Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.07.2016, Az.: 13 LA 33/15

inkriminierte Bestrebungen; Einbürgerungsausschluss; herausgehobene Funktion; innerlich; Organisation; PKK; Unterstützung; Verein; verfassungsfeindlich

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.07.2016
Aktenzeichen
13 LA 33/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43251
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 05.02.2015 - AZ: 6 A 216/12

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Nimmt ein Einbürgerungsbewerber eine herausgehobene Funktion in einem Verein wahr, der von einer Organisation gesteuert wird, die inkriminierte Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolgt, bedarf es für den Verdacht einer Unterstützung nicht der ausdrücklichen Feststellung, dass der Einbürgerungsbewerber auch innerlich selbst aktiv inkriminierte Bestrebungen unterstützt (Anschluss an Hess. VGH, Beschl. v. 6. Januar 2006 - 12 UZ 3731/04 -).

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - Einzelrichter der 6. Kammer - vom 5. Februar 2015 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Zulassung der Berufung setzt nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO voraus, dass einer der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe dargelegt ist und vorliegt. Eine hinreichende Darlegung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO erfordert, dass in der Begründung des Zulassungsantrags im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, weshalb der benannte Zulassungsgrund erfüllt sein soll. Zwar ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des eröffneten (Teil-)Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (BVerfG, 2. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 12. März 2008 - 2 BvR 378/05 -; BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, Beschl. v. 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05 -; BVerfG, 1. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 21. Januar 2000 - 2 BvR 2125/97 -, jeweils zit. nach juris). Erforderlich sind aber qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen.

1. Der in erster Linie geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils können nur dann bestehen, wenn gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gründe sprechen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458; BVerwG, Beschl. v. 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, juris). Ist das Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 124a Rdnr. 82). Das ist dem Kläger nicht gelungen.

Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, der Kläger habe einen die Einbürgerung ausschließenden Tatbestand aus § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verwirklicht. Denn bei ihm bestünden erstens infolge seiner herausgehobenen Position als zweiter Vorsitzender des von der PKK und ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL gesteuerten, dem damaligen Dachverband kurdischer Kulturvereine YEK-KOM zugehörigen YDK-Basisvereins „Mesopotamisches Volkshaus e.V.“ in Bremen in den Jahren 1999 bis 2003 sowie als dessen Liquidator ab dem 1. Februar 2003, zweitens wegen seines Auftritts als Versammlungsleiter einer prokurdischen Demonstration vom 25. November 1998, auf der verbotene Symbole und Bilder gezeigt worden seien, sowie drittens wegen seines Redebeitrags vom 5. Juli/1. August 1997 im der PKK nahestehenden Sender MED-TV, in welchem er zur Unterstützung des bewaffneten Kampfes der PKK in der Türkei aufgerufen habe, tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass er verfassungsfeindliche oder extremistische Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unterstützt habe. Überdies habe er nicht glaubhaft gemacht, sich von dieser früheren Unterstützung abgewandt zu haben. Diese Auffassung wird im Ergebnis durch die mit dem Zulassungsantrag erhobenen Rügen des Klägers nicht in Frage gestellt.

a) Das gilt zunächst für die Annahme des Verwaltungsgerichts, in der Vergangenheit habe seitens des Klägers eine Unterstützung inkriminierter Bestrebungen stattgefunden.

aa) Zunächst vermag die Behauptung des Klägers nicht zum Erfolg zu führen, ein „erfahrenerer“ Verwaltungsrichter hätte der Aussage der Zeugin C. - der ehemaligen ersten Vorsitzenden des Vereins „Mesopotamisches Volkshaus e.V.“ - Glauben geschenkt und wäre deshalb zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger habe - wie viele andere Asylbewerber in den 1990-er Jahren - lediglich aus asyltaktischen Gründen die betreffende Funktion übernommen und die weiteren Aktivitäten (Versammlungsleitung, Redebeitrag) entfaltet, um einen flüchtlingsrechtlich erheblichen Nachfluchtgrund (exilpolitische Aktivität) besser begründen zu können, ohne jedoch innerlich („mit dem Herzen“) dabei gewesen zu sein und die PKK sowie deren Bestrebungen und Handlungen befürwortet zu haben.

Die Verfahrensrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), die ohnehin wegen einer für fehlerhaft gehaltenen Sachverhaltswürdigung nur auf einen Verstoß gegen Denk- oder Naturgesetze, gegen allgemeine Erfahrungssätze oder feste Beweisregeln gestützt werden könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. März 2012 - 5 C 1.11 -, BVerwGE 142, 132, juris Rdnrn. 32 ff.), wird vom Kläger gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung nicht erhoben. Vielmehr wendet sich der Kläger gegen sie nur mit der Sachrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Diese greift jedoch nicht durch.

(1) Zum einen war die Frage nach einer innerlichen Bejahung verfassungsfeindlicher Bestrebungen der PKK, die insbesondere in dem Ziel einer gewaltsamen Durchsetzung ihrer politischen Ziele im Ausland (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. März 2012, a.a.O., Rdnr. 17 f.) bestehen, nicht entscheidungserheblich.

Ein Unterstützen liegt bereits in jeder Handlung des Ausländers, die für die Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG objektiv vorteilhaft ist, d.h. sich in irgendeiner Weise positiv auswirkt. Dies muss für den Ausländer erkennbar sein, und er muss zum Vorteil der genannten Bestrebung handeln wollen (vgl. BVerwG, Urteile v. 20. März 2012, a.a.O., Rdnr. 19, v. 2. Dezember 2009 - 5 C 24.08 -, BVerwGE 135, 302, juris Rdnr. 16, und v. 22. Februar 2007 - 5 C 20.05 -, BVerwGE 128, 140, juris Rdnr. 18). Ein solcher Fall ist hier ungeachtet der Rüge des Klägers gegeben.

Wie die Zeugin C. geschildert hat, hat der Kläger jedenfalls bewusst und willentlich die Funktion des zweiten Vorsitzenden übernommen und wahrgenommen (vgl. ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 5. Februar 2015, Bl. 71 der GA: „Der Kläger hat in seiner Zeit als zweiter Vorsitzender eher Sachen im Hintergrund, organisatorische Sachen gemacht. Es gab weniger Vorstandssitzungen, sondern mehr Verantwortlichentreffen. Es gab immer Arbeitsbereiche, die sich dann trafen und die Arbeit organisiert haben.“). Die Funktionen sind dem Kläger also nicht etwa von anderen Personen fälschlich zugeschrieben worden. Mit der Tätigkeit in dem Organ (Vorstand) einer Vereinigung („Mesopotamisches Volkshaus e.V.“), die von einer Organisation (PKK) gesteuert wurde, die für ihn erkennbar jedenfalls in der Phase dieser Tätigkeit (vgl. dazu BVerwG, Urteile v. 22. Februar 2007, a.a.O., Rdnr. 25, und v. 2. Dezember 2009, a.a.O., Rdnr. 20) gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolgt hat, hat er bewusst und willentlich einen zumindest objektiv vorteilhaften Beitrag geleistet, welcher gemäß § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG einbürgerungsschädlich ist. Bereits eine hier gegebene Tätigkeit als Funktionär auf Ortsvereinsebene reicht als Unterstützungshandlung aus (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27. Februar 2006 - 5 B 67.05 -, juris Rdnr. 5 a.E.; Senat, Beschl. v. 10. Februar 2009 - 13 LA 89/08 -, juris Rdnr. 3). Ob er dabei eine innerlich bejahende subjektive Haltung gegenüber den verfassungsfeindlichen Bestrebungen der PKK eingenommen hat, ist für den nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG allein erforderlichen Gefahrenverdacht irrelevant. Bei der Übernahme und Ausübung einer herausgehobenen Funktion in einem Verein, der von einer inkriminierte Bestrebungen verfolgenden Organisation (hier: der PKK oder ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL) gesteuert wird, bedarf es nicht der ausdrücklichen Feststellung, dass der Betreffende innerlich selbst aktiv verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützt (vgl. Hess. VGH, Beschl. v. 6. Januar 2006 - 12 UZ 3731/04 -, NVwZ-RR 2006, 429 [OVG Nordrhein-Westfalen 23.11.2005 - 12 A 3678/04], juris Rdnrn. 5 und 9; Hailbronner, in: ders./ Renner/ Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, StAG § 11 Rdnr. 8). Der Senat teilt diese Auffassung.

(2) Zum anderen muss - selbst wenn es auf eine innerliche Hinwendung des Klägers ankäme - betont werden, dass dem Verwaltungsgericht insoweit gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Befugnis zur freien richterlichen Beweiswürdigung eingeräumt ist, die sich auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin C. und die Glaubhaftigkeit deren Angaben zur inneren Haltung des Klägers erstreckt. Gewichtige Anhaltspunkte, die hier ausnahmsweise entgegen dem gefundenen Ergebnis im Sinne des Klägers gegen eine innerliche Bejahung der Bestrebungen der PKK sprächen, werden mit dem bloßen Verweis auf den hohen Verbreitungsgrad asyltaktisch motivierter Übertreibungen der Bedeutung ausgeübter Funktionen und vorgenommener Handlungen in den 1990-er Jahren nicht dargelegt. Im Übrigen ist eine rein asyltaktische Motivation des Klägers jedenfalls bezogen auf die Übernahme der Liquidatorenfunktion am 1. Februar 2003 nicht (mehr) nachvollziehbar. Zu diesem Zeitpunkt war seine durch Bundesamtsbescheid vom 31. Oktober 1997 getroffene Flüchtlingsanerkennung nach § 51 Abs. 1 AuslG 1990 bereits seit über drei Jahren rechtskräftig. Die Übernahme dieser neuen Funktion im Vereinsgefüge stand mithin ersichtlich nicht im Zusammenhang zu einem Asylverfahren. Des Weiteren kann der Kläger nicht ernsthaft in Abrede nehmen, dass sein deutlicher Aufruf zur Unterstützung der bewaffneten Kämpfer der PKK „in den Bergen“ vom 5. Juli/1. August 1997 während des Redebeitrags für den Sender MED-TV nur mit einer innerlichen Bejahung zu erklären ist; die Leugnung einer entsprechenden Absicht wäre eine unbeachtliche protestatio facto contraria.

bb) Soweit der Kläger darauf verweist, niemals strafrechtlich verurteilt worden zu sein, hindert das die Annahme einer früheren Unterstützung i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 1, 1. Halbsatz StAG von vornherein nicht. Denn diese Vorschrift statuiert einen neben der Einbürgerungsvoraussetzung der Straffreiheit (§§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 8 Abs. 1 Nr. 2, 12a StAG) systematisch selbständigen und unbefristeten Ausschlussgrund, als dessen Folge der Ausländer glaubhaft machen muss, dass er sich von verfassungsfeindlichen Bestrebungen abgewandt hat. Sie erfordert nicht, dass verfassungsfeindliche Verfolgungs- und Unterstützungshandlungen im Einzelfall strafbar sind bzw. zu einer strafrechtlichen Verurteilung geführt haben (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24. Oktober 2011 - OVG 5 N 30.08 -, juris Rdnr. 8, zur nahezu identischen Vorläufervorschrift § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F.).

b) Die Rügen des Klägers gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, er habe eine bereits erfolgte Abwendung von diesen Unterstützungshandlungen nicht glaubhaft gemacht, bleiben ebenfalls erfolglos.

aa) Unerheblich ist zunächst sein Verweis auf die seit 2013 mehrfach verlautbarten Ankündigungen der Anführer der in Deutschland seit November 1993 mit einem Betätigungsverbot belegten PKK, Öcalan und Bayik, von der Anwendung von Waffengewalt zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele nunmehr absehen zu wollen. Daraus kann der Kläger unter keinem Gesichtspunkt die Glaubhaftmachung eines vollzogenen Abwendens für sich herleiten.

(1) Zum einen kommt diesen noch Anfang des Jahres 2015 getätigten Äußerungen der Anführer der PKK vor dem Hintergrund der veränderten politischen Lage insbesondere in der Türkei keine Bedeutung mehr zu. Diese Veränderungen sind im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über den vorliegenden Zulassungsantrag (20. Juli 2016) auch beachtlich.

Nach Erkenntnissen etwa der Verfassungsschutzbehörden Niedersachsens und Bremens hat die PKK als Reaktion auf den Anschlag in der mehrheitlich von Kurden bewohnten Stadt Suruç vom 20. Juli 2015, für den sie trotz deutlicher Anzeichen für eine Urheberschaft des Islamischen Staates (IS) auch die türkische AKP-Regierung verantwortlich macht, und auf das rigorosere Vorgehen der türkischen Regierung gegen Aktivisten der PKK seit Mitte des Jahres 2015 den zeitlich letzten „einseitigen Waffenstillstand“ vom 21. März 2013 widerrufen und den begonnenen Friedensprozess aufgekündigt; das Ende des Gewaltverzichts wurde am 6. November 2015 bekanntgegeben (vgl. S. 123, 126 der Vorabfassung des Verfassungsschutzberichts 2015 des Nds. Ministeriums für Inneres und Sport, im Internet abrufbar unter http://www.verfassungsschutz.niedersachsen.de/download/107494/Vorabfassung_des_Verfassungsschutzberichtes_2015.pdf; S. 74 f. des Verfassungsschutzberichts 2015 des Bremer Senators für Inneres, im Internet abrufbar unter http://www.verfassungsschutz.bremen.de/sixcms/media.php/13/VSB%202015.pdf). Auch der Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Türkei vom 29. September 2015 (Lagebericht 2015) gelangt auf S. 12 f. zu einer seit Mitte 2015 festzustellenden erneuten Gewalteskalationsdynamik im bewaffneten Konflikt der PKK mit der türkischen Regierung.

(2) Zum anderen könnte ungeachtet der eingetretenen Veränderung aus der vom Kläger in Feld geführten Ankündigung der Anführer der PKK nicht der zwingende Schluss gezogen werden, dass sämtliche (auch die ehemaligen) Funktionäre und Mitglieder von Vereinigungen innerhalb des PKK-Systems wie der Kläger dieser generellen Ankündigung ausnahmslos Folge leisten bzw. eine entsprechende Einstellung bilden. Das folgt auch nicht aus der vom Kläger betonten hierarchischen bzw. zentralistischen Struktur der PKK und ihrer Nachfolge- und Nebenorganisationen.

Der Einbürgerungsausschluss nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG hängt ersichtlich davon ab, ob im Einzelfall auf die Person des konkreten Einbürgerungsbewerbers bezogen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme einer Unterstützung inkriminierter Bestrebungen bestehen und ob sich bejahendenfalls der konkrete Einbürgerungsbewerber glaubhaft hiervon abgewandt hat; diese Fragen lassen sich nur anhand der individuellen Einzelfallumstände beantworten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27. Januar 2009 - 5 B 51.08 - juris Rdnr. 5; Senat, Beschl. v. 12. Juli 2006 - 13 LA 175/06 -, S. 3 des Beschlussabdrucks). Das schließt zwingende Schlussfolgerungen auf die Einstellung des Einbürgerungsbewerbers allein aufgrund von Erklärungen oder Handlungen Dritter aus.

bb) Mit den weiteren Rügen des Klägers werden ernstliche Zweifel gegen die Verneinung einer Abwendung bereits nicht hinreichend dargelegt.

Das Verwaltungsgericht hat den unter aa) genannten Grundsätzen gemäß eine individuelle Prüfung im Falle des Klägers vorgenommen und ausgeführt, angesichts des äußeren Umstandes, dass der Kläger die damalige Unterstützung nicht einmal einräume - sondern diese leugne, verharmlose oder anderen die Verantwortung hierfür zuschiebe - und eine Änderung seiner inneren Haltung nicht erkennbar sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine Abwendung hiervon stattgefunden habe. Diese Begründung, die mit der Zulassungsbegründung im Ergebnis nicht angegriffen wird, steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die in § 11 Satz 1 Nr. 1, 2. Halbsatz StAG geforderte Glaubhaftmachung, sich von der früheren Unterstützung abgewendet zu haben, setzt (als notwendige Bedingung) voraus, dass der Einbürgerungsbewerber einräumt oder zumindest nicht bestreitet, früher durch § 11 Satz 1 Nr. 1, 1. Halbsatz StAG inkriminierte Bestrebungen unterstützt zu haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. März 2012, a.a.O., Rdnr. 47; Hailbronner, a.a.O., § 11 Rdnr. 17). Bereits hieran fehlt es beim Kläger.

Mit seiner Beteuerung, sich im Verein immer nur für kulturelle Belange eingesetzt zu haben, stets gegen Gewalt aufgetreten zu sein und die Ideologie der PKK nie geteilt zu haben, leugnet er schlicht von Anfang an die früher geschehene Unterstützung und zeigt einen Gesinnungswandel damit gerade nicht auf. Damit wird nicht dargelegt, dass und wie er seine innere Einstellung nach Durchlaufen eines „individuellen Lernprozesses“ (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24. Oktober 2011, a.a.O., Rdnr. 10) geändert habe. Die im Sicherheitsgespräch vom 9. August 2012 (Bl. 98 ff., insbes. Bl. 99 der Beiakte A) getätigte Einlassung, sollte er den ihm vorgehaltenen Aufruf in dem Redebeitrag vom 5. Juli/1. August 1997 geäußert haben, so sei dies ein Fehler gewesen, ist nicht unbedingt formuliert und im Übrigen wenig überzeugend abgegeben worden.

Der Hinweis des Klägers, alle seine Kinder seien von ihm zu „rechtschaffenen deutschen Staatsbürgern“ erzogen worden, trägt nichts aus. Wie ausgeführt, erfordert eine Abwendung i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 1, 2. Halbsatz StAG einen inneren Lernprozess des Klägers selbst, der nicht an der Einstellung oder dem Verhalten Dritter (hier: seiner Kinder) gemessen werden kann.

Seine Rüge schließlich, die vorgehaltenen Handlungen - die er als „alte Kamellen“ bezeichnet - lägen schon geraume Zeit zurück, und seit seinem Umzug nach A-Stadt im Jahre 2004 sei er in keiner Weise mehr politisch aktiv geworden, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Allein der Umstand, dass die Unterstützungshandlungen schon mehrere Jahre zurückliegen, reicht für eine Abwendung nicht aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. März 2012, a.a.O., Rdnr. 47). Ein bloßes Unterlassen weiterer Unterstützungshandlungen macht ein Abwenden nicht schon glaubhaft (vgl. Senat, Beschl. v. 14. März 2008 - 13 PA 206/07 -, S. 3 des Beschlussabdrucks), denn darin allein liegt kein äußerlich wahrnehmbarer Umstand, der es als wahrscheinlich erscheinen ließe, dass der Ausländer seine innere Einstellung verändert hat und daher künftig eine Verfolgung oder Unterstützung inkriminierter Bestrebungen durch ihn auszuschließen ist (BVerwG, a.a.O.).

2. Der vom Kläger weiterhin geltend gemachte Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor.

Eine Rechtssache ist nur dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich oder obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich wäre und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum die Frage im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht.

Die vom Kläger als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage

„Muss nicht angenommen werden, dass nach den jetzt bekanntgewordenen Äußerungen der PKK-Führung für Jeden, dem frühere Aktivitäten zugunsten der PKK einbürgerungsrechtlich entgegengehalten werden, die Vermutung gilt, dass nun ohne andere Anhaltspunkte in der persönlichen Biografie keine verfassungswidrigen Bestrebungen mehr verfolgt werden und eine Abkehr von früheren verfassungsfeindlichen Bestrebungen erfolgt ist?“

lässt sich ohne Weiteres verneinen und ist damit bereits geklärt. Nach dem bereits oben unter 1. b) aa) (2) Ausgeführten ist die Frage, ob sich ein Einbürgerungsbewerber von früher gezeigten Unterstützungshandlungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG abgewandt hat, stets aufgrund einer individuellen Prüfung anhand aller konkreten Einzelfallumstände zu beantworten. Die Existenz der dem Kläger offenbar vorschwebenden abstrakt-generellen Vermutungsregel ist ausgeschlossen, weil ungeachtet der vom Kläger mit der Zulassungsbegründung betonten hierarchischen bzw. zentralistischen Strukturen innerhalb der PKK und der von ihr abhängigen Organisationen aus den bloßen Verlautbarungen zum Verzicht auf Waffengewalt, die bestimmte Anführer wie Öcalan und Bayik seit 2013 herausgegeben hatten, nicht automatisch folgte, dass auch Mitglieder und Funktionäre einen entsprechenden Einstellungswandel vollführten. Des Weiteren fehlt es der vom Kläger postulierten Schlussfolgerung, wie ausgeführt, seit der Rückkehr der PKK zum bewaffneten Kampf im Jahre 2015 an der tatsächlichen Grundlage.

Im Übrigen wäre die Frage nach der insoweit maßgeblichen Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht entscheidungserheblich gewesen und würde sich auch in einem Berufungsverfahren nicht stellen. Denn die vom Verwaltungsgericht festgestellte leugnende Haltung des Klägers, niemals Bestrebungen der PKK unterstützt zu haben, auf welche das Verwaltungsgericht seine Verneinung einer Abwendung des Klägers von Unterstützungshandlungen maßgeblich stützt, wäre jedenfalls als „anderer Anhaltspunkt in der persönlichen Biografie“ des Klägers im Sinne der gestellten Frage anzusehen, so dass die Vermutung bereits aufgrund des aktivierten Vorbehalts nicht eintreten könnte.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.