Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.10.2020, Az.: 5 ME 141/20

charakterliche Eignung; persönliche Eignung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.10.2020
Aktenzeichen
5 ME 141/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71820
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 14.08.2020 - AZ: 3 B 153/20

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf (Polizeikommissaranwärter) wegen fehlender charakterlicher Eignung

Begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung können bereits aus einem einmaligen Fehlverhalten des Betreffenden abgeleitet werden, wenn dieses Fehlverhalten die charakterlichen Mängel des Betreffenden hinreichend deutlich zu Tage treten lässt (BVerwG, Beschluss vom 20.7.2016 - BVerwG 2 B 17.16 -, juris Rn. 10).

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - 3. Kammer - vom 14. August 2020 geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Der Streitwert wird unter Änderung der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Streitwertfestsetzung für den ersten Rechtszug auf 3.809,22 EUR festgesetzt. Für den zweiten Rechtszug wird der Wert des Streitgegenstandes ebenfalls auf 3.809,22 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen seine - für sofort vollziehbar erklärte - Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf wegen fehlender charakterlicher Eignung.

Der im Jahr 1994 geborene Antragsteller wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 2018 als Polizeikommissaranwärter in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen und studierte seither im Bachelorstudiengang „Polizeivollzugsdienst“ an der Antragsgegnerin, Studienort D..

Am 9. März 2020 erhielt die personalbearbeitende Stelle der Antragsgegnerin durch eine sogenannte WE-Meldung der Polizeiinspektion E. von dem Umstand Kenntnis, dass gegen den Antragsteller ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Sachbeschädigung sowie der Beleidigung von Polizeibeamten geführt werde. Zum Sachverhalt wurde in dieser Meldung ausgeführt (Bl. 3/Beiakte 002), dass der seinerzeit 26-jährige Antragsteller am 7. März 2020 gegen 01:20 Uhr gemeinsam mit seiner Ehefrau und einem Freund mit dem Taxi von einem Kneipenbummel zur Wohnung dieses Freundes in E. gefahren sei, um dort zu nächtigen. Nach Verlassen des Taxis hätten sie den Wohnungsschlüssel nicht finden können. In dem Glauben, das Taxi anzuhalten, hätten sie einen Unbeteiligten mit ähnlichem Pkw angehalten, um im Fahrzeug nach dem Schlüssel zu suchen. Im weiteren Verlauf habe der Antragsteller gegen die Fahrertür des Pkws getreten, wodurch diese zerkratzt sei. Den zum Einsatzort der Sachbeschädigung entsandten Polizeibeamten sei der Antragsteller distanzlos und provokant begegnet und habe diese als „Nazis“ und „Scheiß-Faschisten“ bezeichnet, nachdem er sich ihnen gegenüber mit dem Polizeidienstausweis ausgewiesen gehabt habe. Der Antragsteller, der mit osteuropäischem Akzent spreche, sei deutlich alkoholisiert gewesen; einen Alkoholtest habe er abgelehnt.

Ebenfalls am 9. März 2020 (Bl. 6f./Beiakte 002) teilte PHK F. - der Leiter der Studiengruppe, welcher der Antragsteller angehörte - der personalbearbeitenden Stelle der Antragsgegnerin mit, dass der Antragsteller am 8. März 2020 über den Messaging-Dienst „WhatsApp“ Kontakt zu PHK F. aufgenommen und um einen Gesprächstermin gebeten habe, weil er „am Freitag Mist gebaut“ habe. Der Antragsteller habe PHK F. auf dessen schriftliche Nachfrage erklärt, dass er - der Antragsteller - in E. wohl gegen ein fahrendes Auto getreten und zudem bei der Sachverhaltsaufnahme die eingesetzten Beamten beleidigt habe. Der Antragsteller habe erklärt, sich nur eingeschränkt daran erinnern zu könne, weil er „zu viel getrunken“ habe; er habe auch schon fernmündlich Kontakt zur Polizeiinspektion E. aufgenommen, um sich bei den Einsatzbeamten zu entschuldigen. Der Antragsteller habe dann - so PHK F. weiter - am 9. März 2020 in einem persönlichen Gespräch mit ihm nochmals ausführlich den Sachverhalt geschildert. Demnach sei er in E. bei einem Freund zu Besuch gewesen. Am Freitagabend sei man gemeinsam in der Stadt gewesen und habe dort diverse Kneipen aufgesucht. Nach der Rückkehr zur Wohnung des Freundes gegen 01:30 Uhr sei es sodann zu einem Problem mit dem Schlüssel gekommen. Man sei der Meinung gewesen, dass dieser im Taxi liegen müsse, mit welchem man aus der Stadt nach Hause gekommen sei, weshalb der Antragsteller versucht habe, ein Fahrzeug, das er für das Taxi gehalten habe, anzuhalten. Dabei habe er gegen die Beifahrertür getreten. Es sei dann zum Streit mit dem Fahrer gekommen, der sodann die Polizei hinzugezogen habe. Mit den hinzugerufenen Beamten sei es anschließend ebenfalls zum Streit gekommen, und es sei dann insofern eskaliert, als dass der Antragsteller „total wütend“ geworden sei und im Zuge dessen die Kollegen als „Faschisten“ beleidigt habe. Seiner Erinnerung nach seien die Polizeibeamten dann wieder weggefahren und er selbst habe nochmals die Polizei gerufen. Mit der nun eingetroffenen Besatzung habe es erneut Diskussionen, aber seiner Erinnerung nach ohne Beleidigungen, gegeben. Insgesamt habe der Antragsteller erklärt, teils erhebliche Erinnerungslücken an den Abend und die Ereignisse zu haben, was er auf seine starke Alkoholisierung zurückführe. Der Antragsteller habe auf PHK F. in diesem Moment einen sehr reumütigen Eindruck gemacht; und sein Verhalten offensichtlich bedauert. Er strebe weiterhin an, sich bei den betroffenen Beamten zu entschuldigen.

Mit E-Mail vom 12. März 2020 (Bl. 13/Beiakte 002) wurden der personalbearbeitenden Stelle der Antragsgegnerin

- die Strafanzeige nebst Bericht der sachverhaltsaufnehmenden Einsatzbeamtin, POK’in G., vom 7. März 2020 (Bl. 14 bis 19/Beiakte 002),

- die Strafanträge der Einsatzbeamten POK’G. und PK H. gegen den Antragsteller vom 7. März 2020 (Bl. 20, 21/Beiakte 002)

- sowie die Zeugenvernehmungen der POK’in G. vom 10. März 2020 (Bl. 22 bis 30/Beiakte 002) sowie des PK H. vom 10. März 2020 (Bl. 31 bis 35/Beiakte 002)

übersandt.

Mit Verfügung vom 30. März 2020 (Bl. 36 bis 42/Beiakte 002) verbot die Antragsgegnerin dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Verweis auf § 39 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte. Das vom Antragsteller am 7. März 2020 gezeigte Verhalten stelle einen zwingenden dienstlichen Grund im Sinne des § 39 Satz 1 BeamtStG dar. Zur Begründung verwies die Antragsgegnerin auf den Inhalt der am 9. März 2020 bei ihr eingegangenen WE-Meldung der Polizeiinspektion E., der Strafanzeige nebst Einsatzbericht der POK’in G. vom 7. März 2020, der Zeugenvernehmungen der POK’in G. und des PK H. vom 10. März 2020 sowie auf die Ausführungen des PHK F. vom 9. März 2020 über die Angaben des Antragstellers zum Sachverhalt.

Nach entsprechender Anhörung vom 30. März 2020 (Bl. 43 bis 47/Beiakte 002) wurde der Antragsteller mit streitgegenständlicher Verfügung der Antragsgegnerin vom 5. Juni 2020 (Bl. 80 bis 87/Beiakte 001) mit Ablauf des 30. Juni 2020 unter Sofortvollzugsanordnung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, Beamte auf Widerruf könnten nach § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG jederzeit entlassen werden, wobei ihnen gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden solle. Für eine Entlassung erforderlich sei das Vorliegen eines sachlichen Grundes; es bedürfe ernstlicher Zweifel daran, dass der Betreffende das Ziel des Vorbereitungsdienstes, den Erwerb der Befähigung für die angestrebte Laufbahn, erreichen könne. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn begründete Zweifel an der Eignung des Betreffenden für die angestrebte Beamtenlaufbahn bestünden. Der Begriff der Eignung umfasse auch den Charakter und die Persönlichkeit des Beamten; die charakterliche Eignung bilde einen Teilaspekt der persönlichen Eignung.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze sei der Antragsteller nach Überzeugung der Antragsgegnerin für den Polizeiberuf charakterlich ungeeignet. Zur Begründung verwies die Antragsgegnerin auf den Inhalt der am 9. März 2020 bei ihr eingegangenen WE-Meldung der Polizeiinspektion E., der Strafanzeige nebst Einsatzbericht der POK’in G. vom 7. März 2020, der Zeugenvernehmungen der POK’in G. und des PK H. vom 10. März 2020 sowie auf die Ausführungen des PHK F. vom 9. März 2020 über die Angaben des Antragstellers zum Sachverhalt; außerdem gab die Antragsgegnerin den Inhalt der Zeugenvernehmung des I. vom 16. März 2020 sowie der schriftlichen Einlassung des J. vom 30. März 2020 wieder.

Aufgrund der genannten Vorfälle sei die Entlassung des Antragstellers wegen begründeter Zweifel an seiner Eignung für den Polizeiberuf zwingend. Da er im Vorbereitungsdienst ausschließlich für den Beruf des Polizeivollzugsbeamten ausgebildet werde, für den er sich als charakterlich ungeeignet erwiesen habe, greife die Vorschrift des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG, wonach Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden solle, vorliegend nicht ein. Die Entlassung sei auch verhältnismäßig. Angesichts der für den Polizeiberuf gezeigten charakterlichen Ungeeignetheit im Zusammenhang mit der massiven Beleidigung der eingesetzten Polizeibeamten, der damit einhergehenden Unterstellung rechten Gedankenguts, der Sachbeschädigung, des wiederholten Missbrauchs von Notrufen sowie des gezeigten aggressiven Verhaltens sei ein milderes Mittel als die Entlassung nicht denkbar. Da das Interesse des Antragstellers an einer weiteren Verwendung in dem Beruf, für den er sich als charakterlich ungeeignet erwiesen habe, gegenüber dem Interesse des Dienstherrn, nur solche Polizeikommissaranwärter zum Polizeikommissar zu ernennen und in das Beamtenverhältnis auf Probe zu berufen, die dazu auch charakterlich geeignet seien, zurückstehe, sei die Entlassung auch angemessen.

Gegen diese Verfügung hat der Antragsteller am 23. Juni 2020 bei dem Verwaltungsgericht Göttingen unter dem Aktenzeichen 3 A 138/20 Klage erhoben und dort am 1. Juli 2020 um die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes nachgesucht. Zur Begründung seines Eilantrags hat er ausgeführt, die Antragsgegnerin sei in ihrer Entlassungsverfügung von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Soweit sie auf den Verdacht des wiederholten Missbrauchs von Notrufen abgehoben habe, habe ein solcher zu keinem Zeitpunkt bestanden und sei - wie sich aus dem in der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Braunschweig befindlichen zusammenfassenden Vermerk vom 30. April 2020 ergebe - auch nicht Gegenstand der Ermittlungen gewesen. Aus diesem Vermerk folge zudem, dass hinsichtlich der Sachbeschädigung kein Strafantrag gestellt worden sei; die Sachbeschädigung sei jedoch gemäß § 303c des Strafgesetzbuches (StGB) ein Antragsdelikt, so dass hier ebenfalls kein strafrechtlich relevanter Vorwurf vorliege. Insofern verbleibe es allein beim strafrechtlichen Vorwurf der Beleidigung; hier seien Strafanträge gestellt worden. Zudem habe die Antragsgegnerin die Entlassungsverfügung nicht hinreichend begründet. Es werde nur allgemein davon gesprochen, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller für charakterlich ungeeignet für die Ausübung des Polizeiberufs halte; aus welchem Grunde dies der Fall sein solle, werde nicht erläutert.

Ungeachtet dessen habe die Antragsgegnerin allein auf die Geschehnisse vom 7. März 2020 abgestellt, ohne das weitere Verhalten des Antragstellers zu berücksichtigen. Sein Verhalten im Dienst sei ohne jeden Tadel gewesen. Auch habe er sich direkt am Morgen nach den Geschehnissen bei PHK F. gemeldet und diesem sein Fehlverhalten „gebeichtet“; außerdem habe er unmittelbar nach dem Vorfall Kontakt zu den beiden beteiligten Polizeibeamten gesucht, um sich zu entschuldigen. Hieraus sei erkennbar, dass der Antragsteller sein Fehlverhalten eingesehen habe. Es habe sich hier offenkundig um ein einmaliges Fehlverhalten gehandelt; ein solches rechtfertige noch nicht die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf. Dass eine Wiederholungsgefahr bestehe, habe die Antragsgegnerin in ihrer Entscheidung nicht bejaht; eine Wiederholungsgefahr sei angesichts der Reumütigkeit des Antragstellers auch ausgeschlossen.

Die Antragsgegnerin ist dem Eilantrag entgegengetreten. Sie sei bei ihrer Entlassungsentscheidung weder von einem unrichtigen noch von einem unvollständig festgestellten Sachverhalt ausgegangen. Sie habe ihre Entlassung auf den Verdacht der Sachbeschädigung, der Beleidigung sowie des wiederholten Missbrauchs von Notrufen gestützt. Der Antragsteller habe am 7. März 2020 gegen 01:20 Uhr in E., K., Höhe Hausnummer 4, mit dem beschuhten Fuß gegen die Beifahrertür des Pkw des Herrn J. getreten und diese dadurch beschädigt. Der Antragsteller habe sich dabei derart aggressiv und provokant gegenüber den Zeugen J. und I. gezeigt, dass beide befürchteten, er werde eine Waffe ziehen, als er ihnen angeboten habe, durch einen Ausweis seine Zugehörigkeit zur Polizei zu beweisen. Mit diesem Nachweis sowie dem Angebot an den Zeugen J., den Schaden am Auto vor Ort finanziell zu begleichen, habe der Antragsteller offensichtlich das Einschreiten der Polizei verhindern wollen. Den Zeugen J. habe der Antragsteller mit „Nazi“ betitelt und ihn auf Russisch beleidigt mit den übersetzten Worten „Ich fick Dich ins Maul, Schlampe!“. Gegenüber den vom Zeugen J. über Notruf angeforderten Polizeibeamten habe sich der Antragsteller ebenfalls ausgesprochen aggressiv, provokant und distanzlos verhalten. Er habe sie im Beisein der Zeugen J. und I. als „Nazis“ und „Scheiß-Faschisten“ bezeichnet, nachdem er ihnen mit den Worten „Das macht ihr doch nur, weil ich ein Ausländer bin“, vorgeworfen hatte, ihm keine Hilfe gewähren zu wollen. Der Antragsteller habe auch - nachdem POK’in G. und PK H. den Ort verlassen hatten - zwei weitere Male den Notruf betätigt mit der Bitte, einen anderen Streifenwagen kommen zu lassen, weil die eingesetzten Beamten den Vorfall nicht objektiv aufgenommen hätten. Die in der Folge entsandten zwei Streifenwagen hätten jeweils den Antragsteller, seine Ehefrau und den Bekannten, Herrn L., angetroffen; dem Antragsteller sei es bei beiden Malen nur um die Suche nach dem verlorenen Wohnungsschlüssel und nicht um die von ihm verursachte Sachbeschädigung gegangen.

Insbesondere aufgrund der Schwere der begangenen Tathandlungen am 7. März 2020 habe der Antragsteller das für einen Polizeibeamten erforderliche Vertrauen seines Dienstherrn und der Öffentlichkeit unwiederbringlich zerstört. Die Kernpflichten eines Polizeibeamten bestünden darin, Straftaten zu verhüten, zu verfolgen und aufzuklären. Damit verbiete es sich für einen Polizeibeamten, das Eigentum anderer zu beschädigen, polizeiliche Maßnahmen nicht zu akzeptieren, den eigenen Migrationshintergrund argumentativ für sich einzusetzen, Zeugen sowie Kollegen in der Öffentlichkeit massiv zu beleidigen und grundlos den polizeilichen Notruf zu betätigen und dadurch die Polizei grundlos zu beschäftigen. Der Tritt des Antragstellers in die Beifahrertür des Pkw des Herrn J., sein weiteres gegenüber dem Geschädigten und dessen Beifahrer, dem Zeugen I., gezeigtes aggressives Verhalten und sein provokatives, distanzloses, immer wieder in die Sachverhaltsaufnahme eingreifendes Verhalten gegenüber den eingesetzten Beamten deute auf ein außerordentlich hohes und unberechenbares Aggressions- und Gewaltpotential des Antragstellers hin, das seine charakterliche Eignung für den Polizeiberuf ausschließe. Künftige Kollegen öffentlich als „Nazis“ und „Scheiß-Faschisten“ zu bezeichnen und damit deren rechtmäßiges Handeln dem Handeln von Polizisten eines Willkür- und Unrechtsstaates gleichzustellen sowie den eingesetzten Polizeibeamten rechtes Gedankengut zu unterstellen, bekräftige diese Bewertung. Zudem zeige die wiederholte grundlose Notrufbetätigung den fehlenden Respekt des Antragstellers sowohl gegenüber den polizeilichen Einsatzkräften als auch gegenüber den tatsächlich in Not geratenen Personen, denen er durch seine Anrufe den Notruf blockiert habe. Dass gegen den Antragsteller weder wegen Sachbeschädigung noch wegen wiederholten Missbrauchs von Notrufen strafrechtlich ermittelt worden sei, stehe dieser Bewertung nicht entgegen; die Antragsgegnerin sei in ihrer Entlassungsverfügung auch nicht von einem gegen den Antragsteller geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung und wiederholten Missbrauch von Notrufen ausgegangen.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei sein außerdienstliches Fehlverhalten am 7. März 2020 nicht als ein einmaliges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten, sondern als persönlichkeitsimmanent zu werten. Die Art und Weise, die Dauer und die Intensität des Fehlverhaltens belegten, dass der Antragsteller ein aggressives, respektloses und beleidigendes Grundverhalten besitze, das in ähnlich gelagerten Situationen immer wieder zu Tage treten werde. Ungeachtet dessen könnten auch aus einem einmaligen Fehlverhalten begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung abgleitet werden, wenn dieses einmalige Fehlverhalten die charakterlichen Mängel des Betroffenen hinreichend deutlich zu Tage treten lasse. Dies sei hier der Fall.

Mit Beschluss vom 14. August 2020 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers zum Aktenzeichen 3 A 138/20 gegen die Entlassungsverfügung vom 5. Juni 2020 wiederhergestellt. Die Entlassungsverfügung erweise sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig.

Aus der angefochtenen Verfügung ergebe sich nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit, von welchem Sachverhalt die Antragsgegnerin ausgegangen sei. Die Verfügung beschränke sich nach einer kurzen Einleitung dahingehend, dass gegen den Antragsteller der Verdacht der Sachbeschädigung und der Beleidigung sowie der Verdacht des wiederholten Missbrauchs von Notrufen bestehe, auf die über fünf Seiten lange Wiedergabe des Sachverhalts anhand dienstlicher Meldungen, anderer Berichte, Zeugenaussagen und Stellungnahmen Dritter. Nach der berichtsartigen, ohne eigene Einordnung und Wertung der Antragsgegnerin erfolgten Wiedergabe des Sachstands im Zeitpunkt des Verfügungserlasses erfolge angesichts der teilweise voneinander abweichenden Schilderungen - z. B. wer den Wagen des Zeugen J. angehalten habe, der Antragsteller oder sein Bekannter, Herr L. - nicht die erforderliche Klarstellung, von welchem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt die Antragsgegnerin ausgehe. Es werde nicht dargelegt, welche Verhaltensweisen des Antragstellers im Einzelnen begründete Zweifel an seiner Eignung für den Polizeiberuf rechtfertigen sollten; der Hinweis auf die „genannten Vorfälle“, deren Schilderungen teilweise nicht übereinstimmten, reiche insoweit nicht aus.

Auch die Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit fassten das Geschehen ohne Zuordnung zum konkreten Verhalten des Antragstellers lediglich abstrakt zusammen. Die Erwägung, ihm sei nicht die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes zugeben, weil er sich als charakterlich ungeeignet für den Beruf des Polizeivollzugsbeamten erwiesen habe, gebe lediglich formelhaft den Gesetzeswortlaut wieder. Ohne nachvollziehbare Begründung bleibe es dem Antragsteller gleichsam selbst überlassen, aus dem Konglomerat der aneinandergefügten Stellungnahmen, Berichte und Vernehmungen „herauszusuchen“, was aus Sicht der Antragsgegnerin dazu geführt haben könnte, ihm die charakterliche Eignung für den Polizeiberuf abzusprechen.

Zwar könne die „gleichsam lehrbuchmäßige Subsumtion und Abwägung“ in der Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 6. Juli 2020 die in der maßgeblichen Verfügung fehlende Begründung ersetzen. Allerdings fehlten auch dort Ausführungen der Antragsgegnerin dahingehend, warum - obwohl es sich im Streitfall augenscheinlich lediglich um ein einmaliges außerdienstliches Fehlverhalten des Antragstellers handle - gleichwohl eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf in Betracht komme. Denn bei einem solchen einmaligen außerdienstlichen Fehlverhalten gälten nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 17.12.2010 - 5 ME 168/10 -, juris Rn. 8) besondere Anforderungen. So hätte die Antragsgegnerin vorher klären müssen, ob es sich nicht nur um ein einmaliges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten des Antragstellers gehandelt habe; nach der genannten Rechtsprechung solle weiterhin nicht unbeachtet bleiben, wenn der Betreffende versuche, die Sache aus der Welt zu schaffen. Auch die Frage, ob es innerhalb des Dienstes während der Ausbildung Anzeichen gegeben habe, die auf eine mangelnde charakterliche Eignung schließen ließen, solle nach der zitierten Entscheidung Berücksichtigung finden. Keiner dieser Aspekte sei vorliegend jedoch von der Antragsgegnerin in den Blick genommen worden. Nach alledem fehle der Verfügung die sachgerechte Grundlage für die Ermessensabwägung. Überdies bestünden Zweifel daran, ob sich die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung überhaupt bewusst gewesen sei, dass sie eine Ermessensentscheidung treffe.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, der der Antragsteller entgegentritt.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Die von ihr in ihren Beschwerdebegründungen vom 8. September 2020 und vom 10. September 2020 dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), rechtfertigen die begehrte Änderung der angegriffenen Entscheidung.

1. Rechtsgrundlage der Entlassungsverfügung ist § 23 Abs. 4 BeamtStG. Nach § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG kann ein Beamter auf Widerruf jederzeit entlassen werden; die Entlassung ist also grundsätzlich in das pflichtgemäße Ermessen des Dienstherrn gestellt. Die fehlerfreie Ausübung des Ermessens erfordert vor allem, dass die Entlassung aus einem sachlichen Grund erfolgt, wobei grundsätzlich jeder sachliche Grund ausreicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1959 - BVerwG 6 C 70.50 -, BVerwGE 10, 75, 79; Urteil vom 9.6.1981 - BVerwG 2 C 48.78 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 3.6.2004 - BVerwG 2 B 52.03 -, juris Rn. 5; Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2009 - 5 ME 25/09 -, juris Rn. 8; Beschluss vom 3.6.2014 - 5 ME 72/14 -). Als sachlicher Grund in diesem Sinne kommen einerseits Umstände in Betracht, die in der Person des Beamten liegen - etwa unzureichende fachliche Leistungen, fehlende gesundheitliche Leistung oder sonst fehlende persönliche Eignung für das Beamtenverhältnis -; andererseits können auch in der Sphäre der Verwaltung liegende Umstände einen sachlichen Grund darstellen, etwa Sparmaßnahmen, Wegfall des Bedarfs durch Organisationsänderungen bei Wegfall von Aufgaben o. ä. (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.12.1953 - BVerwG 2 C 21.53 -, BVerwGE 1, 57, 58; Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: September 2020, Bd. 1, § 23 BeamtStG Rn. 9 in Verbindung mit § 37 BBG Rn. 7). Im Hinblick auf die in der Person des Beamten liegenden Umstände genügen bereits berechtigte Zweifel an der mangelnden fachlichen oder persönlichen Eignung des Betreffenden für sein Amt, um einen sachlichen Grund zu bejahen; die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf ist also nicht von dem Nachweis eines konkreten Dienstvergehens abhängig (BVerwG, Urteil vom 9.6.1981, a. a. O., Rn. 20; Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2009, a. a. O., Rn. 8). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Eignung nicht nur an den Anforderungen des Vorbereitungsdienstes, sondern auch an denen der angestrebten Laufbahn zu messen ist (BVerwG, Urteil vom 17.12.1959, a. a. O., Bay. VGH, Beschluss vom 12.12.2011 - 3 CS 11.2397 -, juris Rn. 34).

Hinsichtlich der Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst beschränkt § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG das Ermessen des Dienstherrn zusätzlich dahin, dass die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll. Dementsprechend ist die Entlassung eines Widerrufsbeamten im Vorbereitungsdienst nur aus Gründen statthaft, die mit Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes im Einklang stehen (BVerwG, Urteil vom 9.6.1981, a. a. O., Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 23.1.1998 - 5 M 5562/97 -, juris Rn. 6), womit Gründe im Bereich der Verwaltung wie Organisationsänderungen etc. in dieser Fallkonstellation als Entlassungsgründe ausscheiden (Lemhöfer, a. a. O., § 37 BBG Rn. 11); zulässig sind vielmehr lediglich Gründe, nach denen ernstliche Zweifel daran bestehen, dass der Beamte das Ziel des Vorbereitungsdienstes, nämlich den Erwerb der Befähigung für die angestrebte Laufbahn, erreichen kann (Nds. OVG, Beschluss vom 23.1.1998, a. a. O., Rn. 6; Beschluss vom 28.9.2007 - 5 ME 265/07 -, juris Rn. 18). Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn der Beamte unzulängliche Leistungen erbringt oder begründete Zweifel an seiner persönlichen Eignung bestehen (Nds. OVG, Beschluss vom 23.1.1998, a. a. O., Rn. 6); außerdem ist die Entlassung eines Widerrufsbeamten im Vorbereitungsdienst nur unter der weiteren Einschränkung rechtmäßig, dass ernsthafte Zweifel an der Eignung nicht nur mit Blick auf die Anforderungen eines dem Beamten zu übertragenen Amtes bestehen, sondern auch und in erster Linie gemessen an den Anforderungen zum einen des Vorbereitungsdienstes im Beamtenverhältnis auf Widerruf und zum anderen des angestrebten Berufes insgesamt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.1.1981, a. a. O., Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 28.9.2007, a. a. O., Rn. 18).

Dabei ist die verwaltungsgerichtliche Kontrolldichte hinsichtlich der Frage, ob der Dienstherr von berechtigten Zweifeln an der Eignung eines Widerrufsbeamten ausgehen konnte, eine eingeschränkte. Während der den angenommenen Zweifeln von dem Dienstherrn zugrunde gelegte Sachverhalt von den Verwaltungsgerichten in vollem Umfang auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft werden kann, ist die Kontrolle im Übrigen darauf beschränkt, ob der Dienstherr den Rechtsbegriff der Eignung verkannt oder ob er bei der von ihm zu treffenden Prognoseentscheidung allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (Nds. OVG, Beschuss vom 7.4.2009, a. a. O., Rn. 9; Beschluss vom 17.12.2010 - 5 ME 268/10 -, juris Rn. 7). Maßgebend für die Prüfung der Rechtmäßigkeit in diesem Sinne ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung - hier also im Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Entlassungsverfügung (5. Juni 2020) -; es kommt auf die zu diesem Zeitpunkt dem Dienstherrn zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel an (BVerwG, Urteil vom 9.6.1981, a. a. O., Rn. 28; Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2009, a. a. O., Rn. 9).

2. In Anwendung dieser Grundsätze vermag der beschließende Senat der Feststellung des Verwaltungsgerichts, die angegriffene Entlassungsverfügung sei bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung offensichtlich rechtswidrig, nicht beizutreten. Der Senat ist vielmehr der Auffassung, dass sich die Entlassungsverfügung der Antragsgegnerin bei summarischer Überprüfung als offensichtlich rechtmäßig erweist, so dass für die vom Antragsteller begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage zum Aktenzeichen 3 A 138/20 kein Raum ist.

a) Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, es sei nicht mit der erforderlichen Klarheit/Eindeutigkeit erkennbar, welchen Sachverhalt die Antragsgegnerin ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe, folgt der Senat nicht.

aa) Die Antragsgegnerin hat vielmehr bereits in der angefochtenen Verfügung ausdrücklich erklärt, nach seinerzeitigem Kenntnisstand bestehe der begründete Verdacht der Sachbeschädigung, der Beleidigung und des wiederholten Missbrauchs von Notrufen durch den Antragsteller (Entlassungsverfügung, S. 1/unten und S. 2/oben). Welche tatsächlichen Verhaltensweisen des Antragstellers die Antragsgegnerin dabei zugrunde gelegt hat, geht ebenfalls eindeutig aus der angegriffenen Verfügung hervor, die zur weiteren Begründung den Inhalt der WE-Meldung der Polizeiinspektion E., der Strafanzeige nebst Einsatzbericht der POK’in G. vom 7. Oktober 2020, der Zeugenvernehmungen der POK’in G. und des PK H. vom 10. März 2020, der Vernehmung des Zeugen I. vom 16. März 2020, der schriftlichen Einlassung des Zeugen J. vom 30. März 2020 sowie den Inhalt der Stellungnahme des PHK F. vom 9. März 2020 über die Angaben des Antragstellers zum Sachverhalt umfänglich wiedergibt.

Danach hat der Antragsteller in der Nacht des 7. März 2020 gegen 01:20 Uhr gegen die Tür des Pkw des Zeugen J. getreten und hierdurch Lackkratzer verursacht. Diesem Vorgang war vorangegangen, dass der Antragsteller in Begleitung seiner Ehefrau und des Herrn L. nach einer „Kneipentour“ per Taxi zu dessen Wohnung in der M.-Straße K. gefahren war, um dort zu übernachten, der Wohnungsschlüssel des Zeugen L. aber nicht hatte aufgefunden werden können und der Antragsteller den Schlüssel sodann im Taxi suchen wollte. Im dem Glauben, bei dem Pkw des Zeugen J., der gerade seinen Bekannten, den Zeugen I., in der Straße K. abgesetzt hatte, handele es sich um das Taxi, hatte der Antragsteller den Zeugen J. zunächst durch das Beifahrerfenster seines Pkw auf den Schlüssel angesprochen und sodann, nachdem der Zeuge J. erklärt hatte, den Schlüssel nicht zu haben, gegen die Beifahrertür des Pkw getreten. Dieses Kerngeschehen ist den von der Antragsgegnerin wiedergegebenen Unterlagen ohne Weiteres zu entnehmen. Dass die wiedergegebenen Schilderungen in einzelnen Details voneinander abweichen - so heißt es etwa in der (kurzen) WE-Meldung, dass der Antragsteller das Fahrzeug des Zeugen J. angehalten habe, während der Zeuge J. in der Nacht des Vorfalles gegenüber den Einsatzbeamten erklärt hat, der Zeuge L. habe sein Fahrzeug angehalten -, führt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht dazu, dass der Sachverhalt, auf den die Antragsgegnerin den Sachbeschädigungsverdacht stützt, unklar wäre, zumal der Antragsteller selbst gegenüber PHK F. eingeräumt hat, gegen die Tür des Fahrzeugs des Zeugen J. getreten zu haben.

Aus den von der Antragsgegnerin in der angegriffenen Verfügung wiedergegebenen Berichten, Aussagen und Stellungnahmen einschließlich der Stellungnahme des PHK F. über die Angaben des Antragstellers geht ferner eindeutig und übereinstimmend hervor, dass der seinerzeit deutlich alkoholisiert und sehr aufgebracht agierende Antragsteller die zum Einsatzort der Sachbeschädigung hinzugerufenen Polizeibeamten POK’in G. und PK H. mit den Worten „Nazis“ und „Scheiß-Faschisten“ tituliert hat. Auch ergibt sich aus den insoweit übereinstimmenden Schilderungen der Zeugen I. und J. zu den Geschehnissen bis zum Eintreffen der Polizeibeamten der Vorhalt, dass der Antragsteller auf sie einen immer aggressiver werdenden Eindruck gemacht habe und auch den beiden Zeugen gegenüber die Begriffe „Nazis“ und „Scheiß-Faschisten“ geäußert habe; außerdem habe der Antragsteller in Bezug auf den Zeugen J. in russischer Sprache eine Aussage getätigt, bei der es sich übersetzt um die Worte „Ich fick dich ins Maul, Schlampe“ gehandelt habe.

Schließlich lässt sich dem Einsatzbericht der POK’in G. vom 7. März 2020 und ihrer Zeugenvernehmung vom 10. März 2020 eindeutig der weitere Vorhalt entnehmen, der Antragsteller habe - nachdem POK’in G. und PK H. den Einsatzort verlassen hatten - den Polizeinotruf gewählt, dort mitgeteilt, gerade von der Polizei bedroht worden zu sein und gefordert, die Polizei solle nochmals vor Ort erscheinen. Etwas später habe der Antragsteller nochmals den Notruf gewählt und eine andere Streifenbesatzung eingefordert. Letztlich seien in der Folge zwei Funkstreifenbesatzungen zur Örtlichkeit entsandt worden, die den Antragsteller gemeinsam mit seiner Ehefrau und Herrn L. angetroffen hätten; dem Antragsteller sei es in diesem Moment lediglich um die Wohnungsschlüssel gegangen, nicht um die von ihm verursachte Sachbeschädigung. Der Antragsteller hat im Übrigen gegenüber PHK F. auch eingeräumt, „nochmals die Polizei gerufen“ zu haben.

bb) Die Antragsgegnerin hat den ihrer Entlassungsverfügung zugrunde liegenden - auf den in der angegriffenen Verfügung im Einzelnen wiedergegebenen Berichten, Aussagen und Stellungnahmen beruhenden - Kernsachverhalt zudem in ihrer Antragserwiderung vom 6. Juli 2020 in zulässiger Weise wie folgt präzisiert (S. 3 [Bl. 59/GA]):

„Die Antragsgegnerin hat die Entlassung mit dem Verdacht der Sachbeschädigung und der Beleidigung sowie des wiederholten Missbrauchs von Notrufen begründet.

Der Antragsteller trat am 07.03.2020 gegen 01:20 Uhr in E., N. Höhe Hausnummer O., mit dem beschuhten Fuß gegen die Beifahrertür des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen P. des Herrn J. und beschädigte dieses dadurch. Er zeigte sich dabei derart aggressiv und provokant gegenüber den Zeugen J. und seinem Beifahrer, Herrn I., dass beide befürchteten, er würde eine Waffe ziehen, als er ihnen anbot, ihnen durch einen Ausweis seine Zugehörigkeit zur Polizei zu beweisen. Mit diesem Nachweis sowie mit seinem Angebot an den Zeugen J., den Schaden am Auto vor Ort zu finanziell begleichen zu wollen, wollte er offensichtlich das Einschreiten der Polizei verhindern. Den Zeugen J. betitelte er mit 'Nazi' und beleidigte ihn auf Russisch mit den übersetzten Worten 'Ich fick Dich ins Maul, Schlampe!'. Gegenüber den von dem Zeugen J. über Notruf angeforderten Polizeibeamten, Frau POK’in G. und Herrn PK H., zeigte sich der Antragsteller ebenfalls ausgesprochen aggressiv, provokant und distanzlos. Er bezeichnete sie im Beisein der Zeugen J. und I. als 'Nazis' und 'Scheiß-Faschisten', nachdem er ihnen mit den Worten 'Das macht ihr doch nur, weil ich ein Ausländer bin' vorgeworfen hatte, ihm keine Hilfe gewähren zu wollen.

Nachdem die eingesetzten Polizeibeamten, Frau POK’in G. und Herr PK H., den Tatort verlassen hatten, rief der Antragsteller zwei weitere Male über Notruf unter Angabe des Namens seines Bekannten, Herrn L., die polizeiliche Einsatzstelle mit der Bitte an, einen anderen Streifenwagen kommen zu lassen, da die eingesetzten Beamten den Vorfall nicht objektiv aufgenommen hätten. Die in der Folge entsandten zwei Funkstreifenwagenbesatzungen trafen jeweils den Antragsteller mit seiner Ehefrau und seinem Bekannten, Herrn L., an. Dem Antragsteller ging es bei beiden Malen nur um die Suche nach dem verlorenen Wohnungsschlüssel und nicht um die von ihm verursachte Sachbeschädigung“.

Mit diesen Ausführungen ist noch einmal ausdrücklich klargestellt worden, dass dem Antragsteller eine Sachbeschädigung durch einen Fußtritt in die Beifahrertür des Zeugen J., ein aggressives und provokantes Auftreten gegenüber den Zeugen J. und I., Beleidigungen gegenüber den Zeugen J. und I. („Nazis“ sowie „Ich fick Dich ins Maul, Schlampe!“), sein aggressives, provozierendes und distanzloses Verhalten gegenüber den zur Sachverhaltsaufklärung in Bezug auf die Sachbeschädigung herbeigerufenen Polizeibeamten, deren Beleidigung in der Öffentlichkeit („Nazis“ und „Scheiß-Faschisten“) nebst der Unterstellung, ihm als „Ausländer“ keine Hilfe angedeihen lassen zu wollen, und schließlich in der Folge die wiederholte grundlose und damit missbräuchliche Benutzung des Notrufs vorgeworfen wurde.

b) Dass der Antragsgegnerin infolge des festgestellten Sachverhalts berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung für den Polizeiberuf erwachsen sind, begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.

Die charakterliche Eignung ist ein Unterfall der persönlichen Eignung. Hierfür ist die prognostische Einschätzung entscheidend, inwieweit der Betreffende der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird (BVerwG, Beschluss vom 20.7.2016 - BVerwG 2 B 18.16 -, juris 26). Von den Polizeivollzugsbeamten ist in diesem Sinne eine gewisse soziale Kompetenz zu erwarten; es wird von ihnen verlangt, zugleich einerseits deeskalierend und andererseits die polizeilichen Ziele verfolgend auf andere Menschen einzuwirken (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7.2.2009 - 5 ME 25/09 -, juris Rn. 32).

aa) Indem die Antragsgegnerin in ihrer Entlassungsverfügung (S. 7) mit der „massiven Beleidigung eingesetzter Polizeibeamter und der damit einhergehenden Unterstellung rechten Gedankenguts durch den Antragsteller“, mit der „Sachbeschädigung fremden Eigentums“, dem „wiederholten Missbrauch von Notrufen“ sowie dem „gezeigten aggressiven Verhalten des Antragstellers“ argumentiert, hat sie ihm bei verständiger Würdigung die erforderliche Loyalität, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Deeskalation abgesprochen und ihm eine unzureichende Dienstauffassung und ein fehlendes Bekenntnis zur Rolle der Polizei im demokratischen Rechtsstaat und damit ein gravierendes Defizit in Bezug auf die Grundvoraussetzungen polizeilicher Aufgabenwahrnehmung vorgehalten. Hiergegen ist - unter Berücksichtigung der insoweit eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit (s. o.) - beschwerdegerichtlich nichts zu erinnern.

bb) Die Antragsgegnerin hat ihre diesbezüglichen Erwägungen zudem in ihrer Antragserwiderung vom 6. Juli 2020 wie folgt präzisiert (S. 3f. [Bl. 59f./GA]):

„Insbesondere aufgrund der Schwere der begangenen Tathandlungen am 07.03.2020 hat der Antragsteller das für einen Polizeibeamten erforderliche Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit unwiederbringlich zerstört. Kernpflichten eines Polizeibeamten sind es, Straftaten zu verhüten, zu verfolgen und aufzuklären. Damit verbietet es sich für einen Polizeibeamten, das Eigentum anderer zu beschädigen, polizeiliche Maßnahmen nicht zu akzeptieren, den eigenen Migrationshintergrund argumentativ für sich einzusetzen, Zeugen sowie Kolleginnen und Kollegen in der Öffentlichkeit massiv zu beleidigen und grundlos den polizeilichen Notruf zu betätigen und dadurch die Polizei grundlos zu beschäftigen. Sein Tritt in die Beifahrertür des Pkw von Herrn J., sein weiteres, gegenüber dem Geschädigten von seinem Beifahrer, Herrn I., gegenüber Herrn PK H. bestätigtes (s. Bl. 33, 24 d. Verwaltungsvorgangs) gezeigtes aggressives Verhalten und sein provokatives und distanzloses, immer wieder in die Sachverhaltsaufnahme eingreifendes Verhalten gegenüber den eingesetzten Beamten deutet auf ein außerordentlich hohes und unberechenbares Aggressions- und Gewaltpotential des Antragstellers hin, das sich für einen künftigen Polizeivollzugsbeamten ausschließt. Künftige Kollegen öffentlich als 'Nazis' und 'Scheiß-Faschisten' zu bezeichnen und damit [deren] rechtmäßiges Handeln dem Handeln von Polizistinnen und Polizisten eines Willkür- und Unrechtsstaates gleichzusetzen und den eingesetzten Polizeibeamten rechtes Gedankengut zu unterstellen, bekräftigt im Lichte der deutschen Vergangenheit und der heutigen Rolle der Polizei als Exekutive eines demokratischen und sozialen Bundesstaates, der Bundesrepublik Deutschland, diese Bewertung. Ein solches Verhalten ist regelmäßig Ausdruck des Versagens in einem für das Amt zentralen Kernbereich und disqualifiziert den Antragsteller für eine mögliche Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe.

Gleiches gilt für seinen wiederholten grundlosen Anruf bei der polizeilichen Einsatzstelle über Notruf, der den Einsatz von zwei Streifenwagenbesatzungen veranlasste, da dieses Verhalten sein fehlendes Verständnis für diesen Anschluss für Notlagen und seinen fehlenden Respekt sowohl gegenüber den polizeilichen Einsatzkräften als auch gegenüber tatsächlich in Not geratenen Personen, denen er durch seine Anrufe den Notruf blockiert, zeigt.“

Mit diesen Ausführungen hat die Antragsgegnerin in zulässiger Weise vertieft, warum sie aus dem festgestellten Sachverhalt auf die fehlende charakterliche Eignung des Antragstellers für den Polizeiberuf geschlossen hat.

cc) Der beschließende Senat teilt auch nicht die Sichtweise des Verwaltungsgerichts (UA, S. 4f.), dass sich die Annahme der fehlenden charakterlichen Eignung des Antragstellers als rechtswidrig erweise, weil die angegriffene Verfügung vom 5. Juni 2020 keine Ausführungen zum Gesichtspunkt des einmaligen außerdienstlichen Fehlverhaltens und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (Nds. OVG, Beschluss vom 17.12.2010, a. a. O., Rn. 8) enthalte.

Wie die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 8. September 2020 (S. 3 [Bl. 106/GA]) zutreffend hervorgehoben hat, können begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung bereits aus einem einmaligen Fehlverhalten des Betreffenden abgeleitet werden, wenn dieses Fehlverhalten die charakterlichen Mängel des Betreffenden hinreichend deutlich zu Tage treten lässt (BVerwG, Beschluss vom 20.7.2016 - BVerwG 2 B 17.16 -, juris Rn. 10). Hiervon ist die Antragsgegnerin bei verständiger Würdigung ihrer Entlassungsverfügung ausgegangen, indem sie auf eine „massive Beleidigung eingesetzter Polizeibeamter und der damit einhergehenden Unterstellung rechten Gedankenguts“, den „wiederholten Missbrauch von Notrufen“ sowie das „gezeigte aggressive Verhalten“ abgestellt hat. Die hierin zum Ausdruck kommende Einschätzung, das gesamte Verhalten des Antragstellers am 7. März 2020 lasse seine charakterlichen Mängel derart hinreichend deutlich zu Tage treten, dass bereits aus diesem Verhalten begründete Zweifel an seiner charakterlichen Eignung für den Polizeiberuf abzuleiten sind, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Wer - wie der Antragsteller - als Polizeianwärter aus Wut oder Frust das Eigentum Dritter schädigt, sodann gegenüber denjenigen Polizeibeamten, die zur Klärung des Sachverhalts herbeigerufen werden, ein höchst aggressives Verhalten zeigt, das darin gipfelt, diese als Repräsentanten eines Unrechtsstaates zu verunglimpfen, und sodann ohne Einsicht in dieses Verhalten und ohne Notwendigkeit durch Betätigung des Polizeinotrufs zwei weitere Polizeieinsätze herbeiführt, offenbart einen derart offenkundigen Mangel an Respekt gegenüber der polizeilichen Aufgabenerfüllung und der hierzu berufenen Polizeibeamten, dass die Annahme einer fehlenden charakterlichen Eignung ohne weiteres nachvollziehbar ist. Soweit das Verwaltungsgericht den Ausführungen im Beschluss des Senats vom 17. Dezember 2010 (a. a. O., Rn. 8) den Rechtssatz entnimmt, ein einmaliges schwerwiegendes außerdienstliches Fehlverhalten könne die Annahme der fehlenden charakterlichen Eignung nicht rechtfertigen, wenn es sich insoweit um ein persönlichkeitsfremdes handle, wird an diesem Rechtssatz angesichts der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Beschluss vom 20.7.2016, a. a. O., Rn. 10) nicht mehr festgehalten (zu diesem Rechtssatz eher kritisch, ohne dass es im Rahmen der dortigen Nichtzulassungsbeschwerde hierauf angekommen ist, auch BVerwG, Beschluss vom 20.7.2016, a. a. O., Rn. 8).

Ungeachtet dessen hat die Antragsgegnerin ihre bereits in der angegriffenen Verfügung bei verständiger Würdigung zum Ausdruck gebrachte Einschätzung - der Antragsteller offenbare einen derart offenkundigen Mangel an Respekt gegenüber der polizeilichen Aufgabenerfüllung und den hierzu berufenen Polizeibeamten als innere Ablehnung der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung als solche, dass der Schluss auf seine fehlende charakterliche Eignung geradezu zwingend sei - im Beschwerdeverfahren in zulässiger Weise vertieft. Das von der Antragsgegnerin mit ihrer - innerhalb der maßgeblichen Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO erfolgten - ergänzenden Beschwerdebegründung vom 10. September 2020 vorgelegte Protokoll der Anhörung der PKA’in Q. vom 10. September 2020 (Bl. 120 bis 122/GA) stellt ein prozessual zulässiges Nachschieben von Gründen dar. Die prozessuale Zulässigkeit eines solchen Nachschiebens von Gründen ist für Ermessenserwägungen in § 114 Satz 2 VwGO geregelt; diese Vorschrift ist entsprechend anwendbar, wenn - wie hier - ein Beurteilungsspielraum besteht (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 M 125/10 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 24.3.2015 - 5 LB 202/13 -; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2019, § 45 Rn. 22; Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 114 Rn. 49; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 114 Rn. 87). Ein Nachschieben von Gründen ist zulässig, wenn die nachträglich vorgebrachten Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen, dieser durch sie nicht in seinem Wesen geändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.4.1959 - BVerwG 6 C 162.56 -, juris Rn. 22; Urteil vom 15.6.1971 - BVerwG 2 C 17.70 -, juris Rn. 32; Urteil vom 16.6.1997 - BVerwG 3 C 22.96 -, juris Rn. 19; Beschluss vom 15.5.2014 - BVerwG 9 B 57.13 -, juris Rn. 11). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

PKA’in Q., die in derselben Studiengruppe wie der Antragsteller ausgebildet wird, hat in ihrer Anhörung vom 10. September 2020 auf die Frage, ob sich der Antragsteller ihr oder anderen gegenüber einmal beleidigend oder rassistisch geäußert oder eine Ablehnung von Polizisten zum Ausdruck gebracht habe, Folgendes bekundet (S. 2 [Bl. 121/GA]):

„Das ist auch so eine Sache, die mich immer gewundert hat. [Der Antragsteller] hat sehr oft davon berichtet, dass er früher regelmäßig von der Polizei angehalten worden sei, was er immer auf seinen kulturellen Hintergrund zurückführte. Er machte dabei deutlich, dass er eigentlich nichts von der Polizei hält. Da war ich schon verwundert, weil er ja den Beruf selbst ergreifen wollte. Er sagte auch regelmäßig, wenn er vom Dienst gekommen war, dass er das Verhalten der Kollegen der Dienststelle nicht nachvollziehen könne. Er sagte sinngemäß[,] 'dass das alles Spastis seien'.“

Aus diesen Angaben der PKA’in Q., an deren Wahrheitsgehalt zu zweifeln der beschließende Senat keinerlei Anlass hat, über Äußerungen des Antragstellers, die bereits zeitlich vor Erlass der angegriffenen Verfügung erfolgt sind, wird eine ablehnende innere Haltung des Antragstellers gegenüber der Polizei und eine fehlende Akzeptanz gegenüber rechtmäßigem polizeilichen Handeln deutlich, wie sie die Antragsgegnerin in der angegriffenen Verfügung in nicht zu beanstandender Weise beim Antragsteller festgestellt hat. Gleichzeitig bekräftigen diese Äußerungen, dass es sich bei dem vom Antragsteller am 7. März 2020 gezeigten Verhalten nicht um ein „Momentanversagen“ handelt, sondern dass dieses Verhalten Ausdruck einer entsprechenden inneren - nämlich ablehnenden - Einstellung gegenüber der Polizei als Institution war.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ergibt sich aus der Schilderung der PKA’in Q. auch nicht, dass der Antragsteller lediglich mit dem Verhalten einzelner Kollegen Probleme hatte (so Beschwerdeerwiderung - BE - vom 22.9.2020, S. 2 [Bl. 140/GA]), sondern enthält mit der Formulierung, der Antragsteller habe deutlich gemacht, dass er eigentlich nichts von der Polizei halte, gerade eine generalisierende Ablehnung der Polizei.

c) Anders als das Verwaltungsgericht meint, war der Antragsgegnerin - wie die Ausführungen auf S. 1, S. 7 der Entlassungsverfügung zeigen - auch sehr wohl bewusst, dass es sich bei der Entscheidung gemäß § 23 Abs. 4 BeamtStG um eine Ermessensentscheidung handelt.

Das nach § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG bestehende Ermessen des Dienstherrn erfährt durch § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG eine Einschränkung. Wenn es dort heißt, dass dem Betreffenden die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll, so bedeutet dies gemäß der allgemeinen Auslegung von Sollvorschriften, dass der Dienstherr sein Ermessen regelmäßig nicht dahingehend ausüben darf, die Entlassung eines Widerrufsbeamten vor Ableistung des Vorbereitungsdienstes und Ablegen der Prüfung vorzunehmen (Lemhöfer, a. a. O., § 37 BBG Rn. 11). Dies ist in der Rechtsprechung dahin umschrieben worden, die Entlassung eines Widerrufsbeamten während des Vorbereitungsdienstes sei nur aus Gründen statthaft, welche mit Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes im Beamtenverhältnis auf Widerruf im Einklang stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.6.1981, a. a. O., Rn. 21). Bestehen ernsthafte Zweifel, dass der Beamte das Ziel des Vorbereitungsdienstes, nämlich den Erwerb der Befähigung für die angestrebte Beamtenlaufbahn, erreichen kann - insbesondere, weil er unzulängliche Leistungen erbringt -, so kann er bereits vor Ableistung des Vorbereitungsdienstes und Ablegen der Prüfung aus dem Widerrufsbeamtenverhältnis entlassen werden; eine Entlassung vor der planmäßigen Beendigung des Vorbereitungsdienstes kann aber auch dann gerechtfertigt sein, wenn begründete Zweifel an der gesundheitlichen oder sonstigen persönlichen Eignung des Betreffenden für die angestrebte Beamtenlaufbahn bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.6.1981, a. a. O., Rn. 21), denn dann erscheint die Fortsetzung der Ausbildung nicht mehr sinnvoll. Demgegenüber scheidet eine Entlassung aus dem Widerrufsbeamtenverhältnis regelmäßig aus, wenn sie auf einen im Bereich der Verwaltung liegenden sachlichen Grund, etwa auf Sparmaßnahmen, gestützt wird.

Da die Antragsgegnerin die angefochtene Verfügung in nicht zu beanstandender Weise auf begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers für den Polizeiberuf gestützt hat, steht § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG einer vorzeitigen Entlassung des Antragstellers aus dem Widerrufsbeamtenverhältnis nicht entgegen.

c) Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG), bemisst sich also nach der Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge, wobei dieser Betrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist (Nds. OVG, Beschluss vom 16.12.2010 - 5 ME 268/10 -; Beschluss vom 3.6.2014 - 5 ME 72/14 -; vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 8.6.2020 - 5 ME 91/20 - sowie Beschluss vom 21.9.2015 - 5 ME 152/15 - [beide zur Halbierung des Streitwertes im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Bezug auf eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe]). Ausgehend von dem im Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszuges (8. September 2020) maßgeblichen Anwärtergrundbetrag (vgl. Anlage 15 zu § 58 NBesG) in Höhe von 1.269,74 EUR errechnet sich somit ein Streitwert in Höhe von 3.809,22 EUR (6 x 1.269,74 x 0,5).

Die Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren war gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen entsprechend zu ändern, weil das Verwaltungsgericht eine Halbierung des Streitwerts mit Blick auf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht vorgenommen hat.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).