten gewesen sein sollen. Die Beklagte hat ein Produkt für einen großen Markt generiert und in diesem Markt platziert und platziert gehalten, dass - legt man bei der Interpretation die Sicht der Beklagten zugrunde - nicht mehr sach- und marktadäquat war oder nur für sorglose, unerfahrene oder unbedarfte Kunden geeignet erscheinen konnte.

6. Die Beklagte kann sich danach gegenüber der Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, die von der Klägerin auf ein Konto von H.- bei der Deutschen Bundesbank am 16. Februar 2006 treuhänderisch bereitgestellten 10.915.000 € zur Versorgung von 40 Filialen der Klägerin mit Bargeld am 17. Februar 2006 seien - noch nicht - vom Versicherungsschutz der Versicherung Nr. 7509 umfasst, weil sie von H.- nicht mehr - wovon auszugehen ist - in Bargeld umgetauscht und für die unversorgt gebliebenen Filialen der Klägerin zumindest physisch noch bereitgestellt worden sind, sondern unter Bruch der Treuhandabrede durch H.- zweck- und bestimmungswidrig in deren Geldbewegungsvorgänge eingeleitet und damit durch H.- veruntreut worden sind.

7. Die Beschreibung des versicherten Risikos in Ziffer 2.1.1.1 des Textes der Police Nr. 7509 steht dem nicht entgegen. Denn dort ist neben der "Unterschlagung" auch die "Veruntreuung" als möglicher Schädigungstatbestand genannt.

Durch die Verwendung der Konjunktion "und/oder" ist schon der Versicherungstext auch insoweit klar, dass damit nicht nur Handlungsweisen angesprochen sind, die nach § 246 Abs. 2 StGB als strafbare Handlung umschrieben werden, sondern auch die qualifizierte Vermögensschädigung nach § 266 Abs.1 StGB gemeint ist. Die sprachliche Verbindung von "und" mit "oder", getrennt durch einen Schrägstrich, bringt nach allgemeinem Sprachverständnis zum Ausdruck, dass sowohl das Eine als auch das Andere als auch Beides zusammen vorliegen können kann.

Die aus Sicht der Beklagten gewünschte Reduzierung des Bedeutungsgehaltes der verwendeten Worte auf zwei der drei Alternativen ist ohne semantische Basis. Sie ist ebenso vom erstrebten Ergebnis her abgeleitet, wie der Versuch einer Argumentation aus dem Absurden, wonach durch den Policentext ein Interesse im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB schon deshalb nicht umfasst sein soll, weil Sachen nicht veruntreut, sondern - nur - unterschlagen werden können. Nur physische Güter seien aber Gegenstand der Versicherung. Der Kreis dreht sich: Es ist nicht, was nicht sein soll. Damit lässt sich die Frage, was denn ist, allerdings nicht - auch nicht logisch - beantworten. Diese Antwort erschließt sich vielmehr allein durch wertende Erwägung.

8. Die Klägerin hat das von der Versicherung Nr. 7509 gedeckte Transportrisiko nicht dadurch erhöht, dass sie gegenüber H.- nicht auf die Einrichtung eines besonderen Treuhandkontos für die Geldbereitstellungen zur Bargeldversorgung bestanden beziehungsweise eine andere Handhabung widerstandslos hingenommen hat.

Treuhandkonten machen ihren Inhaber stets ebenso zum - im Außenverhältnis - verfügungsbefugten Rechtsinhaber wie Eigenkonten. Sie berechtigen den Treuhänder in beiden Fällen zur uneingeschränkten Verfügung, auch wenn dies in Abweichung oder durch den Bruch der Treuhandabrede geschieht. Treuhandkonten separieren zwar bei ihnen aufscheinende Vermögenswerte von den sonstigen Vermögenswerten des Treuhänders. Vor dessen Vertrauensbruch - wenn er eintritt - schützen Treuhandkonten den Treugeber indes nicht. Veruntreutes Geld auf Treuhandkonten ist - wenn - ebenso "weg" wie mit eigenen Vermögenswerten - auf Konten - vermischtes Fremdgeld über das abredewidrig verfügt wird.

Nur die zentrale oder dezentrale physische Übergabe von Geld an H.- hätte der Klägerin den uneingeschränkten Zugriff bis zur Geldübergabe erhalten. Die Beklagte hat jedoch nicht behauptet, dass die von der Klägerin mit H.- im Rahmenvertrag vom 3. Mai 2004 vereinbarte Organisation für die Bargeldversorgung unüblich und im Geldtransportgeschäft - auch nur bei H.- - nicht gebräuchlich war.

V.

Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus der Versicherung Nr. 7509 ist nicht wegen der Verletzung von Selbstsicherungsobliegenheiten (§§ 6, 130, 131 VVG a.F.) ausgeschlossen.

1. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang vorträgt, die Klägerin habe bei der Kontrolle der Abrechnungsvorgänge von H.- bei der Geldentsorgung die nötige Sorgfalt vermissen lassen, Unstimmigkeiten hingenommen und angesichts der Häufigkeit, der Vielzahl und des Ausmaßes der Abrechnungsdifferenzen deutliche Anzeichen für kriminelle Handlungsweisen bei H.- gehabt, sich den dabei für sie erkennbar gewordenen Tatsachen jedoch um des eigenen Vorteils Willen verschlossen, greift dieser Einwand nicht durch. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird dazu auf das bereits an anderer Stelle dieses Urteils Gesagte (siehe oben unter C.III.5.) Bezug genommen.

Die in der Tat aufgetretenen Differenzen waren nach Menge und Maß im Verhältnis zur großen Anzahl der einzelnen Transportvorgänge und des dabei bewegten Geldvolumens geringfügig, wurden von der Klägerin zeitnah aufgegriffen und aufgeklärt und in vernünftiger, kaufmännisch korrekter Manier alltagspraktisch abgearbeitet. H.- erschien sehr vielen seiner Kunden, darunter auch der Klägerin, als sorgfältiges und verlässliches Geldlogistikunternehmen.

2. Auch der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe das Risiko für Geldverluste bei der Geldversorgungslogistik zu ihrem Nachteil dadurch selbst erhöht, dass sie ihre Deckungszahlungen auf ein eigenes, allgemeines Konto von H.- bei der Deutschen Bundesbank statt auf ein besonderes Treuhandkonto überwiesen habe, greift nicht durch. Auch insoweit kann zur Begrenzung des argumentativen Aufwands dieser Urteilsbegründung auf das bereits an anderer Stelle Gesagte (siehe oben unter C.IV.8.) Bezug genommen werden.

3. Der Klägerin kann von der Beklagten auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, sie, die Klägerin, habe zwar die Außer-Haus-Vergabe ihrer Geldtransportlogistik auf einen externen Dienstleister als sensibles Geschäft gewertet, sich bei der Vergabe des Dienstleistungsauftrages an H.- und bei der begleitenden Überwachung während der Geschäftsbeziehung jedoch nicht ausreichend um die wirtschaftliche Lage und finanzielle Seriosität von H.- gekümmert und die notwendigen Erkundigungen nicht eingeholt oder sich bei der Informationsbeschaffung nicht ausreichend engagiert.

Die Beklagte hat schon nicht überzeugend dargelegt, aus welchen Quellen die Klägerin die Information hätte schöpfen können, das vorauszusehen oder gar zu erkennen, was letztlich den Zusammenbruch von H.- mit seinen Millionenverlusten verursacht und ausgelöst hat.

Weder aus der von der Klägerin vor Vertragsschluss (Anlage K48) noch aus der nach Vertragsschluss eingeholten Wirtschaftsauskunft (Anlage K49) ließ sich erahnen oder gar erkennen, dass H.- seit vielen Jahren als kriminelle Organisation geführt wurde und wirtschaftlich bankrott war. Die Verzögerung bei der Vorlage des Abschlusses für 2004 hat H.- der Klägerin mit Umstrukturierungen aufgrund einer im Jahre 2005 erfolgten weiteren Expansion des Unternehmens plausibel gemacht. Noch zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs von H.- konnte für einen Außenstehenden durch Wirtschaftsauskünfte (Anlage K50) die wahre Lage von H.- nicht erkannt werden.

Die Beklagte hat nicht aufgezeigt, aus welcher Informationsquelle die Klägerin ein anderes Bild hätte gewinnen können. Dass dies - wenn - zu erlangen gewesen wäre, muss die Beklagte im übrigen schon deshalb selbst in Abrede halten, weil auch ihr sonst der Vorhalt gemacht werden könnte, vor greifbaren Anhaltspunkten für ernstliche Zweifel an der Seriosität ihres eigenen Versicherungsgroßkunden H.- die Augen verschlossen oder sich darum überhaupt nicht gekümmert und - bei etwaig erkennbaren Auffälligkeiten - den Markt und die Öffentlichkeit nicht gewarnt zu haben.

4. Die Kammer sieht auch keine belastbare Tatsachenbasis für den zumindest unterschwellig geäußerten Vorhalt der Beklagten, die Klägerin habe wirtschaftlich von den kriminellen Machenschaften von H.- profitiert oder dies zumindest billigend in Kauf genommen. Dies gilt sowohl für die Bemerkung, der Klägerin sei die Herkunft des für ihr Unternehmen von H.- zu verwendenden Bargeldes gleichgültig gewesen als auch für die Angabe, die Klägerin habe Nebeneinkünfte aus Anlass von verzögerten Geldbewegungsvorgängen durch H.- angestrebt oder zumindest wohlwollend begleitet.

Keiner der von der Beklagten in diesem Zusammenhang angesprochenen Einzelheiten lässt Desinteresse oder Nachlässigkeiten auf Seiten der Klägerin gegenüber einer korrekten Erfüllung ihrer Transportweisungen durch H.- erkennen oder trüge den Einwand, die Klägerin habe die Veruntreuungen bei H.- erkannt und bewusst von ihnen partizipiert.

5. Dass H.- seine Logistikleistungen zu besonders günstigen Preisen angeboten und die Klägerin darin - wie auch alle anderen Kunden von H.- - Vorteile gesehen und diese auch für sich selbst nutzbar gemacht hat, ist kein Gesichtspunkt, der den Versicherungsanspruch der Klägerin infrage stellen könnte.

Die allgemeine Gefahr von vornehmlich preiswettbewerblich gesteuerten Marktprozessen, dass dabei Qualität und Sicherheit der Produkte sowie Verantwortung, Verlässlichkeit und Korrektheit der Anbieter vernachlässigt werden und sogar Schaden nehmen könnten, erhöht das Risiko von Schäden nicht in versicherungsvertraglich berücksichtigungsfähiger Hinsicht. Dass die billigsten Produkte und Leistungen, auch wenn ihnen viele allein deshalb den Vorzug geben, nicht immer die von Wettbewerbsprozessen erhofften bestmöglichen, nachhaltigen Resultate für die Allgemeinheit bewirken, steht dem nicht entgegen.

D.

Der von der Klägerin gehaltene Sachvortrag und die von ihr ergänzend vorgelegten Belege ergeben für die Kammer auch unter Berücksichtigung des diesbezüglichen Sachvortrags der Beklagten und ihres Bestreitens zur Höhe der Bargeldverluste der Klägerin keinen vernünftigen Zweifel daran, dass der Klägerin als Folge der Geldentsorgungsleistungen von H.- am 16., 17. und 20. Februar 2006 ein Schaden von insgesamt 1.958.337,50 € und aus den Bargeldversorgungsaufträgen für den 17. Februar 2006 ein weiterer Schaden von insgesamt 10.915.000 € entstanden ist.

Der Schaden der Klägerin aus der Bargeldentsorgung hat sich in der Folgezeit um insgesamt 151.890,10 € als Folge von Rückführungen zunächst bei der Deutschen Bundesbank asservierter Gelder verringert. Von diesen Rückführungen erfolgten 8.246,28 € vor Rechtshängigkeit und weitere 143.643,82 € nach Rechtshängigkeit des vorliegenden Verfahrens. Danach verbleibt ein Schaden der Klägerin aus Geldentsorgung in Höhe von 1.806.447,40 € (1.958.337,50 € - 8.246,28 € - 143.643,82 €).

I.

Die Feststellung hinsichtlich des Schadens aus den Geldentsorgungsvorgängen ergibt sich auf der Grundlage des Sachvortrags der Klägerin auf den Seiten 33 - 39 des Schriftsatzes vom 12. Januar 2009 (Band IV, Blatt 33 - 39 d.A.) in Verbindung mit den Anlagen K5 und K6 sowie der Anlage K42 mit dem dazu gehörenden Konvolut aus Entsorgungsprotokollen und Geldübernahmequittungen. Die Klägerin hat den Inhalt und die Aussagen der Anlagen K5 und K6 in der Klageschrift vom 13. Februar 2007, dort auf den Seiten 16 und 17 (Band I, Blatt 16 f d.A.), und den Inhalt der Anlage K42 auf den Seiten 41 und 42 des Schriftsatzes vom 30. September 2007 (Band I, Blatt 219 f d.A.) erläutert.

Hierauf wird Bezug genommen.

II.

Die Feststellungen hinsichtlich des Schadens aus den Geldversorgungsvorgängen haben ihre rechnerische Grundlage im Sachvortrag der Klägerin auf den Seiten 39 - 42 des Schriftsatzes vom 12. Januar 2009 (Band IV, Blatt 39 - 42 d.A.) in Verbindung mit den Anlagen K7, K8, K9 und K10. Die Klägerin hat den Inhalt und die Aussagerichtung der Anlagen K7 - K10 in der Klageschrift vom 13. Februar 2007, dort auf den Seiten 17 - 19 (Band I, Blatt 17 - 19 d.A.), erläutert.

Auch hierauf wird Bezug genommen.

III.

Die Kammer hält diesen Sachvortrag als Grundlage für tatsächliche Feststellungen über die Höhe des der Klägerin entstandenen, von der Versicherung der Beklagten umfassten Schadens für ausreichend.

Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass ihr noch viel weniger als der Klägerin angesichts des großen Ausmaßes der Pflichtwidrigkeiten der Verantwortlichen von H.- und des darauf beruhenden Zusammenbruchs der Firmengruppe zugemutet werden kann, die Einzelheiten des konkreten Schadensumfangs zu recherchieren und darzulegen. Sowohl bei den Sachvortragslasten der Klägerin als auch bei dem insoweit im Ansatz berechtigten Verteidigungsvorbringen der Beklagten muss jedoch Bedacht darauf genommen werden, durch die Überspannung von Darlegungs- und Nachweislasten bestehende wechselseitige Rechte und Interessen nicht durch prozessuale Anforderungen zu entwerten und faktisch zum Erlöschen zu bringen.

Durch die Vorlage und Erläuterung der genannten konkretisierenden Unterlagen und Belege hat die Klägerin das ihrerseits Erforderliche und Ausreichende getan, um der Beklagten zumindest durch Stichproben die Prüfung der tatsächlichen Richtigkeit der Behauptungen (der Klägerin) zu ermöglichen. Bei der Art und Qualität der vorgelegten Unterlagen hat die Beklagte im Ergebnis zu recht auf Detailbeanstandungen verzichtet. Ihr gleichwohl vorgebrachtes - einfaches - Bestreiten mit Nichtwissen kann danach nicht mehr als ausreichend erachtet werden, um bei der ohnehin notwendigen Schätzung der Kammer (§ 287 ZPO) zu Abschlägen von der Forderung der Klägerin Anlass zu geben.

Daraus ergibt sich:

- Geldentsorgungsschaden am 16., 17. und 20.02.2006, soweit nach Rechtshängigkeit reduziert:

62,5 % von 143.643,82 € 89.777,39 €

- verbliebener Geldentsorgungsschaden am 16., 17. und 20.02.2006:

62,5 % von 1.806.447,40 € 1.129.029,63 €

- Geldversorgungsschaden am 17.02.2006:

62,5 % von 10.915.000 € 6.621.875,00 €

Von dem ihr entstandenen Bargeldverlust beansprucht die Klägerin von der Beklagten nur den Bruchteil, mit dem Letztere die Versicherung Nr. 7509 als auf sie entfallenden Anteil gezeichnet hat (62,5 %).

E.

Die Leistungspflicht der Beklagten aus der Versicherung Nr. 7509 ist unabhängig von einem höheren Schaden der Klägerin auf 5.000.000 € begrenzt. Die Beklagte kann sich gegenüber der Klägerin auf diese Haftungsbegrenzung berufen (§ 242 BGB).

I.

Nach dem Inhalt des zwischen der Klägerin und H.- geschlossenen Rahmenvertrages vom 3. Mai 2004 war die Haftung von H.- auf die Summe von 5.000.000 € je Schadensfall begrenzt (§ 2 Nr. 2). Nur in dieser Höhe war H.- gegenüber der Klägerin verpflichtet, eine Versicherung abzuschließen und zu unterhalten (§ 5 Nr. 7 Absätze 1 und 2).

Es kann dahinstehen, ob diese Haftungssumme schon zu Beginn der Geschäftsbeziehung der Klägerin mit H.- zu gering bemessen war. Jedenfalls in Anbetracht der täglichen Geldbewegungsvolumina im Jahre 2006 in deutlich zweistelliger Millionenhöhe täglich war diese Haftungsbegrenzung nicht mehr angemessen, ohne dass dies der Klägerin zu einer Änderung/Anpassung des Rahmenvertrages Anlass gegeben hätte. Der ganz überwiegende Teil des Geldlogistikgeschäfts der Klägerin mit H.- war damit - auch für die Klägerin erkennbar - jenseits der Deckungsgrenze der regelmäßigen Haftung von H.-.

Mehr als diese Deckung für die Transporthaftungspflicht von H.- konnte die Klägerin auch von der Beklagten unter der Versicherung Nr. 7509 ungeachtet von deren höheren Versicherungssummen nicht erwarten. Denn die Klägerin hatte die Verbindung der Haftung von H.- und der von H.- abzuschließenden Versicherung im Rahmenvertrag vom 3. Mai 2004 selbst hergestellt und dabei auch hingenommen, dass die Versicherung von H.- als Versicherungsnehmerin abgeschlossen und sie, die Klägerin, lediglich als Versicherte (auf fremde Rechnung) in den Deckungsbereich der Versicherung einbezogen wurde.

Da die Versicherung der Beklagten auch - sogar vorsätzliche - Schadenshandlungen durch H.- selbst, einschließlich von deren Leitungsverantwortlichen, abdeckte und auch abdecken sollte, also Schadenshandlungen umfasste, für die nach allgemeinen rechtlichen Grundsätzen haftungsbegrenzende Vereinbarungen zugunsten des Schädigers rechtlich wirkungslos sind, kann sich die Klägerin gegenüber der Beklagten auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass H.- sich für ihre eigene Haftung gegenüber der Klägerin, gerade wegen der vorsätzlich begangenen Veruntreuungen, auf die Haftungshöchstgrenze nicht berufen kann. Denn die letztlich aufgedeckten kriminellen Handlungen der Leitungsverantwortlichen von H.- und die dadurch verursachten Schädigungen Dritter sind sowohl für die Klägerin als auch für die Beklagte gleichermaßen als unvorstellbar und unvorhersehbar zu werten. Sowohl die Klägerin, aber auch die Beklagte tragen keine Verantwortung für das kriminelle Handeln von H.-. Sie sind gleichrangig in ihrer Rolle als Opfer von Straftaten.

Das rechtfertigt es nicht nur, die Beklagte zur Erfüllung ihres Versicherungsversprechens mit Schutzwirkung gegenüber der Klägerin zu verpflichten (siehe oben unter B.III., IV. und VI.), sondern auch, der Beklagten die belastungsgrenzenden Wertungen der Regelhaftungspflicht von H.- zugute kommen zu lassen.

II.

Der der Klägerin entstandene Schaden ist trotz seiner buchhalterischen und rechnerischen Aufgliederung in viele Einzelsachverhalte rechtlich als auf einem Schadensereignis beruhend und damit für die Klägerin als ein Versicherungsfall zu werten.

Dieses Schadensereignis ist weder - wie es die Beklagte sieht - das sogenannte Schneeballsystem von H.-, also die langjährige und langjährig verborgen gehaltene zweckwidrige Verwendung von Kundengeldern durch H.- und die dadurch allmählich immer größer anwachsenden Liquiditätslücken, die allein deshalb zunächst unerkannt gehalten werden konnten, weil der überaus große tägliche Bargeldumlauf bei H.- allein durch auch nur kurzfristige Streckung der Geldströme das fortwährende Überbrücken von Liquiditätsengpässen möglich machte. Das Schadensereignis liegt aber auch nicht darin - wie es die Klägerin sieht -, dass das bei jeweils einzelnen ihrer Filialen an einem bestimmten Tag jeweils abgeholte Bargeld bei ihr nicht angekommen oder dass das für einzelne Filialen an einem bestimmten Tag auszuliefern gewesene - vorher wertgedeckte - Bargeld diese Filialen nicht erreicht hat.

Das Schadensereignis und der darauf beruhende - einzige - Schadensfall für die Klägerin liegt vielmehr darin, dass in der Zeit zwischen dem 16. und dem 20. Februar 2006, ausgelöst durch Unternehmensentscheidungen bei H.-, die zunächst im Unternehmen und in seinen Geschäftsprozessen kostenmäßig und physisch verborgene Liquiditätslücke als nicht länger verdeckt steuerbar erkannt und daraufhin die rechnerisch ausgeglichene Abrechnung der Geschäftsprozesse schlagartig zum Erliegen gebracht wurde und die Liquiditätsdeckungslücke deshalb als individuell zugeordnete Defizite bei den einzelnen Kunden von H.-, darunter bei der Klägerin, zutage traten. Das den Schadensfall bei der Klägerin auslösende Schadensereignis liegt also im mankobedingten Zusammenbruch der Geschäftsprozesse bei H.-. Dass sich dieser Zusammenbruch zeitlich über mehrere Tage erstreckte, war die Folge der Größe des Unternehmens von H.-, der regionalen Verteilung seiner Betriebsstätten, der großen Anzahl der betroffenen Kunden von H.- mit deren weiter räumlicher Verteilung auf viele einzelne Standorte und nicht zuletzt das große Volumen der auch in der Endphase bei H.- noch vorhanden gewesenen Geldmengen.

III.

Das vorstehend Ausgeführte, den sachlichen Besonderheiten und der Komplexität des H.-falles allein gerecht werdende Verständnis des die Klägerin getroffenen Versicherungsfalles führt allerdings nicht dazu, dass die in Ziffer 4.1.9 der Police zur Versicherung Nr. 7509 enthaltene maximale Versicherungssumme von 10.000.000 € je Betriebsstätte von H.- nur für insgesamt einen Versicherungsfall bereitstünde. Erst recht ergibt sich daraus nichts für den Wunsch der Beklagten, nur von einer Betriebsstätte bei H.- und deshalb von einem Deckungsbeitrag von 10.000.000 € für alle Geschädigten ausgehen zu können.

Schon die Vielzahl der räumlich verteilten Betriebsstätten von H.- und die große Anzahl der unter der Versicherung Nr. 7509 als separate Unternehmen der Versicherungsnehmerin der Beklagten genannten Organisationseinheiten nimmt diesem Standpunkt der Beklagten die tragfähige Basis. Abgesehen davon ist weder im Text der Police Nr. 7509 noch in den Versicherungsbestätigungen der Beklagten, verbreitet durch deren Vertreterin, die M.- GmbH, von einem Gesamtdeckungsfonds für die gesamte Versicherung Nr. 7509 die Rede.

Es war rechtlich die ausschließliche Pflicht der Beklagten, gegenüber dem Rechtsverkehr, nämlich gegenüber den Kunden von H.-, unmißverstehbar klarzumachen, dass und wenn eine für alle Schadensereignisse maximal geltende Gesamtversicherungssumme hätte festgeschrieben werden sollen. Zweifel und Unklarheiten gehen insoweit zum Schutz des Rechtsverkehrs zu Lasten der Beklagten.

IV.

Eine Anrechnung des von der Klägerin prozessual für erledigt erklärten Teils ihres Bargeldschadens auf die Versicherungshöchstgrenze, für die die Beklagte maximal einzustehen verpflichtet ist, ist nicht angezeigt. Dafür fehlt es an jedem Anhaltspunkt für eine entsprechende Anrechnungsbereitschaft der Beklagten. Was die Beklagte nicht will, kann ihr die Kammer nicht zusprechen (§ 308 ZPO).

F.

Weil der Versicherungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 5.000.000 € bereits geringer ist als der der Klägerin durch die Geldentsorgungen am 16., 17. und 20. Februar 2006 und aus der Geldversorgung für den 17. Februar 2006, auch nur im Umfang der Haftungsquote der Beklagten von 62,5 %, verbliebene Schaden in Höhe von 7.750.904,63 € (siehe oben unter D.III.), kommt es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits nicht mehr entscheidend darauf an, ob der Klägerin durch die teilweise unterbliebene Geldversorgung am 20. Februar 2006 ein weiterer Schaden in Höhe von noch einmal 4.038.400 € oder sogar auch in Höhe des nicht mehr zurückgezahlten Treuhandgeldes von weiteren 7.215.000 € entstanden ist und ob die Beklagte auch darauf bezogen im Umfang ihrer Mithaftungsquote von 62,5 % (62,5 % von 4.038.400 € = 2.524.000 €; 62,5 % von 7.215.000 € = 4.509.375 €) unter der Versicherung Nr. 7509 zumindest dem Grunde nach leistungspflichtig sein könnte.

Zwar sind die Geldverluste aus der unterbliebenen Geldversorgung der Filialen der Klägerin am 20. Februar 2006 ebenso wie die Geldverluste aus den Bargeldversorgungen am 17. Februar 2006 als Versicherungsfall anzusehen. Für die Kammer besteht auch kein rechtlich bedeutsamer Unterschied zwischen dem nur nicht mehr an die Filialen ausgelieferten Bargeld und der Veruntreuung des nach der konkreten Transportweisung nicht mehr benötigten, jedoch zuvor von der Klägerin allein für Transportzwecke bestimmt gewesenen, H.- nur treuhänderisch anvertrauten höheren Deckungsbeitrages.

Selbst alles dies zugunsten der Klägerin unterstellt, würde sich daraus trotzdem kein weitergehender Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus der Versicherung Nr. 7509 ergeben, weil auch insoweit der Zusammenbruch der Geldlogistik von H.- das eine Schadensereignis ist, dass auch diese Schadensfolgen bei der Klägerin bewirkt hat. Auch hier bleibt es deshalb bei der maximalen Haftung der Beklagten entsprechend der von der Klägerin mit H.- vereinbarten Deckungssumme (siehe oben unter E.).

G.

Aus dem Sachvortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass die bei der Geldentsorgung am 10. Februar 2006 aufgetretene Abrechnungsdifferenz in Höhe von 200 € darauf beruht, dass H.- dieses Geld zwar von der Klägerin entgegengenommen, aber - aus welchem Grund auch immer - ihr trotzdem vorenthalten hat.

Insoweit steht schon nicht fest, ob ein unter der Versicherung Nr. 7509 fallender Versicherungsfall überhaupt vorliegt.

H.

Auch für den Geldverlust von 10.000 € aus der Geldentsorgung am 27. Januar 2006 steht zur Überzeugung der Kammer nicht fest, dass dieser auf einem transportvertraglich relevanten Geschehen beruht oder nur darauf, dass der Prüfungs- und Wertersatzleistungsvorgang für das von H.- der Klägerin zugeordnete, beschädigte - sogenannte schmutzige - Bargeld bei der Deutschen Bundesbank noch nicht endgültig abgeschlossen war. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass das Prüfungs- und Erstattungsverfahren bei der Deutschen Bundesbank bereits ein bestimmtes Ergebnis gehabt hatte, bevor H.- zusammenbrach. Erst wenn feststünde, dass die Deutsche Bundesbank für das ihr durch H.- hereingegebene Bargeld der Klägerin tatsächlich Wertersatz geleistet hat, wäre möglich, die unterlassene Herausgabe der Werte durch H.- an die Klägerin als transportvertraglich relevanten Sachverhalt anzusehen.

I.

Der Zinsanspruch der Klägerin ist nach Ziffer 11.3 der Versicherungsbedingungen der Versicherung der Beklagten erst mit Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des angemeldeten und belegten Versicherungsanspruches der Klägerin durch den Zugang der Schreiben vom 22. Februar und 30. März 2006 (Anlage K17) begründet und dies der Höhe nach auch nur gemäß Ziffer 11.3 Absatz 3 der Versicherungsbedingungen der Versicherung Nr. 7509. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, dass der Versicherungsleistungsanspruch, den die Klägerin im vorliegenden Verfahren geltend macht, keine Entgeltforderung im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB ist.

J.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 91 a, 91 Abs. 1ZPO und entspricht dem wechselseitigen Obsiegen und Unterliegen der Parteien.

Die durch die mündliche Verhandlung am 2. Dezember 2009 entstandenen besonderen Kosten sind der Beklagten nach § 96 ZPO auf den gesonderten Antrag der Klägerin im Schriftsatz vom 3. Dezember 2009 hin (Band VI, Blatt 55 - 58 d.A.) in vollem Umfang aufzuerlegen.

Durch die Terminierung der Mandatsniederlegung durch die vormaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Schriftsatz vom 25. November 2009 verbunden mit der kurzfristigen Legitimation der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Schriftsatz vom 26. November 2009 und der daraufhin im Ablehnungsantrag der Beklagten vom 2. Dezember 2009 gipfelnden Kaskade von Verfahrensanträgen hat die Beklagte, der das Verhalten ihrer Prozessbevollmächtigten zuzurechnen ist, die Vertagung der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2009, deren Termin am 27. März 2009 nach vorheriger Abstimmung mit den Prozessbevollmächtigten der Parteien bestimmt worden war, verursacht. Zwar ist die Anbringung von Ablehnungsgesuchen gegen Richter und die Entscheidung über den Zeitpunkt ihrer Verlautbarung das prozessuale Recht jeder Prozesspartei, das nicht dadurch eingeschränkt oder gar entwertet werden darf, dass ihr für die Rechtsausübung besondere wirtschaftliche Nachteile auferlegt werden. Hier ist dies jedoch ausnahmsweise anders zu beurteilen.

Dies beruht nicht darauf, dass das Ablehnungsgesuch der Beklagten im Ergebnis erfolglos geblieben ist, weil schon das Recht, Misstrauen gegen erkennende Richter zum Ausdruck zu bringen, nicht beeinträchtigt werden darf. Auch unter Wahrung der Rechte und Interessen der Beklagten hat sie jedoch die Vertagung der mündlichen Verhandlung allein dadurch veranlasst, dass sie ihr Ablehnungsgesuch unmittelbar vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung vorbrachte, so dass weder für das Gericht noch für die Klägerin irgendeine Zeit zur Reaktion darauf verblieb und auch nicht nach § 47 Abs. 2 ZPO verfahren werden konnte, obwohl auch dadurch die prozessualen Rechte der Beklagten im vollen Umfang hätten gewahrt werden könnten. Dies alles bewusst herbeigeführt und dadurch im Ergebnis die mündliche Verhandlung am 2. Dezember 2009 entwertet zu haben, rechtfertigt die Kostenentscheidung zu Lasten der Beklagten.

K.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung ergeht nach § 709 Satz 1 ZPO.