Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 25.01.2006, Az.: 9 A 1/05
Arbeitgeber; Arbeitsplatz; Arbeitsverhältnis; Auflösung; Auflösung des Arbeitsverhältnisses; Auflösungsantrag; Ausbildungsabschluss; ausbildungsgerechter Arbeitsplatz; Ausbildungsnote; Auszubildender; Begründung eines Arbeitsverhältnisses; Beschäftigungsmöglichkeit; betrieblicher Grund; Beweislast; bisheriger Arbeitgeber; Dauerarbeitsplatz; dauerhafter Vollzeitarbeitsplatz; einseitige Erklärung; Einstellungssperre; fehlender Dauerarbeitsplatz; Feststellungsantrag; Fiktion; freie Planstelle; freie unbefristete Stelle; geeigneter Bewerber; Haushaltskonsolidierungsprogramm; Jugend- und Auszubildendenvertretung; Jugendvertreter; materielle Beweislast; Nachweis; Notenstufen; Personalvertretungsorgan; Planstelle; Qualifikationsmangel; schlechte Ausbildungsnote; schwerwiegender Qualifikationsmangel; Stellenbesetzungssperre; unbefristete Stelle; unbefristete Weiterbeschäftigung; unbestimmte Dauer; unbestimmte Zeit; Unzumutbarkeit ; Unzumutbarkeit der Dauerbeschäftigung; Verwaltungsfachangestellte; Weiterbeschäftigung; Weiterbeschäftigungsanspruch; Weiterbeschäftigungsverlangen; Zumutbarkeit; zwingende betriebliche Gründe; öffentlicher Dienst
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 25.01.2006
- Aktenzeichen
- 9 A 1/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 53160
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 83 Abs 1 S 2 Nr 5 PersVG ND
- § 83 Abs 2 PersVG ND
- § 80 ArbGG
- § 58 Abs 2 PersVG ND
- § 58 Abs 4 S 1 Nr 1 PersVG ND
- § 58 Abs 4 S 1 Nr 2 PersVG ND
- § 626 Abs 1 BGB
- § 107 S 2 BPersVG
- § 9 BPersVG
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrte zunächst die Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten zu 1. nicht begründet wird und begehrt jetzt, dass das zwischen ihr und dem Beteiligten zu 1. auf unbestimmte Zeit begründete Arbeitsverhältnis aufgelöst wird.
Der Beteiligte zu 1. wurde seit dem 1. August 2002 bei der Antragstellerin zum Verwaltungsfachangestellten ausgebildet. Er ist gewähltes Mitglied der Jugend- und Ausbildungsvertretung der Antragstellerin, der Beteiligten zu 3.. Das Ausbildungsverhältnis endete mit Bestehen der Abschlussprüfung am 24. Juni 2005.
Bereits mit Schreiben vom 24. Februar 2005 beantragte der Beteiligte zu 1. gemäß § 58 Abs. 2 NPersVG die unbefristete Weiterbeschäftigung nach erfolgreicher Beendigung der Ausbildung. Mit Schreiben vom 15. März 2005 teilte die Antragstellerin dem Beteiligten zu 1. mit, dass nach seiner erfolgreichen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses er nicht in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit übernommen werden könne. Mit Schreiben vom 21. März 2005 verlangte der Beteiligte zu 1. daraufhin erneut gemäß § 58 Abs. 2 NPersVG seine Weiterbeschäftigung. Die Antragstellerin teilte dem Beteiligten zu 1. daraufhin mit Schreiben vom 14. April 2005 nochmals mit, dass es ihr nicht möglich sei, ihn nach Abschluss der Ausbildung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis weiter zu beschäftigen. Seinem Weiterbeschäftigungsverlangen stehe entgegen, dass ein dauerhafter, ausbildungsgerechter Arbeitsplatz zum Ausbildungsende nicht vorhanden und besetzbar sei. Sie bilde über Bedarf aus. Nach dem Haushaltskonsolidierungskonzept für die Jahre 2004 bis 2010 würden darüber hinaus in diesen Jahren 27 Planstellen abzubauen sein. Außerdem sei vorgesehen, bis zum Jahre 2010 noch weitere 20 Planstellen einzusparen. Insgesamt belaufe sich das Einsparvolumen auf rund 9 Millionen Euro. Sie werde daher beim Verwaltungsgericht einen Antrag nach § 58 Abs. 4 NPersVG stellen.
Am 30. Mai 2005 hat der vom F. der Antragstellerin schriftlich hierzu bevollmächtigte G. bei Gericht zunächst die Feststellung begehrt, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten zu 1. nicht begründet wird. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, es lägen für die Antragstellerin zwingende betriebliche Gründe vor, die zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1. führten. Zum einen seien im Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung des Beteiligten zu 1. ausbildungsgerechte Dauer-Arbeitsplätze weder vorhanden noch besetzbar. Der Stellenplan für das Jahr 2005 enthalte im Zeitpunkt der Antragstellung keine ausbildungsgerechte freie Stelle. Die Antragstellerin bilde über ihren eigenen Bedarf hinaus aus. Alle Planstellen im Verwaltungsbereich, auf denen der Beteiligte zu 1. tarifgerecht eingesetzt werden könne, seien unbefristet besetzt, so dass ein Austausch oder die Inanspruchnahme einer anderen Planstelle ausscheide. Zum anderen ergebe sich die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung daraus, dass das im Juli 2003 vom Rat der Antragstellerin beschlossene Haushaltskonsolidierungsprogramm der Antragstellerin auferlege, bis zum Jahre 2010 insgesamt 47 Stellen einzusparen. Dies bedeute, dass nahezu jede freiwerdende Stelle abzubauen sei, so dass es der Antragstellerin nicht zuzumuten sei, den Beteiligten zu 1. ohne eine verfügbare ausbildungsgerechte Planstelle in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Schließlich sei zur Reduzierung der Personalkosten der Antragstellerin vom Verwaltungsvorstand grundsätzlich eine Einstellungssperre eingerichtet worden. Letztendlich sei zu berücksichtigen, dass der Beteiligte zu 1. seine Verwaltungsfachangestelltenprüfung lediglich mit 8,2 Punkten abgeschlossen habe, während die Prüfungsnoten der anderen im Jahre 2005 ausgelernten Auszubildenden zwischen 9,8 und 12,4 Punkten gelegen haben.
Nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss durch den Beteiligten zu 1. und dessen zunächst erfolgter Weiterbeschäftigung durch die Antragstellerin beantragt diese nunmehr,
das nach § 58 NPersVG zwischen der Antragstellerin und dem Beteiligten zu 1. über den 24. Juni 2005 hinaus auf unbestimmte Zeit begründete Arbeitsverhältnis nach § 58 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NPersVG aufzulösen.
Der Beteiligte zu 1. beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich zunächst auf die Ausführungen der Beteiligten zu 2. und 3.. Er weist darüber hinaus darauf hin, dass er seit dem 16. August 2005 bis zum 15. Mai 2006 seinen Zivildienst ableiste. Die Antragstellerin sei seiner Ansicht nach durchaus in der Lage, ihn weiter zu beschäftigen. So seien bei dieser zwischenzeitlich unbefristete Stellen durch Ausscheiden von Mitarbeitern, z.B. im Rechtsamt, zur Wiederbesetzung frei geworden. Die Stelle im Rechtsamt entspreche in vollem Umfang seiner Qualifikation. Darüber hinaus seien bei der Antragstellerin fünf Auszubildende, die gemeinsam mit ihm ihre Ausbildung abgeschlossen hätten, derzeit weiterbeschäftigt. Seine Ausbildungsnote stelle nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Grund dar, ihn mit Blick auf andere Auszubildende mit vielleicht etwas besseren Punktwerten nicht weiterzubeschäftigen.
Die Beteiligten zu 2. und 3. haben erklärt, sie könnten den Argumentationen der Antragstellerin nicht im vollen Umfang folgen. Richtig sei zwar, dass laut Haushaltskonsolidierungsplan mehrere Stellen eingespart werden sollten. Planstellen, deren Stelleninhaber ausscheiden, seien mit einem KW-Vermerk versehen. Der Personalrat habe aber des öfteren kritisiert, dass die Stelleneinsparungen nicht mit einer Aufgabenkritik verbunden seien. Erst nach Ausscheiden der Stelleninhaber werde geprüft, ob bzw. in welchem Umfang die Aufgaben zu erledigen seien, so dass erst dann eine Aussage möglich sei, ob eine Stelle eingespart werden könne. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass im Bereich der Stadtverwaltung eine erhebliche Anzahl von Mehrarbeits- bzw. Überstunden von Mitarbeitern aufgrund der Arbeitsverdichtung, Wiederbesetzungssperren etc. geleistet würden. Die von der Antragstellerin angeführte Einstellungssperre könne ebenso wenig pauschaliert als Begründung der unzumutbaren Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1. herangezogen werden, da es bei der Überprüfung, in welchem Zeitraum eine Stelle wiederbesetzt werden solle, verschiedene Prioritäten gebe. Abschließend sei zu bemerken, dass nach ihrer Ansicht die Antragstellerin die Situation im Personalbereich der H. zu pauschal beurteile. Der geplante Stellenabbau bis zum Jahre 2010 sei lediglich Theorie und besage nichts hinsichtlich des tatsächlichen Arbeitsaufkommens und der Wahrnehmung der zu erledigenden Aufgaben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II. Der Antrag ist zulässig (§§ 83 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 58, 83 Abs. 2 NPersVG i.V.m. §§ 80 f ArbGG). Insbesondere ist er - gestellt am 30. Mai 2005 - fristgemäß im Sinne des § 58 Abs. 4 Satz 1 NPersVG, denn er durfte schon vor dem Ausbildungsabschluss gestellt werden. Der Antrag ist zutreffend zunächst als Feststellungsantrag (§ 58 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 NPersVG) gestellt und, nachdem dieser Antrag die Fiktion des § 58 Abs. 2 NPersVG (Begründung eines Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit) nicht hindert, wirksam in einen Auflösungsantrag nach § 58 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NPersVG umgewandelt worden (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. vom 30.10.1981 - 6 B 25.85 -, PersR 1988, 47 [BVerwG 26.08.1987 - BVerwG 6 P 11.86]). Der Auflösungsantrag ist auch von einer vom F. der Antragstellerin hierzu schriftlich bevollmächtigten Person unter Vorlage dieser Vollmacht und damit auch von einer nach § 58 Abs. 4 Satz 1 NPersVG befugten Person gestellt worden.
Der Antrag ist auch begründet.
Rechtsgrundlage für den Auflösungsanspruch ist § 58 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NPersVG, der inhaltlich die gemäß § 107 Satz 2 BPersVG unmittelbar für die Länder geltende Vorschrift des § 9 Abs. 4 BPersVG wiederholt und deshalb lediglich deklaratorischen Charakter hat. Nach § 58 Abs. 2 NPersVG gilt zwischen dem Auszubildenden, der Mitglied u. a. in einer Jugend- und Ausbildungsvertretung ist, ein Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber auf unbestimmte Zeit als begründet, wenn der Auszubildende innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung verlangt. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Schutzvorschrift, die verhindern soll, dass ein Mitglied der Jugend- und Ausbildungsvertretung wegen seiner Tätigkeit in der Vertretung nicht weiterbeschäftigt wird. Die Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 NPersVG sind hier gegeben. Der Beteiligte zu 1. hat zwar bereits mit Schreiben vom 21. März 2005 gegenüber der Antragstellerin seine Weiterbeschäftigung beantragt und damit, sollte das Schreiben schon vor dem 24. März 2005 bei der Antragstellerin eingegangen sein, sein Weiterbeschäftigungsverlangen zu früh gestellt. Das hätte wiederum zur Folge, das ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Dauer nicht begründet worden wäre (vgl. Dembowski/Ladwig/Sellmann, Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, Loseblatt-Kommentar, Stand: November 2005, § 58 Rdnr. 18 m.w.N.) und der Auflösungsantrag ins Leere ginge, mithin hätte abgelehnt werden müssen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.2.2000 - 18 L 4750/98 -). Aus dem Gesamtverhalten der Antragstellerin und des Beteiligten zu 1., nämlich nochmalige schriftliche Ablehnung des Weiterbeschäftigungsverlangens durch die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 14. April 2005 unter alleiniger Berufung auf die Unzumutbarkeit der Dauerbeschäftigung und Ankündigung des Antrages nach § 58 Abs. 4 NPersVG, ergibt sich aber hinreichend deutlich, dass diese stillschweigend vereinbart haben, dass das Weiterbeschäftigungsverlangen des Beteiligten zu 1. auf jeden Fall als fristgerecht gestellt gelten soll, was für den Auflösungsantrag ausreichend wäre (vgl. zu dieser Möglichkeit, BVerwG, Beschl. v. 2.11.1994 - 6 P 39/93 -, BVerwGE 97, 68 = DVBl. 1995, 618 = NVwZ-RR 1995, 333).
Der Arbeitgeber kann jedoch nach § 58 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 NPersVG spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beim Verwaltungsgericht beantragen festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis nach § 58 Abs. 2 NPersVG nicht begründet wird, oder wenn - wie inzwischen hier - ein Arbeitsverhältnis nach § 58 Abs. 2 NPersVG begründet worden ist, die Auflösung dieses Arbeitsverhältnisses nach § 58 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NPersVG beantragen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann. Dabei ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes die tatsächliche und rechtliche Lage maßgeblich, die zum Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses bestand (vgl. zu § 9 BPersVG: BVerwG, Beschl. v. 2.11.1994 - 6 P 48.93 -, NVwZ-RR 1995, 330/331; Beschl. v. 30.10.1987 - 6 P 25.85 -, BVerwGE 78, 223; Nds. OVG, Beschl. v. 30.6.2004 - 17 LP 4/03 -). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Münster ist dagegen auch die Situation drei Monate vor diesem Zeitpunkt in den Blick zu nehmen (BAG, Beschl. v. 12.11.1997 - 7 ABR 63/96 -, BAGE 87, 105; OVG Münster, Beschl. v. 25.3.1999 - 1 A 5787/98.PVL -, PersV 1999, 568).
Der in § 58 Abs. 4 Satz 1 NPersVG enthaltene Begriff der „Zumutbarkeit“ ist ebenso wie der in § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG nicht mit dem identisch, den § 626 Abs. 1 BGB bei der Kündigung eines Dienstverhältnisses aus wichtigem Grunde verwendet. Zwar ist § 58 Abs. 4 Satz 1 NPersVG im Wortlaut an diese Kündigungsvorschrift angelehnt; er ist mit ihr aber nicht inhaltsgleich. Vielmehr muss auf Erfordernisse abgestellt werden, die für eine Einstellung in den öffentlichen Dienst maßgebend sind. Wenn die Weiterbeschäftigung eines Auszubildenden nach § 58 Abs. 2 NPersVG eine durch einseitige Erklärung bewirkte, von einer Entscheidung der Behörde unabhängige Einstellung nach Beendigung der Ausbildung darstellt, so ist eine solche Einstellung in den öffentlichen Dienst jedenfalls dann unzumutbar, wenn - abgesehen von in der Person des Weiterbeschäftigungs-berechtigten liegenden Gründen, die hier unstreitig nicht gegeben sind - in der Ausbildungsdienststelle keine freie Planstelle bzw. Stelle zur Verfügung steht sowie wenn ihr gesetzliche und tarifliche Einstellungshindernisse entgegenstehen. In diesem Fall ist der öffentliche Arbeitgeber sogar verpflichtet, ein Verfahren nach § 58 Abs. 4 Satz 1 NPersVG einzuleiten, weil er anderenfalls gegen das Gesetz verstoßen und eine nach § 41 Abs. 1 NPersVG verbotene Begünstigung zulassen würde. Aus diesem Grund ist nach der ständigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung der Arbeitgeber u. a. nicht verpflichtet, bei Vorhandensein einer geeigneten Stelle im Falle eines Weiterbeschäftigungsverlangens dem Auszubildenden den Vorzug zu geben, wenn ein objektiv wesentlich geeigneterer Bewerber zur Verfügung steht (BVerwG, Beschl. v. 17.5.2000 - 6 P 9.99 -, PersR 2000, 421 m. w. N.; Nds. OVG, Beschl. v. 30.6.2004 - 17 LP 4/03 -; Beschl. v. 17.5.1995 - 18 L 7343/94 -). Als ein zwingender betrieblicher Grund ist es anzusehen, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung keine ausbildungsgerechten Arbeitsplätze vorhanden und besetzbar sind, auf denen der Betreffende dauernd beschäftigt werden kann (BVerwG, Beschl. v. 2.11.1994, a. a. O.; Beschl. v. 17.5.2000 - 6 P 9.99 -, a. a. O. m. w. N.; Nds. OVG, Beschl. v. 16.2.2000 - 18 L 1794/98 -). Dabei besteht kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung auf einer befristeten Stelle oder auf Zusammenlegung mehrerer Teilstellen zu einer vollen Stelle; ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Schaffung einer Stelle zur Weiterbeschäftigung (Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 11. Aufl. 2003, § 58 Rdnr 6 m. w. N.). Der Arbeitgeber ist insbesondere auch nicht verpflichtet, durch betriebsorganisatorische Maßnahmen eine Beschäftigungsmöglichkeit zu schaffen oder gehalten, betriebliche und finanzielle Vorkehrungen zu treffen, um den Mitarbeiter nach Abschluss seiner Ausbildung einen auf Dauer angelegten ausbildungsgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können (Nds. OVG, Beschl. v. 9.9.1994 - 17 L 2791/94 -, PersR 1995, 90 m. w. N.).
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist des Weiteren anerkannt, dass die Weiterbeschäftigung eines Mitgliedes der Jugend- und Auszubildendenvertretung auch dann unzumutbar sein kann, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses eine durch den Haushaltsgesetzgeber veranlasste Stellenbesetzungssperre besteht, von der nur im Falle etwa eines „unabweisbar vordringlichen Personalbedarfs“ oder anderer klar und eindeutig gefassten objektiven Kriterien Ausnahmen zugelassen sind (BVerwG, Beschl. v. 13.9.2001 - 6 PB 9.01 -, PersR 2001, 524). Eine derartige Sperre begründet nach der ständigen Rechtsprechung die Unzumutbarkeit jedoch nur dann, wenn nicht der Dienststellenleiter/ Hauptverwaltungsbeamte sie erlassen hat, sondern ein ihm übergeordnetes Gremium (Rat, Gesetzgeber, oberste Dienstbehörde) (Bieler/Müller-Fritzsche, a. a. O., § 58 Rdnr. 7 m. w. N.).
Die Regelungen des § 9 BPersVG und des § 58 NPersVG führen zu einer Verschiebung der materiellen Beweislast: Nicht der Beschäftigte muss die Rechtswidrigkeit der Ablehnung seiner Einstellung in den öffentlichen Dienst darlegen und beweisen, sondern der Arbeitgeber hat sich über die Gründe seiner ablehnenden Entscheidung zu erklären und sie im Einzelnen darzulegen, um jeden Verdacht auszuräumen, die Tätigkeit des Auszubildenden in einem Personalvertretungsorgan könne seine Entscheidung beeinflusst haben. Lässt sich das nicht einwandfrei aufklären, so trägt der Arbeitgeber den Nachteil der tatsächlichen Unklarheit. Er muss also den Nachweis führen, dass und aus welchen gewichtigen Gründen ihm die Weiterbeschäftigung ausnahmsweise unzumutbar ist (BVerwG, Beschl. v. 31.5.1990 - 6 P 16.88 -, PersV 1990, 528/531 f.; Beschl. v. 2.11.1994 - 6 P 39.93 -, NVwZ-RR 1995, 333; Nds. OVG, Beschl. v. 16.2.2000 - 18 L 1718/98 -).
Nach diesen Kriterien ist der Antragstellerin die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1. unzumutbar, da sie ihm im maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zum 24. Juni 2005 keinen für Verwaltungsfachangestellte ausbildungsadäquaten, auf Dauer angelegten und gesicherten Arbeitsplatz mit voller Arbeitszeit zur Verfügung stellen konnte. Die Antragstellerin hat hierzu von den Beteiligten unwidersprochen ausgeführt, dass freie unbefristete Stellen für Verwaltungsfachangestellte im maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nicht vorhanden gewesen sind und dass sich solche auf damals absehbarer Zeit auch nicht abzeichneten. Diese Feststellung gilt auch für den Zeitraum drei Monaten vor Beendigung der Ausbildung, so dass auf eine Auseinandersetzung mit der hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts von der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes abweichenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes und des Oberverwaltungsgerichtes Münster abgesehen werden kann. Dem Fehlen eines dauerhaften Vollzeitarbeitsplatzes können die Beteiligten nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass einige Stellen unmittelbar nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses besetzt worden seien. Denn hierbei hat es sich durchweg um befristete Stellen gehandelt. Die später, mehr als drei Monate nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zum 1. Oktober 2005 aufgrund eines Arbeitsgerichtsprozesses freigewordene Stelle im Rechtsamt der Antragstellerin kann hier bei Beurteilung des Weiterbeschäftigungsanspruchs ebenfalls nicht mehr berücksichtigt werden. Die Antragstellerin war auch nicht verpflichtet, wegen der nicht unerheblichen Zahl an Überstunden in ihrem Verwaltungsbereich eine Dauerarbeitsstelle für den Beteiligten zu 1. zu schaffen. Ob die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1. der Antragstellerin auch deshalb unzumutbar ist, weil der Verwaltungsvorstand eine generelle Einstellungssperre beschlossen hat, die - weil möglicherweise unmittelbar auf den Ratsbeschluss zum Haushaltkonsolidierungsprogramm beruhend - beachtlich wäre, braucht angesichts des fehlenden Dauerarbeitsplatzes nicht weiter aufgeklärt zu werden.
Der Hinweis der Antragstellerin auf die „schlechte“ Ausbildungsnote des Beteiligten zu 1. macht die geforderte Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1. allerdings - dies sei abschließend bemerkt - nicht unzumutbar. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in seinem Beschluss vom 17. Mai 2000 (- 6 P 9.99 -, ZBR 2001, 56) dargelegt, dass eine Nichtberücksichtigung des Jugendvertreters nur dann in Betracht komme, wenn ein offenkundig schwerwiegender Qualifikationsmangel gegeben sei oder er in der maßgeblichen Abschlussprüfung deutlich mehr als eine Notenstufe schlechter abgeschnitten habe als der relativ schwächste sonstige Bewerber, den der Arbeitgeber in ein Dauerarbeitsverhältnis übernehmen wolle. Diese Voraussetzungen sind hier ersichtlich nicht erfüllt, wenn man sich die Notenstufen in § 6 VwFachPrüfO anschaut.
Einer Kostenentscheidung im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren bedarf es nicht, da das Verfahren frei von Gebühren und Auslagen des Gerichts ist (§ 12 Abs. 5 ArbGG) und eine Erstattung der Aufwendungen der Beteiligten nicht vorgesehen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.5.1957 - II C 02.56 -, BVerwGE 4, 357/359; Bieler/Müller-Fritsche, aaO, § 81 Rn 36).
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 23 Abs. 1 RVG.