Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.07.2016, Az.: 13 LA 67/16

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
07.07.2016
Aktenzeichen
13 LA 67/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43344
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 03.02.2016 - AZ: 4 A 47/14

Tenor:

Auf den Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - 4. Kammer (Einzelrichterin) - vom 3. Februar 2016 zugelassen.

Das Berufungsverfahren wird unter dem Aktenzeichen 13 LB 143/16 geführt.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

Der auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat Erfolg, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts Göttingen bestehen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen dann, wenn gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gründe sprechen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458; BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 - 7 AV 4/03 -, juris). Ist das Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll: VwGO, 6. Aufl. 2014, § 124a Rdnr. 82).

Im vorliegenden Fall bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme, die der Kostenerhebung zugrundeliegt (zu diesem Erfordernis vgl. Senatsbe- schl. v. 08.06.2012 - 13 LB 20/12 -, juris, Rdnr. 38, m.w.N.). Die Inanspruchnahme des Klägers als Zustandsverantwortlicher im Sinne des § 7 Abs. 2 Nds. SOG begegnet durchgreifenden Bedenken. Nach dieser Vorschrift können Maßnahmen gegen eine Person gerichtet werden, die Eigentümerin oder Eigentümer oder sonst an der Sache berechtigt ist. Dies gilt allerdings nicht, wenn die tatsächliche Gewalt ohne den Willen der genannten Personen ausgeübt wird. Zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses - der Verunreinigung des Bodens mit Dieselkraftstoff - übten die Kraftstoffdiebe die tatsächliche Gewalt über den aus dem Tank des LKW des Klägers entnommenen Dieselkraftstoff aus. Über diesen hat er zu keinem Zeitpunkt die Sachherrschaft wiedererlangt. Dies gilt nicht nur für den entwendeten, sondern auch für den in den Boden eingedrungenen Kraftstoff. Die Verantwortung für die Beseitigung des durch die Vermischung des Kraftstoffs mit dem Bodenmaterial entstandenen Abfalls trifft die Diebe, die als Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft die letzte Ursache für die Umwandlung zu Abfall gesetzt haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.10.2014 - 7 C 1/13 -, juris zum Begriff desAbfallerzeugers). Die Frage der Sachherrschaft des Klägers über seinen LKW, die er jedenfalls nach dem Abzug der Kraftstoffdiebe wiedererlangt hat, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Denn von diesem LKW selbst ging zu keinem Zeitpunkt eine Wassergefährdung aus. Anhaltspunkte dafür, dass er sich nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befand und ein Entweichen des Kraftstoffs zu befürchten stand, sind nicht ersichtlich. Alleine der Umstand, dass der LKW ordnungsgemäß im öffentlichen Straßenraum abgestellt worden ist, führt nicht zu einer wasserrechtlichen Gefahr. Aus diesem Grunde liegt der Fall auch anders als die Fälle entwendeter Fahrzeuge, die von den Dieben später in verkehrsordnungswidriger Weise abgestellt worden sind und daher auch nach Wiederaufleben der Verantwortlichkeit des Eigentümers oder Halters eine ordnungsrechtliche Gefahr darstellen (vgl. dazu: OVG Rheinl.-Pfalz, Urt. v. 20.09.1988 - 7 A 22/88 -, DÖV 1989, 173; VG Berlin, Urt. v. 12.10.1999 - 27 A 403/98 -, NJW 2000, 603 [OVG Nordrhein-Westfalen 04.08.1999 - 5 A 1321/97]).

Das Zulassungsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgeführt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO). Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, Uelzener Straße 40, 21335 Lüneburg, oder Postfach 2371,21313 Lüneburg, einzureichen. Die Begründung ist schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Niedersächsischen Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig (§ 124a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 und Abs. 6 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).