Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 01.08.2002, Az.: 71 II 149/02

Einstimmigkeitserfordernis des Beschlusses über den Einbau von Wasserzählern bei Wohnungseigetnumsgemeinschaft; Beeinträchtigung eines Eigentümers durch Mülltonnenanlage

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
01.08.2002
Aktenzeichen
71 II 149/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 25038
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2002:0801.71II149.02.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
LG Hannover - 08.01.2003 - AZ: 1 T 28/02
OLG Celle - 28.03.2003 - AZ: 4 W 52/03

Fundstelle

  • ZMR 2003, 302-303 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Wohnungseigentümergemeinschaft ...

Beschlussanfechtung

In der Wohnungseigentumssache
hat das Amtsgericht Hannover - Abteilung für WEG-Sachen -
im schriftlichen Verfahren am 01. August 2002
durch
den Richter am Amtsgericht ...
beschlossen:

Tenor:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller ist als Miteigentümer Mitglied der eingangs erwähnten

2

Wohnungseigentümergemeinschaft, die von der Beteiligten zu 3.) verwaltet wird.

3

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 07.05. wurde zu TOP 5 a) der Einbau und Kalt- und Warmwasserzählern mehrheitlich beschlossen, zu TOP 5 b) die Errichtung einer abschließbaren Mülltonnenanlage und zu TOP 5 d) die Kostenübernahme von nicht durch die Wohngebäudeversicherung abgedeckten Folgeschäden durch Wassereintritt in zwei Wohnungen; wegen der Einzelheiten wird auf das Versammlungsprotokoll (Blatt 27 f. d. a.) Bezug genommen.

4

Der Antragsteller wendet sich gegen den Beschluss zu TOP 5 a), da er in diesem Beschluss auch eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels sieht und es hierfür an einer einstimmigen Beschlussfassung fehle. In der Versammlung vom 23.05.2000 sei sogar von einer erforderlichen Einstimmigkeit die Rede gewesen. Die Miteigentümer würden durch den Beschluss zwangsweise in ein neues von ihnen nicht zu beeinflussendes zivilrechtliches Vertragsverhältnis zu einem externen Dritten gedrängt. Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 5 meint der Antragsteller bei der beschlossenen Mülltonnenanlage handele es sich um eine bauliche Veränderung, die ebenfalls eines einstimmigen Beschlusses bedurft hätte. Er behauptet, die neue Mülltonnenanlage solle auf einer Fläche errichtet werden, die weder der WEG ... noch der WEG ... allein gehöre. Die Anlage solle vor der Wohnung des Antragstellers errichtet werden, so dass diese wegen möglicher Unverkäuflichkeit oder Vermietung wesentlich entwertet würde. Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 5 meint der Antragsteller, dass die Stimmen des von dem Wasserschaden betroffenen Miteigentümers ... nicht hätten mitgezählt werden dürfen. Auch sei der Schaden nicht der WEG sondern diesem anzulasten.

5

Der Antragsteller beantragt:

Der Beschluss der Eigentümerversammlung der WEG ... über die Verabschiedung des Tagesordnungspunktes - Einbau von Wasseruhren - wird für ungültig erklärt.

Der Beschluss der Eigentümerversammlung der WEG ... vom 07. Mai 2002 über die Verabschiedung des Tagesordnungspunktes - Errichtung einer abschließbaren Mülltonnenanlage - wird für ungültig erklärt.

Der Beschluss der Eigentümerversammlung der WEG ... vom 07. Mai 2002 über die Verabschiedung des Tagesordnungspunktes - Übernahme von nicht durch die Wohngebäudeversicherung abgedeckte Folgeschäden durch Wassereintritt in (zwei) einer Wohnung - wird für ungültig erklärt.

6

Die Antragsgegner beantragen,

die Anträge zurückzuweisen.

7

Sie verweisen hinsichtlich des Einbaus der Kaltwasseruhren auf den Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 31.07.2001 zum Aktenzeichen 71 II 169/01. Sie verweisen darauf, dass die abschließbare und begrünte Müllanlage von der Wohnung des Antragstellers nicht einzusehen sei angesichts der dazwischenliegenden Grünfläche mit Kiefern; wegen der Einzelheiten wird auf den Plan (Blatt 58 d. A.) Bezug genommen. Die Anlage würde sich innerhalb kürzester Zeit auch amortisieren. Der Wasserschaden sei zwar nicht durch die Wohnungseigentümergemeinschaft geschuldet, jedoch ist das zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörende Dach hierfür ursächlich gewesen. Richtig sei, dass der Eigentümer ... durch 20.430 Miteigentumsanteile vertreten gewesen sei, so dass sich die vertretenden Anteile bei Nichtberücksichtigung seiner Stimmanteile auf 46.73 vermindern würden, mithin eine Beschlussfähigkeit zu diesem Tagesordnungspunkt nicht gegeben gewesen wäre.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

9

II.

Die gemäß § 43 Abs. 1 Ziff. 4 zulässigen Anträge sind unbegründet.

10

1.

Der Beschluss zu TOP 5 a) (Wasserzähler) wurde mit der erforderlichen Mehrheit gemäß §§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 WEG beschlossen, einer Einstimmigkeit gemäß § 23 Abs. b1 WEG bedurfte es nicht. Wie bereits in der von den Antragsgegnern zitierten Entscheidung des Amtsgerichts Hannover vom 31.07.2001 und auch in späteren Entscheidungen ist auch hier entsprechend der sich zunehmend durchsetzenden Meinung in Literatur und auch Rechtsprechung (z.B. Bub in NZM 2001, Seite 743 f. d. A.) davon auszugehen, dass der Beschluss über den Einbau von Kalt- und Warmwasseruhren keine nur einstimmig zu beschließende bauliche Veränderung darstellt, sondern solche Beschlüsse aufgrund ihres besonderen Bezuges zum jeweiligen Sondereigentum mehrheitlich beschlossen werden können, weil der Einbau der Wasseruhren primär bezweckt, bezogen auf das Sondereigentum genaue Verbräuche zu messen. In logischer Konsequenz kann dies aber nur bedeuten, dass, soweit eine Veränderung des Kostenverteilungsschlüssels vorliegt, auch dieses immanent mitbeschlossene der mehrheitliche Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft obliegen muss, da sonst nicht lösbare Widersprüche zur mehrheitlichen Beschlussfassung zum Einbau von Wasseruhren auftreten würden. Vor dem Hintergrund der "Zitterbeschluss-Rechtsprechung" des BGH (in: NJW 2000, Seite 3500 f. d. A.) ist an dieser Stelle nochmals darauf hinzuweisen, dass es gerade den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 41 Abs. 4 WEG entspricht, den tatsächlichen Verbrauch nach dem Kostendeckungsprinzip im Innenverhältnis in Rechnung zu stellen und dass eine verbrauchsabhängige Abrechnung der Wasserkosten nicht dem gesetzlichen Kostenverteilungsschlüssel gemäß § 16 Abs. 2 WEG entspricht, sondern ihn zutreffend anwendet. In diesem Zusammenhang hat Bub zutreffend darauf hingewiesen (a.a.O.), dass ein Mehrheitsbeschluss, der den Einbau von Kaltwasserzählern und die Verteilung der Kosten nach Verbrauch zum Gegenstand hat, nicht als vereinbarungsändernder oder gesetzesabdingender Mehrheitsbeschluss zu qualifizieren sei, sondern vielmehr wird hierdurch die § 16 Abs. 2 WEG zugrundeliegende Trennung der Kosten des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums von den Kosten des einzelnen Sondereigentums in Praxi durch den Einbau der Kaltwasserzähler erst ermöglicht. Dass hierdurch eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels vorliegt bzw. sich ein Kontraihierungszwang gegenüber Dritten ergibt, kann keine andere rechtliche Beurteilung des Gesamtproblems Einbau und Kalt- und Warmwasseruhren verlangen.

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2.

Auch der Beschluss zu TOP 5 b) (Mülltonnenanlage) bedurfte nicht der Einstimmigkeit, weil sich aus dem Vortrag der Beteiligten keine genügende Beeinträchtigung des Antragstellers gemäß §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 WEG ergibt. Die Antragsgegner haben unwidersprochen vorgetragen, dass zwischen der geplanten Anlage und der Wohnung des Antragstellers eine Grünanlage mit Kiefern liege und diese Bäume Sichtschutz böten. Ausweislich des eingereichten Plans ergibt sich, dass der geplante Standort der Anlage zwar nicht weit von der Wohnung des Antragstellers liegen könnte, jedoch eine unmittelbare Nähe, die eine Sicht oder Geruchsbelästigung ergeben könnte, nicht vorliegt. Mithin ist der Einwand einer möglichen Entwertung der Wohnung des Antragstellers ebenfalls unbegründet. Weiterhin haben die Antragsgegner unbestritten vorgetragen, dass die geplante Anlage auf dem Eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft ... angelegt werden soll. Hierauf ist trotz der erforderlichen prozessualen Mitwirkungspflichten des Antragstellers auch im Wohnungseigentumsverfahren nach freiwilliger Gerichtsbarkeit kein weiterer Vortrag erfolgt.

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3.

Schließlich ist auch der Beschluss zu TOP 5 d) (Kostenübernahme) nicht für unwirksam zu erklären, weil er weder aus formellen noch aus materiellen Gründen als rechtswidrig anzusehen ist. Zum einen war der Miteigentümer ... nicht gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 WEG von seiner Stimmausübung ausgeschlossen, weil es bei der beschlossenen Kostenübernahme weder um die Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit ihm noch um die Einleitung und der Erledigung eines Rechtsstreits geht. Bei dieser Vorschrift ist der Wohnungseigentümer insbesondere dann nicht stimmberechtigt, wenn darüber ein Beschluss gefasst wird, ob mit ihm etwa ein Kaufvertrag, ein Werkvertrag, ein Mietvertrag abgeschlossen werden soll oder wenn ihm Sonderrechte eingeräumt werden sollen (Bärmann/Pick/Merle, Wohnungseigentumsgesetz, § 25 Rdnr. 100). Ein solches Rechtsgeschäft im zivilrechtlichen Sinne in Form von zwei Willenserklärungen liegt hier nicht vor. Auch widerspricht der Beschluss nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 21 Abs. 4 WEG, ist mithin auch nicht materiell rechtswidrig. Trotz der bereits beschriebenen prozessualen Mitwirkungspflichten, hat es der Antragsteller nicht vermocht nachvollziehbar darzulegen, dass der Miteigentümer ..., den Schaden schuldhaft verursacht hat, vielmehr ergibt sich aus der insoweit unbestrittenen Antragserwiderung, dass der Schaden das zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörende Dach verursacht sei, so dass auch nach dem Verursachungsprinzip die Gemeinschaft die Verantwortlichkeit träfe, so dass es der Billigkeit entspricht, dass sie für die Kosten aufkommen, die dem betroffenen Miteigentümer nach den Versicherungsleistungen nicht regulierten Schäden verblieben sind.

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4.

Die Kostenentscheidung folgt gemäß § 47 WEG. Danach hat der unterlegene Antragsteller die Gerichtskosten gemäß der Billigkeit zu tragen. Im übrigen bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden.

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5.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt gemäß § 48 Abs. 3 an Höhe des Regelgeschäftswerts nach Kostenordnung.

Streitwertbeschluss:

Der Geschäftswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt gemäß § 48 Abs. 3 an Höhe des Regelgeschäftswerts nach Kostenordnung.