Amtsgericht Hannover
Urt. v. 07.01.2002, Az.: 616 F 7355/00 S

Voraussetzungen für die wirksame Eingehung einer Ehe; Vorliegen der materiellen Gültigkeitsvoraussetzungen der Eheschließung für jeden Verlobten im Zeitpunkt der Heirat ; Anforderungen an die Ermittlung des anwendbaren Rechts

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
07.01.2002
Aktenzeichen
616 F 7355/00 S
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 29721
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2002:0107.616F7355.00S.0A

Fundstellen

  • FPR 2002, 448-450
  • FamRZ 2002, 1116-1118 (Volltext mit amtl. LS)
  • IPRspr 2002, 61

Verfahrensgegenstand

Ehescheidung

In der Ehesache
hat das Amtsgericht Hannover - Familiengericht -
auf die mündliche Verhandlung vom 07.01.2002
durch
den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. I.

    Die am 23. März 1980 in Vung Tau (Vietnam) (Heiratsregister Nr. -) geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.

  2. II.

    Von dem Versicherungskonto Nr. ... der Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt Hannover werden Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 16,74 EUR, bezogen auf den 31. Januar 2001 als Ende der Ehezeit, auf das Versicherungskonto Nr. ... des Ehemannes bei der Landesversicherungsanstalt Hannover übertragen.

    Es wird angeordnet, daß der zu übertragende Monatsbetrag von dem zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung in Entgeltpunkte (West) umzurechnen ist.

  3. III.

    Die Gerichtskosten tragen die Parteien je zur Hälfte. Jede Partei trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

1

I. Scheidung

2

Die Eheleute sind deutsche Staatsangehörige. Zuvor hatten beide Eheleute die Staatsangehörigekeite der sozialistischen Republik Vietnam.

3

Über die Eheschließung liegt eine "Ehrenerklärung als Ersatzheiratsurkunde" vom 17.2.1984 vor, in der die am 1.1.1966 geborene Ehefrau folgendes erklärt:

4

"Bei meiner Ehre erkläre ich hiermit, dass ich Herrn ..., geb. am ..., im Jahr 1980 heiratete. Damals konnten wir keine Heiratsurkunde bekommen, weil ich nach dem Trauungsgesetz noch minderjährig war. Im Jahr 1981 verließ mein Mann unser Zuhause und zu dem Zeitpunkt war ich im achten Monat schwanger. (...)" Es folgen sodann die Personalien und eine Bekräftigung der Wahrheit dieser Erklärung.

5

Diese Erklärung wurde vom Volkskomitee Khom Cho bestätigt und mit dem Vermerk "als Ersatzheiratsurkunde" versehen.

6

In einer notariellen Urkunde vom 12.10.1987 erklärten beide Eheleute, dass sie am 23.3.1980 in Vung Tau (Vietnam) miteinander die Ehe geschlossen hätten, jedoch wegen der Minderjährigkeit der Ehefrau keine Heiratsurkunde nach dem Trauungsgesetz erhalten hätten.

7

Eine Registrierung der Ehe auch nach ihrer Volljährigkeit nie erfolgt sei. Die Heirat hätte bei einem gemeinsamen Treffen der Parteien, der Eltern der Ehefrau und der Großmutter des Ehemannes stattgefunden, bei dem beide Eheleute erklärt hätten, dass sie zukünftig zusammen leben wollten.

8

Der Ehemann ist 1981 aus Vietnam geflohen und in die Bundesrepublik eingereist. Die Ehefrau reiste 1986 in die Bundesrepublik ein. Am 25.2.1997 beantragten die Eheleute die Einbürgerung. Beide Eheleute erwarben am 7.4.2000 die deutsche Staatsbürgerschaft.

9

Aus der Ehe der Parteien sind 4 Kinder hervorgegangen. Das älteste Kind wurde am ..., das jüngste Kind am ... geboren. Die Eheleute leben seit Sommer 1995 voneinander getrennt.

10

Die Ehefrau beantragt,

die Ehe zu scheiden.

11

Der Ehemann stimmt der Scheidung zu.

12

Die Anhörung der Eheleute hat ergeben, daß sie seit mindestens drei Jahren getrennt leben.

13

Beide Eheleute sind nicht bereit, die eheliche Lebensgemeinschaft wiederherzustellen.

14

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

15

Die Parteien sind verheiratet und ihre Ehe ist nach deutschen Recht zu scheiden.

16

Die Frage, ob eine Ehe zwischen den Parteien wirksam geschlossen wurde, ist nach Art. 13 Abs. 1 EGBGB zu beurteilen und selbständig anzuknüpfen. Danach unterliegen die Voraussetzungen der Eheschließung für jeden Verlobten dem Recht des Staates, dem er angehört. Die materiellen Gültigkeitsvoraussetzungen der Eheschließung müssen für jeden Verlobten im Zeitpunkt der Heirat vorliegen (BGH NJW 1966, 1811, 1813 [BGH 14.07.1966 - IV ZB 243/66]; Palandt-Heldrich, 61. Aufl., Art. 13 EGBGB Rz. 4; FA-FamR-Rausch, 3. Aufl., 15. Kap. Rz. 29). Das Eheschließungsstatut ist daher unwandelbar, weil es auf die Staatsangehörigkeit unmittelbar vor der Heirat ankommt (Kegel, Internationales Privatrecht, 6. Aufl., § 20 IV 1 c; Breuer in: Rahm/Künkel, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, VIII Rz. 186).

17

Zu den Voraussetzungen der Eheschließung, die nach dem Heimatrecht der Verlobten zu beurteilen sind, zählen insbesondere die Ehemündigkeit und das Vorliegen von Ehehindernissen (Palandt-Heldrich, 61. Aufl., Art. 13 EGBGB Rz. 6; Kegel, Internationales Privatrecht, 6. Aufl., § 20 IV 1; MünchKomm-Coester, 3. Aufl., Art. 13 EGBGB Rz. 25 ff.; Breuer, a.a.O., VIII Rz. 184). Weiterhin regeln Art. 13 Abs. 1 EGBGB und das danach berufene Sachrecht die Folgen, wenn die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung nach dem Heimatrecht nicht erfüllt sind (MünchKomm-Coester, 3. Aufl., Art. 13 EGBGB Rz. 75 ff.; Staudinger-von Bar/Mankowski, Art. 13 Rz. 438). Die Unterscheidung zwischen einer Nichtehe (vergl. hierzu OLG Karlsruhe StAZ 1994, 286, 287; OLG Hamburg StAZ 1988, 132, 134), einer aufhebbaren oder zu scheidenden Ehe sind nach dem Heimatrecht zu beurteilen (Henrich, Internationales Familien recht, 2. Aufl., § 1 VII (S. 38); Staudinger von Bar/Mankowski Art. 13 EGBGB Rz. 438). Ebenso ist nach dem danach berufenen Sachrecht die Möglichkeit einer Heilung von Mängel der Eheschließung durch schlichten Zeitablauf, durch Bestätigung nachträgliche Zustimmung oder Wegfall des Hindernisses zu entscheiden (Palandt-Heldrich, 61. Aufl., Art. 13 Rz. 11; MünchKomm-Coester, 3, Aufl., Art. 13 EGBGB Rz. 76; Staud-von Bar/Mankowski, Art. 13 Rz. 442 m.w.Nw.; Kegel, a.a.O., § 20 IV 3; Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl., § 1 VII (S. 39)).

18

Beide Eheleute waren im Zeitpunkt der Heirat Staatsangehörige der sozialistischen Republik Vietnam, so dass nach Art. 13 Abs. 1 EGBGB für die Eheschließung vietnamesisches Recht maßgebend ist.

19

Nach Art. 5 des vietnamesischen Gesetzes über Ehe und Familie vom 19.12.1986 (GEF) ist eine Person männlichen Geschlechts fähig, mit Vollendung des 20. Lebensjahres, eine solche weiblichen Geschlechts mit Vollendung des 18. Lebensjahres die Ehe zu schließen. Art. 8 Abs. 1 GEF sieht weiter vor, dass die Ehe vom Volkskomitee der Gemeinde, des Stadtteils oder der Ansiedlung am Wohnsitz eine der Eheschließenden anerkannt und in das Eheregister in Übereinstimmung mit den vom Gesetz vorgesehenen Formalitäten einzutragen ist. Art. 9 Abs. 1 GEF bestimmt schließlich, dass eine unter Verletzung der Art. 5, 6 und 7 des Gesetzes geschlossene Ehe ungesetzlich ist, so dass nach Art. 9 Abs. 2 GEF beim Volksgericht die Feststellung der Nichtigkeit der ungesetzlich geschlossenen Ehe beantragt werden kann.

20

Danach wies die Heirat der Parteien zwei Mängel auf, die sich zum einen auf ein Ehehindernis, zum anderen auf einen Formmangel beziehen.

21

Bei der Eheschließung war die Ehefrau 14 Jahre alt und der Ehemann 17 Jahre alt. Die Eheleute konnten daher nach Art. 5 GEF nicht wirksam die Ehe schließen.

22

In der mündlichen Verhandlung vom 7.5.2001 teilte der Ehemann mit, dass die Eheleute mit seinen Eltern die Eltern seiner Frau besucht hätten. Bei diesem Besuch sei besprochen worden, dass beide Eltern zusammenleben wollten und die Ehe eingehen wollten. Hiermit seien beide Eltern einverstanden gewesen Nach diesem Treffen sei seine Frau in die Wohnung seiner Eltern gezogen. Bis etwa April 1981 hätten beide Eheleute dort zusammen gewohnt. Damals sei seine Ehefrau bereits schwanger gewesen. Er sei aus Vietnam geflohen und über die Cap Anamur gerettet worden. Im November 1981 habe er seine Einreise nach Deutschland erreicht. Da er bei seiner Einreise mitgeteilt hatte, dass er verheiratet sei, sei die Familienzusammenführung eingeleitet werden, so dass seine Frau 1986 in die Bundesrepublik habe einreisen können. Die Ehrenerklärung habe seine Ehefrau 1984 allein abgegeben und ihm für die Familienzusammenführung nach Deutschland geschickt.

23

Seit 1986 hätten beide zusammen in einer Wohnung gemeinsam mit den Kindern gelebt und seien davon ausgegangen, dass sie verheiratete Eheleute seien, wie sie dies auch im Einbürgerungsverfahren angegeben hätten. Zur Trennung sei es im Sommer 1995 gekommen.

24

Welche Folgen eine Verletzung der Voraussetzungen des Art. 5 GEF im einzelnen über die Antragsmöglichkeit nach Art. 9 Abs. 2 GEF hinaus nach sich zieht, ist den gesetzlichen Regelungen im einzelnen nicht zu entnehmen. Dabei sind die Rechtsfolgen für das Ehehindernis der Ehemündigkeit wie für die Formmängel zu unterscheiden.

25

Nach Wohlgemuth (in Bergmann/Ferid, Vietnam, S. 25) ist die nach Art. 9 Abs. 2 GEF ungesetzliche Ehe, die insbesondere beim fehlenden Ehefähigkeitsalter vorliegt, nichtig, so dass die Eheschließung keine Rechtswirkungen zeitigt. Allerdings könne der Nichtigkeitsgrund dann nicht geltend gemacht werden, wenn die Ehepartner entweder zum Zeitpunkt der Erhebung der Nichtigkeitsklage bereits das Ehefähigkeitsalter erreicht haben oder kurz vor dessen Erreichen stehen oder die Eheleute eine gewisse Zeit lang miteinander die Verbindung fortgesetzt, ein gemeinsames Leben als Ehegatten geführt haben und aus der Verbindung Kinder hervorgegangen sind (Wohlgemuth, in Bergmann/Ferid, S. 24; der Hinweis in Fn. 109 auf A. Wohlgemuth in StAZ 1988, 71, 73 f. betrifft eine anders gelagerte Fallgestaltung).

26

Nach diesen Voraussetzungen haben die Eheleute wirksam die Ehe geschlossen. Allerdings ist auch hinsichtlich der Heilungsmöglichkeiten zu beachten, dass Kinderehen als zweiseitiges Ehehindernis oder über den ordre public aus deutscher Sicht unerwünscht sind (Staudinger-von Bar/Mankowski, Art. 13 Rz. 203 unter Hinweis auf das UN-Eheschließungsabkommen; Rz. 196-201 rechtsvergleichend zur Ehemündigkeit). Daher sollte das Mindestheiratsalter nach dieser Ansicht mindestens 15 Jahre betragen, wie es der körperlichen und geistigen Entwicklung angemessen erscheint und den untersten Altersgrenzen in Europa entspricht (a.a.O. Rz. 203; MünchKomm-Coester 3. Aufl., Art. 13 Rz. 27 hält das Alter von 16 Jahren für vorzugswürdig; vergl. KG FamRZ 1990, 45, 46).

27

Auch wenn der Grundsatz eines Mindestalters zur möglichen Vermeidung von Kinderehen grundsätzlich anzuerkennen ist, muss dieser jedoch vorliegend zumindest insoweit eine Einschränkung erfahren, als der ursprünglichen Mangel durch - hier kumulativ vorliegende - Aspekte des Zeitablaufs der Bestätigung und der gemeinsamen Kinder geheilt werden kann.

28

Der ursprüngliche Nichtigkeitsgrund des fehlenden Ehefähigkeitsalters steht der Ehe nicht entgegen, da die Eheleute über Jahre hinweg sowohl in Vietnam wie auch ab 1986 in Deutschland zusammen gelebt haben, subjektiv davon ausgegangen sind, sie seien verheiratet und bereits in Vietnam ein gemeinsames Kind hatten und zwischen 1987 und 1991 drei weitere Kinder bekamen. Für die Wirksamkeit der Ehe spricht auch, dass sich die Ehefrau um eine amtliche Bestätigung der Ehe bei dem vietnamesischen Volkskomitee bemüht hat, in dem sie dort die Ehrenerklärung abgegeben hat. Schließlich haben beide Eheleute auch im Einbürgerungsverfahren gegenüber den zuständigen Behörden angegeben, dass sie verheiratet seien und hierzu die Ehrenerklärung und die notarielle Urkunde vorgelegt. Im Einbürgerungsverfahren wurden keine Zweifel daran geäußert, dass die Parteien nicht verheiratet sein könnten.

29

Ist danach das Ehehindernis der bei der Eheschließung fehlenden Ehemündigkeit beider Eheleute durch Zeitablauf, Bestätigung, Lebensgemeinschaft und gemeinsamen Kinder geheilt, so sind die Folgen eines Formmangels gesondert zu beurteilen.

30

Die Form der Eheschließung und die Folgen der Verletzung der anzuwendenden Form Vorschriften sind für die Auslandsheirat (Staudinger-von Bar/Mankowski Art. 13 Rz. 476 m.w.Nw.) nach dem nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB berufenen Sachrecht zu entscheiden, so dass die Formerfordernissen nach dem für das Rechtsgeschäft inhaltlich maßgebenden Recht (Geschäftsrecht/Wirkungsstatut) oder nach dem Recht des Ortes, an dem die Eheschließung vorgenommen worden ist, zu beurteilen sind (Palandt-Heldrich, 61. Aufl., Art. 11 EGBGB Rz. 2; Breuer, a.a.O., VIII Rz. 192). Zu den Formerfordernissen zählt auch die Registrierung der Eheschließung (MünchKomm-Coester, 3. Aufl., Art. 13 EGBGB Rz. 87; Staudinger-von Bar/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rz. 797). Hat die Registrierung für das Zustandekommen der Ehe konstitutive Bedeutung, wie sich dies aus Art. 8 Abs. 1 GEF für die vietnamesische Ehe ergeben kann (Staudinger-von Bar/Mankowski, Art. 13 Rz. 796) so ist Ort der Eheschließung der Ort des Registrierungsaktes (Staudinger-von Bar/Mankowski, Art. 13 Rz. 479).

31

Die Eheleute haben die Eheschließung nicht wirksam registrieren lassen, wie es Art. 8 Abs. 1 GEF vorschreibt. Die Ehrenerklärung vom 17.2.1984 führte nicht unmittelbar zu einer solchen Registrierung, da dies der Urkunde nicht zu entnehmen ist. Die Ehrenerklärung enthält keinen Hinweis darauf, dass sie zum dortigen "Heiratsregister" genommen worden ist und die Formalien Art. 8 Abs. 1 GEF erfüllen will. Hiervon sind auch beide Eheleute zu keinem Zeitpunkt ausgegangen.

32

In der Anhörung teilte der Ehemann hierzu mit, dass die Eheleute nicht gewußt hätten, dass eine Behörde einzuschalten oder ihre Heirat bei dem Volkskomitee der Gemeinde zu registrieren gewesen sei. Daher sein die Heirat weder vor einer Behörde noch vor einem Geistlichen erfolgt.

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Grundsätzlich ist nach Art. 9 Abs. 1 GEF bei den dort aufgeführten Mängeln davon auszugehen, dass die Ehe ungesetzlich und damit eine Nichtehe darstellt (vergl. Staudinger-von Bar/Mankowski, Art. 13 Rz. 498, die auf die "außerordentliche scharfe Rechtsfolge der Nichtehe" bei der Verletzung ausländischen Ortsrechts hinweisen). Allerdings ist in Art. 9 Abs. 1 GEF die Formvorschrift des Art. 8 GEF nicht ausdrücklich aufgeführt. Dies könnte den Schluss rechtfertigen, dass die Folge der Nichtehe bei einer Unterlassung der Registrierung nicht gezogen werden soll. Auch Wohlgemuth geht davon aus, dass bei der Verletzung der Formvorschriften durch die erforderliche Registrierung, insbesondere wenn Kinder aus der eingegangenen Verbindung hervorgegangen sind, gleichwohl von einer gültigen Ehe auszugehen sei und beruft sich darauf, dass "das Zivilstandswesen in Vietnam nicht in der Weise seine Funktionen wahrnehmen bzw. den Bürgern seine Dienste zur Verfügung stellen konnte" (in Bergmann/Ferid, Vietnam, S. 26).

34

Diese Problematik konnte auch über eine vorsorglich an die Botschaft der Republik Vietnam gerichtete Anfrage, welche Folgen eine entgegen Art. 5 und 8 GEF geschlossene, aber über Jahre gelebte Ehe nach der vietnamesischen Rechtspraxis habe, nicht geklärt werden, da eine Antwort nicht erfolgte.

35

Ist schon nach den verfügbaren Informationen zum vietnamesischen Recht davon auszugehen, dass eine gelebte Beziehung als Ehe anzuerkennen sei so wird dies durch die Bestrebungen des nationalen IPR bestätigt. Auch insoweit besteht das Bemühen, die Heilung einer formfehlerhaften Ehen zu ermöglichen (vergl. ausführlich Staudinger-von Bar/Mankowski, Art. 13 Rz. 497 ff. m.w.Nw.). Hierzu wird auf spezialgesetzliche Regelungen (§ 11 Abs. 2 EheG; a.a.O. Rz. 499 ff.), auf kollisionsrechtliche Regelungen (insbesondere einen Statutenwechsel, a.a.O. Rz. 505 ff., 514 ff.), auf die eigenständige Begriffsbildung in Teilrechtsgebieten (insbesondere im Sozialrecht; zur hinkenden Witwenehe nach der Entscheidung des BVerfG [FamRZ 1983, 251 ff.] a.a.O. Rz. 528, 531 ff.) und auf verfassungsrechtliche Begründungen abgestellt (a.a.O. Rz. 542 ff.; Coester, StAZ 1988, 123, 128 hält die Heilung einer formfehlerhaft geschlossenen Ehe für möglich, wenn ein auf die Eheschließung gerichteter übereinstimmender Wille vorliege, die äußerliche Manifestation durch eine für wirksam gehaltene Trauzeremonie gegeben sei und die Eheleute jahrzehntelang in Gemeinschaft gelebt haben).

36

Aus Art. 6 Abs. 1 GG folge die Heilung einer Ehe durch Zeitablauf d.h. durch jahre- oder jahrzehntelanges Zusammenleben als Mann und Frau. Das Vertrauen der Eheleute auf die Fortsetzung der Ehe und ihren rechtlichen Bestand genieße verfassungsrechtlichen Schutz. Der Zweck für die Mitwirkung eines Standesbeamten stehe dem nicht entgegen. Weder ein Übereilungsschutz noch der Publizitätszweck seien für die langjährig gelebte Beziehung bzw. Ehe nicht erforderlich (Staudinger-von Bar/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rz. 544 m.w.Nw. zu Rechtsprechung; vergl. AG Kassel, StAZ 1980, 155, 156; ausführlich OLG Hamburg, FamRZ 1981, 356 ff. m. zust. Anm. Bosch S. 360; OLG Köln FamRZ 1994, 891 f.[OLG Köln 10.05.1993 - 16 Wx 38/93]).

37

Vor diesem Hintergrund ist aus den bereits zur Heilung des Ehehindernisses angestellten Überlegungen auch der Formmangel nach vietnamesischem Recht durch die gelebte Beziehung der Eheleute, die Zeitdauer, vier gemeinsame Kinder und insbesondere die jahrelange subjektive Überzeugung der Parteien, als Eheleute verheiratet zu sein, geheilt.

38

Auf die Ehescheidung ist nach der im April 2000 erfolgten Einbürgerung beider Eheleute deutsches Recht anzuwenden.

39

Die Ehe der Parteien war gemäß §§ 1564, 1565 Abs. 1 BGB i.V. mit § 1566 Abs. 2 BGB zu scheiden, weil die Parteien seit mehr als drei Jahren getrennt leben und beide Eheleute nicht bereit sind, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufzunehmen.

40

II. Versorgungsausgleich

41

Gemäß § 1587 Abs. 1, 2 BGB hat ein Ausgleich der in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften stattzufinden.

42

Da die Eheleute am 23. März 1980 geheiratet haben, und da der Scheidungsantrag am 12. Februar 2001 zugestellt worden ist, dauerte die Ehezeit vom 1. März 1980 bis zum 31. Januar 2001.

43

Der Ehemann hat nach Auskunft der Landesversicherungsanstalt Hannover vom 26. November 2001 in der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenanwartschaften i.S. § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB in Höhe von monatlich 75,46 EUR erworben.

44

Die Ehefrau hat nach Auskunft der Landesversicherungsanstalt Hannover vom 20. Juli 2001 in der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenanwartschaften i.S. § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB in Höhe von monatlich 108,94 EUR erworben.

45

Da die Ehefrau höhere Anwartschaften erlangt hat, ist sie gemäß § 1587 a Abs. 1 S. 1 BGB ausgleichsverpflichtet.

46

Dem Ehemann steht gemäß § 1587 a Abs. 1 S. 2 BGB die Hälfte des Wertunterschiedes zu, also

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108,94 EUR - 75,46 EUR = 33,48 EUR: 2 = 16,74 EUR.

48

Der Ausgleich hat gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB durch "Splitting" zu erfolgen.

49

Dementsprechend überträgt das Gericht Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 16,74 EUR auf das Versicherungskonto des ausgleichsberechtigten Ehemannes.

50

III. Kosten

51

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 93 a ZPO.