Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.07.2016, Az.: 5 LA 211/15
Altersgrenze; Analogie; Ausgleich; Auslegung; Gesetzeslücke; Gleichbehandlung; Kürzung; Normzweck; Regelaltersgrenze; Ruhestand; Wortlaut
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 12.07.2016
- Aktenzeichen
- 5 LA 211/15
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2016, 43455
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 24.09.2015 - AZ: 7 A 138/15
Rechtsgrundlagen
- § 48 Abs 1 BeamtVG
- § 55 Abs 1 S 1 BeamtVG ND
- § 55 Abs 1 S 2 BeamtVG ND
- § 109 BG ND
- § 115 BG ND
- § 116 BG ND
- § 35 Abs 2 BG ND
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 7. Kammer (Einzelrichterin) - vom 24. September 2015 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 1.636,40 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses einen Anspruch des Klägers auf Auszahlung eines höheren Ausgleichsbetrages, hilfsweise auf Neubescheidung über einen solchen Anspruch abgelehnt hat, hat keinen Erfolg.
1. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zuzulassen.
Der Kläger hat keine gewichtigen, gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Gründe aufgezeigt, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen und ausführlich begründet, warum es zu der von dem Kläger angegriffenen Einschätzung gelangt ist (UA S. 5 - 8). Der Senat macht sich die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu Eigen und verweist auf sie (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren ist das Folgende hervorzuheben bzw. zu ergänzen:
Es trifft allerdings zu, dass - wie auch das Verwaltungsgericht festgestellt hat - für den Kläger grundsätzlich die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Gewährung eines Ausgleichsbetrages in Höhe von 4.091,-- EUR nach § 55 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG vorliegen. Denn nach § 55 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG erhalten Beamte, die mit Erreichen einer Altersgrenze gemäß § 109, § 115 oder § 116 NBG in den Ruhestand treten, neben dem Ruhegehalt einen Ausgleich in Höhe von 4.091,-- EUR. Der am ……………… 1952 geborene Kläger ist nach Erreichen der gemäß § 109 Abs. 1 NBG für Polizeivollzugsbeamte vorgesehenen Altersgrenze mit Vollendung des 62. Lebensjahres mit Ablauf des 31. Dezember 2014 in den Ruhestand getreten.
Nach § 55 Abs. 1 Satz 2 NBeamtVG verringert sich dieser Ausgleichsbetrag jedoch um jeweils ein Fünftel für jedes Jahr, das über das vollendete 60. Lebensjahr hinaus abgeleistet wird. Der Beklagte hat unter Anwendung dieser Vorschrift den vollen Ausgleichsbetrag um zwei Fünftel gekürzt und dem Kläger nur 2.454,60 EUR gezahlt, weil er zwei Jahre über das vollendete 60. Lebensjahr hinaus gearbeitet hat.
Der Kläger hingegen meint, § 55 Abs. 1 Satz 2 NBeamtVG finde für ihn keine Anwendung. Er führt hierzu an, er habe die für ihn geltende besondere Altersgrenze gemäß § 109 Abs. 1 NBG erst mit Vollendung des 62. Lebensjahres erreicht. Weil er die besondere Altersgrenze nicht bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres hätte erreichen können, sei für ihn nur § 55 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG maßgeblich.
Dieses Vorbringen bleibt jedoch erfolglos.
a) Die Folge, dass sich der Ausgleichsbetrag für den Kläger um zwei Fünftel verringert, ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 55 Abs. 1 Satz 2 NBeamtVG. Satz 2 nimmt auf den grundsätzlich nach Satz 1 zustehenden Ausgleichsbetrag Bezug („dieser Betrag“) und sieht eine Verringerung des Ausgleichsbetrages bei einer Dienstleistung nach Vollendung des 60. Lebensjahres vor, ohne zwischen den besonderen Altersgrenzen gemäß § 109, § 115 oder § 116 NBG zu differenzieren. Er unterscheidet sich deshalb von dem Wortlaut in der entsprechenden Reglung im Beamtenversorgungsgesetz des Bundes in § 48 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG verringert sich der Ausgleichsbetrag um jeweils ein Fünftel „für jedes Jahr, das über die besondere Altersgrenze hinaus abgeleistet wird“. Diesen Wortlaut hat der niedersächsische Gesetzgeber aber nicht übernommen.
b) Die Regelung in § 55 Abs. 1 NBeamtVG ist entgegen der Ansicht des Klägers hinreichend bestimmt. Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, zwischen Satz 1 und Satz 2 des § 55 Abs. 1 NBeamtVG bestehe ein offenkundiger Widerspruch.
Das aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Bestimmtheitsgebot verlangt vom Normgeber, die Rechtsvorschriften so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Dabei nimmt die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen Begriffsbestimmung der Norm noch nicht die Bestimmtheit. Es genügt, wenn die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten darauf ausrichten können (Nds. OVG, Beschluss vom 2.9.2014 - 5 ME 104/14 -, juris Rn. 12 m. zahlr. w. N.).
Diesen Anforderungen wird § 55 Abs. 1 NBeamtVG trotz seines auslegungsbedürftigen Wortlauts gerecht. Der Kläger wie auch die anderen niedersächsischen Polizeivollzugsbeamten können nach § 55 Abs. 1 Satz 2 NBeamtVG nicht den vollen Ausgleichsbetrag nach § 55 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG erhalten. Denn sie können gemäß § 109 Abs. 1 NBG nicht mit Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand treten. Ihnen steht von vornherein nur ein nach Satz 2 ermäßigter Ausgleichsbetrag zu. Es hätte zweifelsfrei der Rechtsklarheit gedient, wenn der niedersächsische Gesetzgeber für Polizeivollzugsbeamte eine eindeutigere Regelung gefasst hätte. Gleichwohl hält der Senat die Regelung für noch hinreichend bestimmt, weil sich ihr die Anspruchsvoraussetzungen für Polizeivollzugsbeamte entnehmen lassen und sich - wie unten aufgezeigt wird - die Anwendung, wie der Beklagte sie vorgenommen hat, mit dem Normzweck der Regelung deckt.
c) Der Wortlaut des § 55 Abs. 1 NBeamtVG kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht dahingehend eingeschränkt ausgelegt werden, dass Satz 2 in Fällen des Erreichens der besonderen Altersgrenze nach § 109 NBG nicht zur Anwendung käme. Denn das Versorgungsrecht ist wie das Besoldungsrecht ein Rechtsgebiet, in welchem dem Wortlaut des Gesetzes wegen der strikten Gesetzesbindung (vgl. § 3 NBeamtVG, § 1 Abs. 2 NBesG i. V. m. § 2 BBesG) besondere Bedeutung zukommt. Vorschriften, die die gesetzlich vorgesehene Versorgung des Beamten begrenzen oder - wie hier - sogar reduzieren, sind grundsätzlich einer ausdehnenden Anwendung ebenso wenig zugänglich wie besoldungs- oder versorgungserhöhende Bestimmungen. Die Natur des geltenden Versorgungsrechts zieht einer ausdehnenden Auslegung enge Grenzen. Es regelt grundsätzlich die Höhe der einzelnen Bezüge, ihre Errechnung und Festsetzung in einer materiell stark differenzierten und verfeinerten Weise durch formelle und zwingende Vorschriften vielfach kasuistischen Inhalts. Eine Regelung dieser Art ist nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers einer ausdehnenden Auslegung und Ergänzung der ausdrücklichen Regeln durch allgemeine Grundsätze nicht zugänglich (BVerwG, Urteil vom 27.3.2008 - BVerwG 2 C 30.06 -, juris Rn. 25; s. a. OVG NRW, Urteil vom 28.5.2014 - 3 A 1958/13 -, juris Rn. 37).
d) Insbesondere lässt die Gesetzessystematik hier nicht ausnahmsweise die vom Kläger begehrte einschränkende Auslegung zu. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass § 55 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG die Grundvoraussetzung für den Ausgleichsbetrag festlegt, nämlich das Erreichen einer gesetzlich festgelegten besonderen Altersgrenze, und dass mit Satz 2 entschieden wird, ob der Höchstbetrag einer Kürzung unterliegt. Satz 2 modifiziert mithin - ebenso wie der Satz 2 in der bundesrechtlichen Regelung des § 48 Abs. 1 BeamtVG - den Satz 1. Gälte diese Modifizierung in Satz 2 nur für die Beamten, die die für sie maßgeblichen Altersgrenzen gemäß §§ 115 und 116 NBG erreichen, fehlte es dann an einer Kürzungsregelung für die Gruppe der Polizeivollzugsbeamten. Dafür, dass diese Gruppe von einer Kürzung ausgenommen werden sollte, gibt die Gesetzessystematik aber nichts her. Vielmehr trifft Satz 2 für alle in Satz 1 genannten Gruppen der Altersgrenzen gemäß §§ 109, 115 und 116 NBG eine gemeinsame Kürzungsbestimmung. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass durch diese Gesetzestechnik die Vorschrift gestrafft werde, weil nicht jede besondere Altersgrenze und bei jeder Änderung der Altersgrenzen eine gesonderte Regelung getroffen werden müsse, ist deshalb nicht zu beanstanden.
e) Die Regelung des § 55 NBeamtVG kann entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht ausnahmsweise nach ihrem Sinn und Zweck entsprechend dem Begehren des Klägers ausgelegt werden.
Wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist, soll durch die Zahlung des hier streitigen Ausgleichsbetrages, der neben dem Ruhegehalt geleistet wird, ein Ausgleich dafür gewährleistet werden, dass die anspruchsberechtigten Beamten kraft Gesetzes mit Erreichen der besonderen Altersgrenze früher in den Ruhestand treten und ihnen deshalb für den Zeitraum bis zur gesetzlichen Regelaltersgrenze der finanzielle Unterschied zwischen dem Ruhegehalt und den Dienstbezügen entgeht (Nds. Landtag, Drucksache 16/3207, S. 109; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 29.11.2013 - BVerwG 2 B 56.13 -, juris Rn. 10).
Dieser Gesetzeszweck ist im Falle des Klägers gewahrt, denn er hat eine Ausgleichszahlung in Höhe von 2.454,60 EUR dafür erhalten, dass er kraft Gesetzes mit Erreichen der besonderen Altersgrenze früher in den Ruhestand getreten ist.
Zwar erhält der Kläger nicht den vollen Betrag nach § 55 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG, weil er als Polizeivollzugsbeamter die besondere Altersgrenze nicht schon nach Vollendung des 60., sondern gemäß § 109 Abs. 1 NBG erst nach Vollendung des 62. Lebensjahres erreicht hat, so dass er von vornherein nicht den vollen Ausgleichsbetrag erhalten konnte.
Dies ist aber noch von dem Gestaltungspielraum des Gesetzgebers gedeckt. Denn aus verfassungsrechtlichen Gründen muss ein besonderer Ausgleich für entstehende Nachteile nicht gewährt werden. Es gibt keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, wonach den früher in den Ruhestand tretenden Polizeivollzugsbeamten für diesen „Nachteil" ein besonderer Ausgleich gewährt werden müsste (BVerfG, Beschluss vom 27.2.1962 - 2 BvR 510/60 -, juris Rn. 6). Daher steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum für die Bestimmung der Voraussetzungen des Ausgleichs zu. Dessen Grenze ist erst überschritten, wenn die Ausgleichszahlung einem Kreis von Beamten erkennbar sachwidrig vorenthalten wird (BVerwG, Beschluss vom 29.11.2013, a. a. O., Rn. 14).
f) Dass dies hier Fall wäre, ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens des Klägers noch nicht erkennbar.
aa) Die Regelung in § 55 Abs. 1 Satz 2 NBeamtVG hat allerdings - wie dargelegt - zur Folge, dass Polizeivollzugsbeamte, für die in § 109 Abs. 1 NBG die besondere Altersgrenze von 60 Jahren auf 62 Jahren angehoben worden ist und für die in besonderen Fällen gemäß § 109 Abs. 2 NBG die Altersgrenze von 61 Lebensjahren gilt (anders als für Beamte des Feuerwehrdienstes, § 115 Abs. 1 NBG, und des Justizvollzugs und im Werkdienst des Justizvollzugsdienstes, § 116 Abs. 1 NBG, für die immer noch die besondere Altersgrenze von 60 Jahren gilt), den vollen Ausgleichsbetrag nicht mehr erhalten, weil sich für sie der Ausgleichsbetrag aufgrund der Erhöhung ihrer Altersgrenze mindestens um zwei Fünftel bzw. ein Fünftel seit Vollendung des 60. Lebensjahres verringert.
Diese Folge hat der niedersächsische Gesetzgeber jedoch bewusst in Kauf genommen. In der Gesetzesbegründung (Nds. Landtag, Drucksache 16/3207, S. 109), die auch das Verwaltungsgericht zitiert hat, heißt es nämlich:
„Der NBB regt eine Übernahme der Bundesregelung an, wonach sich der Ausgleichsbetrag für jedes Jahr, das über die besondere Altersgrenze hinaus abgeleistet wird, um ein Fünftel verringert. Im NBeamtVG ist dagegen vorgesehen, dass sich der Betrag für jedes Jahr, das über das 60. Lebensjahr hinaus abgeleistet wird, um ein Fünftel verringert.
Begründet wird die Forderung damit, dass Polizeibeamtinnen und -beamte, für die die Altersgrenze bereits schrittweise um zwei Jahre erhöht wurde, doppelt bestraft würden, weil nun auch noch der Ausgleichsbetrag gekürzt würde. Außerdem fordert der NBB eine Erhöhung des Betrages. Der Anregung wird nicht gefolgt.“
Zwar begründet der niedersächsische Gesetzgeber nicht, warum er der Anregung des Niedersächsischen Beamtenbundes nicht gefolgt ist. Mit den nachfolgenden Sätzen (Nds. Landtag, Drucksache 16/3207, S. 109):
„Die Formulierung ist bewusst in Abweichung zur nunmehr geltenden Bundesregelung gewählt. Durch die Ausgleichszahlung, die neben dem Ruhegehalt zu zahlen ist, soll ein Ausgleich dafür gewährt werden, dass die anspruchsberechtigten Beamtinnen und Beamten kraft Gesetzes mit Erreichen einer besonderen Altersgrenze früher in den Ruhestand treten und ihnen deshalb für den Zeitraum bis zur gesetzlichen Regelaltersgrenze der finanzielle Unterschied zwischen dem Ruhegehalt und den Dienstbezügen entgeht.“
gibt der Gesetzgeber nur den allgemeinen Zweck der Ausgleichszahlung wieder, ohne auf die Einwände des Niedersächsischen Beamtenbundes einzugehen. Festzustellen ist jedoch, dass der niedersächsische Gesetzgeber im Bewusstsein der Kürzung des Ausgleichsbetrages für Polizeivollzugsbeamte an der Regelung festgehalten hat. Ein Redaktionsversehen des niedersächsischen Gesetzgebers kann deshalb nicht angenommen werden.
bb) Der Senat hält die Regelung auch im Hinblick auf die von dieser Bestimmung ebenfalls betroffenen Beamten des Feuerwehrdienstes, des Justizvollzugs und im Werkdienst des Justizvollzugs für noch mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (vgl. zum Gleichbehandlungsgrundsatz im Allgemeinen: Nds. OVG, Urteil vom 5.11.2013 - 5 LC 107/12 -, juris Rn. 37).
Zwar erhalten - wie dargelegt - Beamte des Feuerwehrdienstes, des Justizvollzugs und im Werkdienst des Justizvollzugs den vollen Ausgleichsbetrag von 4.091,-- EUR, wenn sie die für sie geltende besondere Altersgrenze erreicht haben und danach keinen Dienst mehr verrichten, während sich bei Polizeivollzugsbeamten bei Erreichen der für sie geltenden Altersgrenze der Ausgleichsbetrag um zwei Fünftel bzw. ein Fünftel verringert. Gleichwohl ist nicht ersichtlich, dass Polizeivollzugsbeamte wie der Kläger im Verhältnis zu der Gruppe der Beamten des Feuerwehrdienstes, des Justizvollzugs und im Werkdienst des Justizvollzugs erhebliche höhere, sachlich nicht gerechtfertigte finanzielle Einbußen erleiden würden. Denn die vom niedersächsischen Gesetzgeber beschlossene Regelung bedeutet für alle in § 55 Abs. 1 NBeamtVG genannten Gruppen eine faktische Kürzung des Ausgleichsbetrags im Verhältnis zur früheren Rechtslage, weil sich die allgemeine Regelaltersgrenze gemäß § 35 Abs. 2 NBG auf 67 Jahre erhöht hat. Der unverändert gebliebene Ausgleichsbetrag von 4.091,-- EUR soll für die Beamten des Feuerwehrdienstes, des Justizvollzugs und im Werkdienst des Justizvollzugs, die die Altersgrenze mit Vollendung des 60. Lebensjahres erreichen, entsprechend seinem Zweck nun nicht mehr nur fünf Jahre, sondern sieben Jahre abdecken, wenn sie keinen weiteren Dienst mehr leisten.
Diese (verdeckte) Kürzung hat der niedersächsische Gesetzgeber ebenfalls bewusst in Kauf genommen. Anders als der Kläger vermag der Senat der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen, dass sich „wegen der Beibehaltung der alten Gesetzesfassung“ „nichts an den Ansprüchen“ habe „ändern“ sollen. In der Gesetzesbegründung heißt es zwar (Nds. Landtag, Drucksache 16/3207, S. 109):
„Im Übrigen entsprechen die Regelungen unter Berücksichtigung der Anhebung der Regelaltersgrenze sowie der neuen beamtenstatusrechtlichen Gesetzeslage dem bisherigen § 48 BeamtVG.“
Der niedersächsische Gesetzgeber hat mithin die streitige Regelung an den bisherigen § 48 BeamtVG angelehnt. Faktisch wirkt sich diese Anlehnung aber als Kürzung des Ausgleichsbetrags aus. Denn während der Bundesgesetzgeber seine Regelung an die neuen Regelungen über die Altersgrenzen angepasst hat, hat der niedersächsische Gesetzgeber dies bewusst aus finanziellen Gründen nicht getan. Dies zeigt die verklausulierte Begründung (Nds. Landtag, Drucksache 16/3207, S. 110):
„Angesichts des Umstandes, dass bei einer allgemeinen Verlängerung der Lebensarbeitszeit die in Niedersachsen für einen nicht geringen Teil der Beamtenschaft geltende besondere Altersgrenze unverändert bleibt, erscheint eine Erhöhung des Ausgleichsbetrages nicht sachgerecht. Die Beibehaltung der bisherigen Regelung ist daneben aus haushalterischen Erwägungen erforderlich.“
Der niedersächsische Gesetzgeber hat im Bewusstsein, dass sich für einen „nicht geringen“ Teil der Beamtenschaft der Zeitraum, für den der Ausgleichsbetrag gewährt wird, verlängert, die Regelung und damit auch die Höhe des Ausgleichsbetrags „beibehalten“ und („daneben“) wegen der dadurch herbeigeführten Kürzung des Ausgleichsbetrags den niedersächsischen Haushalt entlastet. Der Vortrag des Klägers, der Gesetzgeber hätte die von ihm angeführten haushalterischen Erwägungen in das Gesetz aufnehmen und den Ausgleichsbetrag kürzen oder streichen müssen, greift deshalb nicht durch.
Für Polizeivollzugsbeamte bedeutet die hier streitige Regelung - wie dargelegt - ebenfalls eine Kürzung. Denn sie erhalten nunmehr einen Ausgleich in Höhe von nur 2.454,60 EUR für einen Zeitraum von fünf Jahren, wenn sie die Altersgrenze des 62. Lebensjahres erreichen (bzw. in den Fällen des § 109 Abs. 2 NBG in Höhe von 3.272,80 EUR für einen Zeitraum von sechs Jahren) und keinen weiteren Dienst mehr leisten.
In Anbetracht dessen, dass der Zeitraum zwischen Ruhestand und Regelaltersgrenze bei Polizeivollzugsbeamten im Verhältnis zu der Gruppe der Beamten des Feuerwehrdienstes, des Justizvollzugs und im Werkdienst des Justizvollzugs kürzer ist und dass Polizeivollzugsbeamte insgesamt zwei Jahre bzw. ein Jahr länger im Dienst tätig sind als die Beamten jener Gruppe und in dieser Zeit (volle) Dienstbezüge erhalten, hält es der Senat nicht für willkürlich, dass Polizeivollzugsbeamte einen geringeren Ausgleichsbetrag erhalten als die Beamten des Feuerwehrdienstes, des Justizvollzugs und im Werkdienst des Justizvollzugs. Der Auffassung des Klägers, es sei kein sachliches Differenzierungsmerkmal, ob Teile der Beamtenschaft die für sie gültige besondere Altersgrenze früher oder später erreichen, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr ist es angesichts des Sinns und Zwecks des Ausgleichsbetrags nicht sachwidrig, dass der Ausgleich umso geringer ausfällt, je mehr sich ein Beamter der Regelaltersgrenze annähert (vgl. VG Hannover, Urteil vom 22.4.2014 - 13 A 3879/14 -, juris Rn. 25).
g) Ohne Erfolg greift der Kläger die Erwägung des Verwaltungsgerichts an, er erleide keine finanzielle Einbuße durch den früheren Ruhestand, weil er den Höchstruhegehaltssatz sowie die Endstufe der Besoldungstabelle erreicht habe (S. 6 UA). Der Kläger hatte sich in seiner Klageschrift vom 20. April 2015 (S. 3) darauf berufen, Sinn und Zweck des Ausgleichs sei ein angemessener Ausgleich für den Pensionsverlust. Einen Pensionsverlust des Klägers aufgrund des Erreichens der besonderen Altersgrenze hat das Verwaltungsgericht indes zu Recht bei dem Kläger nicht feststellen können.
h) Aus den obigen Ausführungen folgt, dass entgegen der Ansicht des Klägers keine planwidrige Regelungslücke vorliegt, die im Wege einer Gesetzesanalogie geschlossen werden müsste.
Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (BVerwG, Urteil vom 27.3.2014 - BVerwG 2 C 2.13 -, juris Rn. 17).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil der niedersächsische Gesetzgeber - wie dargelegt - ausweislich der Gesetzesmaterialien die vom Kläger gerügte Folge der Anwendung des § 55 Abs. 1 NBeamtVG auf niedersächsische Polizeivollzugsbeamte bewusst in Kauf genommen hat.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Der Tatbestand des vorliegenden Falles ist einfach. Die hier vom Kläger aufgeworfenen rechtlichen Fragen lassen sich anhand der Rechtsprechung und der schon vom Verwaltungsgericht zitierten Gesetzesmaterialien im vorliegenden Zulassungsverfahren beantworten. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen unter Ziffer 1. verwiesen.
3. Aus demselben Grund kommt auch keine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in Betracht.
4. Eine Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liegt nicht vor. Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht habe Rechtsgrundsätze des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts ignoriert und sei auch von ihnen abgewichen, namentlich von den Rechtsgrundsätzen des Gleichbehandlungsgebots und des Verbots sachlich ungerechtfertigter Differenzierung zwischen einzelnen Beamtengruppen im Besoldungsrecht, des Gesetzesvorbehalts im Beamtenbesoldungsrecht als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, des Bestimmtheitsgebots beamtenbesoldungsrechtlicher Regelungen, des Gebots der Gesetzesklarheit und -transparenz im Besoldungsrecht sowie des Grundsatzes der verfassungskonformen Auslegung und der Gesetzesanalogie im Besoldungsrecht.
Indes hat der Kläger in seiner Zulassungsbegründung nicht konkret sich widersprechende Rechtssätze des verwaltungsgerichtlichen Urteils einerseits und der Entscheidungen der von ihm genannten übergeordneten Gerichte andererseits aufgezeigt und gegenübergestellt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht von einem der genannten Rechtsgrundsätze abgewichen wäre. Vielmehr rügt der Kläger der Sache nach eine unrichtige Anwendung der von ihm aufgeführten Rechtssätze, nämlich dass das Verwaltungsgericht aus der zitierten Rechtsprechung nicht die gebotenen Schlüsse gezogen habe bzw. zu einem seiner Ansicht nach falschen Ergebnis gelangt sei. Eine nur unrichtige Anwendung eines in obergerichtlicher bzw. höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten und vom Tatsachengericht nicht infrage gestellten Rechtsgrundsatzes stellt hingegen keine Abweichung im Sinne des Zulassungsrechtes dar.
5. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.