Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.08.2016, Az.: 8 LA 52/16

Ausbildung; Ausbildungsstand; Gesundheits- und Krankenpflegerin; Gleichwertigkeit; Krankenschwester; wesentliche Unterschiede

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.08.2016
Aktenzeichen
8 LA 52/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43275
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 24.02.2016 - AZ: 7 A 914/15

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichter der 7. Kammer - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Gesundheits- und Krankenpflegerin".

Die 1959 geborene Klägerin absolvierte von 1975 bis 1978 an der Medizinischen Fachschule in C. eine Ausbildung zur Krankenschwester. Auf Beschluss der Staatlichen Qualifikationskommission vom 6. Juli 1978 wurde ihr die Qualifikation als Krankenschwester verliehen. Als solche war sie tätig von August 1978 bis Januar 1980 in der Abteilung Gefäßchirurgie des Klinischen Gebietskrankenhauses D., im Februar und März 1980 in der Abteilung für Endotherapie des Städtischen klinischen Krankenhauses E., von März bis Mai 1980 im Bezirks-Militärkrankenhaus E., von Juli 1982 bis Juni 1984 in verschiedenen Abteilungen des Zentralen Kreiskrankenhauses F., von Juni bis September 1984 in der Chirurgischen Abteilung des Eisenbahnkrankenhauses E. und von Oktober 1991 bis März 1996 "halbtags und nebenamtlich" in der Abteilung für allgemeine Onkochirurgie des Kasachischen Forschungsinstituts für Onkologie und Radiologie, G..

Nach Übersiedlung in das Bundesgebiet beantragte die Klägerin 1999 die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Krankenschwester" und absolvierte 1999/2000 einen zehnmonatigen Lehrgang mit Kenntnisprüfung, um die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes feststellen zu lassen. Den praktischen Teil der Kenntnisüberprüfung bestand die Klägerin nicht. Die Bezirksregierung H. lehnte daraufhin mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 24. August 2000 ihren Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Krankenschwester" ab, erteilte ihr aber die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Krankenpflegehelferin". Als solche war sie bis September 2011 beruflich tätig.

Auch einen weiteren Antrag vom 27. März 2003 auf Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Krankenschwester" lehnte die Bezirksregierung H. mit Bescheid vom 20. August 2003 ab. Begründet wurde diese Entscheidung mit einer mangelnden Gleichwertigkeit der von der Klägerin im Ausland absolvierten Ausbildung mit der deutschen Referenzausbildung und dem erneuten Nichtbestehen des praktischen Teils einer Kenntnisprüfung am 15. August 2003. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2005 zurück.

Am 13. März 2014 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Bewertung und Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation als "Gesundheits- und Krankenpflegerin" (früher: Krankenschwester) und wies auf absolvierte Fortbildungen und gesammelte Berufserfahrung hin. Mit Bescheid vom 21. Januar 2015 lehnte es der Beklagte ab, die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes der Klägerin mit dem der deutschen Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin festzustellen. Zur Begründung machte er geltend, eine Gegenüberstellung der konkreten Ausbildungsinhalte habe wesentliche Unterschiede der Ausbildungen gezeigt. Zum einen sei die von der Klägerin absolvierte Ausbildung eher naturwissenschaftlich und medizinorientiert ausgerichtet gewesen; in Deutschland orientiere sich die Ausbildung hingegen an pflegewissenschaftlichen Erkenntnissen. Zum anderen umfasse die praktische Ausbildung in Deutschland mindestens 2.500 Stunden. Die Klägerin habe aber nur Praktika von circa 400 Stunden nachgewiesen, die zudem konkrete pflegerische Schwerpunkte nicht erkennen ließen. Diese Unterschiede seien durch die lange zurückliegende Berufserfahrung als Krankenschwester nicht ausgeglichen worden. Der Beklagte verwies die Klägerin auf die Möglichkeiten, einen zehnmonatigen Anpassungslehrgang oder eine Kenntnisprüfung zu absolvieren.

Am 19. Februar 2015 hat die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht Klage erhoben, mit der sie die Verpflichtung des Beklagten begehrt, ihr die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Gesundheits- und Krankenpflegerin" zu erteilen. Sie hat sich maßgeblich auf weitere absolvierte Fortbildungen und zusätzlich erworbene Qualifikationen berufen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2016 ergangenen Urteil abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) und der Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (2.) sind zum Teil schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt und liegen im Übrigen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104, 140). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542, 543). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 17.6.2015 - 8 LA 16/15 -, NdsRPfl. 2015, 244, 245; Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u.a., VwGO, 6. Aufl., § 124a Rn. 80 jeweils mit weiteren Nachweisen).

Die Klägerin wendet gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ein, das Verwaltungsgericht habe die Gleichwertigkeit der Ausbildung nur unzureichend und fehlerhaft bewertet. Unterschiede in der theoretischen Ausbildung seien nicht gegeben, da die in Kasachstan absolvierte Ausbildung insoweit umfangreicher ausgestaltet sei als die deutsche Referenzausbildung. Unterschiede in der praktischen Ausbildung seien entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts durch Berufserfahrung ausgeglichen. Regelungen des Gesetzes über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen (Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz - BQFG -) und des Niedersächsischen Gesetzes über die Feststellung der Gleichwertigkeit im Ausland erworbener Berufsqualifikationen (Niedersächsisches Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz - NBQFG -), wonach erforderliche Qualifikationen auch durch einschlägige Berufserfahrungen nachgewiesen werden könnten, seien nicht zur Anwendung gelangt. Sie - die Klägerin - habe über einen Zeitraum von etwa 18 Jahren tatsächlich als Krankenschwester gearbeitet. Diese praktische Berufserfahrung sei nicht hinreichend berücksichtigt worden. Dem angefochtenen Urteil könne nicht entnommen werden, in welchem Umfang die Berufserfahrung bei der Gleichwertigkeitsprüfung berücksichtigt worden sei. Der Beklagte habe die Berufserfahrung bei seiner Entscheidung gar nicht berücksichtigt, weil sie länger als fünf Jahre zurückliege. Dies sei rechtsfehlerhaft und bewirke einen Ermessensausfall. Denn der Gesetzgeber habe einen derartigen Ausschluss der Berücksichtigung von Berufserfahrung nicht vorgesehen. Der Beklagte habe daher die praktische Berufserfahrung bewerten und bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen müssen.

Diese Einwände begründen nach dem eingangs dargestellten Maßstab ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Gesundheits- und Krankenpflegerin" zu erteilen, im Ergebnis (vgl. zum Maßstab der Ergebnisrichtigkeit: BVerwG, Beschl. v. 1.2.1990 - BVerwG 7 B 19.90 -, Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 22; Senatsbeschl. v. 17.5.2016 - 8 LA 40/16 -, juris Rn. 22) zutreffend abgewiesen.

Dem Klageantrag auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der begehrten Erlaubnis muss schon deshalb der Erfolg versagt bleiben, weil die Klägerin einen entsprechenden Antrag bei dem Beklagten nicht (erneut) gestellt hat (vgl. zum Erfordernis des vorgerichtlichen Antrags auf Vornahme des Verwaltungsaktes bei Verpflichtungsklagen: BVerwG, Urt. v. 16.12.2009 - BVerwG 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504, 1505; Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 36 jeweils mit weiteren Nachweisen). Am 13. März 2014 hat die Klägerin bei dem Beklagten lediglich die Bewertung und Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation als "Gesundheits- und Krankenpflegerin" (früher: Krankenschwester) beantragt. Nur diesen Antrag, dessen Inhalt im Klageverfahren durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 22. Juni 2015 auch noch einmal ausdrücklich bestätigt worden ist, hat der Beklagte im Bescheid vom 21. Januar 2015 abgelehnt.

Unabhängig davon erfüllt die Klägerin aber auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Gesundheits- und Krankenpflegerin" nicht.

Die Erteilung einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Gesundheits- und Krankenpflegerin" setzt nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Berufe in der Krankenpflege (Krankenpflegegesetz - KrPflG -) vom 16. Juli 2003 (BGBl. I S. 1442) in der hier maßgeblichen, zuletzt durch Gesetz vom 18. April 2016 (BGBl. I S. 886) geänderten Fassung auch voraus, dass die Antragstellerin die durch das Krankenpflegegesetz vorgeschriebene Ausbildungszeit abgeleistet und die staatliche Prüfung bestanden hat. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 KrPflG erfüllt diese Voraussetzung - vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Bestimmungen in § 2 Abs. 4 bis 6 und § 25 KrPflG - auch eine außerhalb des Bundesgebietes und auch außerhalb eines anderen Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums erworbene abgeschlossene Ausbildung, wie sie von der Klägerin absolviert worden ist, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist.

Die danach erforderliche Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes ist hier nicht gegeben. Der von der Klägerin nachgewiesene Ausbildungsstand ist mit der deutschen Referenzausbildung nicht gleichwertig.

Der Ausbildungsstand ist nach § 2 Abs. 3 Satz 2 KrPflG als gleichwertig anzusehen, wenn die von der Antragstellerin absolvierte und abgeschlossene Ausbildung keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der im Krankenpflegegesetz und in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege - KrPflAPrV - vom 10. November 2003 (BGBl. I S. 2263), in der zuletzt durch Gesetz vom 18. April 2016 (BGBl. I S. 886) geänderten Fassung, geregelten Ausbildung aufweist. Wesentliche Unterschiede im Sinne dieser Bestimmung liegen nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrPflG etwa dann vor, wenn die Ausbildung der Antragstellerin hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit Fächer (des theoretischen und praktischen Unterrichts) oder Bereiche der praktischen Ausbildung umfasst, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die nach dem Krankenpflegegesetz und nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege vorgeschrieben sind (vgl. zu den Themenbereichen und Fächern des theoretischen und praktischen Unterrichts: Abschnitt A der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 KrPflAPrV und zu den Bereichen der praktischen Ausbildung: Abschnitt B der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 KrPflAPrV), und die Antragstellerin diese Unterschiede nicht durch Kenntnisse und Fähigkeiten ausgleichen kann, die sie im Rahmen ihrer Berufspraxis als Gesundheits- und Krankenpflegerin in Voll- oder Teilzeit oder durch lebenslanges Lernen erworben hat, sofern die durch lebenslanges Lernen erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten von einer dafür in dem jeweiligen Staat zuständigen Stelle formell als gültig anerkannt wurden: Dabei ist nicht entscheidend, in welchem Staat diese Kenntnisse und Fähigkeiten erworben worden sind. Themenbereiche und Fächer des theoretischen und praktischen Unterrichts oder Bereiche der praktischen Ausbildung unterscheiden sich gemäß § 2 Abs. 3 Satz 4 KrPflG wesentlich, wenn die nachgewiesene Ausbildung der Antragstellerin wesentliche inhaltliche Abweichungen hinsichtlich der Kenntnisse und Fähigkeiten aufweist, die eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs der Gesundheits- und Krankenpflegerin in Deutschland sind; § 2 Abs. 3 Satz 3 Satz 3 letzter Teilsatz gilt insoweit entsprechend. Maßgebend für die hiernach vorzunehmende Gleichwertigkeitsprüfung ist der aktuelle Stand der deutschen Referenzausbildung und nicht deren Stand im Zeitpunkt des Erwerbs des ausländischen Abschlusses (vgl. Senatsurt. v. 13.3.2014 - 8 LB 73/13 -, juris Rn. 39 (zu § 2 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Satz 2 bis 6 sowie 8 ZHG); Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen, BT-Drs. 17/6260, S. 50; Maier/Rupprecht, Das Anerkennungsgesetz des Bundes, in: GewArch Beilage Wirtschaft und Verwaltung, 2012, S. 62, 71).

Hieran gemessen bestehen wesentliche Unterschiede zwischen der von der Klägerin absolvierten und nachgewiesenen Ausbildung und der deutschen Referenzausbildung, wie sie nach dem Krankenpflegegesetz und nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege vorgeschrieben ist.

Nach dem von dem Beklagten eingeholten Gutachten des Instituts für Weiterbildung in der Kranken- und Altenpflege - Gesundheits- und Krankenpflegeschule IWK I. (Blatt 68 der Beiakte 2) hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die von ihr absolvierte Ausbildung (vgl. Medizinische Fachschule in C., Studienbescheinigung v. 2.6.2003, Blatt 64 f. der Beiakte 2, und Auszug aus den Semester- und Prüfungsunterlagen, Blatt 63 der Beiakte 2) in den Fächern und Themenbereichen des theoretischen und praktischen Unterrichts pflegerelevante Kenntnisse der Geistes- und Sozialwissenschaften und pflegerelevante Kenntnisse aus Recht, Politik und Wirtschaft überhaupt sowie Kenntnisse der Gesundheits- und Krankenpflege, der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und der Pflege- und Gesundheitswissenschaften in dem erforderlichen Umfang vermittelt hat:

 Fach/Themenbereich
des theoretischen oder
praktischen Unterrichts

 Ausbildungsumfang

 Relative
Abweichung

 gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 1,
Abschnitt A KrPflAPrV

 gemäß Nachweis der Antragstellerin

 Kenntnisse der Gesundheits- und Krankenpflege, der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie der Pflege- und Gesundheitswissenschaften

 950 Stunden

 402 Stunden

 - 57,7 %

 Pflegerelevante Kenntnisse der Geistes- und Sozialwissenschaften

 300 Stunden

 0 Stunden

 - 100 %

 Pflegerelevante Kenntnisse aus Recht, Politik und Wirtschaft

 150 Stunden

 0 Stunden

 - 100 %

Die insoweit bestehenden Unterschiede des Umfangs der von der Klägerin absolvierten und nachgewiesenen Ausbildung und der deutschen Referenzausbildung sind wesentlich (vgl. zur Wesentlichkeit von Abweichungen im Ausbildungsumfang einzelner Fächer von mehr als 20 %: Senatsurt. v. 13.3.2014, a.a.O., Rn. 55).

Diese wesentlichen Unterschiede hat die Klägerin auch durch Kenntnisse und Fähigkeiten, die sie im Rahmen ihrer Berufspraxis als Gesundheits- und Krankenpflegerin in Voll- oder Teilzeit (§ 2 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 Alt. 1 KrPflG) oder durch lebenslanges Lernen (§ 2 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 Alt. 2 KrPflG) erworben hat, nicht ausgeglichen.

Die von der Klägerin außerhalb des Bundesgebietes erlangte, zweifelsohne langjährige Berufspraxis als Gesundheits- und Krankenpflegerin (vormals Krankenschwester), die nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 KrPflG zu berücksichtigen ist, hat nach den vorgelegten Unterlagen jedenfalls die nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege vorgeschriebenen pflegerelevanten Kenntnisse der Geistes- und Sozialwissenschaften und die pflegerelevanten Kenntnisse aus Recht, Politik und Wirtschaft nicht vermittelt. Gleiches gilt für die von der Klägerin belegten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen (vgl. die - teilweise wiederholt eingereichten - Nachweise in Blatt 12 bis 15, 26 bis 28, 42 bis 44 der Beiakte 1; Blatt 1 bis 24 und 52 der Beiakte 2; Blatt 53 bis 55 der Gerichtsakte). Ungeachtet der Frage, ob die von der Klägerin vorgelegten Nachweise den formellen Anforderungen des § 2 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 KrPflG genügen, waren diese Maßnahmen nicht ersichtlich auf die Vermittlung pflegerelevanter Kenntnisse der Geistes- und Sozialwissenschaften und pflegerelevanter Kenntnisse aus Recht, Politik und Wirtschaft gerichtet. Insoweit bestehen die wesentlichen Unterschiede mithin unverändert fort.

Danach bedarf es hier keiner Entscheidung mehr, ob auch in den Bereichen der praktischen Ausbildung ein wesentlicher Unterschied besteht und bejahendenfalls, ob dieser durch berufspraktische Erfahrung oder durch lebenslanges Lernen ausgeglichen worden ist. Der Senat weist daher nur klarstellend darauf hin, dass die geringere Zahl von Praktika während der von der Klägerin absolvierten Ausbildung durch eine langjährige Berufspraxis als Krankenschwester in kasachischen Kliniken und anderen Gesundheitseinrichtungen quantitativ kompensiert sein mag. Angesichts des sich deutlich unterscheidenden Berufsbildes der Gesundheits- und Krankenpflegerin (früher: Krankenschwester) in Deutschland einerseits und in Kasachstan andererseits bestehen aber erhebliche Zweifel, ob damit auch bestehende inhaltliche, qualitative Unterschiede der praktischen Ausbildung hinreichend ausgeglichen sind (vgl. hierzu auch das von der Klägerin eingereichte Zertifikat über ein absolviertes Betriebspraktikum v. 30.3.1999, Blatt 14 der Beiakte 1: "Frau B. war in J. viele Jahre als Krankenschwester tätig. Die unterschiedliche Aufgabenstruktur einer Krankenschwester dort im Vergleich zu Deutschland musste zunächst innerlich akzeptiert und umgesetzt werden."). Die Tätigkeit als Krankenpflegehelferin in Deutschland ist schon mangels Gleichwertigkeit der ausgeübten Tätigkeit mit der einer Gesundheits- und Krankenpflegerin (früher: Krankenschwester) nicht geeignet, wesentliche Unterschiede in der praktischen Ausbildung auszugleichen.

Weitergehende Möglichkeiten der Anerkennung der von der Klägerin absolvierten Ausbildung ergeben sich - entgegen ihrer Auffassung - nicht aus den Bestimmungen des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes oder des Niedersächsischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes. Das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz findet nach § 2 Abs. 7 KrPflG für die Ausbildung der Gesundheits- und Krankenpflegerin mit Ausnahme des hier nicht einschlägigen § 17 BQFG keine Anwendung. Der Anwendungsbereich des Niedersächsischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NBQFG von vorneherein auf die Feststellung der Gleichwertigkeit im Ausland erworbener Ausbildungsnachweise und inländischer Ausbildungsnachweise für Berufe beschränkt, die durch Rechtsvorschriften des Landes geregelt sind (landesrechtlich geregelte Berufe). Hierzu zählt nicht der Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin, der durch das Krankenpflegegesetz und die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege bundesrechtlich geregelt ist.

Dass die Klägerin sich erfolgreich auf Besonderheiten bei der Anerkennung von Prüfungen oder Befähigungsnachweisen von Spätaussiedlern nach § 10 Abs. 2 BVFG berufen könnte, hat sie nicht dargetan. Dies ist für den Senat auch nicht offensichtlich.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen einer Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund ist nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht seinem Urteil einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit einem in einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten, dieselbe Rechtsfrage betreffenden und die Entscheidung tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt. Dabei muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied deutlich werden, weil die bloße unrichtige oder unterbliebene Anwendung eines obergerichtlich oder höchstrichterlich aufgestellten Rechtssatzes den Zulassungsgrund der Divergenz nicht erfüllt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.9.2006 - BVerwG 10 B 55.06 -; juris Rn. 7; Beschl. v. 19.8.1997 - BVerwG 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124 Rn. 36 ff. (Stand: Oktober 2015) mit weiteren Nachweisen). Dementsprechend erfordert die Darlegung einer Divergenz vor allem, dass in dem Zulassungsantrag die beiden einander widerstreitenden abstrakten Rechts- oder Tatsachensätze des Divergenzgerichts einerseits und des Verwaltungsgerichts andererseits zitiert oder - sofern sie im Urteil nicht bereits ausdrücklich genannt sind - herausgearbeitet und bezeichnet werden (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 1.10.2008 - 5 LA 64/06 -, juris Rn. 16; Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 124a Rn. 107).

Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung weiche von dem Senatsurteil vom 13. März 2014 - 8 LB 73/13 - ab. Nach diesem Urteil könnten wesentliche Unterschiede in der ärztlichen Ausbildung durch Berufserfahrung ausgeglichen werden. Konkret sei eine zehnjährige Berufserfahrung im Ausland für hinreichend erachtet worden, um wesentliche Unterschiede auszugleichen. Hiervon weiche die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts ab, wenn sie bei einer achtzehnjährigen Berufserfahrung als Krankenschwester einen Ausgleich wesentlicher Unterschiede verneine.

Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin eine die Berufungszulassung gebietende Divergenz schon nicht hinreichend dargelegt. Denn einen abstrakten Tatsachen- oder Rechtssatz, hinsichtlich dessen ein prinzipieller Auffassungsunterschied bestehen soll, hat sie nicht aufgezeigt. Der Entscheidung des Senats vom 13. März 2014 ist auch nicht ansatzweise zu entnehmen, dass unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls nach einer zehnjährigen Berufspraxis stets etwaige wesentliche Unterschiede zwischen dem Ausbildungsstand eines Antragstellers und der jeweiligen deutschen Referenzausbildung ausgeglichen sind. Maßgeblich sind insoweit vielmehr stets die konkreten Umstände des Einzelfalls.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.