Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.08.2016, Az.: 7 KS 41/13

Dokumentationserfordernis; Eisenbahn; Fehlerfolg; Planfeststellung; Planrechtfertigung; Präklusion; Stadtbahn; Straßenbahn; Umweltverträglichkeitsprüfung; UVP-Pflicht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.08.2016
Aktenzeichen
7 KS 41/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43492
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eisenbahnrecht und Personenbeförderungsrecht können in ihren Anwendungsbereichen nicht nach einer Vorrangregelung "im Zweifel Eisenbahnrecht" voneinander abgegrenzt werden, da sie ihre gesetzgeberische Kompetenzgrundlage in unterschiedlichen Verfassungsbestimmungen haben. So unterfallen Eisenbahnen des Bundes der ausschließlichen Bundesgesetzgebungskompetenz nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 6a GG; andere Schienenbahnen, wie auch Straßenbahnen, unterliegen dagegen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 23 GG.

2. Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen, die nach § 3c Satz 1 UVPG zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichten, liegen vor, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und deshalb in der Abwägung so gewichtig sind, dass im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung ein Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgeschlossen werden kann (wie BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 -, juris ).

Tenor:

Der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten für den Ausbau der Betriebsanlagen der Bremen-Thedinghauser-Eisenbahn GmbH in den Gemeinden Stuhr und Weyhe (Verlängerung der Bremer Stadtbahn Linie 8) vom 25.03.2013 wird aufgehoben.

Beklagte und Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten und der Beigeladenen wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11/10 des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 11/10 des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen den Aus- und Umbau der Bahnanlagen der Beigeladenen, der Bremen-Thedinghauser-Eisenbahn GmbH (BTE), in den Gemeinden Stuhr und Weyhe zur Verlängerung der Bremer Straßenbahn Linie 8.

Gegenstand des Vorhabens ist die Verlängerung der Bremer Straßenbahn Linie 8, die derzeit in Bremen am Roland-Center endet, in die Gemeinden Stuhr und Weyhe. Derzeit verkehren Regionalbuslinien bzw. die Buslinie 55, was ein Umsteigen in Bremen-Huchting erforderlich macht, um mit der Straßenbahn in die Bremer Innenstadt zu gelangen. Die geplante Anbindung setzt auf Bremer Seite einen Ausbau der Straßenbahntrasse über den künftigen Huchtinger Marktplatz und den Willakedamm voraus. Sie ist Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr der Freien Hansestadt Bremen vom 01.06.2016. Er ist im Verfahren nach § 28 Personenbeförderungsgesetz - PBefG - ergangen und bezieht im Rahmen der Konzentrationswirkung die auf Bremer Gebiet gelegenen Bahnanlagen der BTE auf der Grundlage von § 18 Allgemeines Eisenbahngesetz - AEG - ein.

Die BTE ist eine normalspurige Nebenbahn. Die Betriebseröffnung erfolgte zwischen Huchtingen und Brinkum am 01.10.1908; im Februar und Oktober 1910 wurde die Strecke bis Leeste und schließlich bis Thedinghausen verlängert. Der Personenverkehr auf der Strecke wurde im Oktober 1955 eingestellt. Um die Trasse zu erhalten, gründeten die Gemeinden Stuhr, Weyhe und Thedinghausen zusammen mit der Weser-Bahn GmbH die BTE, die die Strecke zum 01.03.2000 übernahm. Derzeit verkehren auf ihr ein Güterzug täglich sowie gelegentlich eine „Pingelheini“ genannte Museumsbahn.

Es ist geplant, die bestehenden Gleisanlagen in Teilbereichen zu erneuern sowie mit einer Fahrleitung (Elektrifizierung, Fahrleitungsmastenhöhe ca. 9 m) auszustatten. Ziel ist es, der Straßenbahn Linie 8 der Bremer Verkehrsbetriebe die Nutzung der Trasse auf einem 9,2 km langen Streckenabschnitt zu ermöglichen. Es sollen insgesamt 12 Haltepunkte eingerichtet werden, acht in der Gemeinde Stuhr, vier in der Gemeinde Weyhe. Dabei sollen drei bestehende Bahnhöfe umgebaut, ein Bahnhof neu errichtet, zwei Bahnhöfe zurückgebaut und sechs weitere Haltepunkte neu angelegt werden. Hinzu kommen Fahrradabstellflächen sowie Fußwege zur Erschließung der Bahnsteige, zwei Unterwerke sowie ein Personal-WC. Außerdem ist die Überführung der Bundesstraße B 6 und zweier Gemeindestraßen vorgesehen.

Die Straßenbahn soll von montags bis samstags zwischen 4:30 Uhr und 23:00 Uhr, sonntags zwischen 6:30 Uhr und 23:00 Uhr in 20-minütigem Abstand, außerhalb der Hauptverkehrszeiten (montags bis freitags 4:30 Uhr bis 6:00 Uhr sowie sonntags 6:30 Uhr bis 10:00 Uhr) im 30-Minuten-Takt verkehren. Daraus ergeben sich tagsüber (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) je Richtung 43 bis 48,5 Fahrten, nachts (22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) drei bis acht Fahrten je Richtung; insgesamt ca. 96 Fahrten.

Das Planfeststellungsverfahren wurde Ende Juli 2009 auf Antrag der beigeladenen Vorhabenträgerin auf der Grundlage von § 18 AEG eingeleitet. Mit den Planunterlagen reichte die Beigeladene ein vom 23.02.2009 datierendes Formular „Einzelfallprüfung nach § 3c UVPG (Screening) Anhang II - 2: Formular zur Umwelterklärung“ ein und legte eine zusammenfassende Darstellung umwelterheblicher Auswirkungen des Vorhabens vom 30.03.2009 mit den Planunterlagen vor. Eine Entscheidung über die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung traf die beklagte Planfeststellungsbehörde zunächst nicht, sie erfolgte erst mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 25.03.2013.

Die ortsübliche Bekanntmachung der Planunterlagen in den Gemeinden Stuhr und Weyhe unter Hinweis auf die eintretende Einwendungspräklusion erfolgte am 06.08.2009. Die öffentliche Auslegung der Planunterlagen in den beiden Gemeinden fand vom 17.08. - 16.09.2009 statt. Die Einwendungsfrist endete am 30.09.2009. Die Erörterung der Einwendungen erfolgte am 21.09.2010 in der Gemeinde Stuhr und am 23.09.2010 in der Gemeinde Weyhe.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks mit der Flurstücksbezeichnung G., Flur H., Gemarkung I., postalische Adresse J.  K., L. I., das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Das Grundstück grenzt rückseitig an die Bahntrasse. Nach den Berechnungen des schalltechnischen Gutachtens wird es im Bereich ihres Grundstücks zu nächtlichen Grenzwertüberschreitungen mit prognostizierten Lärmwerten von 50 dB(A) bei einem Grenzwert (WA-Gebiet) von 49 dB(A) kommen. Der Planfeststellungsbeschluss sieht für den Bereich ihres Grundstücks die Errichtung einer Lärmschutzwand vor, durch die die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte gewährleistet wird.

Während der Einwendungsfrist erhoben die Kläger mit Schreiben vom 27.09.2009 - eingegangen bei der Gemeinde Stuhr am 29.09.2009 - Einwendungen gegen das Vorhaben. Darin rügten sie die fehlende Berücksichtigung konkurrierender Transportangebote. Das Vorhandensein der Buslinie 55 sei nicht ausreichend berücksichtigt und bewertet worden, aufgrund der schlechteren Erschließung der Stuhrer  Ortsteile Moordeich, Altstuhr und Brinkum sei ein Busergänzungskonzept erforderlich; die Ausweitung des Bremer Regio-S-Bahn-Netzes durch die Linie S2 Twistringen über Weyhe zum Bremer Hauptbahnhof mit einer Taktung von 30 Minuten sei in ihrer Konkurrenz zum Vorhaben nicht bewertet, ebensowenig seien kostengünstige Alternativen, wie eine Buslinie auf der vorgesehenen Strecke, untersucht worden. Weiterhin beanstandeten sie das Fehlen einer Untersuchung zu Erschütterungen, elektromagnetischen Strahlungen bzw. Lichtemissionen. Die Fensteröffnungen in den (baugleichen) Wohngebäuden an der J. seien nach Norden und somit zur Bahntrasse hin ausgerichtet, der Abstand der rückwärtigen Schlaf- und Kinderzimmer zum Gleis liege bei rd. 8 m, was gesundheitliche Beeinträchtigungen befürchten lasse. Darüber hinaus schlossen die Kläger sich den Einwendungen M. u.a. an. In deren Schriftsatz vom 22.09.2009 - eingegangen bei der NLStBV am 25.09.2009 - werden eine Reihe weiterer Einwendungen erhoben, u.a. zur Immissionsbelastung und zur Finanzierung des Umbaus der Trasse.

Der Planfeststellungsbeschluss mit Nebenentscheidungen erging am 25.03.2013. In der materiell-rechtlichen Würdigung heißt es, für das nach §§ 18ff. AEG zu beurteilende eisenbahnrechtliche Planfeststellungsverfahren gebe es eine ausreichende Planrechtfertigung, da die Verlängerung der Bremer Straßenbahn Linie 8 ein attraktives Verkehrsangebot auf der Schiene gemäß § 1 Abs. 1 AEG darstelle. Hauptziel des Vorhabens sei eine deutliche Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Ergänzung der Betriebsanlagen der BTE diene der Aufnahme von Schienenfahrzeugen der Bremer Straßenbahn Linie 8. Sie ermögliche die Wiederherstellung der Direktverkehre zwischen den Gemeinden Weyhe und Stuhr und dem Bremer Stadtgebiet, führe zu einer Attraktivitätssteigerung des ÖPNV, der Verbesserung des Modal-Split zugunsten des ÖPNV, der Verminderung des Feinstaubanteils in der Luft u.a. durch Reduzierung der Busverkehre. Im Einzugsbereich der künftig verlängerten Linie 8 lebten etwa 20.000 Einwohner. Zwischen Bremen und den Umlandgemeinden Stuhr und Weyhe bestehe ein erheblicher Pendelverkehr mit PKW. Auf die Relation Bremen-Stuhr entfielen ca. 34.300 PKW-Fahrten pro Tag, auf die Relation Bremen-Weyhe ca. 24.300 PKW. Dem stünden gegenwärtig zwischen Bremen und Stuhr knapp 2.000 Personenfahrten pro Tag und zwischen Bremen und Weyhe knapp 1.600 Personenfahrten pro Tag im ÖPNV gegenüber. Das Vorhaben entspreche damit den Zielen des § 2 des Nds. Nahverkehrsgesetzes (NNVG), wonach der ÖPNV zu einer Verlagerung des Aufkommens im motorisierten Individualverkehr auf öffentliche Verkehrsmittel beitragen solle. Die Erneuerung bzw. Verbesserung der Bahnübergangssicherungen führe darüber hinaus zugleich zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit.

Die Abschnittsbildung entlang der bremisch-niedersächsischen Landesgrenze orientiere sich einerseits an der administrativen Grenze und sei andererseits durch bauliche Erfordernisse gerechtfertigt, weil auf Bremer Seite im Wesentlichen ein völliger Trassenneubau erfolgen müsse, während im niedersächsischen Abschnitt eine für den Eisenbahnbetrieb gewidmete Bestandstrasse lediglich ertüchtigt werden solle. Daher sei es auch nicht geboten gewesen, ein einziges Verfahren nach § 78 VwVfG durchzuführen. Andere Varianten drängten sich nicht auf. Die „Null-Variante“ könne das Planungsziel, eine pünktliche und umsteigefreie Direktverbindung zwischen den Gemeinden Stuhr und Weyhe und der Stadt Bremen über Huchting zu schaffen, nicht gewährleisten. Die Nutzung der bestehenden Bahnstrecke Bremen-Osnabrück von Bremen Hauptbahnhof zu den Bahnhöfen Weyhe und Kirchweyhe per S-Bahn verfehle ebenfalls das Planungsziel, Stuhr und Weyhe per ÖPNV umsteigefrei in die Bremer Innenstadt anzuschließen. Zudem werde hierdurch die Gemeinde Stuhr nicht erschlossen. Eine alternative Streckenführung über Brinkum bis nach Leeste (sog. Verlängerung der Linie 5) sei eindeutig nicht vorzugswürdig. Es handele sich um eine Neubaustrecke, die mit Investitionskosten von rd. 45. Mio. EUR verbunden und damit um fast 50 % teurer sei, als der Ausbau der bestehenden BTE-Strecke. Die Neubaustrecke müsse zudem ebenfalls durch bebaute Gebiete in Brinkum führen und dort zahlreiche Betroffenheiten durch die Inanspruchnahme von Grundstücken auslösen, während der Ausbau der BTE-Trasse überwiegend auf betriebseigenen Grundstücken erfolgen könne. Bei der gewählten Trasse komme es zwar zu Überschreitungen der Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV, im Rahmen der Abwägung sei jedoch zu berücksichtigen, dass durch die Streckenführung auf der vorhandenen BTE-Trasse die innergemeindliche Verbindung von Stuhr und Weyhe mit dem Oberzentrum Bremen im Vergleich zu allen anderen Varianten deutlich besser erreicht werde.

Die schalltechnische Untersuchung habe - auch nach Berücksichtigung des sog. Schienenbonus von 5 dB(A) der sog. Schall 03 - an insgesamt 47 Gebäuden Grenzwertüberschreitungen von 1 bis maximal 4 dB(A) festgestellt, die im Wesentlichen während der Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) einträten. An zwei Wohngebäuden seien geringfügige Grenzwertüberschreitungen um 1 dB(A) ermittelt worden. Für elf neben-einanderliegende Wohngebäude in der J. sei eine Lärmschutzwand mit einer Höhe von 1,5 m über Schienenoberkante vorgesehen worden. Aufgrund dieser aktiven Lärmschutzmaßnahme würden die Immissionsgrenzwerte an den genannten elf Wohngebäuden eingehalten. Weiteren aktiven Lärmschutz lehne sie als Planfeststellungsbehörde als unverhältnismäßig ab. Für sechs Wohngebäude in unmittelbarer Nähe eines Bahnüberganges ließen sich aufgrund der örtlichen Verhältnisse überhaupt keine wirksamen Schallschutzwände realisieren, da die Einhaltung der erforderlichen Überstandslängen aufgrund des Bahnüberganges nicht möglich sei. Bei weiteren 30 Gebäuden stünden die Kosten für die Errichtung weiterer Lärmschutzwände in Höhe von ca. 23.300,- EUR pro Gebäude zur Erreichung von Vollschutz „unstrittig“ außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Das ergebe sich zum einen daraus, dass es sich um vereinzelte Wohngebäude handele, die entlang der ca. 9 km langen Trasse verteilt seien. Außerdem komme es lediglich zu einer geringfügigen Überschreitung der Nachtgrenzwerte, überwiegend von etwa 1 dB(A), im Maximalfall von 2 dB(A), wohingegen Außenwohnbereiche nicht betroffen seien. Im Hinblick darauf seien passive Schallschutzmaßnahmen ausreichend. Aktive Schallschutzmaßnahmen durch Radabsorber kämen nicht in Frage, da die Trasse, mit Ausnahme der geplanten Wendeschleife, grundsätzlich für den Eisenbahnverkehr zugelassen sei und die Verpflichtung, Radabsorber zu nutzen, dem Gebot widerspreche, Eisenbahnverkehrsunternehmen eine diskriminierungsfreie Benutzung der Eisenbahninfrastruktur zu gewähren. Auch die Verlegung von sog. Rasengleisen komme nicht in Frage, da dies vom Eisenbahn-Bundesamt als Aufsichtsbehörde aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht zugelassen werde. Bei gummigepufferten Schienen sei die Wirksamkeit der Schalldämmung nicht nachgewiesen, da hier überwiegend eine Straßenbahn verkehre, die leichter als eine Eisenbahn sei. Darüber hinaus sei eine solche Maßnahme mit erheblichen Mehrkosten verbunden. Nach Angaben des Vorhabenträgers würden ca.

400.000,- EUR netto benötigt, um 2 km Gleis entsprechend auszustatten. Damit entstünden für jedes einzelne Gebäude Kosten in Höhe von ca. 13.300,- EUR netto, ohne dass damit eine Einhaltung der Grenzwerte sichergestellt sei. Dies stehe kostenmäßig „unstrittig“ außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck.

Gegen den Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 07.06.2013 Klage erhoben, die sie am 19.07.2013 weiter begründeten. Zur Begründung führen sie aus, zwar hätten ihre Einwände dazu geführt, dass nunmehr die Errichtung einer Lärmschutzwand vorgesehen sei, diese sei jedoch nicht ausreichend, zumal von dem jenseits der Nebenbahn liegenden Gebäude eine Schallreflexion zu erwarten sei. Die Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses im Hinblick auf die Lärmbelastung sei zu beanstanden. Ihr liege eine jede Prüfung und Gewichtung vorwegnehmende Festlegung auf das Vorhaben zugrunde. Den vorgesehenen Betriebszeiten von 4.30 Uhr morgens bis 23.00 Uhr abends werde die vorgenommene Tag/Nacht-Mittelungspegel-Berechnung in keiner Weise gerecht. Es handele sich nicht um eine großstädtische Wohnlage, für die eine entsprechende Geräuschbelastung hingenommen werden möge. Erst recht sei es nicht angängig, auch noch den sog. Schienenbonus in Ansatz zu bringen, nachdem selbst der Bundesgesetzgeber einräume, dass die zugrundeliegende Annahme geringerer Lästigkeit von Schienenverkehrsgeräuschen nicht mehr aufrechtzuerhalten sei. Hinsichtlich der zu erwartenden Erschütterungsbelastungen seien lediglich Prognosen angeboten, denen zureichende Tatsachengrundlagen fehlten. Gleiches gelte hinsichtlich der nicht nur wegen der Heizöltanks sicherheitsrelevanten elektrischen Ströme. Sekundärer Luftschall sei gar nicht in die Abwägung eingestellt worden, Luftschadstoffe würden kleingeredet, Lichteinwirkungen und Sichtschutz darauf reduziert, ob Rechtsansprüche bestünden. Die Prüfung der Null-Variante könne nur als nicht ernsthaft qualifiziert werden, wenn die Verlängerung der Straßenbahnlinie als vorgegeben angenommen werde, so dass ein ÖPNV mit Bussen zwangsläufig ausscheide. Die Planrechtfertigung nach dem AEG sei nicht gegeben. Weder die beteiligten Kommunen noch die BTE wollten eine Eisenbahn betreiben. So wenig nach dem AEG eine Buslinie „vernünftigerweise geboten“ sein könne, könne dies für eine Straßenbahn gelten. Ausdrücklich werde eine Fehlerhaftigkeit der Abwägung geltend gemacht. Die Kläger beziehen sich außerdem auf die Klagebegründung im Verfahren 7 KS 34/13 (N.). Das Vorhaben sei unabdingbar abhängig von der Errichtung und dem Betrieb der Straßenbahn im Lande Bremen, die dort ihren Ausgangspunkt habe und dorthin verlängert werden solle. Es sei daher nach den Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes zu beurteilen und zu entscheiden gewesen. Entsprechend sei die Abschnittsbildung zu beanstanden, die, selbst wenn sie ausnahmsweise zulässig sein solle, gleichwohl der nach dem Personenbeförderungsgesetz zuständigen Behörde (voraussichtlich: des Landes Bremen) oblegen habe. Zu Unrecht sei auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen worden. Die bloße Vorprüfung sei unzulänglich und könne deren Ausfall nicht rechtfertigen. Weiterhin fehle es an einer Analyse der betroffenen Verkehrsbeziehungen und einer daran anknüpfenden Prognose der zu erwartenden und zu bewältigenden Verkehrsströme. Es seien auch weder alternative Trassen noch alternative Konzepte, schon gar nicht die Null-Variante, ernsthaft geprüft worden. Gerade sie wie auch die Alternative einer „Linie 5“ drängten sich jedoch auf. Die Verkehrsbewältigung mit Bussen und die Ausnutzung der vorhandenen Regionalbahnstrecke seien ignoriert worden, obwohl diese Alternativen näher lägen. Die im Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Verkehrsdaten gingen zudem fehlerhaft von einem Prognosehorizont 2015 aus, obwohl der Bahnbetrieb frühestens 2018 beginnen solle.

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten für die Ergänzung der Betriebsanlagen der Bremen-Thedinghauser-Eisenbahn GmbH in den Gemeinden Stuhr und Weyhe (Verlängerung der Bremer Straßenbahn Linie 8) von Bahn-km 3,4+14 bis Bahn-km 12,6+06 vom 25.03.2013 aufzuheben,

hilfsweise,

1. festzustellen, dass der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig bis zur Behebung des Mangels nicht vollziehbar ist,

weiter hilfsweise,

2. die Beklagte zu verpflichten, den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss um die im Interesse der Kläger gebotenen Auflagen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu ergänzen und diese insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinsichtlich ihres Anspruchs auf Planergänzung neu zu bescheiden,

weiter hilfsweise,

3. die Beklagte zu verpflichten, den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss im Wege der Planergänzung um den Vorbehalt der Anordnung solcher Auflagen und einer nach ihrer Maßgabe abschließenden Entscheidung der Einwendungen zu ergänzen.

Weiterhin beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger hilfsweise,

Beweis zu erheben gemäß seinen als Anlage zu Protokoll gegebenen schriftlichen Beweisbehauptungen (Anlage 2),

und weiterhin hilfsweise,

das Verfahren entsprechend seiner ebenfalls zu Protokoll gegebenen Ausführungen (Anlage 3) und seines zuletzt eingereichten Schriftsatzes gemäß § 94 VwGO (ggf. analog) auszusetzten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, die Kläger seien mit dem Großteil ihres Klagevorbringens bereits präkludiert, da entsprechende Einwände innerhalb der Einwendungsfrist nicht geltend gemacht worden seien. Dies betreffe insbesondere deren Vorbringen zu Lärmimmissionen, Immissionen während der Bauzeit, der Anwendbarkeit des AEG und der Zuständigkeit der entscheidenden Behörde, zur Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung sowie zum Fehlen eines Stör- und Unfallkonzepts. Der Hinweis im Einwendungsschreiben der Kläger vom 27.09.2009 auf das Einwendungsschreiben der Einwender M. u.a. ändere daran nichts, da es an einer Darlegung der individuellen Betroffenheit fehle. Im Übrigen werde auch in der Einwendung M. u.a. zu den genannten Punkten nichts gesagt. Soweit die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 18.10.2013 neue Tatsachen und Beweismittel vortrügen, sei dieser Vortrag gemäß § 18e Abs. 5 AEG verspätet und nicht berücksichtigungsfähig. Die Rechtsmittelbelehrung des Planfeststellungsbeschlusses weise auf die sechswöchige Klagebegründungsfrist ausdrücklich hin. Dies betreffe insbesondere das klägerische Vorbringen zum Abwägungsvorgang sowie zum Fehlen eines Stör- und Unfallkonzepts.

Darüber hinaus sei die Klage auch sachlich unbegründet. Die Kläger würden keinen unzulässigen Lärmimmissionen ausgesetzt. Deren Grundstück befinde sich in einem allgemeinen Wohngebiet, für das Immissionsgrenzwerte von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts einzuhalten seien. Diese Werte würden gewahrt. Im Bereich ihres Wohnhauses sei im Zuge des Planungsverfahrens die Errichtung einer 1,5 m hohen Schallschutzwand in die Planung aufgenommen worden. Sie bewirke eine Pegelminderung von rd. 5 dB(A). Nach der ergänzenden schalltechnischen Untersuchung werde infolgedessen der Immissionsgrenzwert auf dem klägerischen Grundstück tagsüber um mindestens 6 dB(A) und nachts um mindestens 2 dB(A) unterschritten. Soweit die Kläger die Berücksichtigung des sog. „Schienenbonus“ rügten, der aufgrund der Besonderheiten von Schienenverkehr einen Abschlag von 5 dB(A) bei der Lärmberechnung vorsehe, müssten sie sich entgegenhalten lassen, dass diese Regelung für das Ende März 2009 beantragte Planfeststellungsverfahren noch Anwendung finde. Auch treffe deren Auffassung, dass Schallreflexionen von gegenüberliegenden Gebäuden bei der Schallberechnung nicht berücksichtigt worden seien, nicht zu. Nach den maßgeblichen Berechnungsparametern würden Reflexionen von schallabsorbierenden Objekten wie Häuserzeilen in die Schallberechnung eingerechnet. Die Behauptung der Kläger schließlich, die Betriebszeiten der Straßenbahn seien falsch dargestellt, sei unzutreffend. Nicht zutreffend sei auch das Vorbringen der Kläger, Erschütterungsimmissionen durch den Bahnbetrieb nicht ausreichend berücksichtigt zu haben. Im Rahmen des Planergänzungsverfahrens seien Schwingungsmessungen durchgeführt worden, die ergeben hätten, dass Überschreitungen der Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 3 „Erschütterungen im Bauwesen“ nicht zu erwarten seien; Überschreitungen der Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 2 für die Beurteilung der Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden könnten dagegen nicht ausgeschlossen werden. Da eine genaue Prognose vor Beginn des Linienverkehrs nicht erstellt werden könne, lasse sich derzeit nicht abschließend beurteilen, bei welchen Gebäuden ein Anspruch auf erschütterungsmindernde Maßnahmen bestehen werde. Daher sei das Vorhaben im Planfeststellungsbeschluss unter der Auflage genehmigt worden, dass der Vorhabenträger nach Abschluss der Baumaßnahme mit Einverständnis des jeweiligen Eigentümers Messungen der tatsächlich auftretenden Erschütterungen an Gebäuden mit einem Abstand von weniger als 9 m zur Gleismitte durchzuführen habe. Falls Überschreitungen der Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 2 festgestellt würden, habe der Vorhabenträger schwingungsmindernde Maßnahmen durchzuführen. Einer Untersuchung zu elektromagnetischen Feldern habe es nicht bedurft. Eine Regelung für Gleichstromanlagen habe die 26. BImSchV in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Fassung nicht enthalten. Seit dem 23.08.2013 seien vom Anwendungsbereich der 26. BImSchV zwar auch Gleichstromanlagen erfasst, allerdings nur solche mit einer Nennspannung von 2.000 Volt oder mehr. Für die mit 750 Volt betriebene Straßenbahn sehe die Vorschrift dagegen keine Grenzwerte vor. Nach Empfehlung der WHO und auch des Rats der EG vom 12.06.1999 solle allerdings ein Wert von 40 mT nicht überschritten werden. Das sei hier indes nicht zu befürchten. In einem Abstand von 5 m zur Gleismitte werde durch den Betrieb der Straßenbahn ein Magnetfeld von ca. 20 µT erwartet und somit die Empfehlung der WTO ca. 2.000-fach unterschritten. Soweit die Kläger die mangelnde Untersuchung von Lichtimmissionen rügten, seien solche nicht geboten gewesen. Die Lichtquellen an den eingesetzten Fahrzeugen seien entweder auf die Gleisanlagen oder den Innenraum der Fahrzeuge gerichtet und daher nicht geeignet, relevante Beeinträchtigungen der Wohnbebauung auszulösen. Das Vorbringen, alle Beanstandungen gälten auch für die Bauphase, sei unsubstantiiert, weil es nicht erkennen lasse, welche konkreten Fehler des Planfeststellungsbeschlusses gerügt würden.

Soweit die Kläger die Anwendbarkeit des Allgemeinen Eisenbahngesetzes in Zweifel zögen, sei darauf hinzuweisen, dass der Planfeststellungsbeschluss die Erweiterung von Infrastruktureinrichtungen betreffe. Maßgeblich sei, ob es sich um Infrastruktureinrichtungen der Eisenbahn oder der Straßenbahn handele, nicht hingegen, ob die Infrastruktur auch von Straßenbahnen genutzt werde. Hier gehe es um eine Erweiterung von Eisenbahninfrastruktur. Die geplante Straßenbahn Linie 8 sei entgegen ihrer - insoweit nicht maßgeblichen - Bezeichnung nicht als Straßenbahn, sondern als Eisenbahn einzuordnen. Die Abgrenzung zwischen Straßenbahn und Eisenbahn sei nicht immer eindeutig, da es vor allem in Ballungsräumen oft vorkomme, dass Straßenbahnen die Infrastruktureinrichtungen der Eisenbahn benutzten. Wesentliches Merkmal der Straßenbahn sei, dass sie den Nachbarschaftsbereich bediene. Hierunter sei nur der wirtschaftlich zusammenhängende Raum zu verstehen, der verkehrsmäßig ein einheitliches Verkehrsnetz erfordere, nicht der Regionalverkehr. Der Bad.-Württ. Verwaltungsgerichtshof habe daher etwa für die ca. 20 km lange Strecke zwischen der Albtalbahn von Karlsruhe nach Ittersbach das Vorliegen eines Nachbarschaftsbereichs verneint. Die Situation stelle sich vorliegend ähnlich dar. Auch wenn eine wirtschaftliche Beziehung der durch die geplante Straßenbahn Linie 8 erschlossenen Orte zu Bremen sicherlich gegeben sei, sei diese nicht derart gewichtig, dass sie eine Erschließung durch ein einheitliches Verkehrsnetz zwingend erfordere. Straßenbahnen hätten zudem bei der Nutzung des öffentlichen Verkehrsraumes die StVO zu beachten, während Eisenbahnen auf vom Straßenverkehr vollständig getrennten Eisenbahnschienen verkehrten und durch ein eigenes Signalsystem gesteuert würden. In Zweifelsfällen müsse sich zudem das Allgemeine Eisenbahngesetz mit seinen anspruchsvolleren Sicherheitsstandards durchsetzen. Das gelte auch vorliegend, zumal es sich um den Ausbau einer bestehenden Altanlage handele, die weiterhin auch für den Güterzugverkehr genutzt werden solle. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass die Anwendung einer anderen Rechtsgrundlage - des Personenbeförderungsgesetzes - sich auf die Planfeststellungsentscheidung ausgewirkt habe. Nicht zu beanstanden sei die Abschnittsbildung zwischen Bremen und Niedersachsen entlang der Landesgrenze. Eine solche sei in der Rechtsprechung anerkannt; Dritte hätten grundsätzlich kein Recht darauf, dass über die Zulassung eines Vorhabens insgesamt, vollständig und abschließend in einem Bescheid entschieden werde. Eine Ausnahme gelte nur für den Fall, dass die abschnittsweise Planfeststellung dem Grundsatz umfassender Problembewältigung nicht gerecht werde. Vorliegend gebe es für die Abschnittsbildung jedoch gewichtige sachliche Gründe, da auf niedersächsischem Territorium lediglich eine für den Eisenbahnbetrieb gewidmete Bestandstrasse ertüchtigt werde, während auf Bremer Gebiet im Wesentlichen ein völliger Trassenneubau erfolgen müsse.

Mit ihrem Vortrag zur Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung seien die Kläger präkludiert. Im Übrigen treffe ihre Rüge auch inhaltlich nicht zu. Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG - sei bei der Änderung oder Erweiterung UVP-pflichtiger Vorhaben eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung nur durchzuführen, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalles ergebe, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne, was nicht der Fall sei. Soweit die Kläger beanstandeten, das „Schutzgut Mensch“ sei nicht ausreichend behandelt worden, treffe dies nicht zu. In der Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung würden sowohl stoffliche Immissionen wie Abfälle, Altlasten, Luftverunreinigung als auch die nicht stofflichen Immissionen wie Lärm und Erschütterungen betrachtet. Zwar sei dabei festgestellt worden, dass durch das Vorhaben erhebliche Lärmimmissionen entstehen könnten, allerdings seien diese bereits im Vorfeld der Planung behandelt und einer Lösung zugeführt worden. Im Planfeststellungsbeschluss seien für diejenigen Wohnhäuser, bei denen Überschreitungen der Grenzwerte prognostiziert würden, Lärmschutzmaßnahmen festgesetzt worden. Weiterhin sei im Rahmen der Vorprüfung festgestellt worden, dass das Vorhaben bedeutende umweltrelevante Auswirkungen auf die Vegetation, unionsrechtlich geschützte Vogelarten und wandernde Tiere haben werde. Bezüglich dieser Themenbereiche sei jedoch schon im Rahmen der Planung durch Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen eine erhebliche Beeinträchtigung ausgeschlossen worden. Die relevanten Umweltthemen seien in enger Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde abgearbeitet worden, so dass es einer UVP nicht mehr bedurft habe.

Soweit die Kläger mit ihrem Schriftsatz vom 18.10.2013 eine Fehlerhaftigkeit der Abwägung geltend machten, sei auch dieser Vortrag verspätet. Im Übrigen seien Fehler in der Planrechtfertigung bzw. der Abwägung auch nicht zu erkennen. Das Vorhaben diene dem Ziel, den Pendelverkehr zwischen Bremen und den Gemeinden Stuhr und Weyhe zu erleichtern und auf den ÖPNV umzuleiten. Dies sei angesichts des hohen Anteils von PKW-Verkehr in den Relationen Bremen-Stuhr mit ca. 34.300 PKW/Tag und Bremen-Weyhe mit ca. 24.300 PKW/Tag nicht zu beanstanden. Die „standardisierte Bewertung“ sei insoweit eine ausreichende Prognosegrundlage. Die wesentliche Verkehrsverbesserung werde in Form umsteigefreier Verbindungen und damit in Gestalt des Reisezeitnutzens erreicht. Das von den Klägern angeführte Gutachten Prof. Dr. O. wende eigene Kriterien wie das Bruttonutzerprinzip und eigene empirisch ermittelte Daten an und komme damit zu einer anderen Prognose als die standardisierte Bewertung, ohne deshalb aber zutreffender zu sein.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Das Vorbringen der Kläger sei teilweise präkludiert. Die ergänzende Klagebegründung vom 18.10.2013 sei außerhalb der Frist des § 18e Abs. 5 AEG vorgelegt worden. Im Übrigen seien die Einwendungen der Kläger inhaltlich unbegründet. Das Allgemeine Eisenbahngesetz sei die richtige Ermächtigungsgrundlage für den Planfeststellungsbeschluss. Dessen Gegenstand sei die Ertüchtigung und Elektrifizierung der Trasse, die bereits seit geraumer Zeit für den Eisenbahnverkehr gewidmet sei. Es erfolge die Reaktivierung von fünf bereits vorhandenen Bahnhöfen, die Schaffung von sieben neuen Haltepunkten und eine technische Anpassung der Bahnübergänge. Die Züge der Bahnlinie 8 könnten als sogenannte Tram-Trains sowohl Infrastrukturen der Straßenbahn als auch Betriebsanlagen der Eisenbahn nutzen. Die planfestgestellte Maßnahme stelle die Erweiterung einer solchen Eisenbahninfrastruktur dar und nicht etwa einer Straßenbahninfrastruktur. Aus § 1 Abs. 2 AEG sowie aus § 1 Abs. 1 Satz 1 PBefG ergebe sich, dass Vorhaben entweder den Vorschriften über Eisenbahnen oder denen über Straßenbahnen zuzuordnen seien, nicht aber beides zugleich erfüllen könnten. Die Frage, nach welchem Gesetz das Planungsverfahren durchzuführen sei, beantworte sich danach, ob die in Rede stehende Schienenbahn als Straßenbahn oder als Eisenbahn einzuordnen sei. Die gesetzlichen Begriffsdefinitionen für Straßenbahnverkehr bzw. Eisenbahnverkehr in §§ 4 Abs. 1, 8 Abs. 1 PBefG und § 2 Abs. 5 AEG stimmten in ihren Kriterien weitgehend überein und ermöglichten im vorliegenden Fall keine eindeutige Zuordnung. Deutlich gegen die Qualifikation als Straßenbahnvorhaben spreche allerdings, dass die bereits vorhandene Eisenbahnstrecke nicht die typischen Definitionsmerkmale des § 4 Abs. 1 PBefG erfülle. Es handele sich um eine separate Bahnstrecke, die nicht den Verkehrsraum der öffentlichen Straßen nutze. Darüber hinaus erscheine zweifelhaft, ob die durch die neue Strecke erschlossenen Ortschaften Stuhr und Weyhe mit der Stadt Bremen einen verflochtenen Verkehrsraum bildeten, der nahverkehrsmäßig durch ein enges Liniennetz erschlossen werden müsse. Solches sei zwar innerhalb der Stadt Bremen gegeben, das niedersächsische Umland, zu dem die Gemeinden Stuhr und Weyhe gehörten, bedürfe jedoch keines engen Liniennetzes, da hier einzelne „ÖPNV-Ausläufer“ ausreichten. Hinzu komme, dass sowohl § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG als auch § 28 Abs. 1 Satz 1 PBefG ihrem Wortlaut nach auf die zu bauenden „Betriebsanlagen“ und nicht auf die Fahrzeuge abstellten. Betriebsanlagen einer Eisenbahn seien alle Anlagen, die unmittelbar mit dem technischen Bahnbetrieb in räumlicher und funktionaler Bindung stünden. Maßgebliches Kriterium für die Zugehörigkeit der Betriebsanlagen zur Bahnanlage sei somit die „Eisenbahnbetriebsbezogenheit“, d.h. die Verkehrsfunktion und der räumliche Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb. Daher könne maßgeblich auf die intendierte Verkehrsfunktion abgestellt werden, die bei dem Vorhaben schwerpunktmäßig im Vordergrund stehe. Nach den Aussagen des Planfeststellungsbeschlusses stehe die Wiederherstellung der Direktverkehre des öffentlichen Nahverkehrs zwischen Weyhe/Stuhr und dem Bremer Stadtgebiet im Vordergrund; außerdem solle die Trasse weiterhin für den Güterverkehr erhalten bleiben und der diskriminierungsfreie Zugang für Eisenbahnen gewährleistet werden. Die Sicherungseinrichtungen an den Bahnübergängen sollten zudem nach den Anforderungen der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) gestaltet werden. Planerische Zielsetzung sei demnach eindeutig die Beibehaltung der bisherigen Eisenbahnstrecke, die auch als solche gewidmet sei. Eine Planfeststellung nach dem Personenbeförderungsgesetz hätte demgegenüber eine Umwidmung der Trasse notwendig gemacht, die jedoch nicht möglich sei, weil weiterhin Güterverkehr auf der Trasse stattfinde. In Zweifelsfällen sei zudem dem Eisenbahnrecht mit seinen anspruchsvolleren Sicherheitsstandards gegenüber dem Personenbeförderungsrecht der Vorzug zu geben. Zu berücksichtigen sei darüber hinaus, dass die Anlage keinen Neubau darstelle. Eine Erweiterung finde nur im Bereich der geplanten Wendeschleife statt. Es handele sich demnach um Eisenbahninfrastruktur. Die gesamte Strecke sei so ausgelegt, dass sie für alle nach § 32 EBO zugelassenen Eisenbahnfahrzeuge eine Benutzung ermögliche, wofür sie diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werden müsse (§ 14 AEG). Demzufolge sei auch der völlig unsubstantiierte Vorwurf der Kläger, es habe nicht die zuständige Planfeststellungsbehörde entschieden, unzutreffend. Hinsichtlich der von den Klägern gerügten Abschnittsbildung entlang der Landesgrenze sei darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Abschnittsbildung zulässig sei, wenn sie vor dem Hintergrund der Gesamtplanung sachgerecht sei, Dritten den Rechtsschutz nicht faktisch unmöglich mache oder die abschnittsweise Planfeststellung dem Grundsatz der umfassenden Problembewältigung nicht gerecht werde. Diese Anforderungen seien hier erfüllt. Es sei anerkannt, dass Landes- oder Gemeindegrenzen als Planabschnittsgrenzen gewählt werden dürften. Zudem rechtfertigten unterschiedliche bauliche Anforderungen die Abschnittsbildung. So werde im niedersächsischen Abschnitt eine für den Eisenbahnbetrieb gewidmete Bestandstrasse lediglich ertüchtigt, während auf Bremer Gebiet im Wesentlichen ein Trassenneubau geplant sei. Der Grundsatz umfassender Problembewältigung werde gewahrt, die Rechtsverfolgung der Kläger nicht beeinträchtigt.

Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Insoweit seien die Kläger mit ihrem Vorbringen präkludiert. Im Übrigen habe die nach § 3c UVPG durchgeführte Vorprüfung zutreffend zu dem Ergebnis geführt, dass keine UVP-Pflichtigkeit bestehe. Soweit bedeutende umweltrelevante Auswirkungen des Vorhabens festgestellt worden seien (Lärm- und Erschütterungsimmissionen, Vegetation, geschützte Vogelarten und wandernde Tiere) seien sie durch Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen ausgeschlossen worden. Für einige wenige Wohnhäuser würden geringfügige Überschreitungen der Grenzwerte der 16. BImSchV prognostiziert; insoweit seien Lärmschutzmaßnahmen festgesetzt worden. Die Eingriffe in die Natur würden im landschaftspflegerischen Begleitplan, dem die untere Naturschutzbehörde zugestimmt habe, durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen geregelt.

Für das Vorhaben sei auch die erforderliche Planrechtfertigung gegeben. Ziel des Allgemeinen Eisenbahngesetzes sei nach dessen § 1 Abs. 1 die Gewährleistung eines sicheren Betriebs der Eisenbahn und eines attraktiven Verkehrsangebots auf der Schiene sowie die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei dem Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen und dem Betrieb von Eisenbahninfrastrukturen im Sinne des Zieles bester Verkehrsbedienung (§ 1 Abs. 5 AEG). Die Bahnlinie 8 solle im planfestgestellten Bereich auf der dortigen Infrastruktur als Eisenbahn verkehren. Der Betreiber, die Bremer Straßenbahn AG (BSAG), sei Eisenbahnverkehrsunternehmen iSv § 2 Abs. 1 AEG und verfüge über eine entsprechende Zulassung. Sie selbst sei Eisenbahninfrastrukturunternehmen. Die Schaffung einer umsteigefreien Verbindung zwischen den Gemeinden Stuhr und Weyhe und der Bremer Innenstadt sowie die damit einhergehende Steigerung der Leistungsfähigkeit und Attraktivität des ÖPNV-Angebotes sei ein zulässiges planerisches Ziel. Bisher bestehe lediglich ein Busverkehr, der die Gemeinden Stuhr und Weyhe an das Bremer Schienennetz der BSAG anbinde. Die Erforderlichkeit des Ausbaus werde schon dadurch belegt, das in der Relation Bremen-Stuhr 34.300 PKW pro Tag und in der Relation Bremen-Weyhe 24.300 PKW pro Tag verkehrten, wohingegen gegenwärtig auf den ÖPNV (Busverkehr) Bremen-Stuhr nur knapp 2.000 Personenfahrten und auf die Verbindung Bremen-Weyhe nur 1.600 Personenfahrten pro Tag entfielen. Dass das von den Klägern in Bezug genommene Gutachten Prof. Dr. O. zu anderen Bewertungen komme als die von ihr als Vorhabenträgerin zugrunde gelegte standardisierte Bewertung, ergebe sich aus unterschiedlichen Bewertungskriterien und vom Gutachter empirisch ermittelten eigenen Daten, die das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses indes nicht in Frage stellten. Wirtschaftlichkeitsfragen seien kein Gegenstand der Planfeststellung. Ebenso habe eine ordnungsgemäße Alternativenprüfung stattgefunden. Insbesondere sei ein Ausbau des bestehenden Busverkehrs aus Umweltschutzgesichtspunkten nicht vorzugswürdig. Das Schienenangebot sei darüber hinaus auch deshalb attraktiver, weil die typischen verkehrsbedingten Behinderungen bei Bussen, die sich in den PKW/MIV-Verkehr einordnen müssten, bei dem schienengebundenen ÖPNV weitgehend entfielen.

Ebenso wenig sei die Abarbeitung des Immissionsschutzes im Planfeststellungsbeschluss zu beanstanden. Dieser setze Ansprüche auf Schallschutz dem Grunde nach fest, wo solche Ansprüche gegeben seien. Die Berechnung der Schallpegel unter Einrechnung des sog. „Schienenbonus“ entspreche der geltenden Rechtslage. Der Vorwurf angeblich unzutreffend zugrunde gelegter Betriebszeiten sei substanzlos.

Hinsichtlich der Erschütterungsimmissionen sehe der Planfeststellungsbeschluss vor, dass nach Abschluss der Baumaßnahmen mit Einverständnis des jeweiligen Eigentümers Messungen der tatsächlich auftretenden Erschütterungen an Gebäuden mit einem Abstand von weniger als neun Metern zur Gleismitte durchzuführen seien, um eine gesicherte Beurteilung der Einwirkungen auf den Menschen in Wohngebäuden vorzunehmen. Sofern Überschreitungen festgestellt würden, habe sie - die Vorhabenträgerin - schwingungsmindernde Maßnahmen durchzuführen.

Mit ihrem Vortrag zu den Auswirkungen elektromagnetischer Strahlungen seien die Kläger präkludiert. Der von der WHO empfohlene Grenzwert von 40 mT werde im Betrieb der vorgesehenen Gleichstromanlage mit einer Spannung von 750 Volt um ein Vielfaches unterschritten. Hinsichtlich der befürchteten Lichtimmissionen sei darauf hinzuweisen, dass Lichtquellen entweder auf die Gleise oder den Innenraum der Fahrzeuge gerichtet seien, so dass die Kläger nicht unzumutbar beeinträchtigt würden. Der Planfeststellungsbeschluss führe insoweit zutreffend aus, dass es einen Rechtsanspruch darauf, dass Grundstücke oder Wohnungen von öffentlichen Verkehrsmitteln aus nicht einsehbar seien, nicht gebe. Es obliege jeder in der Nähe einer öffentlichen Verkehrsfläche lebenden Person, sich insoweit durch zumutbare Maßnahmen selbst Sichtschutz zu verschaffen oder aber Einblicke „neugieriger Mitmenschen“ hinzunehmen. Die Berufung der Kläger auf unzumutbare Immissionen während der Bauzeit sei ebenfalls präkludiert; im Übrigen sei dieses Vorbringen auch unsubstantiiert, da nicht erkennbar werde, welche konkreten Fehler des Planfeststellungsbeschlusses die Kläger insoweit rügten.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des weiteren Vorbringens wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf die Parallelverfahren 7 KS 33/13, 7 KS 40/13, 7 KS 42/13 sowie das (ruhende) Verfahren 7 KS 34/13 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

I. Der von der Beigeladenen geplante und zur Genehmigung gestellte Aus- und Umbau der Bahnanlagen der Beigeladenen in den Gemeinden Stuhr und Weyhe zur Verlängerung der Bremer Straßenbahn Linie 8 ist kein Vorhaben, das auf der Grundlage von § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG zugelassen werden kann.

Der Vortrag der Kläger, das Vorhaben sei zu Unrecht nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz planfestgestellt worden, kann - entgegen der Auffassung der Beigeladenen - nicht nach § 18e Abs. 5 AEG iVm § 87b Abs. 3 VwGO präkludiert werden. Der Einwand zielt auf die Frage der Rechtsgrundlage für die Genehmigung des Vorhabens und das Bestehen der fachgesetzlichen Planrechtfertigung (s. dazu unter II.). Die für diese Beurteilung maßgebliche Tatsachengrundlage liegt dem Gericht vor, so dass eine Verzögerung iSv § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO nicht eintritt, was aber Voraussetzung für eine Präkludierung auf prozessrechtlicher Grundlage wäre.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine Maßnahme in ihrer konkreten Ausgestaltung nur dann durch einen Planfeststellungsbeschluss zugelassen werden, wenn dies in einer Rechtsnorm vorgesehen ist und die Maßnahme die speziellen tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm für ein planfeststellungsfähiges Vorhaben erfüllt (BVerwG, Urt. v. 19.02.2015 – 7 C 11.12 –, juris Rn. 19). Danach gibt es keinen mehreren oder allen Rechtsgebieten gemeinsamen Begriff des Vorhabens, bei dessen Vorliegen eine Zulassung im Wege der Planfeststellung erforderlich oder auch nur möglich wäre, ohne dass es auf die gesetzlichen Grenzen der Ermächtigung zur Planfeststellung ankäme. Vielmehr ist aus dem jeweiligen Fachgesetz zu entnehmen, wie es den Begriff des Vorhabens versteht, das es spezifischen behördlichen Kontrollentscheidungen unterwirft (BVerwG, Urt. v. 19.02.2015, aaO, juris Rn. 19 mwN).

Das Allgemeine Eisenbahngesetz dient nach § 1 Abs. 1 AEG in der hier anzuwendenden Fassung vom 27.06.2012 der Gewährleistung eines sicheren Betriebs der Eisenbahn und eines attraktiven Verkehrsangebotes auf der Schiene sowie der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs auf der Schiene bei dem Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen und dem Betrieb von Eisenbahninfrastrukturen sowie ferner der Umsetzung oder Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union im Bereich des Eisenbahnrechts. Es gilt für Eisenbahnen, dagegen gem. § 1 Abs. 2 AEG ausdrücklich nicht für andere Schienenbahnen, u.a. nicht für Straßenbahnen. Eisenbahnen sind nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AEG öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen, die Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen (Eisenbahnverkehrsunternehmen), d.h. Personen oder Güter auf einer Eisenbahninfrastruktur befördern, oder eine Eisenbahninfrastruktur betreiben (Eisenbahninfrastrukturunternehmen). Straßenbahnen sind nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 PBefG dagegen Schienenbahnen, die (1.) den Verkehrsraum öffentlicher Straßen benutzen und sich mit ihren baulichen und betrieblichen Einrichtungen sowie in ihrer Betriebsweise der Eigenart des Straßenverkehrs anpassen oder (2.) einen besonderen Bahnkörper haben und in der Betriebsweise den unter Nummer 1 bezeichneten Bahnen gleichen oder ähneln und ausschließlich oder überwiegend der Beförderung von Personen im Orts- oder Nachbarschaftsbereich dienen.

Die Abgrenzung zwischen Eisenbahn und Straßenbahn und der für die jeweilige Planung heranzuziehenden Rechtsgrundlagen Allgemeines Eisenbahngesetz / Personenbeförderungsgesetz ist bei Gleisanlagen auf der Grundlage der intendierten Verkehrsfunktion vorzunehmen (Hermes, AEG, 2. Aufl. 2014, § 1 Rn. 24). Die Zuordnung richtet sich nach ihrer jeweiligen objektiven Funktion (BVerwG, Urt. v. 27.11.1996

- 11 A 2.96 -, juris Rn. 20f. sowie auch Urt. v. 19.02.2015 – 7 C 11.12 –, juris Rn. 37 ff. m.w.N.; „Eisenbahnbetriebsbezogenheit“). Abzustellen ist darauf, welche Verkehrsfunktion bei dem Vorhaben schwerpunktmäßig im Vordergrund steht bzw. stehen wird (Guckelberger, Tram-Trains als Phänomen zwischen Allgemeinem Eisenbahnrecht und Personenbeförderungsrecht, DVBl. 2009, S. 936f. sowie OVG Saarland, Urt. v. 28.04.1998 – 2 M 2/98 –, juris Rn. 28 ff.). Den Gesetzesmaterialien zu § 4 Abs. 1 PBefG, der die gesetzliche Definition des Begriffs der „Straßenbahnen“ enthält, ist zu entnehmen, dass „… bei der Beurteilung, ob eine Schienenbahn als Eisenbahn oder als Straßenbahn anzusehen ist, entscheidend sein (soll), ob die Merkmale der Bau- und Betriebsweise einer Straßenbahn diejenigen Merkmale überwiegen, die für eine Einreihung als Eisenbahn im Sinne des Allgemeinen Eisenbahngesetzes sprechen. Dabei ist es unerheblich, ob eine Straßenbahn innerhalb des Verkehrsraumes einer öffentlichen Straße fährt und somit vom allgemeinen Straßenverkehr nicht getrennt werden kann, oder ob sie außerhalb oder innerhalb dieses Verkehrsraumes auf besonderem Bahnkörper fährt oder eine Straßenbahn den besonderen Bahnkörper einer Eisenbahn streckenweise mitbenutzt …“ (BT-Drs. 3/255, S. 25).

Nach den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss der Beklagten ist Hauptziel des Vorhabens die deutliche Verbesserung der Verkehrsverhältnisse des ÖPNV. Die planfestgestellte „Ergänzung der Betriebsanlagen der BTE zur Aufnahme von Schienenfahrzeugen der Bremer Straßenbahnlinie 8“ beabsichtige, die Voraussetzungen hierfür zu schaffen. Es bestehe kein Zweifel, dass „… ein Bedarf für die Verlängerung der Straßenbahnlinie 8 nach Weyhe-Leeste vorhanden (sei)“. Im Erläuterungsbericht der Vorhabenträgerin, zuletzt ergänzt im Januar 2013, wird ausgeführt: Die Gemeinden Stuhr und Weyhe seien derzeit durch Regionalbuslinien bzw. die Buslinie 55 der Bremer Straßenbahn AG erschlossen, ein starkes Bevölkerungswachstum und eine hohe Quote von PKW–Nutzern bei gleichzeitig relativ geringem ÖPNV–Anteil am täglichen Verkehrsaufkommen bestätigten aber den Bedarf für eine verbesserte ÖPNV–Anbindung. Diese solle durch die Verlängerung der heute in Bremen–Huchting am Roland–Center endenden Straßenbahnlinie 8 erfolgen. Die Strecke beginne am Roland–Center und verlaufe über den künftigen Huchtinger Marktplatz und den Willakedamm direkt zur Trasse der Bremen–Thedinghauser–Eisenbahn, der sie bis zum künftigen Linienendpunkt in Weyhe–Leeste in Höhe Hagener Straße folge. Im Bereich Hagener Straße solle eine Wendeschleife für die Züge der Linie 8 entstehen. Die Linie 8 werde als integrierter Teil des bremischen Straßenbahnnetzes mit Straßenbahnfahrzeugen verkehren. Aus diesem Grund müsse die Strecke mit Gleichstrom 750 Volt DC elektrifiziert werden. Neben einer Reaktivierung der vorhandenen Bahnhöfe sollen 7 neue Haltepunkte geschaffen werden; insgesamt sind 12 Bahnhöfe bzw. Haltepunkte vorgesehen. Bahnsteige und Bahnsteigausstattung sollen für den Personenverkehr im Hinblick auf Zuglängen und Einstieghöhe der Straßenbahn baulich gestaltet bzw. umgestaltet, die im Verlauf der Strecke befindlichen Bahnübergänge im Hinblick auf den künftigen Bahnbetrieb technisch angepasst werden.

Nach dieser Beschreibung des Vorhabens ist eindeutig, dass der geplante Ausbau der BTE-Trasse allein darauf zielt, die technischen Voraussetzungen für die Aufnahme von Schienenfahrzeugen der Bremer Straßenbahnlinie 8 zu schaffen. Die Frequenz des Eisenbahnverkehrs, derzeit ein Güterzug täglich, soll nicht erhöht werden; der Ausbau der Trasse mit einem 2. Gleis ist demnach nicht durch Eisenbahnverkehr motiviert oder durch solchen gerechtfertigt. Für die Aufrechterhaltung oder auch eine Ausweitung des Güterverkehrs auf der Strecke wäre auch der Ausbau der Bahnhöfe und Haltestellen nicht erforderlich, insbesondere würde eine Wendeschleife nicht benötigt. Die Elektrifizierung der Trasse mittels einer Gleichstromanlage mit einer Spannung von 750 Volt ist auf den Straßenbahnbetrieb ausgelegt. Das Bahnstromnetz der Deutschen Bahn benötigt demgegenüber Einphasenwechselstrom mit einer Frequenz von 16,7 Hz, so dass das vorgesehene Stromnetz für elektrifizierte Bahnverkehrszüge nicht nutzbar ist. Der (einzige) derzeit verkehrende Güterzug wird daher auch künftig auf Eigenantrieb (Dieselloks) angewiesen sein. Gleiches würde für weiteren Güterzugverkehr gelten, der nach den Ausführungen des Erläuterungsberichts für die Anliegergemeinden optional gesichert werden soll.

Es handelt sich bei dem Vorhaben - im Gewande eines eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses - um den Umbau der Trasse zu einer Straßenbahnstrecke, der zugleich die weitere Mitbenutzung durch Güterzugverkehr deshalb zulässt, weil die Spurbreite - wie die der Straßenbahn in Bremen - 1435 mm beträgt und damit der Standardspurbreite der Deutschen Bahn (Normalspur) entspricht. Ein spezifisch eisenbahnrechtlicher Bedarf iSv § 1 AEG ist für das Ausbauvorhaben indes nicht zu erkennen. Die Beklagte selbst qualifiziert es im Rahmen der UVP-VP als „Bau einer anderen Bahnstrecke“ für den öffentlichen spurgeführten Verkehr mit den dazu gehörenden Betriebsanlagen nach Nr. 14.10 der Anlage 1 zum UVPG - und nicht nach Nr. 14.7 als „Bau eines Schienenweges von Eisenbahnen“, was erkennbar macht, dass auch die Planfeststellungsbehörde den Umbau der Trasse in diesem Zusammenhang nicht genuin als ein eisenbahnrechtliches Projekt einstuft. Es dient ausschließlich oder jedenfalls überwiegend der Beförderung von Personen im Orts- oder Nachbarschaftsbereich (§ 4 Abs. 1 PBefG).

Die Herstellung von Straßenbahnbetriebsanlagen kann indes nicht nach § 18 AEG planfestgestellt werden, da das Eisenbahngesetz nach § 1 Abs. 2 AEG nicht für Straßenbahnen gilt und § 28 PBefG bestimmt, dass Betriebsanlagen für Straßenbahnen (nur) gebaut werden dürfen, wenn der Plan vorher in einem Planfeststellungsverfahren nach dem Personenbeförderungsgesetz festgestellt worden ist (vgl. Guckelberger, DVBl. 2009, S. 933, 935). Dem Charakter der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung als „Bauplanfeststellung“ kann daher - entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten - nicht entnommen werden, dass es für die Heranziehung der Rechtsgrundlage des § 18 AEG unerheblich sei, für welche Art von Schienenverkehr der Ausbau erfolgen solle. Zwar handelt es sich um eine eisenbahnrechtlich gewidmete Bestandstrasse, auch mag Eisenbahnrecht die Mitbenutzung von Bahnstrecken durch eisenbahnrechtlichen Vorgaben entsprechende andere Arten von Schienenfahrzeugen zulassen, daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass es im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben egal sei, welche Qualität der für den Ausbau der Trasse in Anspruch genommene Schienenverkehrsbedarf haben muss. Außerdem ist

darauf hinzuweisen, dass der Charakter als „Bauplanfeststellung“ es nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht ausschließt, betriebsregelnde Anordnungen zu treffen, also die geplante Nutzung der Trasse für die rechtliche Bewertung nicht völlig auszublenden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 – 7 A 28.12 –, juris Rn. 55). Dem kommt zumal im Hinblick auf die unterschiedlichen Betriebsweisen von Eisen- und Straßenbahn und die sich daraus ergebenen Möglichkeiten, Lärmschutzmaßnahmen vorzunehmen - s. dazu noch unten -, erhebliche Bedeutung zu. Wenn § 18 Satz 1 AEG den „Bau“ und die „Änderung“ der Betriebsanlagen nebeneinander stellt und beide Vorgänge einheitlich einer Planfeststellungspflicht unterwirft, macht der Gesetzgeber deutlich, dass der spezifisch eisenbahnrechtliche Bedarf für die Heranziehung der Ermächtigungsnorm für beide Fälle in gleicher Weise gegeben sein muss. Schon mit Rücksicht darauf, dass der Rechtsbegriff „Eisenbahnen“ in den verfassungsrechtlichen Kompetenznormen enthalten ist (Art. 73 Abs. 1 Nr. 6a GG; Art. 74 Abs. 1 Nr. 23 GG), kann die Ermächtigung in § 18 AEG auch nicht in dem Sinne als „betriebsneutral“ ausgelegt werden, dass als rechtlich unerheblich behandelt wird, für welchen Beförderungsbedarf die Trasse nach dem Ausbau künftig genutzt werden soll. Bereits der Umstand, dass  die jeweiligen Planungsvorhaben in unterschiedlichen Gesetzen geregelt worden sind, spricht für die Einschätzung, dass es sich um rechtlich verschieden zu bewertende Dinge handelt (vgl. Guckelberger, DVBl. 2009, S. 935, 939).

Dem kann von Seiten der Beigeladenen nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass angesichts des Umstandes, dass die gesetzlichen Begriffsdefinitionen für Straßenbahnverkehr bzw. Eisenbahnverkehr in §§ 4 Abs. 1, 8 Abs. 1 PBefG und § 2 Abs. 5 AEG wenig trennscharf ist, keine eindeutige Zuordnung möglich und ein enges Liniennetz wie für eine Straßenbahn außerhalb des Stadtgebiets von Bremen nicht erforderlich sei. Es kann offenbleiben, ob das Bedürfnis für eine schienenverkehrliche Anbindung der Gemeinden Weyhe und Stuhr an die Bremer Innenstadt auch durch Nahverkehrszüge zum Bremer Hauptbahnhof befriedigt werden könnte; denn eine solche Lösung sieht der festgestellte Plan nicht vor, dessen Gegenstand der Umbau der Strecke zu einer Straßenbahntrasse ist. Daran ändert auch nichts, dass der Erläuterungsbericht der Bremer Straßenbahnlinie 8 den „Status eines Eisenbahnbetriebes“ zusprechen will und die Beigeladene behauptet, „auch Eisenbahninfrastrukturunternehmen“ zu sein. Denn Ziel ihres Ausbauvorhabens ist es nicht, (weiteren) Eisenbahnverkehr aufnehmen, sondern die Trasse für den Straßenbahnbetrieb des kommunalen Bremer Straßenbahnbetriebes (BSAG) zugänglich zu machen und ihm die Erweiterung ins Umland zu ermöglichen. Die von der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen geäußerte Auffassung, dass die Straßenbahnlinie 8 mit dem Übertritt auf die BTE-Trasse rechtlich quasi zu einer Eisenbahn „mutiere“, stellt eine Fiktion dar, der das tatsächliche Substrat fehlt. Zwar mag die Siedlungsdichte mit zunehmender Entfernung der Kernstadt typischerweise geringer werden, hier verläuft die Trasse aber durch Siedlungsschwerpunkte wie die Orte Stuhr, Brinkum und Leeste, für die die Bedarfsprognose - gerade - eine ÖPNV-Erschießung als erforderlich ausweist. Das Planungskonzept sieht zudem auf der gesamten Länge der neu auszubauenden Trasse eine 20minütige Taktfrequenz tagsüber und eine 30minütige Taktfrequenz nachts vor, was für das erhebliche Verkehrsbedürfnis eines Ballungsraumes spricht. Dies im Rahmen des ÖPNV durch Straßenbahnen zu bedienen, ist nicht ungewöhnlich und liegt jedenfalls nicht außerhalb des Anwendungsbereichs des Personenbeförderungsgesetzes. Die in diesem Zusammenhang im Prozess aufgestellte Behauptung, auf der Strecke würden künftig hybride Fahrzeuge, sog. „Tram-Trains“, eingesetzt, erscheint insofern eigenartig, als dafür aufgrund der Elektrifizierung mittels einer Gleichstromanlage mit einer Spannung von 750 Volt kein Bedürfnis zu erkennen und dies auch mit der Angabe im Planfeststellungsbeschluss der Stadt Bremen vom 01.06.2016 nicht recht vereinbar ist, wonach auf der Linie ausschließlich mit Straßenbahnfahrzeugen verkehrt werden soll (S. 40 PfB Bremen). Es handelt sich - entgegen der Einschätzung der Beigeladenen - vorliegend auch nicht um einen „Zweifelsfall“, bei dem sich das Eisenbahnrecht mit seinen anspruchsvolleren Sicherheitsstandards und seinen Wettbewerbsregeln gegenüber dem Personenbeförderungsrecht durchsetzen müsste. Eisenbahnrecht und Personenbeförderungsrecht haben die gesetzgeberische Kompetenzgrundlage in unterschiedlichen Verfassungsbestimmungen. Eisenbahnrecht unterfällt der ausschließlichen Bundesgesetzgebungskompetenz nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 6a GG; andere Schienenbahnen, wie auch Straßenbahnen, unterliegen dagegen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 23 GG. Sie können in ihren Anwendungsbereichen daher nicht nach einer Vorrangregelung „im Zweifel Eisenbahnrecht“ voneinander abgegrenzt werden (vgl. zur Kompetenznorm des Art. 73 Nr. 6 GG a.F. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1969 - 2 BvF 1/64 -, juris Rn. 117ff.).

Auch der Vortrag, dass die planerische Zielsetzung auf eine Beibehaltung der Eisenbahnstrecke gerichtet sei, da eine Planfeststellung nach dem Personenbeförderungsgesetz eine Umwidmung der Trasse notwendig mache, die aber wegen des weiterhin stattfindenden Güterverkehrs nicht möglich sei, vermag dem Vorhaben das fehlende eisenbahnrechtliche Bedürfnis nicht zu verschaffen. Wenn die Voraussetzungen des einschlägigen Fachplanungsgesetzes nicht erfüllt sind, kann dies nicht durch Rückgriff auf Bedarfe ausgeglichen werden, für die nach anderen Fachplanungsgesetzen, hier dem Personenbeförderungsgesetz, Planungsverfahren durchgeführt werden müssen. Daran ändert auch nichts, wenn dieser Weg von der Behörde als schwierig überwindbar eingeschätzte rechtliche Hürden beinhaltet, wobei nicht recht erkennbar ist, weshalb ein privates Eisenbahnunternehmen gehindert sein sollte, die Zweckbestimmung seiner Gleis- und Betriebseinrichtungen auf den Straßenbahnverkehr zu erweitern und - unter Berücksichtigung der Bedingungen beider Betriebsweisen - neben dem Eisenbahnverkehr zuzulassen.

Bei dem Vorhaben, die Bahnanlagen der Beigeladenen in den Gemeinden Stuhr und Weyhe für die Verlängerung der Bremer Straßenbahnlinie 8 zu erweitern und umzubauen, handelt es sich demnach um ein insgesamt - nicht nur im Bereich der Stadt Bremen -  dem Personenbeförderungsgesetz unterfallendes Vorhaben, für das ein Planfeststellungsverfahren nach diesem Gesetz durchzuführen ist. Soweit Anlagen (weiterhin) für den Güterzugverkehr spezifisch eisenbahnrechtlich genutzt werden sollen, muss im Rahmen der Konzentrationswirkung der Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau der entsprechenden Anlagen - ebenso wie der Planfeststellungsbeschluss des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr der Freien Hansestadt Bremen vom 01.06.2016 für den auf Bremer Gebiet gelegenen Streckenabschnitt - insoweit auf § 18 AEG gestützt werden, so dass sichergestellt bleibt, dass die ggf. strengeren Vorgaben des Eisenbahnrechts Geltung erhalten.

II. Zuzugeben ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten, dass die Einstufung des Vorhabens als Eisenbahn- oder als Straßenbahnvorhaben zugleich die Frage nach der Planrechtfertigung aufwirft.

Die Planrechtfertigung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung, deren Fehlen auch ein mittelbar in seinem Eigentum Betroffener geltend machen kann (BVerwG, Beschl. v. 16.07.2007 - 4 B 71.06 –, juris Rn. 6;  Urt. v. 26.04.2007 - 4 C 12.05 -, juris Rn. 44ff.; Urt. v. 09.11.2006 - 4 A 2001.06 -, juris Rn. 33; Urt. v. 16.03.2006 – 4 A 1075.04 –, juris Rn. 180ff.). Sie erfordert die Prüfung, ob das Vorhaben mit den Zielen des Gesetzes übereinstimmt (fachplanerische Zielkonformität) und ob es für sich in Anspruch nehmen kann, in der konkreten Situation erforderlich zu sein (BVerwG, Urt. v. 09.11.2006 - 4 A 2001.06 -, juris Rn. 34). Sie fehlt, wenn das Vorhaben den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes - hier des AEG - nicht entspricht (BVerwG, Beschl. v. 16.07.2007 – 4 B 71.06 –, juris Rn. 6; Urt. v. 16.03.2006 – 4 A 1075.04 –, juris Rn. 182). Das Bestehen der Planrechtfertigung ist eine zu klärende Rechtsfrage, die der vollständigen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, nicht eine solche des Planungsermessens (BVerwG, Urt. v. 24.11.1989 – 4 C 41.88 –, juris Rn. 49; Ziekow, Hdb. des Fachplanungsrechts, 2. Aufl. 2014, § 5 Rn. 9). Vorliegend mangelt es, wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt, (auch) an der erforderlichen fachgesetzlichen Planrechtfertigung für das Vorhaben nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz.

Die Einrichtungen, die im Rahmen des Bauvorhabens hergestellt werden sollen, insbesondere Bahnhöfe, Haltestellen, Wendeschleife und die Elektrifizierung der Strecke, sind für den Güterzugverkehr, der weiterhin auf Dieselloks angewiesen sein wird, weder erforderlich noch überhaupt nutzbar und vermögen den Ausbau sowie die damit verbundenen Belastungen Dritter daher nicht zu rechtfertigen. Nach dem Planungskonzept ist auch kein Bedarf für das vorgesehene 2. Gleis zu erkennen, da die Verkehrsprognose eine Erhöhung der Zugfrequenz für den Eisenbahnverkehr nicht vorsieht. Vielmehr wird es danach auch künftig bei der Nutzung durch täglich (lediglich) einen regelmäßig verkehrenden Güterzug verbleiben. Die im Erläuterungsbericht angesprochene Option, den Güterzugverkehr langfristig für die Anliegergemeinden zu sichern, vermag einen aktuellen oder auch nur absehbaren Bedarf für den geplanten Trassenausbau in dieser Form ebenfalls nicht zu begründen.

III. Die Entscheidung der Beklagten über die Zulassung des Vorhabens durch Planfeststellungsbeschluss vom 25.03.2013 begründet zudem nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Umweltrechtsbehelfsgesetz - UmwRG - in der hier anzuwendenden aktuellen Fassung einen Aufhebungsanspruch, weil die nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Die Planfeststellungsbehörde hat bei der Anwendung umweltrechtlicher Vorschriften insoweit das anzuwendende Recht verkannt, was gerichtlicher Kontrolle unterliegt (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG).

Die Kläger haben zwar den Einwand der unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung innerhalb der am 30.09.2009 endenden Einwendungsfrist nicht erhoben, eine Präklusion gem. § 18a Nr. 7 Satz 1 AEG in der hier anzuwendenden Fassung iVm § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG ist jedoch nicht eingetreten. Dabei kann dahinstehen, ob die Kläger diese Einwendung bereits deshalb nicht zu erheben brauchten, weil die Beklagte eine Entscheidung über die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung zu diesem Zeitpunkt noch nicht getroffen hatte, die Rüge der Verfahrensverletzung also nur „präventiv“ hätte erfolgen können. Der Senat hat zwar in seinem Urteil vom 19.09.2013 (7 KS 209/11, juris Rn. 83) noch die Auffassung vertreten, die Einwendung einer unterlassenen Umweltverträglichkeitsprüfung unterliege der eisenbahnrechtlichen Einwendungspräklusion. Inzwischen hat allerdings der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 15.10.2015 (C-137/14, juris) entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre unionsrechtlichen Verpflichtungen verstoßen hat, indem sie den Umfang der gerichtlichen Prüfung auf Einwendungen beschränkt, die bereits innerhalb der Einwendungsfrist im Verwaltungsverfahren eingebracht wurden. Das Bundesverwaltungsgericht hat daraufhin nunmehr mit Urteil vom 22.10.2015 (7 C 15.13, juris Rn. 26) entschieden, dass ein Ausschluss von Einwendungen, wie er in § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG vorgesehen ist, mit Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU und Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU nicht vereinbar ist und Präklusionsvorschriften daher außer Anwendung bleiben müssen (ebenso BVerwG, Urt. v. 25.05.2016 – 3 C 2.15 –, juris Rn. 29). Im Hinblick darauf ist die - oben angeführte - frühere Rechtsprechung überholt; der Senat hält an ihr nicht fest.

Das Vorbringen der Kläger, die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung sei unterlassen worden, kann auch nicht nach § 18e Abs. 5 AEG iVm § 87b Abs. 3 VwGO zurückgewiesen werden. Denn die 6-Wochenfrist ab Klageerhebung am 07.06.2013 ist durch den - per Fax bei Gericht eingegangenen - Schriftsatz der Kläger vom 19.07.2013, in dem die unterlassene Umweltverträglichkeitsprüfung gerügt wird, gewahrt.

Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalles iSd § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Sofern - wie hier - in der Anlage 1 zum UVPG für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären (§ 3c Satz 1 UVPG), wobei in die Prüfung einzubeziehen ist, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (§ 3c Satz 3 UVPG). Die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung sind zu dokumentieren (§ 3c Satz 6 UVPG).

Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen, die nach § 3c Satz 1 UVPG zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichten, liegen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erst dann vor, wenn die nach dem jeweils einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze voraussichtlich überschritten wird und damit die Umweltauswirkungen nach Einschätzung der Behörde so gewichtig sind, dass sie zu einer Versagung der Zulassung führen. Umweltauswirkungen sind vielmehr bereits dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und deshalb in der Abwägung so gewichtig sind, dass im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung ein Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 -, juris LS 1 u. Rn. 35ff. zu Immissionen durch elektromagnetische Felder). Das Bundesverwaltungsgericht verweist auf seine Rechtsprechung zum Luftverkehrsrecht, wonach nachteilige betriebliche Auswirkungen zu berücksichtigen und damit grundsätzlich iSd § 3c Satz 1 UVPG erheblich sind, wenn sie mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind (BVerwG, aaO, Rn. 38 unter Hinweis auf Urt. v. 13.12.2007 - 4 C 9.06 -, juris Rn. 30 u. v. 16.10.2008 - 4 C 5.07 -, juris, LS 4 u. Rn. 30, 32). Danach muss die Umweltverträglichkeitsprüfung grundsätzlich die Abwägungsentscheidung vorbereiten, wenn Umweltauswirkungen in die Abwägung eingehen und bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013, aaO, juris Rn. 37 mwN). Jedenfalls bei Überschreiten der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle kann die Erheblichkeit allenfalls verneint werden, wenn bereits der Vorhabenträger Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen vorgesehen hat, und diese die nachteiligen Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013, aaO, juris Rn. 38). An dieser Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung der hiergegen erhobenen Kritik festgehalten, wenn eine Belastung der Wohnbevölkerung in einer Stärke zu erwarten ist, die so nah an einen Grenzwert heranreicht, dass im Zeitpunkt der Vorprüfung ein Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2013, aaO, Rn. 39). Denn die Abwägung des Schutzes vor Immissionen sei ausgehend von den Grenzwerten zu gewichten. Dieser Belang sei umso gewichtiger, je mehr die Belastung an den Grenzwert heranreiche, sein Gewicht umso geringer, je weiter sie hinter dieser Schwelle zurückbleibe (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013, aaO, Rn. 39 mwN).

Vorliegend hat die Beklagte das Vorhaben im Planfeststellungsbeschluss als Änderung oder Erweiterung „einer anderen Bahnstrecke“ nach Nr. 14.10 der Anlage 1 für den öffentlichen spurgeführten Verkehr mit den dazu gehörenden Betriebsanlagen qualifiziert, was die Pflicht zu einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG begründet. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob diese Qualifizierung des Vorhabens zutreffend ist oder es nicht nach Gegenstand und Ziel gemäß Nr. 14.11 der Anlage 1 zum UVPG als Änderung oder Erweiterung iSv § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG (Umbau) zu „einer Bahnstrecke für Straßenbahnen“ hätte eingestuft werden müssen, da auch hier (lediglich) dieselbe Pflicht zur Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG besteht.

Ausgehend von der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss die (erst) im Planfeststellungsbeschluss getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen, als rechtsfehlerhaft beurteilt werden.

Nach der schalltechnischen Untersuchung der P. vom 07.07.2009 mit Ergänzung vom 20.06.2011 ergeben sich an insgesamt 47 Wohngebäuden Überschreitungen der Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV bis max. 4 dB(A), im Wesentlichen zur Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr). An zwei Wohngebäuden wurden tagsüber Grenzwertüberschreitungen um 1 dB(A) festgestellt. Der - im Verfahren von der Vorhabenträgerin insoweit ergänzte - Plan sieht den Bau einer Lärmschutzwand mit einer Höhe von 1,5 Metern über Schienenoberkante im Bereich der Lärchenstraße zum Schutz von 11 nebeneinander liegenden Wohngebäuden vor. Mittels dieser Maßnahme des aktiven Lärmschutzes können die Grenzwerte der 16. BImSchV unter Einrechnung des „Schienenbonus“ der Schall 03 in diesem Bereich eingehalten werden. Darüberhinausgehenden aktiven Lärmschutz für die übrigen - von Grenzwertüberschreitungen - betroffenen 36 Wohngebäude lehnt der Planfeststellungsbeschluss hingegen ab. Für sechs Wohngebäude in unmittelbarer Nähe eines Bahnüberganges lasse sich aufgrund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere der fehlenden Möglichkeit, die erforderlichen Überstandslängen einzuhalten, aktiver Lärmschutz durch eine Lärmschutzwand nicht ermöglichen. Bei den übrigen 30 Gebäuden seien die Kosten zur Erreichung des Vollschutzes unverhältnismäßig. Sie lägen bei ca. 23.300,00 EUR pro Gebäude und seien damit zu teuer, zumal es nur zu Überschreitungen der Nachtgrenzwerte um 1 bis 2 db(A) komme und Außenwohnbereiche daher nicht betroffen seien. Der Planfeststellungsbeschluss sieht in Ziffer 1.1.3.2.1 daher lediglich einen Anspruch auf Ersatz notwendiger Aufwendungen für passive Schallschutzmaßnahmen vor, deren Kosten mit 1.500,00 bis 2.000,00 EUR pro Gebäude beziffert werden. Andere aktive Schallschutzmaßnahmen wie die Ausrüstung der Fahrzeuge mit Radabsorbern, die Verlegung von Rasengleisen oder gummigepufferten Schienen kommen nach den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss nicht in Betracht.

Bei dieser Sachlage hätte die Beklagte im Rahmen der Vorprüfung auf der Grundlage der o.a. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Erheblichkeit von nah an den Grenzwert heranreichenden Immissionen iSv § 3c Satz 1 UVPG, die zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichten (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013, aaO), nicht zu dem Ergebnis kommen dürfen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich. Die  fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle für Lärmimmissionen wird bei einer Reihe von an der Trasse anliegenden Grundstücken überschritten, bei denen aktive Lärmschutzmaßnahmen nicht möglich sind oder von der Planfeststellungsbehörde für unverhältnismäßig teuer erachtet werden, so dass es bei ausschließlich passivem Lärmschutz verbleiben soll. Ob die Erwägungen der Beklagten, Aufwendungen von ca. 23.300,00 EUR oder rd. 13.300 EUR pro Gebäude für (weitere) aktive Schallschutzmaßnahmen seien im Verhältnis zur Erhaltung der Wohnqualität unzumutbar, im Hinblick auf die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Abwägung im Rahmen des § 41 BImSchG tragfähig sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 – 11 A 42.97 –, juris; Beschl. v. 09.01.2006 – 9 B 21.05 –, juris Rn. 18; Urt. v. 13.05.2009 – 9 A 72.07 –, juris Rn. 63f. u.v. 10.10.2012 – 9 A 20.11 –, juris Rn. 40f.), zumal auch in Bereichen einer stark verdichteten Bebauung, wo noch eher ein nennenswerter Schutzeffekt zu erzielen sein wird als bei einer aufgelockerten Bebauung, die auf eine entsprechend geringe Zahl von Bewohnern schließen lässt (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.05.2009, aaO, juris Rn. 63 mwN), mag an dieser Stelle offenbleiben. Denn bei einzelnen Gebäuden reichen die Lärmwerte an die Grenzwerte der 16. BImSchV für ein allgemeines Wohngebiet (WA) von 59 dB(A) tags bzw. 49 dB(A) nachts heran und werden nur bei Einrechnung des Abschlages für Schienenverkehr von 5 dB(A) eingehalten (vgl. zur Zulässigkeit der Berücksichtigung des sog. „Schienenbonus“ für Straßenbahnen noch bis zum 31.12.2018 BVerwG, Beschl. v. 19.05.2015 – 3 B 7.15 –, juris Rn. 14), wie dem schalltechnischen Gutachten und dessen grundstücksbezogenen Einzelberechnungen zu entnehmen ist. Damit bleibt die Lärmbelastung im Planbereich trotz der vorgesehenen Lärmminderungsmaßnahmen für zahlreiche Grundstücke abwägungserheblich im Rahmen des allgemeinen Abwägungsanspruchs Planbetroffener auf gerechte Abwägung ihrer Belange. Mithin durfte hier auch unter Berücksichtigung der Maßnahmen iSv § 3c Satz 3 UVPG nicht angenommen werden, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen seien offensichtlich ausgeschlossen. Das gilt im Übrigen unabhängig von der heranzuziehenden Rechtsgrundlage, § 18 Satz 2 AEG oder § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG. Die Ergebnisrelevanz dieses Mangels ist auch unter Berücksichtigung der vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.06.2014 zu bejahen, wonach dann, wenn nach einer die in Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien berücksichtigenden Vorausschau im Zeitpunkt der Vorprüfung feststeht, dass ein abwägungserheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses haben kann, es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf (BVerwG, Urt. v. 25.06.2014 – 9 A 1.13 –, juris Rn. 23). Denn nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist es gemeinschaftsrechtlich nicht zulässig, die Aufhebung von Entscheidungen aufgrund des Fehlens einer Umweltverträglichkeitsprüfung auf Fälle zu beschränken, in denen der Rechtsbehelfsführer nachweist, dass der Verfahrensfehler für das Ergebnis der Entscheidung kausal war (EuGH, Urt. v. 15.10.2015 – C-137/14 –, juris Rn. 62). Die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung kann auch nicht durch eine Ergänzung der Gründe des Planfeststellungsbeschlusses mittels einer Prozesserklärung, wie der Prozessbevollmächtigte der Beklagten sie in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2016 abgegeben hat, „weggewogen“ werden, da die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung striktes Recht darstellt, von dem bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht abgewichen werden kann.

IV. Dahinstehen kann, inwieweit dem Dokumentationserfordernis des § 3c Satz 6 UVPG (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 28.02.2013 - 7 VR 13.12 -, juris Rn. 15 unter Hinweis auf  BR-Drs. 551/06 S. 44; EuGH, Urt. v. 10.06.2004 - Rs. C-87/02 -, Slg. 2004 I-05975 Rn. 49) durch die  in der mündlichen Verhandlung  abgegebene Prozesserklärung der Beklagten abgeholfen worden ist, da dieser Rechtsfehler im Hinblick auf die - oben bezeichneten - Mängel des Planfeststellungsbeschlusses jedenfalls unerheblich wäre.

V. Aufgrund der festgestellten Mängel ist der angefochtene Planfeststellungsbeschluss aufzuheben. Die bezeichneten Rechtsfehler können nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden, was nach § 4 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UmwRG und § 18e Abs. 6 Satz 2, Halbs. 2 AEG a.F. bzw. § 18 Satz 2 AEG iVm § 75 Abs. 1a Satz 2, Halbs. 2 VwVfG aber Voraussetzung für eine - hinter der beantragten Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zurückbleibende - bloße Rechtswidrigkeits- und Nichtvollziehbarkeitsfeststellung im Urteilsausspruch wäre. Im ergänzenden Verfahren heilbar sind die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften und Fehler bei der Abwägung, bei denen die Möglichkeit besteht, dass die Planfeststellungsbehörde nach erneuter Abwägung an der getroffenen Entscheidung festhält und hierzu im Rahmen ihres planerischen Ermessens auch berechtigt ist, bei denen sie also nicht von vornherein darauf verwiesen ist, den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder zu ändern.

1. Das trifft für den Mangel der unzutreffenden Rechtsgrundlage des Planfeststellungsbeschlusses nicht zu. Die fehlerhafte Einstufung des Vorhabens als Eisenbahn- statt als Straßenbahnvorhaben infiziert das gesamte Planfeststellungsverfahren einschließlich der Vorschriften der Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. Guckelberger, DVBl. 2009, S. 933, 937f.). Sie hat Bedeutung nicht nur für die Wahl der Rechtsgrundlage, sondern insbesondere auch für die Planrechtfertigung und die Abwägung sowie die Bewältigung des Lärmschutzproblems. Hier stellt sich etwa die Frage, ob nicht zumindest das - neu verlegte - 2. Gleis mit aktivem Lärmschutz (z.B. Rasengleis) hergestellt werden kann, wie der Planfeststellungsbeschluss der Stadt Bremen vom 01.06.2016 es offenbar teilweise vorsieht, und ob nicht jedenfalls die Fahrzeuge der Straßenbahn mit Radabsorbern ausgestattet werden können, auch wenn dies für Eisenbahnwagons und/oder das von der Eisenbahn genutzte Gleis nicht möglich sein sollte. Der Umstand, dass durch die Wahl der Rechtsgrundlage Lärmschutzbelange Dritter in unterschiedlicher Weise berührt werden, macht zudem deutlich, dass es nicht ohne weiteres in der Hand der Vorhabenträgerin liegen kann, ob das Projekt als eisenbahnrechtliches oder als personenbeförderungsrechtliches qualifiziert wird.

2. Ebenfalls zur Aufhebung führt das Fehlen der erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, dass ungeachtet des Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG trotz Unterbleibens der Umweltverträglichkeitsprüfung dieser Rechtsfehler nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führe, weil fachgesetzliche Fehlerfolgenregelungen als speziellere Bestimmungen vorrangig seien (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – 4 A 1.13 -, juris LS 2 u. Rn. 42 mwN). Eine spezialgesetzliche Fehlerfolgenregelung wäre auch hier mit § 18e Abs. 6 AEG a.F. bzw. § 18 Satz 2 AEG iVm § 75 Abs. 1a VwVfG gegeben. Diese Rechtsprechung ist indes teilweise überholt (BVerwG, Urt. v. 22.10.2015 – 7 C 15.13 –, juris Rn. 22; grundlegend EuGH, Urt. v. 07.11.2013 - C-72/12 -, juris „Altrip“; vgl. zuletzt auch BVerwG, Urt. v. 28.04.2016 – 9 A 14.15 –, juris unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 21.01.2016 – 4 A 5.14 –, juris Rn. 41ff.). § 4 Abs. 1 UmwRG erfasst nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in unionsrechtskonformer Auslegung jedenfalls solche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung, die nach ihrer Art und Schwere den in § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG genannten Fehlern vergleichbar sind, insbesondere weil sie der betroffenen Öffentlichkeit die vorgesehene Möglichkeit genommen haben, Zugang zu den auszulegenden Unterlagen zu erhalten und sich am Entscheidungsprozess zu beteiligen (BVerwG, Urt. v. 22.10.2015, aaO, LS 2). Das trifft auch für den Fall der - hier aufgrund der fehlerhaften Vorprüfung - unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung zu. Derartige absolute Verfahrensfehler führen unabhängig von § 46 VwVfG und der konkreten Möglichkeit, dass die angefochtene Entscheidung ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre, zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.2015, aaO). Er hat dazu geführt, dass jedenfalls die nach der Auslegung im August/September 2009 erstellten oder ergänzten Unterlagen, darunter auch das modifizierte Immissionsgutachten, der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich gemacht worden sind.

Eines Eingehens auf die Hilfs- und Beweisanträge der Kläger bedarf es im Hinblick auf den Erfolg des Hauptantrages nicht.