Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 02.12.2003, Az.: 4 LB 49/03

Abrechnung; Anspruch; Anzeige; Behandlung; Behandlungsabschnitt; Behandlungsbeginn; Behandlungskosten; Behandlungsplan; Hilfe zum Lebensunterhalt; Hilfeempfänger; Kenntnis; Kosten; Kostenübernahme; Krankenhausbehandlung; Krankenhilfe; Sozialhilfe; Sozialhilfeempfänger; Sozialhilfeträger; stationäre Behandlung; stationäre Krankenhausbehandlung; Träger; Träger der Sozialhilfe; Tumor; Vertrauensschutz; Verwaltungspraxis

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.12.2003
Aktenzeichen
4 LB 49/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48511
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 07.11.2001 - AZ: 7 A 167/01

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein unmittelbarer Anspruch eines Krankenhauses gegen den örtlichen Träger der Sozialhilfe auf Übernahme der Kosten einer stationären Behandlung eines Sozialhilfeempfängers kann sich ergeben aus dem Anspruch des Hilfeempfängers auf Gewährung von Krankenhilfe (§ 37 BSHG) i. V. m. einer ständigen Praxis des Sozialhilfeträgers, Behandlungen im Krankenhaus nicht durch Erteilung eines Bescheides und Gewährung der Hilfe an den Hilfeempfänger, sondern durch unmittelbare Abrechnung mit dem Krankenhaus abzugelten. Auch dieser unmittelbare Anspruch des Trägers des Krankenhauses besteht nur nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 BSHG, demzufolge die Sozialhilfe einsetzt, sobald dem Träger der Sozialhilfe bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Gewährung vorliegen.

Zur Entbehrlichkeit einer vorherigen Mitteilung an den Sozialhilfeträger jeweils vor Beginn einzelner Behandlungsabschnitte in dem Fall, dass - erstens - die Grunderkrankung (hier: Tumor) wiederholte Behandlungen erfordert und sich Notwendigkeit und Umfang weiterer Behandlungsabschnitte aus dem Erfolg der vorausgegangenen Behandlungen ergeben und dass - zweitens - der Sozialhilfeträger in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen auf eine vorherige Mitteilung vor Beginn eines weiteren Behandlungsabschnitts verzichtet hat.

Tatbestand:

1

Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus und begehrt die Übernahme von Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe, die sie für die Behandlung des Hilfeempfängers E. F. aufgewendet hat.

2

Der Hilfeempfänger erfüllte im streitigen Zeitraum die Voraussetzungen für die Gewährung von Krankenhilfe und gehörte keiner Krankenversicherung an.

3

Mit Schreiben vom 12.04.1999 zeigte die Klägerin der Landeshauptstadt Hannover an, dass bei dem Hilfeempfänger eine "Tumorexcision (Ausschneidung) in Narkose unter stationären Bedingungen" notwendig sei und als Behandlungstermin der 03.05.1999 vorgesehen sei.

4

Daraufhin erklärte sich die seinerzeit als örtlicher Träger der Sozialhilfe zuständig gewesene Landeshauptstadt Hannover mit handschriftlich ausgefülltem Formularschreiben vom 26.04.1999 bereit, die Kosten der stationären Behandlung des Hilfeempfängers "ab 03.05.1999" zu übernehmen. Die Erklärung enthielt den Zusatz: "Bitte legen Sie uns nach erfolgter Aufnahme Ihren Kostenübernahmeantrag vor."

5

Der Hilfeempfänger wurde in der Folge dann in der Zeit vom 03.05.1999 bis zum 19.05.1999 bei der Klägerin stationär behandelt. Mit maschinell erstelltem "Kostenübernahmeantrag" vom 03.05.1999 (Eingang bei der Landeshauptstadt Hannover am 27.05.2003) und beigefügter "Entlaßanzeige" machte die Klägerin die angefallenen Kosten geltend, die von der Landeshauptstadt Hannover übernommen wurden.

6

Am 15.06.1999 ging bei der Stadt Hannover ein weiterer maschinell erstellter Kostenübernahmeantrag der Klägerin vom 01.06.1999 ein (Einweisungsdiagnose: bösartige Neubildung) mit beigefügter "Entlassanzeige" ein, aus denen sich ergab, dass die Klägerin den Hilfeempfänger erneut in der Zeit vom 31.05.1999 bis zum 07.06.1999 aufgenommen hatte.

7

Mit Schreiben vom 30.06.1999 erbat die Landeshauptstadt Hannover zu beiden Behandlungen (vom 03. bis zum 19.05.1999 und vom 31.05. bis zum 07.06.1999) fachärztliche Stellungnahmen auf beigefügten Formularen, "um feststellen zu können, welcher Sozialhilfeträger für die dort entstehenden bzw. entstandenen Kosten sachlich zuständig ist".

8

Am 16.08.1999 gingen bei der Landeshauptstadt Hannover die von der Klägerin übersandten beiden fachärztlichen Stellungnahmen vom 09.07.1999 ein. Aus den Stellungnahmen ergibt sich, dass "weitere Untersuchungen durchgeführt (wurden), um die Ausbreitung der bösartigen Erkrankung zu erfassen, um danach die Art der Behandlung zu entscheiden", und dass die Erkrankung des Hilfeempfängers in drei bis vier "Behandlungszyklen" behandelt werden sollte.

9

Bereits am 12.08.1999 gingen bei der Landeshauptstadt Hannover zwei weitere Kostenübernahmeanträge mit Entlassanzeigen der Klägerin ein, in denen angezeigt wurde, dass der Hilfeempfänger in den Zeiten vom 30.06. bis 02.07.1999 und vom 21.07. bis 23.07.1999 wiederum stationär behandelt worden war.

10

Am 11.08.1999 wurde der Hilfeempfänger erneut stationär bei der Klägerin aufgenommen. Eine entsprechende Mitteilung ging bei der Landeshauptstadt Hannover am 30.08.1999 ein. Diese Behandlung dauerte bis zum 13.08.1999 an.

11

Hinsichtlich der Einzelheiten der Erkrankung und der Behandlung des Hilfeempfängers wird auf die in den Verwaltungsvorgängen der Landeshauptstadt Hannover enthaltenen ärztlichen Stellungnahmen und Berichte Bezug genommen.

12

Erstmals mit Schreiben vom 05.10.1999 beanstandete die Landeshauptstadt Hannover (unter Bezugnahme auf § 121 BSHG), dass die Kostenübernahmeanträge für die vier Behandlungsperioden ab 31.05.1999 jeweils erst nach deren Abschluss und deshalb zu spät gestellt worden seien. Mit Bescheid vom 28.03.2000 lehnte die Landeshauptstadt Hannover eine Kostenübernahme für die Behandlungen des Hilfeempfängers nach dem 19.05.1999 ab.

13

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, über den weder die bis Ende Oktober 2001 zuständig gewesene Landeshauptstadt Hannover noch bislang die nunmehr zuständige Region Hannover entschieden haben.

14

Die Klägerin hat am 05.10.2000 Klage erhoben und vorgetragen: Ihre Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig, weil die Landeshauptstadt Hannover nicht über ihren Widerspruch entschieden habe. Ihre Klage sei auch in der Sache begründet. Die Landeshauptstadt Hannover habe in ihrem Schreiben für die Zeit vom 03.05.1999 eine unbefristete Kostenübernahme erklärt.

15

Die Klägerin hat außerdem eine weitere ärztliche Stellungnahme vom 10.05.2001 vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.

16

Die Klägerin hat beantragt,

17

die Beklagte zu verpflichten, die Kosten der stationären Behandlung des am ... geborenen E. F. für die Zeit vom 31.05. bis 07.06., 30.06 bis 02.07., 21.07. bis 23.07. sowie vom 11.08. bis zum 13.08.1999 zu übernehmen.

18

Der Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Sie hat erwidert: Es habe sich bei den weiteren Behandlungen des Hilfeempfängers ab 31.05.1999 nicht um so genannte "Notfallaufnahmen" gehandelt. Art und Umfang der notwendigen Behandlung seien erst im Verlauf der Behandlung am 17.05.1999 beschlossen worden. Deshalb seien die weiteren Behandlungen nicht von vornherein bekannt gewesen.

21

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2001 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

22

Die zulässige Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe weder einen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Krankenhausbehandlungen des Hilfeempfängers ab 31.05.1999 gegen die Landeshauptstadt Hannover noch habe sie einen Anspruch gegen die nunmehr als örtliche Trägerin der Sozialhilfe an die Stelle der Landeshauptstadt Hannover getretene Region Hannover (§§ 2, 85 Abs. 1 Gesetz über die Region Hannover vom 05.06.2001 (Nds. GVBl. 2001 S. 348)).

23

Ein Anspruch ergebe sich nicht aus § 121 BSHG, denn bei den stationären Behandlungen des Hilfeempfängers ab 31.05.1999 habe es sich nicht um einen Eilfall im Sinne dieser Vorschrift gehandelt.

24

Die Klägerin könne sich aber auch nicht auf die Kostenübernahmeerklärung der Landeshauptstadt Hannover vom 26.04.1999 berufen. Zwar habe die Landeshauptstadt Hannover in diesem Schreiben erklärt, die Kosten für die stationäre Behandlung des Hilfeempfängers ab 03.05.1999 übernehmen zu wollen, ohne eine zeitliche Grenze zu setzen. Diese Erklärung sei aber in Zusammenhang mit der Bitte der Klägerin um Kostenübernahme vom 12.04.1999 zu sehen. Die Klägerin habe dabei lediglich um Kostenübernahme für eine Tumorexcision unter stationärer Behandlung ab dem 03.05.1999 gebeten. Nur hierauf könne sich deshalb die Kostenzusage der Landeshauptstadt Hannover bezogen haben. Diese stationäre Behandlung sei durch die Entlassung des Hilfeempfängers am 19.05.1999 beendet worden. Aus der von der Klägerin selbst vorgelegten ärztlichen Stellungnahme vom 10.05.2001 werde deutlich, dass erst nach Abschluss der gesichtschirurgischen Therapie sich die Notwendigkeit zur weiteren Diagnostik und zur Chemotherapie aufgrund histologischer Gewebeuntersuchungen ergeben habe. Es habe sich also bei den stationären Behandlungen ab 31.05.1999 – deren Notwendigkeit und Erforderlichkeit nicht zweifelhaft seien – um neue, einer Tumorexcision nachfolgende Behandlungen gehandelt. Diese seien für die Landeshauptstadt Hannover aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 12.04.1999 aber nicht absehbar gewesen. Deshalb könne sich die Kostenübernahmeerklärung der Beklagten vom 26.04.1999 auch nicht darauf beziehen.

25

Gegen diesen Gerichtsbescheid richtet sich die von dem Senat mit Beschluss vom 30.01.2003 (4 LA 4247/01) gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassene Berufung der Klägerin. Sie trägt vor:

26

Die Kostenübernahmeerklärung vom 26.04.1999 sei nicht zeitlich begrenzt worden. Die nach der Operation in mehreren Zeitabschnitten stationär durchgeführten Chemotherapien hätten in unmittelbarem Zusammenhang mit der Krankheit und Behandlung gestanden, für die die Kostenübernahme erklärt worden sei – in früheren Zeiten wäre der stationäre Aufenthalt nach der Operation gar nicht unterbrochen worden –. Es habe sich also um eine einheitliche Behandlung gehandelt. Bei Behandlungen der vorliegenden Art sei es zwingend erforderlich, die Chemotherapie in bestimmten Zyklen durchzuführen. Würde man eine wie hier erteilte Kostenzusage nur auf den ersten Behandlungsabschnitt beziehen, gäbe es keine Sicherheit für den Patienten, das Krankenhaus und auch die behandelnden Ärzte hinsichtlich der Kostentragung für die weiteren Abschnitte, was letztlich auch die Wahl der Therapie beeinflussen würde. Im vorliegenden Fall sei weiter zu berücksichtigen, dass die Landeshauptstadt Hannover zwar wiederholt nach den Gründen für den stationären Aufenthalt gefragt habe. Sie habe aber erst längere Zeit nach Abschluss der Therapie über die Kostenübernahmeanträge überhaupt entschieden. Aus ihren, der Klägerin, Anfragen und Berichten habe die Landeshauptstadt Hannover entnehmen können, dass sie von einer einheitlichen Therapie und von einer Geltung der Kostenübernahmeerklärung vom 26.04.1999 für diese gesamte Therapie ausgegangen sei. Die Landeshauptstadt Hannover hätte deshalb, wenn sie ihre Erklärung anders verstanden wissen wollte, dies rechtzeitig mitteilen müssen.

27

Die Klägerin beantragt,

28

den Gerichtsbescheid zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die Kosten der stationären Behandlung des am ... geborenen E. F. für die Zeit vom 31.05. bis 07.06., 30.06 bis 02.07., 21.07. bis 23.07. sowie vom 11.08. bis zum 13.08.1999 in Höhe von insgesamt 5.538,78 DM nebst gesetzlicher Zinsen seit dem 28.03.2000 zu übernehmen.

29

Die Beklagte beantragt,

30

die Berufung zurückzuweisen.

31

Sie verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und hebt hervor: Die Klägerin habe ausdrücklich nur die Übernahme der Kosten für eine stationäre Behandlung ab dem 03.05.1999 beantragt. Aus der ärztlichen Stellungnahme vom 10.05.2001 ergebe sich, dass sich die Notwendigkeit der weiteren Behandlung erst durch nach Ende des ersten stationären Aufenthalts des Patienten durchgeführten histologischen Untersuchungen ergeben habe. Diese seien für die Landeshauptstadt Hannover bei Abgabe ihrer Kostenübernahmeerklärung nicht absehbar gewesen.

32

Bei wiederholten Behandlungen wegen desselben Grundleidens habe die Landeshauptstadt Hannover stets nur dann auf eine wiederholte Mitteilung verzichtet, wenn bereits zu Beginn der ersten Behandlung ein Behandlungsplan vorgelegen habe, aus der sich Art und Umfang der weiteren Behandlungen ergebe. Ein solcher Plan habe hier nicht vorgelegen. Die Anforderung der fachärztlichen Stellungnahmen habe hier den Zweck gehabt, eine eventuelle sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe zu prüfen. Da die letzten Stellungnahmen erst nach Abschluss der Behandlungszyklen eingegangen sei, habe auch dann erst über die Kostenübernahme entschieden werden können.

33

Die Klägerin erwidert dazu:

34

Es treffe zu, dass zwischen ihr und der Landeshauptstadt Hannover ein vereinfachtes Verfahren praktiziert werde, bei dem das Krankenhaus direkt mit der Landeshauptstadt Hannover abrechne, der Hilfeempfänger also gar nicht einbezogen werde. Es habe aber andere vergleichbare Fälle gegeben, in denen die Landeshauptstadt Hannover auf die Stellung weiterer Anträge für die Folgebehandlungen verzichtet habe. Eine schon anfängliche genaue Festlegung der späteren Therapieschritte in einem Behandlungsplan, wie ihn die Beklagte verlange, sei auch bei Tumoroperationen gar nicht möglich, weil sich erst bei der Operation bzw. den anschließenden Untersuchungen ergebe, welche weiteren Maßnahmen erforderlich seien.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

36

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO).

37

Die Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet.

38

Rechtliche Grundlage für das Begehren der Klägerin auf Übernahme der Behandlungskosten durch die Beklagte als örtliche Trägerin der Sozialhilfe (und in dieser Eigenschaft Rechtsnachfolgerin der Landeshauptstadt Hannover) ist der Anspruch des Hilfeempfängers auf Gewährung von Krankenhilfe (§ 37 BSHG) i. V. m. der ständigen Praxis der Landeshauptstadt Hannover, Behandlungen im Krankenhaus nicht durch Erteilung eines Bescheides und Gewährung der Hilfe an den Hilfeempfänger, sondern durch unmittelbare Abrechnung mit dem Krankenhaus abzugelten. Auch dieser unmittelbare Anspruch des Trägers des Krankenhauses besteht nur nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 BSHG, demzufolge die Sozialhilfe einsetzt, sobald dem Träger der Sozialhilfe bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Gewährung vorliegen.

39

Durch Anzeigen eines Behandlungsbeginns für eine Tumorerkrankung sind nicht auch die damit eventuellen implizierten Folgenbehandlungen mit angezeigt.

40

Dass bei dem Hilfeempfänger eine "Tumorexcision (Ausschneidung) in Narkose unter stationären Bedingungen" notwendig sei und als Behandlungstermin der 03.05.1999 vorgesehen sei, hat die Klägerin der Landeshauptstadt Hannover mit Schreiben vom 12.04.1999 und damit rechtzeitig vor Beginn der Behandlung angezeigt. Nach ihrem Vorbringen hat die Klägerin diese Mitteilung als Anzeige der gesamten Behandlung, also einschließlich der anschließenden Behandlungsschritte, angesehen, wobei der Gegenstand des jeweils nächsten Behandlungsschritts aus medizinischen Gründen erst gemäß dem Ergebnis des vorangegangenen Behandlungsschritts bestimmt werden (konnte und) sollte.

41

Die Landeshauptstadt Hannover hat dagegen das Schreiben vom 12.04.1999, das sich seinem Wortlaut nach nur auf eine Behandlung ab dem 03.05.1999 bezog und weitere Behandlungsschritte nach zwischenzeitlicher Entlassung des Hilfeempfängers aus dem Krankenhaus nicht erwähnte, als nur auf eine stationäre Behandlung ab dem 03.05.1999 bezogen angesehen. Die Erklärung vom 26.04.1999 über die Übernahme der Kosten "ab 03.05.1999" umfasste daher nach ihrem Wortlaut und dem Vorbringen der Beklagten auch nicht die weiteren, für die Landeshauptstadt Hannover damals nicht voraussehbaren Behandlungsschritte. Es mag zwar sein, dass die Klägerin das von ihrem Vorverständnis ihrer eigenen Mitteilung her anders aufgefasst hat. Tatsächlich verhält es sich jedoch so, dass – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – die Kostenübernahmeerklärung vom 26.04.1999 nur die Behandlung des Hilfeempfängers vom 03.05. bis zum 19.05.1999 umfasste. Hinsichtlich der anschließenden Behandlungsschritte haben die Beteiligten zu diesem Zeitpunkt "aneinander vorbei geredet".

42

Für die Übernahme von Behandlungskosten kann auf die einzelnen Anzeigen der jeweiligen Behandlungsschritte verzichtet werden, auch wenn kein Behandlungsplan vorliegt, aus dem hervorgeht, wie weitere Behandlungen folgen, da gerade bei einer Tumorerkrankung die weiteren ärztlichen Maßnahmen nicht abzusehen sind.

43

Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten der weiteren Behandlungsabschnitte ergibt sich im vorliegenden Fall aber daraus, dass die Landeshauptstadt Hannover in vergleichbaren Fällen offenbar auf eine vorherige Anzeige der der Erstbehandlung folgenden weiteren Behandlungsabschnitte verzichtet hat und die Klägerin sich auf diese Handhabung verlassen durfte. Dass die weiteren Behandlungsschritte im Fall des Klägers medizinisch notwendig waren, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Nach dem Vorbringen der Beklagten wird "nach Mitteilung der Landeshauptstadt Hannover ... bei Behandlungen wegen des gleichen Grundleidens nur dann auf eine wiederholte Kenntnisnahme und letztlich dann wohl auf eine wiederholte Antragstellung verzichtet, wenn zu Beginn der ersten Behandlung ein Behandlungsplan vorliegt, aus dem hervorgeht, wie viele weitere Behandlungen in welchen zeitlichen Abständen folgen." Dem hält die Klägerin entgegen, dass gerade bei Krebsoperationen nie von Anfang an sicher angegeben werden könne, wie viele und welche weiteren Behandlungsschritte notwendig seien, weil erst bei der Operation und nach der Gewebeuntersuchung der Umfang der körperlichen Beeinträchtigung des Patienten festgestellt und bestimmt werden könne, welche weiteren Maßnahmen erforderlich seien. Diesen Einwand hält der Senat um so mehr deshalb für überzeugend, weil die Klägerin auf andere vergleichbare Fälle verweist und konkret die zeitgleich mit dem vorliegenden Behandlungsfall angefallene Behandlung der Frau G. T. benennt, für deren Kostenabrechnung der damalige Sachbearbeiter auf einzelne Anzeigen der jeweiligen Behandlungsschritte verzichtet habe. Diesem Vorbringen der Klägerin ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

44

Es entsteht ein Vertrauensschutz dahingehend, die stationären Behandlungen des Hilfeempfängers als rechtzeitig angezeigt i.S. des § 5 Abs. 1 BSHG anzusehen, wenn in der Vergangenheit das Fehlen der Anzeige von Folgebehandlungen nicht gerügt wurde.

45

Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Landeshauptstadt Hannover auf den weiteren "Kostenübernahmeantrag" vom 03.05.1999 (Eingang bei der Landeshauptstadt Hannover am 27.05.2003) nebst beigefügter "Entlaßanzeige" zunächst gar nicht reagiert hat und nach Vorliegen des nächsten Kostenübernahmeantrages der Klägerin vom 01.06.1999 ein (Einweisungsdiagnose: bösartige Neubildung) nebst "Entlassanzeige" dann mit Schreiben vom 30.06.1999 zu beiden Behandlungen (vom 03. bis zum 19.05.1999 und vom 31.05. bis zum 07.06.1999) fachärztliche Stellungnahmen auf beigefügten Formularen erbeten hat, "um feststellen zu können, welcher Sozialhilfeträger für die dort entstehenden bzw. entstandenen Kosten sachlich zuständig ist". Dass die Klägerin die Behandlungen nicht jeweils vor deren Beginn angezeigt habe, hat die Landeshauptstadt Hannover dabei nicht angesprochen. Sie hat damit gerade auch mit Blick auf vergleichbare Parallelfälle bei der Klägerin ein Vertrauen dahin begründet bzw. bestätigt, dass sie die nachträgliche Anzeige von mit einer Erstbehandlung in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehenden Anschlussbehandlungen in ständiger Verwaltungspraxis als ausreichend ansehe. Die Klägerin konnte sich darauf verlassen, dass die Landeshauptstadt Hannover weiter so verfahre, jedenfalls sie nicht nachträglich nach Abschluss der gesamten Behandlung rückwirkend mit einer Änderung der Praxis überraschen würde. Der gebotene Schutz des Vertrauens der Klägerin in die damalige Handhabung der Landeshauptstadt Hannover begründet die Verpflichtung der Beklagten, die stationären Behandlungen des Hilfeempfängers, des Herrn E. F., als rechtzeitig angezeigt i. S. des § 5 Abs. 1 BSHG anzusehen und über die Kostenübernahmeanträge der Klägerin für diese Zeiträume neu zu entscheiden.

46

Die von der Klägerin begehrte Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des von ihr, der Klägerin, errechneten Betrags kommt nicht in Betracht, da die Beklagte Gelegenheit haben muss, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Forderung zu prüfen. Dabei wird sie auch über die geltend gemachten Prozesszinsen (§ 291 i. V. m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB n. F.) zu entscheiden haben.

47

Für künftige Behandlungskostenübernahmen wird jedoch eine vorherige Anzeige der Behandlungsabschnitte verlangt.

48

Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin sich für künftige Fälle nicht auf ein solches Vertrauen wird berufen können, da ihr jetzt bekannt ist, dass die Landeshauptstadt Hannover bzw. die Beklagte auch für einer Erstbehandlung nachfolgende Behandlungsabschnitte eine vorherige Anzeige verlangt.