Amtsgericht Hannover
Urt. v. 26.07.2002, Az.: 526 C 3174/01
Fristsetzung als Voraussetzung des Aufwendungsersatzanspruchs nach § 651c Abs. 3 BGB; Begriff der Abhilfe; Begriff des besonderen Interesses des Reisenden an der sofortigen Abhilfe; Fäkaliengeruch im Hotelzimmer als schwerer Reisemangel
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 26.07.2002
- Aktenzeichen
- 526 C 3174/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 33258
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2002:0726.526C3174.01.0A
Rechtsgrundlage
- § 651c Abs. 3 BGB
Fundstelle
- RRa 2003, 78-79 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Reisemängel
In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Hannover -Abteilung -526- im schriftlichen Verfahren
gemäß § 495 a ZPO
durch
den Richter am Amtsgericht Landwehr
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Von der Darstellung des wurde gemäß § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
Die Klage ist nicht begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung der gezahlten Mehrkosten für das im Verlauf des Urlaubes bezogene Hotel Can Pacafort-Beach Zu.
Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob der Kläger überhaupt aktiv legitimiert ist oder ob alle von ihm gefügten Mängel der ersten Unterkunft tatsächlich vorhanden waren.
Ein Aufwendungsersatzanspruch scheitert in jedem Fall an einer fehlenden Fristsetzung gemäß § 651 c Abs. 3 BGB.
Gemäß § 651 c Abs. 3 BGB kann ein Reisender Erstattung der Aufwendungen für eine Selbstabhilfe nur dann verlangen, wenn er dem Reiseveranstalter eine angemessene Frist gesetzt hat, innerhalb derer dieser es unterlassen hat, Abhilfe bei Fehlern der Reise zu leisten. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt.
Der Reiseleiter hat auf die Mängelrüge des Klägers lediglich erklärt, er könne keine Alternativen anbieten, man müsse ihm Zeit geben. Diese Erklärung des Reiseleiters stellt keine Abhilfe im Sinne des § 651 c BGB dar. Eine Abhilfe liegt nicht bereits darin, dass einem Reisenden eine vertragsgemäße oder sonst gleichwertige Unterkunft in Aussicht gestellt wird, sondern erst dann, wenn dem Reisenden diese Ersatzunterkunft auch tatsächlich zur Verfügung gestellt wird und er diese beziehen kann (OLG Frankfurt/Main RR a. 1995, 224 (225)). Da somit keine Abhilfe erfolgte, hätte der Kläger dem Reiseleiter eine Frist zur Abhilfe setzen müssen. Dies hat er aber unstreitig nicht getan. Er hat nur erklärt, auf einen Umzug zu bestehen, woraufhin ihm der Reiseleiter gegen die Zahlung eines Aufpreises ein neues Quartier vermittelte. Der Umzug erfolgte also allein auf Wunsch des Klägers, der sich dabei der Hilfe des örtlichen Reiseleiters bediente. Es handelte sich mithin um eine Selbstabhilfe, bei der ein Anspruch auf Erstattung von Mehraufwendungen nur in Betracht kommt, wenn eine Frist zur Abhilfe fruchtlos verstrichen ist.
Eine Fristsetzung war im vorliegenden Fall auch nicht gemäß § 651 c Abs. 3 S. 2 BGB entbehrlich. Weder liegt ein Fall der endgültigen Abhilfeverweigerung vor, noch war eine sofortige Abhilfe durch ein besonderes Interesse des Klägers geboten.
Ein besonderes Interesse an der sofortigen Abhilfe besteht regelmäßig nur dann, wenn besondere in der Person des Reisenden liegende Umstände die sofortige Mängelbeseitigung erforderlich machen (Führich, Reisevertragsrecht, 3. Auflage, Rd.-Ziff. 244). Davon ist beispielsweise auszugehen, wenn der Reisende übermüdet in der Nacht bei einem voll besetzten gebuchten Hotel ankommt oder bei Krankheit oder anderen Gebrechen des Reisenden (Führich, aaO.).
In allen anderen Fällen ist dem gegenüber grundsätzlich eine Fristsetzung erforderlich, wobei sich die Länge der Frist vor allem nach der Art und Schwere des Reisemangels richtet (Führich, aaO., Rd.-Ziff. 242). Selbst bei Fehlen der gebuchten Unterkunft, also einem besonders schwerwiegenden Mangel, wird insoweit eine Frist von 3 Stunden als angemessen und ausreichend erachtet (s. OLG Frankfurt Rra. 1995, 224 (225)). Der Kläger hat aber unstrittig überhaupt keine Frist gesetzt, sondern auf einen sofortigen Umzug bestanden.
Im Übrigen waren die vom Kläger behaupteten Mängel auch keineswegs so schwerwiegend, dass hier eine sofortige Abhilfe ohne Fristsetzung hätte erfolgen müssen. Als schwerer Mangel kann allenfalls der Fäkaliengeruch im Hotelzimmer angesehen werden, der aus dem Badezimmer kam. Auch bei Fäkaliengeruch aus dem Bad ist es einem Reisenden aber zumutbar, die Badezimmertür zu schließen und die Terrassentür des Bungalows über Nacht offen zu halten, um so zumindest noch für eine Nacht im Zimmer verbleiben zu können. Schließlich hat der Kläger schon nach eigenem Vorbringen eine Nacht nach der Ankunft im Zimmer verbracht, was bereits dafür spricht, dass ein Aufenthalt im Schlafzimmer zumindest nicht völlig unmöglich war.
Nach alledem sind Ansprüche des Klägers bereits wegen fehlender Fristsetzung gemäß § 651 c Abs. 3 BGB zu verneinen. Das Gericht hat den anwaltlich beratenen Beklagten mit Verfügung vom 12.04.2002 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es die Klage wegen fehlender Fristsetzung als nicht begründet erachtet. Gleichwohl hat der Beklagte seinen Antrag aufrecht erhalten.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.