Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.04.2021, Az.: 8 OB 128/20
Anhörungsrüge; Entscheidungszuständigkeit; Erinnerung; Gerichtskosten; judex a quo; Kosten; Kostenerinnerung; Postulationsfähigkeit; Vertretungserfordernis; Zuständigkeit
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 15.04.2021
- Aktenzeichen
- 8 OB 128/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 70854
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 22.10.2020 - AZ: 7 A 4796/20
Rechtsgrundlagen
- § 69a GKG
- § 152a VwGO
- § 67 Abs 4 S 1 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Anhörungsrüge gegen den eine Kostenerinnerung zurückweisenden Beschluss ist kostenfrei; über sie entscheidet als „judex a quo“ der funktionell zuständige Spruchkörper des Ausgangsgerichts.
Tenor:
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts - Einzelrichter des 8. Senats - vom 16. Februar 2021 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Anhörungsrüge (§ 69a GKG) hat keinen Erfolg.
1. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Gehörsrüge gegen den Beschluss des Gerichts vom 16. Februar 2021, mit dem die Kostenerinnerung des Klägers zurückgewiesen worden ist, liegt bei dem Einzelrichter des Senats, da er die angegriffene Entscheidung getroffen hat. Gemäß § 69a Abs. 4 Satz 1 und Satz 3 GKG hat "das Gericht" die Rüge zu prüfen und bei Unbegründetheit zurückzuweisen, anderenfalls nach § 69a Abs. 5 GKG das Verfahren fortzuführen. Mit der Formulierung "das Gericht" wird § 69a Abs. 2 Satz 4 GKG in Bezug genommen wird, wonach die Rüge bei dem Gericht einzulegen ist, dessen Entscheidung angefochten wird. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist diese "… bei dem Gericht zu erheben, das die gerügte Entscheidung erlassen hat (judex a quo)" (BT-Drs. 15/3706, S. 13). Die Entscheidungszuständigkeit in Anhörungsrügeverfahren obliegt demnach dem Gericht, das die Ausgangsentscheidung getroffen hat, worunter allgemein die funktionelle Spruchkörperzuständigkeit verstanden wird; eine personelle Identität der zur Entscheidung berufenen Richter muss nicht gegeben sein (BVerfG, Beschl. v. 24.02.2009 – 1 BvR 188/09 –, NVwZ 2009, 580; BVerwG, Beschl. v. 6.11.2007 – 8 C 17/07 –, juris Rn. 1, bestätigt durch BVerfG, Beschl. v. 18.8.2010 – 1 BvR 3268/07 –, juris; BSG, Beschl. v. 8.1.2006 – B 2 U 5/06 C –, juris Rn. 7; Hessischer VGH, Beschl. v. 11.04.2016 – 8 A 2798/15.Z.R –, juris Rn. 5; Bayerischer VGH, Beschl. v. 19.11.2012 – 4 ZB 12.2286 –, juris Rn. 12; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13.6.2012 – 16 A 1127/12 –, juris Rn. 1).
2. Die Anhörungsrüge gegen den unanfechtbaren Beschluss vom 16. Februar 2021 ist statthaft sowie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben, was von Amts wegen zu prüfen ist (§ 69a Abs. 4 Satz 1 GKG).
Die 2-wöchige Beschwerdefrist des § 69a Abs. 2 Sätze 1 und 3 GKG gegen den am 18. Februar 2021 zur Post aufgegebenen Beschluss des Senats ist durch den Eingang des Schreibens des Klägers vom 1. März 2021 – per Fax am 3. März 2021 – gewahrt.
Der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs steht nicht entgegen, dass der Kläger im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht nicht anwaltlich vertreten ist. § 69a Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz GKG verweist auf § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG, wonach Anträge und Erklärungen ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden können. Diese Vorschrift ist nach § 1 Abs. 5 GKG gegenüber den für das zugrundeliegenden Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vorrangig anzuwenden; zudem verweist § 69a GKG – anders als § 152a Abs. 2 Satz 5 VwGO – nicht auf § 67 Abs. 4 VwGO.
3. Die Anhörungsrüge ist jedoch nicht begründet.
Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 69a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG). Ein derartiger Mangel ist weder dargelegt (§ 69a Abs. Abs. 2 Satz 5 GKG), noch sonst erkennbar.
Soweit der Kläger sein rechtliches Gehör verletzt sieht, „… da das Gericht manifestiert, dass der Beschluss unanfechtbar ist und diese Feststellung des Gerichts widerspricht dem Art. 103 GG“, wird durch die Entscheidung des Gesetzgebers für den Rechtsmittelausschluss eine Gehörsverletzung seitens des Gerichts nicht aufgezeigt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die rechtsstaatlichen Verfahrensgewährleistungen des Grundgesetzes einen effektiven Rechtsschutz garantieren, jedoch keinen Instanzenzug gewährleisten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.7.1983 - 1 BvR 1470/82 –, juris Rn. 41 u. v. 11.10.1978 – 2 BvR 1055/76 –, juris Rn. 36).
Die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens ergibt sich daraus, dass das Kostenverzeichnis (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) einen Gebührentatbestand für die Zurückweisung der Anhörungsrüge nach § 69a GKG nicht enthält; namentlich Nr. 5400 nennt lediglich die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO. Eine erweiternde Auslegung auf die Rüge nach § 69a GKG kommt nicht in Betracht (vgl. BFH, Beschl. v. 11.1.2006 – IV S 17/05 –, juris Rn. 11; OVG Saarland, Beschl. v. 25.3.2020 – 2 F 92/20 –, juris Rn. 6; s. auch BSG, Beschl. v. 26.22021 – B 5 SF 1/21 C –, juris Rn. 4, 6 für eine Gegenvorstellung; a.A. Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 19. Aufl. 2019, § 69a GKG Rn. 49 für Nr. 1700 KV), da bei der Auferlegung von Gerichtskosten ein Analogieverbot gilt (OLG Celle, Beschl. v. 5.7.2012 – 2 W 174/12 –, juris Rn. 3ff.).
Die Nichterstattung von Kosten folgt aus § 69a Abs. 6 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 69a Abs. 4 Satz 4 GKG).