Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.12.2003, Az.: 12 LA 442/03

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
04.12.2003
Aktenzeichen
12 LA 442/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 41425
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2003:1204.12LA442.03.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - AZ: 1 A 45/03

Fundstellen

  • DAR 2004, 607 (Volltext mit red. LS)
  • JWO-VerkehrsR 2004, 293
  • NJW 2004, 1125 (amtl. Leitsatz)
  • NPA 2005
  • NZV 2004, 432 (amtl. Leitsatz)
  • zfs 2004, 433-434 (Volltext mit red. LS)

Amtlicher Leitsatz

An einer hinreichenden Mitwirkung eines Fahrzeughalters an der Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers fehlt es bereits dann, wenn der Fahrzeughalter den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet oder weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht macht.

Tenor:

  1. Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 1. Kammer - vom 16. Juli 2003 zuzulassen, wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Der Wert des Streitgegenstandes wird für den zweiten Rechtszug auf 1.500,- € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, mit dem dieses die Klage des Klägers gegen die durch den Beklagten ausgesprochene Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches abgewiesen hat, bleibt ohne Erfolg. Der geltend gemachte Grund für die Zulassung der Berufung - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) - greift nicht durch.

2

Zur Begründung seines Antrages macht der Kläger geltend, der Umstand, dass er auf den ihm von dem Landkreis Hildesheim als Ordnungswidrigkeitenbehörde übersandten Anhörungsbogen vom 2. April 2002 hin Angaben über den verantwortlichen Fahrzeugführer nicht gemacht, sondern durch anwaltliches Schreiben vom 9. April 2002 mitgeteilt habe, er werde sich zum Vorwurf selbst zunächst nicht einlassen, und um Akteneinsicht gebeten habe, dürfe nicht geschlossen werden, dass er eine sachdienliche Mitwirkung an der Feststellung des Fahrzeugführers abgelehnt habe. Für ein solches Verhalten könne es verschiedene triftige Gründe geben. Weitere Erklärungen, die eine Prüfung der Verwaltungsvorgänge vorausgesetzt hätten, seien nach wie vor nicht ausgeschlossen gewesen. Von einer konkreten Ablehnung der Mitwirkung habe nur dann ausgegangen werden dürfen, wenn er, der Kläger, spätestens bei seiner Einvernahme durch die D. Polizei flaut Polizeibericht. Bl. 12 der Beiakte B, am 20. April 2002) auf eine eindeutige Frage eindeutig erklärt hätte, dass er nicht bereit bzw. nicht in der Lage sei, den verantwortlichen Fahrzeugführer zu benennen. Die Frage, wer am Vorfallstag sein Fahrzeug gefahren haben könnte, sei jedoch nicht an ihn gerichtet worden.

3

Durch diese Ausführungen werden Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungstragenden Erwägung des Verwaltungsgerichts (S. 6 UA) nicht begründet, der Kläger habe eine Mitwirkung an der Aufklärung der mit seinem Pkw am 12. März 2002 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung erkennbar abgelehnt, weil er auf den übersandten Anhörungsbogen hin keinerlei Angaben zur Sache gemacht und auch gegenüber der Polizei Horneburg ohne Zweifel zum Ausdruck gebracht habe, dass er nicht bereit sei, zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers hilfreich tätig zu werden. Eine ausdrückliche Frage der Polizeibeamten nach dem in Betracht kommenden Personenkreis sei nicht erforderlich gewesen, weil bereits die Frage nach dem Fahrzeugführer erkennbar darauf abgezielt habe, alle möglicherweise weiterführenden Hinweise zur Person des Fahrers zu erfahren.

4

Das Verwaltungsgericht befindet sich in Übereinstimmung mit der gefestigten Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa: Beschlüsse v. 28.5.2002 - 12 ME 461/02 -; 12.7.2002- 12 ME 511/02-; 11.7.2003- 12 ME 274/03 -, ZfS 2003, 526 u. v. 23.10.2003 - 12 ME 383/03 -), wonach die Ordnungswidrigkeitenbehörden im Rahmen ihrer nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO erforderlichen Ermittlungstätigkeit dann nicht Anlass zu umfangreichen weiteren Ermittlungen haben, wenn der Halter des Kraftfahrzeuges, mit dem der Verkehrsverstoß begangen worden ist, nicht hinreichend daran mitwirkt, den Fahrzeugführer zu bezeichnen. An einer solchen hinreichenden Mitwirkung fehlt es bereits dann, wenn der Fahrzeughalter den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet bzw. - wie hier - weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht macht. Damit hat es regelmäßig sein Bewenden. Weitere Bemühungen der Ordnungswidrigkeitenbehörde zur Feststellung des Fahrzeugführers ändern an dieser Rechtslage nichts. Sie deuten nicht daraufhin, weitere Maßnahmen zur Feststellung des Fahrzeugführers seien geboten gewesen, um zu dem Ergebnis zu gelangen, diese Feststellung sei im Sinne des § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich.

5

Besondere Umstände, die im Falle des Klägers eine von diesen Maßstäben abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere hätte der Kläger in dem anwaltlichen Schreiben vom 29. April 2002 einen Grund dafür, weshalb er sich zum Vorwurf selbst zunächst nicht einlasse, benennen können. Dies ist unterblieben. Vielmehr hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Ermittlungsakte unter dem 6. Mai 2002 ohne eine Einlassung in der Sache an den E. zurückgereicht und mit weiterem Schreiben vom 21. Mai 2002 unter Hinweis darauf, dass eine Fahreridentität mit den zu Gebote stehenden Beweismitteln nicht nachgewiesen werden könne, um die - unter dem 28. Mai 2002 dann auch vorgenommene - Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens gebeten. Weiterhin ist der Erwägung des Verwaltungsgerichts beizutreten, dass der Kläger bei seiner Befragung auf der Polizeistation F. am 20. April 2002 auch ohne eine von ihm in Abrede gestellte ausdrückliche Frage nach dem in Betracht kommenden Personenkreis von sich aus alle möglicherweise weiterführenden Hinweise zur Person des Fahrzeugführers hätte geben müssen. Dieses liegt - entsprechend dem Zweck der Befragung - auf der Hand.

6

Ohne Erfolg greift der Kläger schließlich auch die Erwägung des Verwaltungsgerichts (S. 7 UA) an, eine Kausalität zwischen der verzögerten Übersendung des Anhörungsbogens für die Nichtfeststellung des verantwortlichen Fahrers sei bereits deshalb zu verneinen, weil sich aus dem Aussageverhalten des Klägers im Ordnungswidrigkeitenverfahren ergebe, dass nicht die Verzögerung der Anhörung für die unterbliebene Ermittlung des Fahrzeuglenkers ursächlich gewesen sei, sondern vielmehr die fehlende Mitwirkung des Klägers. Denn der Kläger macht auch insoweit der Sache nach lediglich geltend, es hätte erst dann festgestellt werden können, ob er sich an den verantwortlichen Fahrzeugführer hätte erinnern können oder nicht, wenn ihm seitens der D. Polizei die Frage gestellt worden wäre, wem bzw. welchem Personenkreis er zum maßgeblichen Zeitpunkt sein Fahrzeug überlassen habe. Einer derartigen förmlichen Frage bedurfte es, wie bereits dargelegt, nicht.