Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.10.2020, Az.: 1 ME 53/20
Nachbarschutz; Rücksichtnahmegebot; Schule; Verkehr
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 08.10.2020
- Aktenzeichen
- 1 ME 53/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 71953
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 21.02.2020 - AZ: 4 B 5673/19
Rechtsgrundlagen
- § 34 Abs 1 BauGB
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Immissionsgrenzwerte müssen in einer Baugenehmigung nicht festgesetzt werden, wenn die in der Genehmigung geregelten Betriebsmodalitäten eine unzumutbare Beeinträchtigung nicht erwarten lassen.
Dass sich ein nach § 34 BauGB zu beurteilendes Vorhaben dem Maß der baulichen Nutzung nach in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, können Nachbarn lediglich in dem Umfang einfordern, in dem das Vorhaben gerade ihrem Eigentum gegenüber die gebotene Rücksichtnahme vermissen lässt. Dafür ist idR weniger die Kubatur des Vorhabens als die Höhe und Länge der ihrem Gebäude zugewandten Fassadenfront sowie der Abstand zu diesem relevant.
Gründe
Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau einer Schule; sie fürchten insbesondere Lärmbeeinträchtigungen ihrer benachbarten Wohnhäuser.
Die Antragsteller sind Eigentümer der im Aktivrubrum genannten Grundstücke östlich der Lüerstraße im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Die darauf stehenden Gebäude sind Teil einer auf einer Länge von rund 190 m geschlossenen zweigeschossigen Stadtvillenbebauung. Das sich westlich der Lüerstraße anschließende Straßengeviert nehmen im Nordwesten das Gelände des Kaiser-Wilhelm- und Ratsgymnasiums (KWR), im Westen und Nordosten Spielplätze, im Südwesten weitere Wohnhäuser ein. Im Südosten, gegenüber den Antragstellergrundstücken, liegt das Vorhabengrundstück, auf dem bislang eine Außenstelle des Gymnasiums Sophienschule betrieben wurde. Südlich des Vorhabengrundstücks verläuft die Schackstraße.
Sowohl das Vorhabengrundstück als auch die Antragstellergrundstücke liegen im Geltungsbereich des - mangels Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung einfachen - Bebauungsplans Nr. 1251 - „Hindenburgviertel“ der Antragsgegnerin, der für die Antragstellergrundstücke ein reines Wohngebiet, für das Vorhabengrundstück eine Gemeinbedarfsfläche mit der Zweckbestimmung „Schule“ festsetzt.
Die Beigeladene betreibt im Auftrag der Antragsgegnerin auf dem Vorhabengrundstück die Errichtung eines dreigeschossigen Schulneubaus mit Sporthalle, Mensa und Außenanlagen, der Haupt- und Außenstelle der Sopienschule ersetzen soll. Das Vorhaben soll ca. 1368 Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 13 und 100 Lehrkräfte aufnehmen. Unter dem 9. Juli 2019 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen eine Teilbaugenehmigung für Aushub- und Gründungsarbeiten. Unter dem 19. September 2019 erteilte sie die Baugenehmigung.
Den nach erfolglosem behördlichem Aussetzungsverfahren gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen gegen die Teilbau- und die Baugenehmigung hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 21. Februar 2020 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Genehmigungen verletzten voraussichtlich keine Nachbarrechte der Antragsteller. Sie verstießen nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Das Verhältnis der Teilbau- zur Baugenehmigung sei erkennbar. Gleiches gelte für die Frage, welche Bauvorlagen Genehmigungsbestandteil geworden seien und den genehmigten Nutzungsumfang mitbestimmten. Auch die Genehmigung der Aulanutzung „werktags“ sei unter Rückgriff auf § 3 Abs. 2 BUrlG bestimmbar. Der Art der baulichen Nutzung nach entspreche das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans; für einen Rückgriff auf § 34 Abs. 1 BauGB sei daneben kein Raum. Die Art der baulichen Nutzung sei gebietsverträglich. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksflächen könnten die Antragsteller sich nicht auf jeden Verstoß gegen § 34 Abs. 1 BauGB, sondern nur auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme berufen; eine solche liege nicht vor. Das Vorhaben erreiche ersichtlich nicht die Schwelle zur erdrückenden Wirkung. Es halte sich mit Blick auf seine Höhe und die geschlossene Bauweise in dem Rahmen, den die Bebauung auf der Straßenseite der Antragsteller vorgebe, und werde durch die 15 m breite Lüerstraße von dieser getrennt. Für eine Rücksichtslosigkeit der Entwässerungskonzeption hätten die Antragsteller nichts Hinreichendes vorgetragen. Dem Gesichtspunkt der Verkehrserschließung komme im Verhältnis zu den Antragstellern allenfalls mit Blick auf die Lärmproblematik Bedeutung zu.
Unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen seien indes nicht zu besorgen. Die der Baugenehmigung zugrundeliegenden Schalluntersuchung der H. vom 1. Oktober 2019 und die Verkehrsuntersuchung der PGT sowie deren Ergänzungen vom 31. Januar 2020 und 4. Februar 2020 seien methodisch fehlerfrei und inhaltlich plausibel. Das gelte zunächst hinsichtlich der Prognose der Verkehrsbelastung der Lüerstraße im Istzustand (810-880 Kfz/Tag) und den vorhabenbedingten Anstieg auf 1085-1160 Kfz-Bewegungen, der konservativ unter Einschluss nicht genehmigter außerschulischer Nutzungen ermittelt sei. Die Methodik der Ermittlung des Ist-Zustandes aufgrund einer Verkehrsmessung sei nicht zu beanstanden; die von den Antragstellern geforderte Verkehrsmodellrechnung bzw. Untersuchung der Erschließungsstraßen nach den Anforderungen des „Handbuches für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen“ sei nicht erforderlich. Plausibel sei, dass Baustellen die Aussagekraft der Verkehrszählung nicht in Frage stellten. Der vorhabenbedingte Zusatzverkehr, namentlich der Anteil des motorisierten elterlichen Bringverkehrs, sei nicht unterschätzt worden. Die Anzahl von 63 Einstellplätzen sei plausibel als ausreichend erachtet worden, um nennenswertem Parkplatzsuchverkehr vorzubeugen. Soweit 44 weitere Stellplätze für die Sporthalle als Versammlungsstätte gefordert würden, werde missachtet, dass die Genehmigung lediglich die Schulnutzung abdecke. Die Einwände gegen die Leistungsfähigkeit der Kreuzung Lüerstraße/Schackstraße ließen einen erkennbaren Bezug zu Lärmschutzbelangen der Antragsteller vermissen. Die auf der Verkehrsprognose basierende Feststellung der H. mbH, dass die vorhabenbedingten Verkehrsgeräusche nach Punkt 7.4 der TA Lärm unberücksichtigt bleiben könnten, da sie mit Sicherheit den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche nicht um mindestens 3 dB(A) erhöhten, sei nicht erschüttert. Die Gegenberechnung der Antragsteller, die zu Erhöhungen um 4,1 dB(A) nachts und 3,1 dB(A) tags komme, sei nicht plausibel. Weshalb sich das Vorhaben überhaupt auf nächtliche Werte auswirken solle, sei nicht verständlich. Der von den Antragstellern gerügte Wert der maximalen Querschnittsbelastung von (nur) 85 Kfz/h sei nicht Grundlage der angegriffenen Entscheidung. Selbst die von den Antragstellern genannten 185 Kfz-Bewegungen zur Spitzenstunde würden nur rund 3 Kfz/Minute bedeuten und damit keine schwerwiegende Verschärfung der Situation bewirken. Die Kritik der Antragsteller an den in der Untersuchung angesetzten Lärmkennwerten DTV, Mt, Mn, pt und pn greife nicht durch. Ebenso wenig sei die Beanstandung der Kumulationswirkung und des Ansatzes eines Emissionspegels von Lm (25) schlüssig. Die Lieferung von Schulmaterialien sei berücksichtigt, der Pegel für LKW von 63 dB(A) sei nicht zu beanstanden. Ein Ansatz für Kleinkrafträder und Motorräder sei nicht erforderlich gewesen, da eine Ergebnisrelevanz auszuschließen sei.
Die mit dem Schulbetrieb verbundenen Immissionsquellen begründeten ebenfalls keine unzumutbare Lärmbeeinträchtigung. Die für gelegentliche Veranstaltungen vorgesehene zulässige Nutzungsdauer der Aula bis 22 Uhr einschließlich des Betriebes der Lüftungsanlage hierfür sei hinzunehmen; die damit verbundenen Lärmbeeinträchtigungen seien seltene Ereignisse i.S.d. Punktes 7.2 der TA Lärm. Der von den Parkplätzen und der Müllentsorgung ausgehende Lärm sei nicht unterschätzt worden; der Parkvorgang von LKW sei mit 108,00 dB(A) abgedeckt. Soweit der Nutzungszeitraum des Parkplatzes zu kurz angenommen worden sei, ändere dies an der Lärmbelastung im Tagesschnitt nichts. Der von Elternabenden hervorgerufene Kfz-Verkehr sei mit 20 Parkvorgängen pro Stunde von 17-22 Uhr mehr als abgedeckt. Eine Parkplatznutzung nach 22 Uhr sei auch im Hinblick auf Elternabende nicht genehmigt. Die Lärmprognose für die Sportanlagen sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Schiedsrichterpfiffe seien berücksichtigt, die fehlende Berücksichtigung von Starterklappen wirke sich nicht auf das Gutachtenergebnis aus. Die Nutzung des Bolzplatzes an Wochentagen durch durchschnittlich 5 Personen von 14 bis 20 Uhr und am Wochenende durch durchschnittlich 2-3 Personen von 7 bis 20 Uhr sei bei summarischer Prüfung plausibel. Zudem sei nicht dargelegt, wie sich andere Ansätze angesichts der Abschirmung des Bolzplatzes durch die Turnhalle des KWR auf ihr Grundstück auswirken würden. Die Vorbelastung des KWR sei im Planzustand, nicht unter Berücksichtigung künftiger Erweiterungen zu berücksichtigen; zudem wirke sich der Betrieb des KWR an den maßgeblichen Immissionspunkten nur marginal aus. Die Lüftungsanlagen von Mensa, Küche und Sporthalle seien korrekt berücksichtigt worden; niedrigere Emissionswerte gegenüber früheren Gutachtenentwürfen seien auf eine fortgeschrittene Konkretisierung der Vorhabenplanung zurückzuführen. Die Betriebszeit der Küche, in der nur vorgefertigtes Essen erwärmt werde, sei plausibel. Bei Elternabenden nach 18 Uhr sei ein Betrieb der Lüftungsanlage nicht zu erwarten, zumal diese in den heißen Sommermonaten ferienbedingt regelmäßig nicht stattfänden. Der Ansatz von nur 150 Personen zeitgleich im Außenbereich der Mensa zur Mittagszeit sei trotz eines Ansatzes von 300 Personen in Schulpausen plausibel, da viele Kinder das fakultative Mittagessen nicht in Anspruch nähmen. Eine Nebenbestimmung mit konkreten Lärmwerten sei nach dem Dargestellten nicht erforderlich gewesen.
Für Geruchsstundenhäufigkeiten über 10 % der Jahresgeruchsstunden durch Küche und Mülltonnen gebe es keine Anhaltspunkte. Immissionen, die auf außerschulischen Nutzungen der Sportanlagen beruhten, seien nicht Genehmigungsgegenstand. Sei das Vorhaben mithin baurechtskonform, so sei unerheblich, ob alternative Baukonzeptionen oder die Beibehaltung des historischen Standorts der Sophienschule die Antragsteller weniger belasteten. Auf einen allgemeinen Wertverlust ihrer Grundstücke könnten die Antragsteller sich nicht berufen.
II.
Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde, auf deren fristgemäß vorgetragene Gründe sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, ist unbegründet.
Ohne Erfolg bleiben die gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Bestimmtheit der Baugenehmigung gerichteten Angriffe. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass Baunachbarn sich nur auf Bestimmtheitsmängel der Baugenehmigung berufen können, wenn eine infolge der Unbestimmtheit denkbare Lesart der Baugenehmigung Nachbarrechte verletzt. Soweit die Antragsteller das Fehlen von Lärmwerten, die das Vorhaben einhalten müsse, rügen, machen sie in der Sache ohnehin nicht geltend, die Genehmigung sei zu unbestimmt - der Regelungsgehalt ist eindeutig -, sondern erlaube eine Nutzung des Vorhabens, die nicht dem Rücksichtnahmegebot entspreche (vgl. Senatsbeschl. v. 18.2.2020 - 1 ME 103/19 -, NVwZ-RR 2020, 628 = juris Rn. 12). Das trifft indes nicht zu. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Vorgabe von Lärmgrenzwerten sei unnötig, wenn die in der Genehmigung geregelten Betriebsmodalitäten eine unzumutbare Lärmbelästigung nicht erwarten ließen. So verhält es sich nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts hier; hinsichtlich der die gegen diese Ausführungen im Einzelnen gerichteten Rügen der Antragsteller wird auf die nachfolgenden Erwägungen verwiesen. Soweit die Antragsteller die Beschränkung der schulischen Abendveranstaltungen nur durch das Wort „gelegentlich“ rügen, ist eine Nachbarrechtsverletzung ebenfalls nicht ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat insoweit sinngemäß darauf abgestellt, dass schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung schulische Abendveranstaltungen an Wochenenden so selten stattfänden, dass eine zahlenmäßige Begrenzung zur Sicherstellung einer nachbarverträglichen Nutzung nicht erforderlich sei. Das Beschwerdevorbringen setzt sich damit in tatsächlicher Hinsicht nicht auseinander. Aus dem gleichen Grund ist keine Nachbarrechtsverletzung daraus dargelegt, dass die unbeschränkte Zulassung der allgemeinen Schulnutzung „werktags“ auch eine in ihrer Häufigkeit unbegrenzte Nutzung für Abendveranstaltungen an Samstagen beinhaltet. Gleiches gilt sinngemäß für die Rüge, es fehlten Regelungen zu den Nutzungszeiten und -intensitäten der Sportanlagen im Freien sowie zu den Geruchsimmissionen. Solange die Bauaufsichtsbehörde davon ausgehen konnte, dass die von der zu erwartenden Nutzungsdauer und -intensität der Sportanlagen ausgehenden Lärmimmissionen sich sicher im Bereich des Zumutbaren bewegen würden - zu den dagegen gerichteten Beschwerdeangriffen unten -, bestand kein Regelungsbedarf.
Die Rüge, aus den Ausführungen in der Begründung des Bebauungsplans Nr. 1251 zur Frage, weshalb auf Maßfestsetzungen verzichtet werde, ergebe sich bereits, dass dem Plan insoweit Drittschutz zukommen solle, ist unbegründet. Drittschutz kann der Plangeber nur bestimmten Festsetzungen des Bebauungsplans zukommen lassen. Über die Frage, unter welchen Voraussetzungen der hier mangels planerischer Festsetzungen einschlägigen gesetzlichen Regelung des § 34 BauGB Drittschutz zukommt, kann der Plangeber nicht entscheiden.
Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, Baunachbarn könnten nicht umfassend einfordern, dass sich ein Vorhaben dem Maß der baulichen Nutzung nach in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge, sondern lediglich in dem Umfang, in dem es gerade ihrem Eigentum gegenüber die gebotene Rücksichtnahme vermissen lasse, ist nicht zu beanstanden. Aus der von den Antragstellern angeführten Passage aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Mai 1986 (- 4 C 34.85 -, NVwZ 1987, 34 = juris Rn. 12) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die dortige Feststellung, dass das Rücksichtnahmegebot im Begriff des Einfügens aufgeht, bedeutet nicht, dass jeder Verstoß gegen das Einfügensgebot rücksichtslos ist, sondern - wie aus dem vorangegangenen Satz erkennbar ist - lediglich, dass sich umgekehrt ein rücksichtsloses Vorhaben nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Insoweit hat das Verwaltungsgericht seine Prüfung zu Recht weniger auf die Kubatur als auf diejenigen Merkmale des Vorhabens konzentriert, die auf die Antragstellergrundstücke einwirken, nämlich dessen Höhe und die Länge der Fassadenfront zur Lüerstraße. Dass es insoweit angesichts der Tatsache, dass die Häuserreihe auf der Ostseite der Lüerstraße, zu der die Antragstellerhäuser gehören, vergleichbare Dimensionen und einen erheblichen Abstand aufweist, eine Rücksichtslosigkeit „ersichtlich“ ausgeschlossen hat, ist nicht zu beanstanden.
Mit den von den Antragstellern in der Beschwerdeschrift in Bezug genommenen Beanstandungen des Sachverständigenbüros I. in dessen Stellungnahmen vom Oktober 2019
- keine Angaben zu Motorrädern und Kleinkrafträdern
- Schalleistungspegel für LKW
- Personenzahl im Außenbereich der Mensa
- Lärmwerte für den Bolzplatz
- Starterklappe
- Schiedsrichterpfiffe
- Betrieb der raumlufttechnischen Anlagen bei Elternabenden
- Ableitung der Lärmkennwerte
- Aussagekraft der Verkehrszählung und daraus folgende Pegelerhöhungen
und den Rügen im Schriftsatz vom 24.1.2020
- LKW-Emissionen
- Vorbelastung durch das KWR
- nochmals Schalleistungspegel von LKW
- Erforderlichkeit einer Verkehrsmodellrechnung mit dem Verkehrsmodell der LH A-Stadt
hat sich das Verwaltungsgericht auf S. 19-30 des angegriffenen Beschlusses ausführlich und plausibel auseinandergesetzt. Das Vorbringen auf S. 8-11 der Beschwerdebegründung, das sich darin erschöpft, pauschal eine fehlende Sachkunde des Verwaltungsgerichts zu rügen, ohne im Einzelnen darzulegen, welche seiner Aussagen das Verwaltungsgericht aus welchem Grund nicht ohne Zuhilfenahme externen Sachverstandes hätte treffen können, ist nicht geeignet, diese Ausführungen in einer § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO genügenden Weise in Frage zu stellen. Allenfalls für die letzte Rüge - Zulässigkeit einer Verkehrsermittlung auf Grundlage einer Verkehrszählung - enthält das Beschwerdevorbringen ansatzweise individuelle Ausführungen, die allerdings unbegründet sind. Das Verwaltungsgericht hat entgegen der Behauptung der Antragsteller auf S. 20 f. vollständig und nachvollziehbar dargelegt, weshalb die Verkehrszählung für die Zwecke der Verkehrsuntersuchung verwendbar war, die von den Antragstellern erstinstanzlich angeführten Baustellen auf das Prognoseergebnis keinen Einfluss gehabt haben können.
Soweit die Antragsteller rügen, die Annahme des Verwaltungsgerichts, ein überwiegender Anteil der Schüler dürfte, wenn schon nicht fußläufig, so doch in Fahrradreichweite zur Schule wohnen, sei nicht schlüssig, folgt der Senat ihnen nicht. Auch wenn eine örtliche Beschränkung der Herkunft der Schülerschaft nicht durch einen entsprechenden rechtlich verbindlichen Schuleinzugsbezirk erfolgt, entspricht es doch der Lebenserfahrung, dass ein erheblicher Teil der Schüler bzw. Eltern dem Kriterium der Wohnortnähe eine große Bedeutung bei der Schulwahl beimessen. Ob, wie die Antragsteller meinen, sich auch zu Stoßzeiten wegen der zahlreichen Ampelanlagen für Fahrradfahrer kein Vorteil gegenüber dem Bringen durch das Kfz der Eltern ergibt, ist unerheblich; es verbleibt der Umstand, dass das Bringen der Kinder in den Klassenstufen 5-13 einem Großteil der Eltern schlicht nicht erforderlich erscheinen dürfte, soweit ein Schulweg per ÖPNV oder Fahrrad den Kindern zumutbar ist.
Der Rüge der Antragsteller, die raumlufttechnischen Anlagen würden voraussichtlich entgegen der Vermutung des Verwaltungsgerichts auch bei abendlichen Nutzungen laufen, da die heißen Sommermonate nicht zwangsläufig in die Sommerferien fielen und im Übrigen auch in den Sommerferien schulische Abendveranstaltungen erlaubt seien, hat die Beigeladene unwidersprochen entgegengehalten, die raumlufttechnischen Anlagen beinhalteten keine Kühlung, sondern dienten allein dem Luftaustausch, der in den Sommermonaten ohnehin durch Öffnen der Fenster erfolgen solle. Unabhängig davon hat die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf eine sachverständige Stellungnahme der H. mbH vom 7.4.2020 unwidersprochen ausgeführt, dass selbst ein Betrieb der Anlage in den Abendstunden bis 22 Uhr allenfalls Pegelveränderungen im Nachkommastellenbereich zur Folge hätte. Angesichts der Tatsache, dass die Schalltechnische Untersuchung vom 1.10.2019 an den Wohnhäusern der Antragsteller Taglärmpegel von 43,2 bzw. 46,1 dB(A) prognostiziert, die deutlich unter dem in reinen Wohngebieten zumutbaren Wert von 50 dB(A) liegen, ist dies unerheblich. Angesichts der Deutlichkeit der Unterschreitung der Pegelwerte überzeugt auch das Argument, mehrere für sich genommen geringfügige Fehler des Gutachtens könnten kumulativ zu einer Überschreitung der Zumutbarkeitsgrenze führen, nicht. Das Beschwerdevorbringen benennt insoweit lediglich noch die Betätigung der Starterklappen im Leichtathletikunterricht. Die H. mbH hat allerdings bereits in ihrer Stellungnahme vom 3.12.2019 dargelegt, dass sich diese auf den Dauerschallpegel überhaupt nicht auswirke, weil für den Sportunterricht das gegenüber dem Leichtathletikunterricht lautere Szenario eines Fußballspiels berücksichtigt worden sei.
Die Kritik von I. an der Änderung von Lärmwerten im H. -Gutachten vom Oktober 2019 gegenüber der Vorgängerfassung hat das Verwaltungsgericht entgegen dem Beschwerdevorbringen durchaus berücksichtigt und überzeugend auf die diesbezüglichen Erläuterungen der H. vom 31.1.2020 verwiesen, nach denen die Änderungen der zwischenzeitlich erfolgten Konkretisierung der Anlagenplanung geschuldet seien.
Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Plausibilität der Annahme, an Wochentagen werde der Bolzplatz im für die Ermittlung des Dauerschallpegels relevanten Durchschnitt, also unter Berücksichtigung vollständiger Nutzungspausen, von 14 bis 20 Uhr von 5 Kindern, am Wochenende im Zeitraum von 7 bis 20 Uhr von 2,3 Kindern genutzt werden, sind überzeugend. Einer Festlegung von Obergrenzen bedurfte es daher, wie bereits ausgeführt, nicht. Hinzu kommt, dass sich die Antragsteller nicht - wie für einen Erfolg der Beschwerde erforderlich - mit dem selbständig tragenden Argument des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen, sie hätten nicht dargelegt, wie sich aus ihrer Sicht zutreffende Ansatzwerte in Anbetracht der Abschirmung des Bolzplatzes durch die Turnhalle des KWR auf ihre Grundstücke auswirken würden.
Ohne Erfolg bleibt das Argument, das Verwaltungsgericht habe sich nicht hinreichend mit vorhabenbedingten Parkplatzsuchverkehren auseinandergesetzt. Die Antragsteller begründen dies zum einen damit, Turniere zwischen Mannschaften verschiedener Schulen seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts von der Baugenehmigung, ungeachtet ihrer Beschränkung auf schulische Nutzungen, erfasst und hätten ein erhebliches Besucheraufkommen zur Folge, das parallel zum Schulbetrieb zu bewältigen sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass derartige schulische Großturniere, wenn sie überhaupt auf einem Schul- und nicht auf einem größeren allgemeinen Sportplatz abgehalten werden, bei summarischer Betrachtung äußerst selten sein dürften und als seltene Ereignisse außer Betracht bleiben können. Hinzu kommt, dass sie, wenn sie parallel zum Schulbetrieb stattfinden, keinen erheblichen externen Besucherverkehr anziehen dürften, da die meisten Eltern während der Schulstunden ihrer Kinder arbeiten. Im Übrigen ist nicht dargelegt oder erkennbar, inwieweit selbst ein erheblicher durch solche Veranstaltungen ausgelöster Parkplatzsuchverkehr geeignet wäre, den für eine Berücksichtigungsfähigkeit dieses Verkehrs erforderlichen vorhabenbedingten Anstieg des über den Tag gemittelten Verkehrslärmpegels auf der Lüerstraße um 3 dB(A) - also eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens von bislang 810-880 Kfz - zu bewirken. Zum anderen verweisen die Antragsteller darauf, dass für die Aulanutzung für schulische Abendveranstaltungen bis zu 404 Sitzplätze genehmigt seien, wofür bei Richtzahlen von einem Einstellplatz je 5 bis 10 Sitzplätze (41 bis) 81 Stellplätze erforderlich seien. Weshalb die für das Vorhaben genehmigten 63 Stellplätze, die annähernd einen Mittelwert zwischen dem oberen und dem unteren von den Richtzahlen geforderten Wert darstellen, dem nicht genügen sollen, ist jedoch nicht erkennbar; dass zu einer schulischen Abendveranstaltung tendenziell mehr Personen mit dem Auto anreisen als zu anderen den Richtzahlen zugrundeliegenden Veranstaltungen, bleibt eine bloße Behauptung der Antragsteller. Vor diesem Hintergrund kann unentschieden bleiben, ob Schulveranstaltungen in Aulen - anders als außerschulische Veranstaltungen - bereits von Nr. 8.1, 8.2 des Stellplatzerlasses mit abgedeckt sind oder ob Schulen kumulativ zu dieser Nummer die Voraussetzungen der Nr. 4.2 des Stellplatzerlasses erfüllen müssen. Unentschieden bleiben kann auch, ob etwaiger Parkplatzsuchverkehr nicht tatsächlich durch die Nähe des - dem Vorhaben an der Schackstraße schräg gegenüberliegenden - Parkhauses des HCC aufgefangen würde und ob nicht die hervorragende Anbindung der Schule an den öffentlichen Personennahverkehr ohnehin eine geringe Stellplatzanzahl rechtfertigen würde (Nr. 2.5 des Stellplatzerlasses).
Zu Recht hat sich schließlich das Verwaltungsgericht nicht näher mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine Fortsetzung des Betriebes der Sophienschule an zwei Standorten möglich gewesen wäre. Sein Standpunkt, unter mehreren für sich genommen zumutbaren Vorhabenalternativen müsse sich der Bauherr nicht für die seine Nachbarn - oder gar, wie hier: bestimmte Nachbarn - am wenigsten belastende Ausnutzung seines Grundeigentums entscheiden, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats wie des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 9.3.2020 - 1 ME 154/19 - juris Rn. 9 m.w.N.). Anderes mag allenfalls dann gelten, wenn überhaupt keine nachvollziehbaren Gründe für einen bestimmten, nachbarbeeinträchtigenden Vorhabenstandort sprechen (Senatsbeschl. v. 8.5.2006 - 1 ME 7/06 -, juris Rn. 5 f.). Davon kann hier indes keine Rede sein; dass die Aufteilung einer Schule auf verschiedene Standorte auch Nachteile mit sich bringt, liegt auf der Hand. Sinngemäß gleiches gilt, soweit die Antragsteller auf die Vermeidbarkeit von Abendveranstaltungen bis 22 Uhr verweisen und meinen, Veranstaltungen bis 20 Uhr seien ausreichend. Auch insoweit sprechen gute Gründe für die - an sich zumutbaren - Betriebszeiten. Gerade das Ende von Elternabenden hängt stark von der beruflichen Belastung der Eltern und dem Umfang des Besprechungsbedarfs ab. Dass die Beigeladene hier im Rahmen des Zumutbaren möglichst weitgehende Dispositionsfreiheit für die Schule erhalten möchte, ist nachvollziehbar.