Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.09.2002, Az.: 2 K 707/00
Bestehen eines Anscheinsbeweises dafür, dass betriebliche Fahrzeuge - insbesondere Taxifahrzeuge - auch privat genutzt werden
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 30.09.2002
- Aktenzeichen
- 2 K 707/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 20527
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2002:0930.2K707.00.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 29.01.2004 - AZ: X B 133/02
Rechtsgrundlage
- § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG
Fundstellen
- DStRE 2003, 780
- b&b 2003, 407
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Nach der allgemeinen Lebenserfahrung besteht ein Anscheinsbeweis dafür, dass betriebliche Fahrzeuge auch privat genutzt werden.
- 2.
Das gilt auch für Taxifahrzeuge. Auch bei solchen ist die private Nutzung nach der 1 v.H.-Regelung zu ermitteln.
Tatbestand
Streitig ist, ob in den Streitjahren 1998 und 1999 für ein betriebliches Taxifahrzeug ein Privatanteil nach der sog. 1 %-Regelung anzusetzen ist.
Die Kläger sind in den Streitjahren 1998 und 1999 zusammen zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Beide Ehegatten waren in den Streitjahren nichtselbstständig tätig. Der Kläger als Kraftfahrer, die Klägerin als Verwaltungsangestellte. Daneben betrieb der Kläger ein Taxiunternehmen mit drei Fahrern und einem, zum Betriebsvermögen gehörenden Taxifahrzeug. Für dieses Fahrzeug wurde in den Streitjahren kein Fahrtenbuch geführt. Das Fahrzeug hatte keinen Fahrtenschreiber.
Den Klägern stand für private Fahrten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung. Dieses Fahrzeug wurde nach den Angaben in den Einkommensteuererklärungen im Streitjahr 1998 von beiden Klägern und im Streitjahr 1999 vom Kläger für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt.
Der Kläger ermittelte den Gewinn des Taxiunternehmen durch Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). In den Gewinnermittlungen erfasste er keinen Privatanteil für Kraftfahrzeugnutzung.
Der Beklagte setzte jeweils Privatanteile nach der 1 %-Regelung an. Diese ermittelte er wie folgt:
1998
Bruttolistenpreis 55.926,23 DM x 1 v.H./Monat x 12 Monate = | 6.711,15 DM |
---|---|
Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch | 845,60 DM |
Erhöhung Betriebseinnahmen | 7.556,75 DM |
1999
Bruttolistenpreis 55.926,23 DM x 1 v.H./Monat x 12 Monate = | 6.711,15 DM |
---|---|
Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch | 859,03 DM |
Erhöhung Betriebseinnahmen | 7.570,18 DM |
Er erhöhte die erklärten Gewinne im Streitjahr 1998 um 7.556 DM und im Streitjahr 1999 um 7.570 DM und erließ entsprechende Bescheide.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage. Die Kläger sind der Meinung, ein Privatanteil sei nicht anzusetzen, da das Taxifahrzeug nicht privat genutzt werde. Zwar führten die Kläger für das Taxifahrzeug kein Fahrtenbuch. Dies sei hingegen auch nicht erforderlich, da sie die private und betriebliche Nutzung strikt trennten. Für Privatfahrten werde ausschließlich das Privatfahrzeug genutzt.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1998 und 1999 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 29. September 2000 die Einkommensteuer nach einem für das Streitjahr 1998 um 7.556 DM und für das Streitjahr 1999 um 6.711 DM niedrigeren Gewinn aus Gewerbebetrieb festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner Auffassung fest, ein Privatanteil sei nach der 1 %-Regelung anzusetzen. Die von den Klägern behauptete strikte Trennung der Fahrten widerspreche der Lebenserfahrung. Für das betriebliche Fahrzeug sei die ausschließliche betriebliche Nutzung nicht glaubhaft und auch nicht nachgewiesen. Insoweit sei ein Fahrtenbuch erforderlich. Ein solches hätten die Kläger aber nicht geführt.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht einen Privatanteil für das betriebliche Fahrzeug nach der typisierenden Regelung des § 6 Abs. 1Nr. 4 Satz 2 EStG ermittelt.
Das Taxifahrzeug war das einzige Fahrzeug des Taxiunternehmens des Klägers und gehörte zu dessen Betriebsvermögen. Für dieses Fahrzeug war eine private Nutzung als Betriebseinnahme zu erfassen.
Zwar behaupten die Kläger, das Taxifahrzeug werde nicht privat genutzt, da ihnen ein weiteres Fahrzeug im Privatvermögen zur Verfügung stehe und sie die Nutzungen strikt trennten. Diese Behauptung der Kläger widerspricht der Lebenserfahrung. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung besteht ein Anscheinsbeweis dafür, dass betriebliche Fahrzeuge auch privat genutzt werden (BFH-Urteil vom 14. Mai 1999, VI B 258/98, BFH/NV 1999, 1330). Die Kläger hätten zur Entkräftung dieses Anscheinsbeweises schon besondere Umstände dartun und ggf. beweisen müssen, die den Ansatz einer privaten Nutzung ausschließen könnten. Dies haben sie jedoch nicht getan.
Im Gegenteil sprechen im Streitfall gewichtige Gründe für eine private Nutzung. Zum einen ist das Fahrzeug das einzige betriebliche Fahrzeug. Zum zweiten benutzten die Kläger den privaten PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Abgesehen davon, dass bereits die Benutzung des privaten PKW durch beide Ehegatten im Streitjahr 1998 an jeweils mehr als 220 Tagen nicht nachvollziehbar ist, konnte der private PKW an Arbeitstagen jeweils nur einem Ehegatten zur Verfügung stehen. Dem anderen Ehegatten stand mithin kein privates Fahrzeug mehr zur Verfügung, so dass ein Zurückgreifen auf das betriebliche Fahrzeug nicht ausgeschlossen erscheint.
Der Beklagte hat die private Nutzung auch der Höhe nach zutreffend ermittelt. Bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, wie sie der Kläger für das Taxiunternehmen erstellt, ist die private Nutzung sowie die Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch als Betriebseinnahme zu erfassen. Dies hat der Beklagte getan.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs für jeden Kalendermonat mit 1 v.H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen (sog. 1 %-Regelung). Abweichend von Satz 2 ist nach Satz 3 dieser Vorschrift die private Nutzung nur dann anzusetzen, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wird. Ein Fahrtenbuch ist jedoch in den Streitjahren nicht geführt worden. Ein in den Folgejahren geführtes Fahrtenbuch hat keine Aussagekraft für die Streitjahre.
Zwar könnte der Eigenverbrauch bei der Umsatzsteuer nach anderen Grundsätzen als die private Nutzung bei der Einkommensteuer bemessen werden, so dass sich die Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch veränderte. Hierzu haben die Kläger jedoch keine Angaben gemacht, so dass es beim Ansatz des Beklagten verbleiben musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.