Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.11.2017, Az.: 7 LC 35/17

Kostenerstattung; öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag; öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch; Straßenbaubehörde; Verunreinigung; Wildunfall

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.11.2017
Aktenzeichen
7 LC 35/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 54074
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 29.03.2017 - AZ: 7 A 5245/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Bei einem durch einen Zusammenstoß mit einem Kraftfahrzeug verendeten, im öffentlichen Straßenraum liegenden und noch im Ganzen vorhandenen Kadaver eines wildlebenden Tieres im Sinne des § 1 Abs. 1 BJagdG handelt es sich dann, wenn es um ein größeres Tier geht (hier ein Wildschwein), tatbestandlich nicht um eine Verunreinigung im Sinne des § 7 Abs. 3 FStrG.

2. § 7 Abs. 3 FStrG statuiert eine Eintrittsbefugnis der Straßenbaubehörde für den Fall einer Nichterfüllung der primären Beseitigungspflicht durch den Verursacher einer Verunreinigung. Der Verursacher muss nur für die Kosten aufkommen, die durch die Beseitigung der Verunreinigung durch die Straßenbaubehörde entstanden sind. Daran fehlt es, wenn die Beseitigung nicht auf ein entsprechendes Handeln der Behörde zurückgeführt werden kann.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 7. Kammer - vom 29. März 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des 1,1-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Bescheids der Beklagten, mit dem ihm die Erstattung von Kosten für die Bergung und Entsorgung eines Wildschweins nach einer Kollision im Straßenverkehr aufgegeben wurde.

Der Kläger kollidierte 2013 gegen 0:30 Uhr als Halter und Fahrer eines Pkw auf der Bundesstraße F. in der Gemeinde G. (H.) außerhalb geschlossener Ortschaft fahrend mit einem die Fahrbahn überquerenden Wildschwein. Das Tier verendete darauf am Unfallort. Das den Unfall aufnehmende Polizeikommissariat I. benachrichtigte den betroffenen Jagdpächter J. von dem Unfall. Dieser nahm - nach Schilderung der Beklagten „am nächsten Morgen“ - den Tierkadaver an sich und lagerte ihn auf seinem Grundstück in einer Kühlbox. Das Tierkörperbeseitigungsunternehmen K. (im Folgenden: Firma L.) holte den Kadaver dort am 15. Oktober 2013 ab, beseitigte ihn und stellte dem Jagdpächter J. dafür unter dem 08. November 2013 einen Betrag von 48,79 € in Rechnung. Der Jagdpächter J. wiederum machte gegenüber der Straßenmeisterei G. mit einer dort am 15. November 2013 eingegangenen Rechnung (mit dem wohl irrtümlichen Datum 12.10.2013) Kosten für die Bergung und Beseitigung des Wildschweins in Höhe von 133,79 € geltend. Der Rechnungsbetrag setzte sich aus 85,00 € für „Kosten der Bergung“ und 48,79 € gemäß der Abrechnung der Firma L. zusammen.

Mit Bescheid vom 19. August 2016 forderte die Beklagte den Kläger auf, einen Betrag von 148,79 EUR bis zum 15. September 2016 für die Beseitigung des Unfallwilds zu zahlen. Gemäß einer beigefügten Kostenaufstellung machte die Beklagte neben dem Betrag von 133,79 € (Rechnung des Jagdpächters J.) eine nicht näher begründete Auslagenpauschale über 15,00 € geltend. In dem Bescheid berief sich die Beklagte auf § 7 Abs. 3 Bundesfernstraßengesetz (FStrG), nach dem die Kosten gegen den Kläger als Verursacher festgesetzt worden seien. Durch das bei dem Wildunfall getötete Wildschwein sei die Straße verunreinigt worden. Das getötete Tier sei auf Veranlassung der Straßenmeisterei G. beseitigt und anschließend entsorgt worden. Die Pflicht zur Kostentragung des Klägers sei unabhängig von einer schuldhaften Verursachung des Unfalls, entscheidend sei allein die tatsächliche Verursachung.

Der Kläger hat am 15. September 2016 beim Verwaltungsgericht Hannover Klage gegen den Kostenbescheid erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, weder der Jagdpächter noch der am Unfall beteiligte Kraftfahrer seien beseitigungspflichtig. Die Beseitigungspflicht obliege allein dem Straßenbaulastträger. Als Verkehrsteilnehmer sei er, der Kläger, allenfalls nach § 32 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zur Freiräumung der Straße verpflichtet, indem zum Beispiel das Tier auf die Seite gezogen werde. Bei einem Wildschwein handele es sich um ein herrenloses Tier. Bei der in Rede stehenden Kollision sei es offensichtlich so gewesen, dass der Jagdausübungsberechtigte sich das Fallwild angeeignet habe. Damit sei er auch zur Entsorgung verpflichtet gewesen. Eine Verunreinigung der Straße im Sinne des § 7 Abs. 3 FStrG habe schon deshalb nicht vorgelegen, weil das verendete Wildtier außerhalb des Straßenkörpers gelegen habe. Ihm, dem Kläger, sei es angesichts des vom Jagdpächter geltend gemachten Aneignungsanspruchs verwehrt gewesen, das Wildschwein selbst in Besitz zu nehmen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 19. August 2016 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, den Kläger treffe eine Beseitigungspflicht nach § 7 Abs. 3 FStrG. Diese Bestimmung gelte nicht nur für die sogenannte „Bauernglätte“ in Form von verlorenem Ladegut o. ä., sondern auch für Kadaver von Wildtieren. Eine über das übliche Maß hinausgehende Verunreinigung im Sinne des § 7 Abs. 3 FStrG sei gegeben, wenn ein Verkehrsteilnehmer mit dieser Stärke nicht mehr zu rechnen brauche. Zweck der Norm sei die Ermöglichung der gefahrlosen Nutzung der Straße durch andere Verkehrsteilnehmer. Ein Wildschweinkadaver stelle eine erhebliche Gefährdung dar und fordere eine Beseitigung. Der Kadaver sei daher als Verunreinigung im Sinne des § 7 Abs. 3 FStrG anzusehen. Die Verantwortlichkeit richte sich allein nach der Verursachung. Die Reinigungspflicht erstrecke sich auch auf den Straßenrand. Der Jagdausübungsberechtigte sei nicht zur Aneignung verpflichtet und könne dazu auch nicht verpflichtet werden. Zwischen der Jägerschaft M. e. V. und der Region C-Stadt bestehe eine Vereinbarung, nach der die Jägerschaft sich auf freiwilliger Basis bereit erklärt habe, zu einem Pauschalpreis von 85,00 € zuzüglich Entsorgungskosten die Entsorgung des verunfallten Wilds zu übernehmen. Die Straßenmeisterei G. habe sich an diese Vereinbarung angelehnt. Eine Entsorgung durch die Straßenmeisterei unter Berücksichtigung eines Kostenansatzes von 45,00 € je Straßenwärterstunde zuzüglich eventueller Zuschläge und der Kosten für die eingesetzten Gerätschaften würde nicht zu geringeren Kosten führen. Zudem würde die Beauftragung eines anderen Dritten höhere Kosten verursachen. Der Kläger genieße keinen Vertrauensschutz dahingehend, dass ein Dritter oder die Allgemeinheit für ihn die Kosten für die Beseitigung der von ihm verursachten Unfallfolgen übernehme.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 29. März 2017 stattgeben und den Kostenbescheid aufgehoben. Die Klage sei zulässig und begründet. Der Leistungsbescheid der Beklagten vom 19. August 2016 sei rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten. Es sei bereits zweifelhaft, ob ein im Straßenraum liegender und noch im ganzen Stück vorhandener Kadaver eines Unfallwildes eine Verunreinigung der Straße darstelle. Denn bei diesem handele es sich um eine noch dem Jagdrecht unterliegende Sache, die sich der Jagdausübungsberechtigte aneignen dürfe. Andererseits könne ein stark zerstörter oder bereits verluderter Tierkörper durchaus das Vorliegen einer Straßenverunreinigung begründen. Hierauf komme es aber letztlich nicht an, da die dem Verursacher einer über das übliche Maß hinausgehenden Verunreinigung der Straße obliegende Reinigungspflicht gemäß § 7 Abs. 3 FStrG kraft Gesetzes bestehe und unverzüglich eintrete. Dies sei nicht gegeben, wenn wie hier der Eintritt der Reinigungspflicht von der Willensentscheidung eines Dritten abhängig sei. Der Jagdausübungsberechtigte könne in diesen Fällen nach § 1 Abs. 5 Bundesjagdgesetz (BJagdG) entscheiden, von seinem Aneignungsrecht Gebrauch zu machen oder nicht. § 7 Abs. 3 FStrG enthalte im Interesse der Verkehrssicherheit eine unverzügliche und keine aufschiebend bedingte Reinigungspflicht. Darüber hinaus bestünde der Kostenerstattungsanspruch auch bei grundsätzlicher Anwendbarkeit des § 7 Abs. 3 FStrG nicht, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei für den Anspruch Voraussetzung, dass der Schuldner seiner primären Pflicht zur unverzüglichen Beseitigung der Verunreinigung nicht nachgekommen sei. Der Kläger habe aber hier, auch wenn er den Straßenraum der Bundesstraße F. über das übliche Maß hinaus verunreinigt haben sollte, die Pflicht zur unverzüglichen Reinigung nicht verletzt. Unverzüglich bedeute ohne schuldhaftes Zögern. Hier fehle es an einem Verschulden des Klägers für die ggf. nicht rechtzeitige Erfüllung der etwaigen Reinigungspflicht. Der Kläger habe nach der Benachrichtigung des Jagdausübungsberechtigten J. durch das Polizeikommissariat I. davon ausgehen können, dass das für die Straßenreinigung Erforderliche veranlasst werde und er sich selbst um nichts zu kümmern brauche. Der Verwaltungsvorgang enthalte keinen Vermerk, dass der Kläger von der Polizei oder dem erst am Folgetag des Unfalls an der Unfallstelle erschienenen Jagdausübungsberechtigten J. über dessen Verzicht auf das Aneignungsrecht nach § 1 Abs. 5 BJagdG informiert worden sei und der Jagdausübungsberechtigte damit in eine Zueignung durch Dritte eingewilligt habe. Ohne diese Erklärung wäre die Beseitigung der vermeintlichen Straßenverunreinigung durch Zueignung des verendeten und noch nicht vollständig verluderten Unfallwildes durch den Kläger Jagdwilderei im Sinne des § 292 Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB) gewesen. Auch wenn die Vorstellung des Klägers, nicht selbst zur Straßenreinigung verpflichtet zu sein, nicht zutreffen sollte, läge beim Kläger ein beachtlicher und unverschuldeter Rechtsirrtum vor, denn aufgrund der Verständigung des Jagdausübungsberechtigten durch die Polizei habe er von einer Ausübung des Aneignungsrechts nach § 1 Abs. 5 BJagdG durch den Jagdausübungsberechtigten ausgehen dürfen. Weiterhin stehe dem Jagdausübungsberechtigten nach herrschender Auffassung in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung kein unmittelbarer Aufwendungsersatzanspruch für die Bergung und Entsorgung des Unfallwildes gegen den am Unfall beteiligten Kraftfahrer zu. Ein solcher Anspruch könne daher auch nicht indirekt durch die beklagte Straßenbauverwaltung gegen den Kraftfahrer geltend gemacht werden. Die Beklagte habe den Jagdausübungsberechtigten J. auch nicht mit der Aufgabe der Straßenreinigung beliehen oder ihn zum Erfüllungsgehilfen gemacht. Dem Gericht sei kein entsprechender Vertrag vorgelegt worden. Die Beklagte habe lediglich über eine mündliche Absprache unklaren Inhalts mit dem Jagdausübungsberechtigten berichtet. Sie habe sich nur an eine vertragliche Vereinbarung zwischen der Jägerschaft M. e. V. und der Region C-Stadt angelehnt. Danach habe der Jagdausübungsberechtigte J. Aufwendungsersatzansprüche geltend gemacht, die ihm gegen den Kläger nicht zustünden und die ihm allenfalls die Beklagte aufgrund einer vermeintlich von ihr angenommenen vertraglichen Verpflichtung geschuldet habe. Der Bescheid vom 19. August 2016 könne auch nicht in eine Kostenerstattung nach dem Tierkörperbeseitigungsrecht oder dem Abfallrecht umgedeutet werden, denn die Beklagte sei als Straßenbehörde nicht zuständig im Sinne dieser Gesetze. Weiter bestehe kein allgemeiner öffentlich-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch, denn das komplexe Geflecht zwischen Jagdrecht, ungeklärtem Verursachungsbeitrag des Kfz-Führers und dem Verenden des herrenlosen Tieres im öffentlichen Straßenraum und der auf Seiten der Beklagten bestehenden abfallrechtlichen Sachherrschaft über den Tierkadaver auf dem im Gemeingebrauch stehenden Grundstück verbiete einen Lückenschluss durch richterliche Rechtsfortbildung. Schließlich könne der streitgegenständliche Leistungsbescheid auch nicht in die Geltendmachung eines Aufwendungsersatzanspruchs nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechend §§ 683 Satz 1, 670 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) umgedeutet werden, denn ein solcher Anspruch wäre nur gegeben, wenn vorrangige einschlägige Regelungen über die Kosten- und Auslagenerstattung für die betreffenden Maßnahmen nicht bestünden. Ein solcher Aufwendungsersatzanspruch dürfe im Übrigen mangels gesetzlicher Ermächtigung im Bundesfernstraßengesetz nicht durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zugelassen. Die Beklagte hat am 03. Mai 2017 Berufung eingelegt.

Die Beklagte hält an ihrem Standpunkt fest, dass die Klage nicht begründet sei. Durch einen Unfall mit einem Kraftfahrzeug verendete Tiere seien als Verunreinigung im Sinne des § 7 Abs. 3 FStrG anzusehen. Der Kadaver eines Tieres, der auch als Abfall einzustufen sei, stelle im Falle eines Wildschweins eine erhebliche Verkehrsgefährdung dar. Es sei nicht gesetzeskonform, die Anwendbarkeit der straßenrechtlichen Reinigungspflicht vom Verwesungszustand des Tieres abhängig zu machen. Auch dass ein Gegenstand dem Jagdrecht unterliege, führe zu keiner anderen Beurteilung. Das Aneignungsrecht des Jagdausübungsberechtigten regele nur eigentumsrechtliche Befugnisse, modifiziere aber nicht den Verunreinigungsbegriff in § 7 Abs. 3 FStrG. Es sei auch kein Ausschlussgrund für die Pflicht zur Straßenreinigung, denn der Verursacher werde nicht gehindert, das Tier aufzunehmen und an einen geeigneten Ort zu verbringen. Die Beseitigung von Verschmutzungen sei auch sonst häufig von Erklärungen Dritter abhängig, etwa bei der Beseitigung von Ölspuren auf der Straße. Die Klärung der Frage, ob der Jagdausübungsberechtigte von seinem Aneignungsrecht Gebrauch mache oder nicht, führe daher nicht zu einem Ausschluss der straßenrechtlichen Reinigungspflicht, sondern sei vielmehr Teil derselben. Zudem bedeute die Benachrichtigung des Jagdausübungsberechtigten durch die Polizei nicht, dass der Verursacher der Verunreinigung sich nicht weiter um deren Beseitigung zu kümmern brauche. Es sei nicht erkennbar, dass der Kläger sich bemüht habe, die Frage der Beseitigung und Entsorgung des verendeten Tieres zu klären. Eine Kontaktaufnahme mit dem Jagdausübungsberechtigten, der das verunfallte Wild auch erst am nächsten Morgen von der Unfallstelle abgeholt habe, sei nicht vorgetragen worden. Seitens der Beklagten sei dem Kläger in keiner Weise zu verstehen gegeben worden, dass sie für ihn die Beseitigung und Entsorgung übernehmen werde. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum sei nicht erkennbar, denn die Information über den Wildunfall an den Jagdausübungsberechtigten durch die Polizei bedeute nicht, dass der Kläger wie selbstverständlich davon habe ausgehen können, dass der Jagdausübungsberechtigte von seinem Aneignungsrecht Gebrauch mache. Zivilrechtliche Urteile, nach denen dem Jagdausübungsberechtigten kein unmittelbarer Aufwendungsersatzanspruch zustehe, ließen nicht den Schluss zu, dass die Kosten der Verunreinigung nicht vom Verursacher zu erstatten seien. Es gehe nicht um einen unmittelbaren Aufwendungsersatzanspruch des Jagdausübungsberechtigten, denn für ihn bestehe keine Aneignungspflicht. Die Straßenbauverwaltung könne sich aber Dritter bedienen, ohne dass hierfür eine Beleihung oder ein schriftlicher Vertrag erforderlich sei. Ob der Dritte auch der Jagdausübungsberechtigte sei oder ein anderer Dritter, sei letztlich unerheblich. Vom Kläger seien zumindest die ersparten Aufwendungen, nämlich die Entsorgungskosten zu erstatten, die bei eigenhändiger Beseitigung der Verunreinigung entstanden wären. Sie, die Beklagte, habe im Übrigen nicht vorgetragen, dass der Jagdausübungsberechtigte mit der Straßenmeisterei G. Rücksprache gehalten habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger macht sich die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu Eigen und führt weiter an, dass eine Rechtsgrundlage für die Beseitigungs- und Kostentragungspflicht bei Wildunfällen nicht gegeben sei. § 7 Abs. 3 FStrG komme nicht in Betracht, denn es liege keine Verunreinigung der Straße vor. Die Beseitigung des Wildkörpers obliege nach dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebG) der zuständigen Behörde. Der Verkehrsteilnehmer könne allenfalls verpflichtet sein, den öffentlichen Straßenraum von den bei einem Zusammenstoß dort liegenden Dingen zu reinigen und so in Sicherheit zu bringen, dass der nachfolgende Verkehr nicht gefährdet sei. In dem Moment, in dem er, der Kläger, ein dem Jagdrecht unterliegendes Stück Wild aufnehme, mache er sich der Jagdwilderei nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG schuldig. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht habe er nochmals vorgetragen, dass er den Polizeibeamten am Unfallort gefragt habe, was mit dem toten Wildschwein passiere. Er habe damals die Antwort erhalten, dass sich darum der Jagdpächter kümmere. Für ihn habe daher keine Veranlassung bestanden, aktiv zu werden. Wenn dem Jagdausübungsberechtigten kein Aufwendungsersatzanspruch gegen den am Unfall beteiligten Kraftfahrer zustehe, könne ein solcher Anspruch auch nicht im Umwege über die Straßenbaubehörde geltend gemacht werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Sie ist zulässig und begründet. Der Leistungsbescheid der Beklagten vom 19. August 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der Bescheid ist nicht bereits wegen formeller Rechtswidrigkeit aufzuheben. Soweit die Beklagte unterlassen hat, den Kläger vor Erlass des Kostenbescheids anzuhören, ist der Fehler durch nachträgliche Anhörung des Klägers während des Klageverfahrens durch Schreiben vom 22. Februar 2017 geheilt worden (§ 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)).

2. Der Bescheid vom 19. August 2016 ist materiell rechtswidrig. Der Kläger ist nicht zur Kostenerstattung nach § 7 Abs. 3 FStrG verpflichtet. Hiernach hat, wer eine Bundesstraße aus Anlass des Gemeingebrauchs über das übliche Maß hinaus verunreinigt, die Verunreinigung ohne Aufforderung unverzüglich zu beseitigen; andernfalls kann die Straßenbaubehörde die Verunreinigung auf seine Kosten beseitigen.

a) Bei einem durch einen Zusammenstoß mit einem Kraftfahrzeug verendeten, im öffentlichen Straßenraum liegenden und noch im Ganzen vorhandenen Kadaver eines wildlebenden Tieres im Sinne des § 1 Abs. 1 BJagdG handelt es sich jedenfalls dann, wenn es um ein größeres Tier wie hier ein Wildschwein geht, schon tatbestandlich nicht um eine Verunreinigung im Sinne des § 7 Abs. 3 FStrG (vgl. auch Urt. des Senats v. 22.11.2017 - 7 LC 34/17 -; zu § 17 Satz 1 Niedersächsisches Straßengesetz (NStrG) Urt. des Senats v. 22.11.2017 - 7 LC 37/17 -). Was unter einer Verunreinigung zu verstehen ist, ist im Bundesfernstraßengesetz nicht definiert. Nach dem Sprachgebrauch ist hiermit begrifflich eine Verschlechterung des Zustands einer Sache durch Hinzufügen von Stoffen oder Gegenständen gemeint. Demgemäß wird auch in der straßenrechtlichen Judikatur und Literatur der Begriff der Verunreinigung als Verschmutzung verstanden (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.09.1988 - 1 C 71.86 -, BVerwGE 80, 158; BGH, Urt. v. 15.10.2013 - VI ZR 528/12 -, DAR 2014, 81; Nds. OVG, Urt. v. 18.05.1992 - 12 L 178/89 -, juris; Hess. VGH, Beschl. v. 11.07.2012 - 2 A 556/11.Z -, NVwZ-RR 2013, 4; Grupp in: Marschall, FStrG, 6. Aufl., § 7 Rdnr. 39; Sauthoff in: Müller/Schulz, FStrG, 2. Aufl., § 7 Rdnr. 49; Wiget in: Zeitler, BayStrWG, Stand: Mai 2017, Art. 16 Rdnr. 1; Scheidler, DAR 2014, 481, 484). Im Anwendungsbereich des § 7 Abs. 3 FStrG - Entsprechendes gilt im Falle des § 17 Satz 1 NStrG - muss die Verschmutzung einen Grad erreichen, der das Übliche, im Rahmen des Gemeingebrauchs hinzunehmende Maß übersteigt. Typische Fälle einer Verunreinigung sind schwer zu beseitigende Ölspuren oder sonstige Betriebsstoffe eines Kraftfahrzeugs auf der Straße (vgl. Hess. VGH, Beschl. v. 11.07.2012, a. a. O.; VG Halle, Urt. v. 17.04.2003 - 3 A 528/99 -, juris; Sauthoff in: Müller/Schulz, a. a. O., § 7 Rdnr. 49; aus zivilrechtlicher Sicht: BGH, Urt. v. 15.10.2013, a. a. O.; OLG Oldenburg, Urt. v. 16.01.2013 - 4 U 40/11 -, juris; OLG Frankfurt, Urt. v. 10.07.2013 - 4 U 34/12 -, juris). Als weitere Beispiele für Verunreinigungen werden Erde, Hundekot, verlorenes Ladegut, Flugblätter, Verpackungsmaterial, Chemikalien und verschmutztes Tropfwasser genannt (vgl. Grupp in: Marschall, a. a. O., § 7 Rdnr. 39; Stahlhut in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl., Kap. 25 Rdnr. 39.1 f.; Wiget in: Zeitler, a. a. O., Art. 16 Rdnr. 7; Wendrich, Niedersächsisches Straßengesetz, 4. Aufl., § 17 Rdnr. 1). Im vorliegenden Fall ist eine Verunreinigung der Straße nicht gegeben. Bei einem auf oder gegebenenfalls neben der Straße im Seitenraum liegenden, gerade verendeten Wildschwein steht nicht eine Verschmutzung der Straße an sich im Vordergrund. Es liegt keine stoffliche oder gegenständliche Einwirkung auf die Straße vor, weil das Tier ohne weiteres aus dem Straßenraum entfernt werden kann, ohne dass eine weitere Reinigung der Straße erforderlich wäre. Etwas anderes könnte für aus dem Tier ausgetretene Flüssigkeiten wie Blut oder für den Fall gelten, dass das Tier mehrfach überfahren und dadurch nicht mehr als Ganzes vorhanden ist, sondern nur noch aus einer flächigen, auf der Straße ausgebreiteten Fleisch- und Knochenmasse besteht. Dies ist aber vorliegend nicht relevant.

Eine Verunreinigung der Straße im Sinne von § 7 Abs. 3 FStrG begründet eine Pflicht zu ihrer Beseitigung. Die Beseitigung einer Verunreinigung besteht in der Reinigung der Straße. Eine Reinigung erfordert regelmäßig den Einsatz dazu bestimmter Geräte wie Besen, Schaufel o. ä., möglicherweise auch den Einsatz von flüssigen Reinigungsmitteln oder die Durchführung von Maßnahmen zur Beseitigung von straßenverunreinigenden Substanzen. Das einfache Aufnehmen und Wegschaffen des Körpers eines verendeten Wildtieres ist nicht als ein derartiger Reinigungsvorgang anzusehen, sondern als die Beseitigung eines Hindernisses von der Straße. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Kadaver (noch) eine gewisse Größe aufweist und ein (Verkehrs-)Hindernis darstellt, welches durch schlichten Abtransport beseitigt werden kann. Dies ist bei dem streitgegenständlichen verendeten Wildschwein der Fall. Anhaltspunkte dafür, dass das Tier bei seiner Beseitigung nicht mehr als Ganzes, sondern nur noch als flächige Masse (s. o.) vorhanden gewesen ist, ergeben sich aus dem beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten jedenfalls nicht.

Dass zwischen der Beseitigung einer Verunreinigung und der Beseitigung von Hindernissen unterschieden wird, entspricht im Übrigen auch dem verkehrsrechtlichen Verständnis. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 StVO ist es verboten, die Straße zu beschmutzen oder zu benetzen oder Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Der Begriff des Beschmutzens überschneidet sich mit dem der Verunreinigung in § 7 Abs. 3 FStrG sowie § 17 Satz 1 NStrG (vgl. Scheidler, a. a. O.; Wendrich, NZV 1990, 89, 92 f.). Als Fälle des Beschmutzens werden u. a. Öl und Seifenlauge sowie Erde und Dung, die die Straße zusammen mit Wasser glitschig machen können, genannt (vgl. Janker/Hühnermann in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl., § 32 StVO Rdnr. 3). Demgegenüber wird auf der Straße liegengebliebenes Wild nicht als Beschmutzung im Sinne von § 32 Abs. 1 Satz 1 StVO angesehen, sondern als verkehrsfremder, auf der Straße liegender Gegenstand (vgl. LG Saarbrücken, Urt. v. 09.04.2010 - 13 S 219/09 -, NJW-RR 2010, 1115; LG Lübeck, Urt. v. 22.11.2013 - 6 O 22/13 -, juris; Janker/Hühnermann in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, a. a. O., § 32 StVO, Rdnr. 4; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 32 StVO Rdnr. 12). Stellt das verunfallte Wild ein Verkehrshindernis dar, wird es vollständig von der straßenverkehrsrechtlichen Beseitigungspflicht nach § 32 Abs. 1 Satz 2 StVO erfasst, sofern ein verkehrswidriger Zustand im Sinne dieser Vorschrift entstanden ist, d. h. eine Verkehrsgefährdung oder -erschwerung gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 StVO.

b) Der Kostenerstattungsanspruch wäre auch dann nicht gegeben, wenn § 7 Abs. 3 FStrG entgegen den zuvor gemachten Ausführungen hier als anwendbar angesehen würde. Denn Voraussetzung der Kostenerstattungspflicht wegen einer Straßenverunreinigung ist nach dieser Vorschrift, dass der Schuldner seiner - primären - Pflicht zur unverzüglichen Beseitigung der Verunreinigung nicht nachgekommen ist. Wurde diese Pflicht nicht verletzt, besteht auch keine sekundäre Pflicht zur Erstattung der Kosten der Straßenreinigung gegenüber der Straßenbaubehörde (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.09.1988, a. a. O.; vgl. auch Sauthoff in: Müller/Schulz, a. a. O., § 7 Rdnr. 50). Letzteres ist hier der Fall.

In Bezug auf die Kollision mit dem Wildschwein 2013 lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger - eine Verunreinigung im Sinne des § 7 Abs. 3 FStrG unterstellt - eine Primärpflicht zur unverzüglichen Beseitigung verletzt hat. Unverzüglich in diesem Sinne bedeutet, dass der Verursacher einer Verunreinigung deren Beseitigung ohne schuldhaftes Zögern durchführen muss (BVerwG, Urt. v. 06.09.1988, a. a. O.). Zwar hat der Kläger das verendete Wildschwein nicht beseitigt, sondern die zuständige Polizeidienststelle, das Polizeikommissariat I., über den Wildunfall informiert. Nach der Unfallaufnahme durch das Polizeikommissariat und der weiteren Abwicklung der Beseitigung und Entsorgung des Unfallwilds über den Jagdausübungsberechtigten J. konnte der Kläger aber davon ausgehen, etwaige ihm nach dem Wildunfall obliegenden Pflichten erfüllt zu haben. Der Kläger hatte die Feststellung seiner Beteiligung an dem Unfallgeschehen ermöglicht, Gegenteiliges lässt sich der zum Verwaltungsvorgang der Beklagten gelangten Durchschrift der Verkehrsunfallanzeige (Beiakte 001 Bl. 13) jedenfalls nicht entnehmen. In dem beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten finden sich zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass seitens des Polizeikommissariats eine Benachrichtigung an den Kläger erfolgt wäre, dass dieser die Beseitigung des verendeten Wildschweins übernehmen solle. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass der Kläger von der Beklagten bzw. der Straßenmeisterei G. entsprechend instruiert worden wäre. Es ist nicht ersichtlich, was der Kläger in der konkreten Situation über seine Unfallmeldung hinaus hätte selbst veranlassen sollen, um einer etwaigen ihm obliegenden Beseitigungspflicht nachzukommen. Dies war für ihn jedenfalls im Hinblick darauf, dass die Entfernung des Unfallwildes anderweitig veranlasst wurde, nicht zu erkennen, so dass ihn auch der Vorwurf einer nicht unverzüglichen Beseitigung nicht trifft. Im Übrigen wäre, selbst wenn der Kläger diesbezüglich einer Fehleinschätzung unterlegen wäre, hier wohl ein Rechtsirrtum anzunehmen, der ein für die unverzügliche Erfüllung der Pflicht erforderliches Verschulden ausschließt (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 06.09.1988, a. a. O.). Für einen solchen unverschuldeten Rechtsirrtum des Klägers sprechen die Umstände des Falles. Denn nach dem Verlauf des Unfallgeschehens, insbesondere nach der Unfallaufnahme durch die Polizei mit anschließender Einbindung des Jagdausübungsberechtigten in den Vorgang, konnte der Kläger davon ausgehen, für die Beseitigung des Tierkadavers nicht selbst Sorge tragen zu müssen.

c) Ob gegen einen Verstoß des Klägers gegen eine Pflicht zur unverzüglichen Beseitigung des Unfallwildes darüber hinaus eingewendet werden könnte, dass der Kläger sich bei einer Beseitigung des Tierkadavers dem Vorwurf einer Jagdwilderei nach § 292 StGB ausgesetzt hätte, lässt der Senat offen. Auf diesen, vom Verwaltungsgericht vertieften Gesichtspunkt kommt es nach den zuvor gemachten Ausführungen nicht entscheidungserheblich an. Insoweit ist lediglich ergänzend anzumerken, dass es insbesondere aus Gründen der Gefahrenabwehr erforderlich sein kann, totes Wild unverzüglich von der Straße zu beseitigen. Davon unberührt ist, dass in einer solchen Situation das Aneignungsrecht des Jagdausübungsberechtigten nach § 1 Abs. 5 BJagdG nicht suspendiert ist und ihm in geeigneter Weise, gegebenenfalls in Absprache mit dem Jagdausübungsberechtigten, jedenfalls aber durch das Unterlassen einer Zueignung des Tierkadavers Rechnung getragen werden muss. Die schlichte Räumung der Straße stellt allein jedoch weder eine Jagdausübung noch eine Aneignungshandlung dar (vgl. Rose, Jagdrecht in Niedersachsen, 26. Aufl., § 8 NJagdG Anm. 3).

d) Einem Kostenerstattungsanspruch der Beklagten nach § 7 Abs. 3 FStrG steht weiterhin entgegen, dass nicht zu erkennen ist, dass der Beklagten erstattungsfähige Kosten im Sinne dieser Vorschrift entstanden sind. § 7 Abs. 3 FStrG statuiert eine Eintrittsbefugnis der Straßenbaubehörde für den Fall einer Nichterfüllung der primären Beseitigungspflicht durch den Verursacher. Die Straßenbaubehörde kann in diesem Fall die Verunreinigung auf Kosten des Verursachers beseitigen. Dass sie die Beseitigung durch eigene Bedienstete oder durch beauftragte Dritte durchführen bzw. durchführen lassen kann, steht außer Frage und bedarf keiner Vertiefung. Erforderlich ist aber, dass die Behörde von ihrem Eintrittsrecht Gebrauch macht und selbst, d. h. durch eine ihr zuzurechnende Amtshandlung aktiv wird. Denn der Verursacher der Verunreinigung im Sinne des § 7 Abs. 3 FStrG muss nur für die Kosten aufkommen, die durch die Beseitigung der Verunreinigung durch die Straßenbaubehörde entstanden sind. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Beseitigung und Entsorgung des verendeten Wildschweins nicht auf ein entsprechendes Handeln der Beklagten zurückgeführt werden kann. Ausweislich des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ist die Straßenmeisterei G. erst nach der Beseitigung und Entsorgung des Tierkadavers - möglicherweise erst durch die am 15. November 2013 bei der Straßenmeisterei eingegangene Rechnung des Jagdausübungsberechtigten J. über einen Betrag von 133,79 € - mit dem Vorgang befasst worden. Eine der Beklagten zurechenbare Beseitigungshandlung lässt sich demgegenüber nicht feststellen und kann auch nicht durch die von der Beklagten geschilderte Praxis, dass die Straßenmeisterei in Anlehnung an eine Vereinbarung zwischen der Region C-Stadt und der Jägerschaft M. e. V. bereit sei, den Jagdausübungsberechtigten für die Beseitigung von verunfalltem Schalenwild einen Betrag von 85,00 € zuzüglich Entsorgungskosten zu erstatten, fingiert werden.

3. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann der angefochtene Leistungsbescheid auch nicht mit einer anderen Begründung, d. h. gestützt auf andere Rechtsgrundlagen, aufrechterhalten bleiben. Die Beklagte ist hier in ihrer Funktion als Straßenbaubehörde tätig geworden und hat den Kostenbescheid ausschließlich auf die von ihr geltend gemachte Kostentragungspflicht nach § 7 Abs. 3 FStrG gestützt. Die Frage, ob der Kläger nach anderen Vorschriften, d. h. nach Maßgabe des Straßenverkehrsrechts (§ 32 StVO), des Abfallrechts oder des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes (vgl. dazu Sassenberg, Natur und Recht 2007, 326) zur Beseitigung des Tierkadavers verpflichtet gewesen und nach dessen Beseitigung durch Dritte kostenerstattungspflichtig sein könnte, stellt sich nicht. Die Beklagte ist für den Vollzug der genannten Gesetze nicht zuständig und hat sich in dem Kostenbescheid vom 19. August 2016 auch nicht auf sie bezogen.

Das Verwaltungsgericht hat weiterhin zutreffend festgestellt, dass die Beklagte die Kosten für die Beseitigung und Entsorgung des verendeten Wildschweins nicht auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs verlangen kann. Dieser Anspruch beruht auf dem im privaten wie öffentlichen Recht gleichermaßen geltenden Rechtsgrundsatz, dass ungerechtfertigte Bereicherungen auszugleichen sind. Er ist die Kehrseite des Leistungsanspruchs (BVerwG, Urt. v. 23.01.1990 - 8 C 37.88 -, BVerwGE 84, 274) und setzt eine ohne Rechtsgrund erfolgte Vermögensverschiebung zwischen zwei Rechtssubjekten voraus. Ein Rückgriff auf den Erstattungsanspruch scheidet hier von vornherein aus. Wie oben ausgeführt, hat der Kläger im Anschluss an den Wildunfall eine Primärpflicht zur Beseitigung einer Verunreinigung nicht verletzt. Ohne eine solche Primärpflichtverletzung besteht nach § 7 Abs. 3 FStrG keine Sekundärpflicht zur Kostenerstattung. Diese kann nicht unter Rückgriff auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch konstruiert werden. Für die Annahme einer Kondiktionslage zwischen der Beklagten und dem Kläger besteht angesichts der speziellen Rechtsgrundlage des § 7 Abs. 3 FStrG kein Raum. Es geht hier auch nicht um den Ausgleich einer Vermögensverschiebung. Davon abgesehen wäre ein Erstattungsanspruch nicht durch Verwaltungsakt der Beklagten durchsetzbar gewesen, sondern hätte mit einer Leistungsklage verfolgt werden müssen. Das Handeln durch Verwaltungsakt - etwa durch Leistungsbescheid - ist nur in bestimmten Fällen zulässig. Zum einen gilt dies bei Vorliegen einer speziellen Ermächtigung, die hier (nur) in Form des § 7 Abs. 3 FStrG gegeben ist, wie oben ausgeführt aber in der Sache nicht greift. Zum anderen wäre dies nach der sogenannten Kehrseitentheorie der Fall, wenn eine zurückgeforderte Leistung dem Privaten ebenfalls durch Verwaltungsakt zugesprochen wurde (vgl. Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 44 Rdnr. 62 f.). Auch darum geht es hier nicht. Schließlich bestünde die Befugnis zur Durchsetzung eines Leistungsanspruchs über einen Verwaltungsakt, wenn zwischen der Beklagten und dem Kläger ein besonderes Subordinationsverhältnis bestehen würde (vgl. Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. O.). Im Rahmen der gemeingebräuchlichen Nutzung der Straße wird ein solches Verhältnis nicht begründet, auch nicht infolge einer Verunreinigung der Straße.

Entsprechende Überlegungen gelten in Bezug auf einen Aufwendungsersatzanspruch aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechend §§ 683, 670 BGB. Ein Rückgriff auf den Aufwendungsersatzanspruch ist ausgeschlossen, wenn vorrangig einschlägige Regelungen über die Erstattung von Kosten und Auslagen für die jeweiligen Maßnahmen bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 21.06.2012 - III ZR 275/11 -, NVwZ-RR 2012, 707). Eine solche vorrangige Regelung ist hier mit § 7 Abs. 3 FStrG vorhanden. Im Übrigen könnte auch ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden, sondern müsste mittels einer gegen den Kläger gerichteten Leistungsklage verfolgt werden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 28.10.1998 - 13 L 4648/98 -, NVwZ-RR 1999, 741; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 09.12.2013 - 11 A 2226/12 -, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.