Landgericht Hannover
Urt. v. 18.06.2010, Az.: 16 O 90/09
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 18.06.2010
- Aktenzeichen
- 16 O 90/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 40402
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2010:0618.16O90.09.0A
Fundstelle
- BauR 2010, 1278
In dem Rechtsstreit
...
wegen Werklohnforderung
hat die 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 27.05.2010 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Heuer, den Richter am Landgericht Prahm und die Richterin am Landgericht Siol
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 49 211,51 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 47 622,51 € seit dem 11.10.2007 und aus 1 589,00 € seit dem 29.01.2009 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
- 3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Werklohn in Anspruch.
Die Klägerin ist eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus der ... GmbH und der ... GmbH, wobei letztere in der Vergangenheit unter GmbH firmierte. Die Beklagten zu 1.) ist eine BGB-Gesellschaft, deren Gesellschafter die Beklagten zu 2.) und 3.) sind. Am 15.03.2007 beauftragte die Beklagte zu 1.) die Klägerin unter Einbeziehung der VOB/B und unter Vereinbarung von Einheitspreisen mit der Erbringung der Rohbauarbeiten betreffend das Bauvorhaben ... zu einer Bruttoauftragssumme von 53 764,63 €. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf dessen Kopie (Bl. 35 ff. d.A.) Bezug genommen. Der Beauftragung vorausgegangen waren ein Angebot der Klägerin vom 25.01.2007 sowie ein aktualisiertes Angebot vom 05.03.2007. Unter dem 29.06.2007 beauftragte die Beklagte zu 1.) die Klägerin zudem im Rahmen eines Nachtrages über eine Nettosumme von 2 120,00 € mit der Erbringung eines Trennsockels, eines Gefälleausgleichs Leichbeton sowie der Energie- und Baustelleneinrichtungsbereitstellung für Drittgewerke. Die Klägerin erbrachte sämtliche beauftragte Arbeiten abnahmefähig und mangelfrei. Am 26.06.2007 fand ein Bauabnahmetermin statt, in welchem eine Abnahmeerklärung unterzeichnet wurde. Die Beklagte zu 1.) wurde dabei von dem von ihr insoweit bevollmächtigten Architekten vertreten. Wegen der Einzelheiten der Abnahmeerklärung wird auf deren Kopie (Bl. 47 d.A.) Bezug genommen. Unter dem 25.07.2007 wurden die von der Klägerin erbrachten Bauleistungen gegenüber der Beklagten zu 1.) mit 58 443,93 € schlussabgerechnet, wobei die Abrechnung unter dem Briefkopf der Arbeitsgemeinschaft, erfolgte. Der Architekt der Beklagten zu 1.) prüfte die Rechnung unter dem 03.08.2007 auf brutto 47 622,51 €. Mit diesem Ergebnis erklärte sich die Klägerin einverstanden, "aktualisierte" die Schlussrechnung unter dem 06.01.2009 auf den vom Architekten geprüften Betrag und forderte die Beklagte zu 1.) zur Zahlung auf. Nachdem diese nicht leistete, beauftragte die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Schlussrechnungssumme, wofür ihr Kosten in Höhe von 1 569,00 € entstanden sind.
Die Klägerin begehrt nunmehr den Schlussrechnungsbetrag von 47 622,51 € nebst Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren von 1 589,00 €, mithin eine Gesamtsumme von 49 211,51 €.
Die Klägerin behauptet, dass die Beklagte zu 2.) ausweislich des Abnahmeprotokolls vom 26.06.2007 die von ihr erbrachten Leistungen abgenommen habe. Die Schlussrechnung sei nur versehentlich unter dem Briefkopf der ARGE erstellt worden und deshalb gleichwohl als Schlussrechnung der Klägerin anzusehen. Dies folge auch aus der Schlussrechnungsprüfung des Architekten der Beklagten zu 1.), der als Rechnungssteller ausdrücklich die Klägerin aufgeführt habe.
Die Klägerin beantragt, nachdem sie vom Urkundsverfahren abstand genommen hat,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 49 211,51 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 47 622,51 € seit dem 01.10.2007 und aus 1 589,00 € seit dem 29.01.2009 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten bestreiten, die Leistungen der Klägerin abgenommen zu haben. Die im Abnahmeprotokoll vom 26.06.2007 bestätigte Abnahme sei unwirksam, da diese unter dem Vorbehalt des Nachweises der Betongütebescheinigung erfolgt sei. Zudem sei die Abnahme einvernehmlich nur als Abnahme "technischer Art" vereinbart worden, stelle daher keine rechtsgeschäftliche Abnahme dar. Vielmehr sei die Abnahme aus den Gründen der außerordentlichen Auftragsentziehung vom 18.10.2007 ausdrücklich verweigert worden. Im Übrigen seien ausweislich des Abnahmeprotokolls auch allenfalls Leistungen der ARGE abgenommen worden. Zudem seien die Leistungen nicht von der Klägerin, sondern der ARGE abgerechnet worden, so dass auch nur die ARGE als Anspruchsberechtigte in Frage komme. Der Abrechnung der ARGE sei die Änderungsanzeige Nr. 72 vorausgegangen. Dementsprechend sei auch nur die Abschlagsrechnung der ARGE bezogen auf die Änderungsanzeige Nr. 72 vom Architekten geprüft worden. In der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten erstmals bestritten, dass die Betongütebescheinigung erbracht worden sei.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.
1.
Der Klägerin steht aufgrund des mit der Beklagten zu 1.) geschlossenen Bauvertrages ein Werklohnanspruch gegenüber der Beklagten zu 1.) in Höhe von brutto 47 622,51 € zu.
Die Klägerin ist von der Beklagten zu 1.) unstreitig unter dem 15.03.2007 und 29.06.2007 mit der Erbringung der Rohbauarbeiten betreffend das Bauvorhaben beauftragt worden. Diese Leistungen hat die Klägerin - was zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig ist - mangelfrei erbracht.
Der Vergütungsanspruch der Klägerin, dessen Höhe von 47 622,51 € zwischen den Parteien ebenfalls nicht im Streit steht, ist auch fällig.
Gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B setzt die Fälligkeit des Werklohns die Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung voraus. Eine solche hat die Klägerin der Beklagten zu 1.) unter dem 25.07.2007 erteilt. Zwar ist diese Abrechnung unter dem Briefkopf der ARGE erstellt worden. Die Schlussrechnung ist jedoch auch für die Beklagte zu 1.) unzweifelhaft als Schlussrechnung der Klägerin erkennbar gewesen und auch als solche erkannt worden. Entgegen dem Vortrag der Beklagten findet sich in der Schlussrechnung, die auch ausdrücklich als solche bezeichnet worden ist, keinerlei Hinweis auf eine Änderungsanzeige Nr. 72 der ARGE. Zudem hat die Beklagte zu 1.) unstreitig die Klägerin und nicht die ARGE mit der Durchführung der streitgegenständlichen Rohbauarbeiten beauftragt. Auch hat unstreitig die Klägerin und nicht die ARGE die Bauleistungen erbracht. Des Weiteren nimmt die Schlussrechnung ausdrücklich Bezug auf den der Klägerin erteilten Auftrag 01 - Rohbauarbeiten - vom 15.03.2007 und dessen Nachtrag. Auch enthält das Aufmaß zur Schlussrechnung genau die Positionen, die auch im Angebot der Klägerin vom 15.03.2007 aufgeführt sind. Dem entsprechend hat auch der Architekt der Beklagten zu 1.) erkannt, dass es sich um die Schlussrechnung der Klägerin handelt. Dies folgt aus der von der Klägerin vorgelegten Zahlungsfreigabe des Architekten vom 03.08.2007, welcher als Firma gerade nicht die ARGE sondern die Klägerin ausweist.
Auch wenn die Abnahme in § 16 Nr. 3 VOB/B nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist sie in der Regel Voraussetzung für die Fälligkeit der Schlussrechnung (vgl. Werner/Paster, a.a.O., Rz. 17).
Die Beklagte hat die dem Auftrag vom 15.06.2007 zugrunde liegenden Arbeiten der Klägerin abgenommen. Dies ergibt sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Abnahmeprotokoll vom 26.06.2007, welches für die Beklagte zu 1.) der insoweit von ihr bevollmächtigte Architekt unterzeichnet hat. Zwar ist in dem Protokoll die ARGE als Unternehmer aufgeführt. Abgenommen werden sollte nach dem Willen der Parteien jedoch das Werk der Klägerin. Denn diese und nicht die ARGE hat die streitgegenständlichen Bauleistungen erbracht. Darüber hinaus nimmt das Abnahmeprotokoll ausdrücklich Bezug auf die Auftragserteilung 2006 - 10 - 06, und damit auf den unter dem 15.03.2007 an die Klägerin erteilten streitgegenständlichen Auftrag. Die Nennung der ARGE steht der Abnahme gegenüber der Klägerin daher nicht entgegen, zumal sowohl ARGE als auch die Klägerin aus denselben Bauunternehmen bestehen, die auch im Abnahmeprotokoll ausdrücklich genannt sind.
Das Abnahmeprotokoll bestätigt eine rechtsgeschäftliche Abnahme nach § 12 Ziff. 1 VOB/B. Dies ergibt sich sowohl aus der insoweit eindeutigen Überschrift des Protokolls als auch aus dessen weiteren Inhalt, wonach die Beklagte zu 1.) der Klägerin ausdrücklich bestätigt, dass die beauftragten Leistungen vollständig erbracht und Qualitätsmängel nicht zu erkennen sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt des vorletzten Absatzes der Urkunde, wonach "diese Abnahme [...] technischer Art" sei. Denn zum einen betrifft die in § 4 Nr. 10 VOB/B geregelte technische Abnahme die Abnahme von Teilleistungen. Vorliegend hatte die Klägerin jedoch unstreitig bereits die gesamten Leistungen aus dem Auftrag vom 15.03.2007 erbracht, so dass für eine Teilabnahme überhaupt kein Raum gewesen ist. Zum anderen steht dem Hinweis auf eine bloß technische Abnahme der gesamte übrige Wortlaut des Protokolls entgegen, mit welchem die Beklagte zu 1.) bestätigt hat, dass die Klägerin das von ihr geschuldete Gewerk vollständig und frei von sichtbaren Mängeln erbracht hat. Die Abnahme vom 26.06.2007 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie unter der Bedingung der Vorlage des Betongütenachweises erfolgt ist. Zwar wird in der Rechtsprechung teilweise vertreten, dass die Abnahme grundsätzlich bedingungsfeindlich ist (vgl. OLG Brandenburg, BauR 2005, 1971 ff, [OLG Brandenburg 27.04.2005 - 4 U 64/02] zitiert nach Juris). Die Formulierung einer Bedingung führt jedoch nicht in per se zur Unwirksamkeit der Abnahme. Vielmehr ist auch nach der vom OLG Brandenburg vertretenen Auffassung im Einzelfall zu prüfen, ob der Auftraggeber die Leistung trotz der Bedingung als im Wesentlichen vertragsgerecht akzeptiert hat (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O.). So liegt es auch hier. Zwar hat die Beklagte zu 1.) die spätere Vorlage der Betongütebescheinigung verlangt. Dass sie deshalb das Werk der Klägerin nicht als vertragsgemäß ansehen würde, ergibt sich hieraus jedoch nicht. Vielmehr hat die Beklagte zu 1.) ausdrücklich und ohne Einschränkung bestätigt, dass die Klägerin die von ihr geschuldeten Leistungen ohne sichtbare Qualitätsmängel erbracht hat. Die Vorlage des Betongütenachweises stellt demgegenüber lediglich die Nachprüfbarkeit der optisch nicht erkennbaren Betongüte sicher, um etwaigen Mängel erkennen und rügen zu können. Ein Vorbehalt späterer Mängelrügen steht einer Abnahme aber nicht entgegen. Darüber hinaus hat die Klägerin die Streitgegenständlichen Betongütebescheinigungen der Beklagten zu 1.) auch vorgelegt, so dass die in der Abnahme erklärte Bedingung eingetreten ist. Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung diesem bis dahin unstreitigen Vorbringen der Klägerin erstmals entgegen getreten sind, ist ihr Vortrag gem. § 296 Abs. 2 ZPO verspätet. Die Beklagten hätten dem im Schriftsatz der Klägerin vom 18.08.2009 gem. § 282 BGB rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung entgegentreten können und müssen. Eine Berücksichtigung des neuen Vorbringens der Beklagten würde zudem zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen, da nach dem Beweisantritt der Klägerin über die Frage der Vorlage der Betongütebescheinigung Beweis erhoben werden müsste. Das Bestreiten der Beklagten war daher nicht zu berücksichtigen.
Aber auch dann, wenn keine Abnahme erfolgt wäre bzw. im Hinblick auf den Nachtrag vom 29.06.2007, bei dem keine Abnahme erfolgt ist, ist die Beklagte zu 1.) zur Schlusszahlung verpflichtet Denn der Auftragnehmer muss die Schlusszahlung auch im Falle einer nicht erfolgten Abnahme leisten, wenn die Leistungen des Auftragnehmers keine zur Verweigerung der Abnahme berechtigende Mängel aufweisen (vgl. Locher/Vygen, VOB Kommentar, § 16 VOB/B, Rz. 19). So liegt es hier. Nachdem die Klägerin unstreitig sämtliche von ihr geschuldeten Leistungen mangelfrei erbracht hat und die Beklagte zu 1.) auch keinerlei Mängel behauptet hat, liegen keine zur Verweigerung der Abnahme berechtigende Mängel vor mit der Folge, dass die Klägerin die Zahlung des vereinbarten Werklohns zu leisten hat.
Nachdem die Schlussrechnung der Klägerin der Beklagten zu 1.) ausweislich der Zahlungsfreigabe des Architekten vom 03.08.2007 am 31.07.2007 zugegangen ist, ist die 2-Monatsfrist des § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B mit dem 30.09.2007 abgelaufen, so dass die Schlussrechnung mit dem 01.10.2007 fällig war.
2.
Neben dem Vergütungsanspruch von 47 622,51 € hat die Beklagte zu 1.) der Klägerin gem. §§ 280, 286 BGB auch die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten von 1 589,00 € zu erstatten. Nachdem die Schlussrechnung am 01.10.2007 fällig geworden ist, hat die Klägerin die Beklagte zu 1.) am selben Tage mit Frist zum 10.10.2007 angemahnt. Mit Ablauf des 10.10.2007 hat sich die Beklagte zu 1.) mithin in Verzug befunden. Die im Januar 2009 erfolgte vorgerichtliche Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin war mithin verzugsbedingt.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB und war betreffend den Vergütungsanspruch erst ab Verzugseintritt, mithin ab dem 11.10.2007 zuzusprechen. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs war die Klage abzuweisen.
3.
Die Haftung der Beklagten zu 2.) und 3.) als BGB-Gesellschafter der Beklagten zu 1.) ergibt sich aus § 128 HGB analog.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO, der Ausspruch über die sofortige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.