Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.04.2000, Az.: 1 K 2245/99
allgemeines Wohngebiet; Bebauungsplan; besonderes Wohngebiet; Gliederung; Normenkontrollantrag; Normenkontrolle; Normenkontrollverfahren; Nutzung; Nutzungsausschluss; Wohnbebauung; Zweckbestimmung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 05.04.2000
- Aktenzeichen
- 1 K 2245/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 42102
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 47 VwGO
- § 1 BauNVO
- § 41 BauNVO
- § 13 BauNVO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Festsetzung eines besonderen Wohngebiets ist nicht gerechtfertigt, wenn die vorhandene Wohnbebauung so dominiert, dass sich das Gebiet nach seiner Nutzungsstruktur von einem allgemeinen Wohngebiet nur unwesentlich unterscheidet. Gleiches gilt, wenn Gewerbebetriebe nicht oder nur in geringer Anzahl ohne nennenswerten Einfluss auf die Eigenart des Gebietes vorhanden sind.
2. Eine Gliederung, die die das besondere Wohngebiet mitprägenden gewerblichen Nutzungen vollständig ausschließt oder unzumutbar einschränkt, verstößt gegen die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets nach § 4a Abs. 1 Satz 2 BauNVO.
3. Der Ausschluss von Räumen und Gebäuden für freie Berufe nach § 1 Abs. 5 BauNVO verfehlt den Zweck des besonderen Wohngebiets.
Tatbestand:
Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan M-390 B der Antragsgegnerin.
Die Antragsteller sind Miteigentümer des im Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans gelegenen Hausgrundstücks ... das mit einer vor 1900 errichteten Villa zweieinhalbgeschossig mit Souterrain bebaut ist. Sie betreiben dort ein Büro für Garten- und Landschaftsarchitektur unter "wohnmäßigen" Bedingungen ohne Angestellte.
Der Geltungsbereich des Bebauungsplans erfasst den östlichen Teil des Dobbenviertels, das im Wesentlichen von 1866 bis etwa 1880 mit drei- bzw. vierachsigen giebelständigen Häusern mit ausgebautem Dachgeschoss bebaut wurde. Kennzeichnend sind eine einheitliche Baulinie mit kleinen Vorgärten, die Aneinanderreihung der Häuser mit relativ einheitlichen Gebäudefronten von 10 -- 12 m, ein schmaler Bauwich (z. T. nur 1 -2 m) zum Nachbargrundstück und schmale, in die Tiefe gehende Grundstücksparzellen. Das ursprüngliche Dobbenviertel wurde als reines Wohngebiet geplant. In den letzten Jahrzehnten verzeichnete die Antragsgegnerin eine deutliche Zunahme der Nichtwohnnutzungen.
Wesentliches Ziel des Bebauungsplans ist es, die Wohnnutzung und die bauliche Struktur im Planbereich zu sichern. Gleichzeitig soll der durch Tertiärnutzungen ausgelöste Verdrängungsprozess gestoppt werden. Die Antragsgegnerin geht davon aus, dass es sich beim Dobbenviertel um ein im Wesentlichen bebautes Areal handelt, das den Gebietscharakter eines besonderen Wohngebietes aufweise. Nach der Begründung zu dem Bebauungsplan soll die Wohnnutzung erhalten und fortentwickelt werden. Es wird deshalb neben den öffentlichen Grünflächen (u.a. Caecilienplatz) und einem Sondergebiet für das Staatstheater ein besonderes Wohngebiet festgesetzt, das nach § 1 Abs. 1 -- Abs. 3 der textlichen Festsetzungen wie folgt hinsichtlich der Art der Nutzungen geordnet wird:
Art der baulichen Nutzung
(1) Im besonderen Wohngebiet 1 (WB 1) sind die gem. § 4 a Abs. 2 Nr. 2 der Baunutzungsverordnung (Stand: 23.01.90) allgemein zulässigen Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Schank- und Speisewirtschaften sowie die Ausnahmen gem. § 4 a Abs. 3 nicht zulässig. Die gem. § 4 a Abs. 2 Nr. 3 der BauNVO allgemein zulässigen sonstigen Gewerbebetriebe sind im Sinne des § 13 BauNVO nur zulässig für Gewerbetreibende, die ihren Beruf ähnlich freiberuflich Tätiger ausüben.
(2) Im besonderen Wohngebiet 2 (WB 2) sind die gem. § 4 a Abs. 2 Nr. 2, 3 und 4 der BauNVO allgemein zulässigen Nutzungen sowie die Ausnahmen gem. § 4 a Abs. 3 nicht zulässig. Unzulässig sind gem. § 1 Abs. 5 BauNVO Gebäude für freie Berufe, zulässig sind Räume für freie Berufe.
In Gebäuden sind gem. § 4 a Abs. 4 Nr. 2 der BauNVO mind. 2/3 der zulässigen bzw. ausnahmsweise zulässigen Geschossfläche gem. § 2 dieser Satzung für Wohnungen zu verwenden.
(3) Im besonderen Wohngebiet 3 (WB 3) sind die gem. § 4 a Abs. 2 Nr. 2, 3, 4 und 5 der BauNVO allgemein zulässigen Nutzungen sowie die Ausnahmen gem. § 4 a Abs. 3 nicht zulässig. Gem. § 1 Abs. 5 BauNVO sind Räume und Gebäude für freie Berufe nicht zulässig.
(4)...
Für das Grundstück der Antragsteller und die sich nördlich anschließenden Flurstücke wird ein WB 3 -- Gebiet festgesetzt. Südlich schließt sich ein WB 1 -- Gebiet an, dass das Grundstück der AOK ... und weitere Grundstücke der Moltkestraße bis zur Gartenstraße erfasst. Das Grundstück der AOK hat die Form eines großen "L", grenzt mit einer Breite von ca. 15 m an die Mstraße und erstreckt sich rückwärtig bis zur Bismarckstraße, die parallel zur Mstraße verläuft. Es ist entlang der B-straße bis zur Einmündung in die G-straße mit dem Verwaltungsgebäude der Krankenkasse bebaut. Auf dem kleineren Teilstück in Nachbarschaft zu dem Grundstück der Antragsteller (ehemalige M-straße X) befindet sich eine Parkanlage, im Einzelnen eine Tiefgarage (20 Stellplätze) mit Zufahrt von der B-straße und ein Parkplatz (19 Stellplätze) mit Zufahrt von der M-straße.
Der Normenkontrollantrag hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der Bebauungsplan M-390 B der Antragsgegnerin ist nichtig, soweit er das Gebiet südöstlich der ...straße betrifft. Die Festsetzung eines besonderen Wohngebietes ist mit der BauNVO unvereinbar. Der Gemeinde ist bei der Festsetzung der Art der Nutzung kein Festsetzungsfindungsrecht eingeräumt, vielmehr ist sie an die in der BauNVO vorgegeben Baugebiete als Typen gebunden (BVerwG, Urt. v. 11.2.1993 -- 4 C 18.91 --, BVerwGE 92, 56; Urt. v. 16.9.1993 -- 4 C 28.91 --, BVerwGE 94, 151), die sie nur nach Maßgabe des § 1 BauNVO variieren darf. Nach § 4a Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind besondere Wohngebiete überwiegend bebaute Gebiete, die aufgrund ausgeübter Wohnnutzung und vorhandener in Abs. 2 genannter Anlagen eine besondere Eigenart aufweisen und in denen unter Berücksichtigung dieser Eigenart die Wohnnutzung erhalten und fortentwickelt werden soll. Die Festsetzung eines Gebietes nach § 4a BauNVO setzt voraus, dass das Gebiet nach seinen tatsächlichen städtebaulichen Verhältnissen eine besondere Eigenart aufweist, die sich durch eine Nutzungsmischung aus ausgeübter Wohnnutzung und Betrieben sowie Anlagen nach § 4a Abs. 2 BauNVO auszeichnet (Stock in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 1999, § 4a, Anm. 6). Nach Abs. 2 der genannten Vorschrift wird der Gebietscharakter durch Wohngebäude (1.), Läden, Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Schank- und Speisewirtschaften (2.), sonstige Gewerbebetriebe (3.), Geschäfts- und Bürogebäude (4.) sowie Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und. sportliche Zwecke (5.) bestimmt. Die vorgefundene Mischung aus Wohnen und anderen Nutzungen weist eine besondere Eigenart (im Verhältnis zu anderen Baugebieten) nicht auf, wenn die Wohnbebauung so dominiert, dass sich das Gebiet nach seiner Nutzungsstruktur von einem allgemeinen Wohngebiet nur unwesentlich unterscheidet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.1.1992 -- 4 B 228.91 --, Buchholz 406. 12 § 4a BauNVO Nr. 2). Gleiches gilt, wenn die in der Vorschrift hervorgehobenen Gewerbebetriebe nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BauNVO in dem Gebiet nicht oder nur in einer Anzahl tatsächlich vorhanden sind, die faktisch keinen nennenswerten Einfluss auf die Eigenart des Gebietes ausübt. In einem solchen Fall fehlt mit dem Gewerbe eine die Gebietsart nach § 4a BauNVO mitprägende Nutzung. Denn die übrigen sonstigen Nutzungen heben sich nicht so deutlich von einem allgemeinen Wohngebiet ab, dass sie die Festsetzung eines besonderen Wohngebietes rechtfertigen könnten. Hieran gemessen entspricht der tatsächlich vorhandene Bestand in dem Geltungsbereich des Bebauungsplanes südöstlich der ...straße nicht dem Charakter eines besonderen Wohngebietes.
Nach der von der Antragsgegnerin im Dezember 1995 durchgeführten Bestandsaufnahme dienen von den im Geltungsbereich des Bebauungsplanes vorhandenen 77 Gebäuden 39 ausschließlich dem Wohnen. Von den restlichen 38 baulichen Anlagen werden 24 gemischt (Wohnen/Nicht-Wohnen) und 14 ausschließlich zu anderen Zwecken als dem Wohnen genutzt. Die auf den Teilbereich des Bebauungsplanes südöstlich der Roonstraße bezogene Ortsbesichtigung des Senats hat die von der Antragsgegnerin aufgenommene Mischungsstruktur auch für diesen Teil des Bebauungsplanes bestätigt. Nach dem vorgefundenen Bestand dienen von 39 Gebäuden etwas mehr als die Hälfte, nämlich 20, ausschließlich dem Wohnen. Lediglich 10 Gebäude werden nicht zum Wohnen genutzt. Nach den Feststellungen des Senats sind in diesem Teilbereich des Planes neben dem Wohnen ausschließlich tertiäre Nutzungen anzutreffen. Die betreffenden Gebäude an den Hauptverkehrsstraßen ...straße und Gstraße sowie den dazwischen verlaufenden Straßen ...straße und ...straße werden teilweise oder vollständig als Büros oder für freie Berufe (Architekten, Ärzte, Steuerberater und Makler) genutzt. Gewerbliche Nutzungen nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BauNVO hat der Senat nicht festgestellt.
Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung und auf der Grundlage der Bestandsaufnahme der Antragsgegnerin ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses in dem Plangebiet südöstlich der Roonstraße die Wohnbebauung nach wie vor gegenüber anderen Nutzungen dominiert. Von den 39 Gebäuden in diesem Areal werden 29 zum Wohnen genutzt. Die in den übrigen 10 Gebäuden und den teilweise dem Wohnen dienenden Häusern angetroffene Büronutzung und Nutzung für freie Berufe weichen in ihrem städtebaulichen Gesicht nicht so deutlich von der Wohnnutzung ab, dass schon wenige Gebäude mit der dargestellten Nutzung einem Gebiet eine besondere Eigenart verleihen. Auch wenn sich die Büronutzung und die Nutzung eines Gebäudes für freie Berufe nicht in den Katalog des allgemein Zulässigen nach § 4 Abs. 2 BauNVO einfügen, können sie doch ausnahmsweise im allgemeinen Wohngebiet zugelassen werden. Damit unterscheidet sich das Plangebiet südöstlich der Roonstraße nur unwesentlich von einem allgemeinen Wohngebiet.
Vor allem aber fehlt die das besondere Wohngebiet mitprägende gewerbliche Nutzung in diesem abgrenzbaren Teilbereich des Bebauungsplanes gänzlich. Selbst an den von der Antragsgegnerin als Hauptverkehrsadern bezeichneten Straßenzügen ...straße und Gartenstraße haben sich im Plangebiet Gewerbebetriebe nicht angesiedelt. Nach den Feststellungen des Senats sind in den Gebäuden, die an diese Straßen angrenzen, nur Büronutzung und Räume für freiberufliche Nutzung vorhanden. Damit fehlt eine für die städtebauliche Eigenart des besonderen Wohngebiets maßgebliche Komponente, die nicht allein durch Büronutzung und freie Berufe ersetzt werden kann.
Des Weiteren wird durch die Gliederung des besonderen Wohngebietes in drei Nutzungsbereiche WB 1, WB 2 und WB 3, in denen unterschiedliche Nutzungen zugelassen sind, die Zweckbestimmung des Gebietes nach § 1 iVm § 4a Abs. 1 Satz 2 BauNVO verfehlt. Nach § 1 Abs. 4 BauNVO können für besondere Wohngebiete nach § 4a des Gesetzes -- ebenso wie für die in §§ 4, 5 bis 9 BauNVO bezeichneten Gebiete -- Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet nach der Art der zulässigen Nutzung (bzw. nach der Art der Betriebe und Anlagen) gliedern. Anders als Gewerbe- und Industriegebiete nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO können besondere Wohngebiete nur innerhalb des jeweiligen Baugebietes gegliedert werden. Das bedeutet, dass die im Baugebietskatalog aufgeführten Nutzungen an irgendeiner Stelle des Baugebiets noch zulässig bzw. ausnahmsweise zulassungsfähig sein müssen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Aufl. 1998, § 1, Anm. 83). Auch bei einer Gliederung muss nämlich die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets, die jeweils in Abs. 1 der Baugebietsnorm festgelegt ist, gewahrt sein (BVerwG, Beschl. v. 22.12.1989 -- 4 NB 32.89 --, BRS 49 NR. 74). Hieran gemessen werden die Festsetzungen WB 1 bis WB 3 der Zweckbestimmung des besonderen Wohngebietes nach § 4a Abs. 1 Satz 2 BauNVO nicht gerecht.
Das besondere Wohngebiet nach § 4a BauNVO zeichnet sich durch Wohnnutzung und sonstige Anlagen nach Abs. 2 der Vorschrift in überwiegend bebauten Gebieten aus. Es dient nach § 4a Abs. 1 Satz 2 BauNVO vorwiegend dem Wohnen, aber auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sonstigen Anlagen im Sinne der Abs. 2 und 3, soweit diese Betriebe und Anlagen nach der besonderen Eigenart des Gebietes mit der Wohnnutzung vereinbar sind. Im Baugebietskatalog steht das besondere Wohngebiet zwischen dem allgemeinen Wohngebiet und dem Mischgebiet. Die Nutzungsmischung geht über das allgemeine Wohngebiet hinaus, erreicht aber wegen der Betonung der Wohnfunktion nicht die Gleichrangigkeit von Wohnen und Gewerbe im Mischgebiet. Die in dem angegriffenen Bebauungsplan festgesetzte Art der Nutzung in den Nutzungsbereichen WB 1 bis WB 3 schränkt die gewerbliche und sonstige Nutzung soweit ein, dass von einer Zweckbestimmung, die auch die Unterbringung von Gewerbebetrieben und sonstigen Anlagen nach § 4a Abs. 2 und Abs. 3 BauNVO einschließt, nicht mehr die Rede sein kann.
Im WB 1 sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes die gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässigen Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Schank- und Speisewirtschaften sowie die Ausnahmen nach Abs. 3 nicht zulässig. Das bedeutet, dass im WB 1 mit Ausnahme von Läden alle gewerblichen Nutzungen, die das Wesen des besonderen Wohngebietes nach § 4a Abs. 1 Satz 2 BauNVO mitbestimmen, ausgeschlossen sind. Zwar sollen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 der textlichen Festsetzungen die gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 3 BauNVO allgemein zulässigen sonstigen Gewerbebetriebe im WB 1 dann weiterhin zulässig sein, wenn es sich um Gewerbetreibende handelt, die ihren Beruf ähnlich freiberuflich Tätiger im Sinne des § 13 BauNVO ausüben. Damit werden aber aus dem Baugebiet insbesondere die im Zulässigkeitskatalog des § 4a BauNVO nicht ausdrücklich erwähnten Handwerksbetriebe und weitere mit der Wohnnutzung vereinbare gewerbliche Nutzungen verbannt. Eine solche Einschränkung der das besondere Wohngebiet mitprägenden gewerblichen Nutzungen verstieße nur dann nicht gegen § 4a Abs. 1 Satz 2 BauNVO, wenn in anderen Teilbereichen des Plangebiets solche Nutzungen zulässig und dadurch bei einer Gesamtbetrachtung die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebietes gewahrt wäre. So liegt der Fall hier aber nicht, denn in den anderen Gebieten -- WB 2 und WB 3 -- ist die gewerbliche Nutzung noch stärker eingeschränkt.
Im WB 2 sind nach § 1 Abs. 2 Satz 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes die Nutzungen nach § 4a Abs. 2 Nrn. 2, 3 und 4 BauNVO sowie nach Abs. 3 der Vorschrift nicht zulässig, unzulässig sind nach Satz 2 auch Gebäude für freie Berufe, zulässig sind nur Räume für freie Berufe. In diesem Nutzungsbereich werden die gewerblichen Nutzungen somit vollständig ausgeschlossen. Damit entspricht der Kreis der zulässigen Nutzungen dem im allgemeinen Wohngebiet, wo nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 BauNVO genau die Anlagen zulässig sind, die im WB 2 zugelassen werden. Ausgeklammert werden gegenüber dem allgemeinen Wohngebiet die der Versorgung des Gebietes dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO.
Im WB 3 hat die Antragsgegnerin die Nichtwohnnutzung noch stärker eingeschränkt. Hier sind nach § 1 Abs. 3 Satz 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes alle Nutzungen außer Wohngebäude ausgeschlossen. Das bedeutet, dass im WB 3 jede andere Nutzung als Wohnen noch stärker eingeschränkt ist als im reinen Wohngebiet. Es fehlt jede gewerbliche und "tertiäre" Komponente, die für die Zweckbestimmung des besonderen Wohngebietes nach § 4a Abs. 1 Satz 2 BauNVO bestimmend sind. Die Antragsgegnerin greift deshalb zu kurz, wenn sie in der Begründung zu dem Bebauungsplan unter Ziff. 3.1 ausführt, dass besondere Wohngebiete entsprechend ihrer Zweckbestimmung ausschließlich bzw. vorwiegend dem Wohnen dienten. Die in der weiteren Begründung von der Antragsgegnerin selbst gesehenen rechtlichen Möglichkeiten nach der BauNVO, differenzierte Festsetzungen im besonderen Wohngebiet zu treffen, setzt sie in ihrer Planung nur unzureichend ein. Mit der Festsetzung der Art der baulichen Nutzung schränkt sie die gewerblichen Nutzungen so weit ein, dass der Gebietscharakter nicht mehr gewahrt ist.
Die dargestellten Einschränkungen der Art der Nutzung in den Bereichen WB 1 bis WB 3 können auch nicht auf § 1 Abs. 5 BauNVO gestützt werden. Nach dieser Vorschrift kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Zwar werden mit § 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes bestimmte Arten von Nutzungen, die nach § 4a BauNVO allgemein bzw. ausnahmsweise zulässig sind, ausgeschlossen. Die Ausschlüsse wahren aber wegen der oben aufgezeigten fehlenden gewerblichen Komponente nicht die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebietes.
Schließlich ist auch der Ausschluss von Räumen und Gebäuden für freie Berufe im WB 3 nach § 1 Abs. 3 Satz 2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes mit der BauNVO nicht vereinbar. Der Ausschluss von Nutzungen, die nach § 13 BauNVO zulässig sind, bedarf nach § 1 Abs. 5 BauNVO städtebaulicher Gründe. Allein das anerkennenswerte Bestreben, dem Wohnen den Vorrang vor "tertiären" Nutzungen zu geben, rechtfertigt vor dem Hintergrund der durch § 3 BauNVO vorgezeichneten Nutzungsstruktur des reinen Wohngebietes nicht, andere Nutzungen als das Wohnen im besonderen Wohngebiet noch weitgehender auszuschließen als im reinen Wohngebiet. Mit dem Ausschluss von Räumen und Gebäuden für freie Berufe wird nicht einem Vorrang des. Wohnens das Wort geredet, sondern dem völligen Ausschluss jeglicher "Nicht-Wohnnutzung". Damit wird der Zweck des besonderen Wohngebietes einer "besonderen" Mischung anderer Nutzungen mit dem vorrangigen Wohnen verfehlt. Darüber hinaus spricht aber auch § 1 Abs. 5 BauNVO gegen eine stärkere Einschränkung der Nutzung als im reinen Wohngebiet, weil § 1 Abs. 5 BauNVO einen Ausschluss oder eine Einschränkung von Nutzungen gerade nicht im reinen Wohngebiet gestattet. Schließlich verfehlt der Ausschluss von Räumen und Gebäuden für freie Berufe aber auch die Zweckbestimmung des Baugebietes, weil sich das WB 3 von der Zweckbestimmung des § 4a Abs. 1 Satz 2 BauNVO durch diesen Ausschluss noch weiter entfernt als durch die Gliederung.
Hieraus folgt, dass der Bebauungsplan der Antragsgegnerin für nichtig zu erklären ist, soweit er den Teilbereich südöstlich der ...straße betrifft. Die Nichtigkeit der Festsetzung der Art der baulichen Nutzung berührt die Grundzüge der Planung. Sie erfasst daneben alle anderen Festsetzungen, weil dem Plan ohne eine Gebietsfestsetzung die Kernaussage seines Konzepts, auf dem er beruht, fehlt (BVerwG, Beschl. v. 8.8.1989 -- 4 N B 2.89 --, BRS 49, Nr. 35). Eine Nachbesserung gemäß § 215a BauGB scheidet somit aus. Weiterhin ist der Bebauungsplan räumlich teilbar. Der Plan für den Bereich nordwestlich der ...straße kann auch ohne den südöstlichen Teil eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken. Es ist auch anzunehmen, dass die Antragsgegnerin einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts erlassen hätte (BVerwG, Beschl. v. 20.8.1991 -- 4 NB 3.91 -- BRS 52 Nr. 36). Die ...straße bildet eine aus dem Plan ersichtliche örtliche Grenze, die den Geltungsbereich teilbar macht.