Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.06.2002, Az.: 4 LB 35/02
Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt an Auszubildende; Kindesbetreuung als besonderer Härtefall; Kind unter drei Jahren ; Rücknahme des Bewilligungsbescheides; Grob fahrlässige Nichtangabe der Immatrikulation; In wesentlicher Beziehung unvollständige Angaben
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 26.06.2002
- Aktenzeichen
- 4 LB 35/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 23091
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2002:0626.4LB35.02.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 30.12.2002 - AZ: BVerwG 5 B 273.02
Fundstellen
- FEVS 2003, 379-382
- NDV-RD 2003, 30-32
- NVwZ-RR 2003, 863-864 (Volltext mit amtl. LS)
- NordÖR 2003, 176 (amtl. Leitsatz)
- info also 2004, 35-36 (amtl. Leitsatz)
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Der Senat hält - gegen BVerwGE 94, 224 - an seiner Rechtsprechung (FEVS 46, 422) fest, dass ein besonderer Härtefall im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG, der ausnahmsweise die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt an eine Auszubildende rechtfertigt, dann gegeben ist, wenn sie ein Kind unter drei Jahren allein betreut (so jetzt auch OVG Saarlouis, FEVS 53, 326).
- 2.
Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgt, darf der Träger der Sozialhilfe den (dann rechtswidrigen) Bescheid über die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt für die Auszubildende nicht mit der Begründung zurücknehmen, sie habe grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unvollständige Angaben gemacht, indem sie ihre Immatrikulation nicht angegeben habe. Denn die Auszubildende, die ihren Lebensunterhalt bisher neben der Ausbildung durch Arbeit beschafft hat, die Erwerbstätigkeit nach der Geburt ihres Kindes aufgibt und deshalb meint, nicht die Immatrikulation, sondern die Notwendigkeit der Betreuung ihres Kindes sei für den Eintritt ihrer Hilfebedürftigkeit wesentlich, verletzt durch die Nichtangabe der Immatrikulation die erforderliche Sorgfalt jedenfalls nicht in besonders schwerem Maße, weil sie sich in der Laiensphäre genau das vorstellt, was die Hilfegewährung nach Auffassung zweier Oberverwaltungsgerichte rechtmäßig macht.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme der Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit vom März bis Dezember 1997 und gegen die Rückforderung der gezahlten Hilfe in Höhe von 8.196,05 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts Hannover - Berichterstatter der 7. Kammer - vom 3. Juli 2001 Bezug genommen und das Folgende ergänzt:
Die am 25. September 1955 geborene Klägerin ist Mutter zweier Kinder (das erste ist am 1987, das zweite am 1997 geboren), für deren Pflege und Erziehung sie allein sorgt. Sie hatte vor der Geburt ihres ersten Kindes eine Ausbildung zur Erzieherin und ein Fachhochschulstudium der Sozialpädagogik mit dem Diplom abgeschlossen. Von September 1987 bis April 1988 erhielt sie von der für den Beklagten handelnden Stadt H. laufende und einmalige Leistungen zum Lebensunterhalt. Danach beschaffte sie den Lebensunterhalt für sich und ihr Kind durch Arbeit. Im Jahre 1991 begann sie an der Universität {B.} das Studium im Diplomstudiengang Sozialwissenschaften. Ausbildungsförderung erhielt sie nicht. Sie beschaffte den Lebensunterhalt für sich und ihr Kind weiterhin durch Arbeit neben dem Studium. Aus Anlass der Geburt ihres zweiten Kindes beantragte sie für die Zeit nach Wegfall des Mutterschaftsgeldes ab 1. März 1997 Hilfe zum Lebensunterhalt für sich und die Kinder. Die Stadt H. gewährte die Hilfe. Nachdem sie im Februar 1998 erfahren hatte, dass die Klägerin an der Universität {B.} immatrikuliert war, nahm sie die Bescheide über die Gewährung der Hilfe für die Klägerin u. a. für die Zeit von März bis Dezember 1997 zurück und forderte Erstattung der Leistungen. Den Widerspruchsbescheid der Klägerin wies der Beklagte zurück. Daraufhin hat die Klägerin Klage erhoben.
Durch das genannte Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Gemäß § 45 Abs. 1 und 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X habe der Beklagte ohne Rechtsverstoß die Bewilligung der der Klägerin gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt für den Zeitraum März bis Dezember 1997 zurückgenommen. Denn die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt in diesem Zeitraum sei rechtswidrig im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X gewesen, weil die Klägerin in dieser Zeit gemäß § 26 Abs. 1 BSHG keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt gehabt habe. Ihre Ausbildung (im Studiengang Sozialwissenschaften an der Universität {B.}) sei - unstreitig - im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig gewesen. Ein Härtefall im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG sei nicht ersichtlich. Ein Fall einer "pro-forma-Immatrikulation" im Sinne der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 29.9.1995 - 4 M 5332/95 -, FEVS 46, 422, 423) sei nicht gegeben gewesen; vielmehr habe die Klägerin nach Überzeugung des Gerichts ihr Studium in der streitigen Zeit fortgesetzt und sich auf die Prüfungen vorbereitet. Eine besondere Härte im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG begründe auch nicht der Umstand, dass die Klägerin seinerzeit ihr (kurz zuvor geborenes) Kleinkind betreut habe und ihr deshalb nach § 18 Abs. 3 BSHG eine Arbeit nicht habe zugemutet werden können. Denn der der letzteren Regelung zugrunde liegende familienpolitische Zweck sei mit dem durch § 26 Abs. 1 BSHG verfolgten Zweck nicht vergleichbar. Das Vertrauen der Klägerin in den Bestand der Bewilligung der Hilfe durch den Beklagten sei gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht schutzwürdig, weil die Klägerin ihr Studium sowohl bei der Antragstellung im Jahre 1997 als auch in der Folgezeit verschwiegen habe. Die Rücknahme der Bewilligung sei auch innerhalb der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X erfolgt, die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Leistungen finde ihre Rechtsgrundlage in § 50 SGB X.
Der Senat hat auf den Antrag der Klägerin durch Beschluss vom 24. Januar 2002 die Berufung gegen das genannte Urteil wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen. Zur Begründung ihrer Berufung hat sich die Klägerin auf ihr Vorbringen im Zulassungsverfahren bezogen. Sie beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und nach ihrem Klageantrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig.
Die vom Senat zugelassene Berufung ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass sie entgegen § 124a Abs. 3 VwGO in der bis zum 31.12.2001 gültig gewesenen Fassung, die hier noch anzuwenden ist (§ 194 Abs. 1 VwGO n.F.) nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses vom 24. Januar 2002 begründet worden ist, sondern erst mit Schriftsatz vom 14. März 2002 - eingegangen am 18. März 2002 -. Denn die dem Zulassungsbeschluss beigegebene Belehrung ist unrichtig; statt der Monatsfrist für die Begründung der Berufung gilt deshalb gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO eine Frist von einem Jahr. Der zweite Satz der diesem Beschluss beigegebenen Belehrung lautet nämlich: "Die Berufung ist bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einzureichen". Er hätte vielmehr - entsprechend § 124a Abs. 3 Satz 2 VwGO in der bis zum 31.12.2001 gültig gewesenen Fassung - richtig lauten müssen: "Die Begründung ist bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einzureichen". Diese Unrichtigkeit ist im Hinblick auf die übrige Belehrung, die sich ausschließlich mit den Anforderungen an die Begründung der Berufung befasst, nicht etwa unbeachtlich, sondern in Verbindung mit dem zweiten Halbsatz des zweiten Satzes der Beschlussformel ("der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.") widersprüchlich, missverständlich und deshalb (abstrakt) geeignet, einen sorgfältigen Prozessbevollmächtigen davon abzuhalten, die Berufungsbegründung fristgerecht einzureichen oder die dafür erforderlichen Schritte einzuleiten. Da es sich bei der Belehrung über die Erfordernisse der Berufungsbegründung nach § 124a Abs. 3 VwGO a.F. um eine Rechtsmittelbelehrung im Sinne des § 58 VwGO handelt (BVerwG, Urt. v. 30.6.1998 - 9 C 6. 98 -, NVwZ 1998, 1311; Urt. v. 4.10.1999 - 6 C 31. 98 -, BVerwGE 109, 356 [BVerwG 05.10.1999 - 9 C 15/99]), hat ihre Unrichtigkeit nach § 58 Abs. 2 VwGO zur Folge, dass die Monatsfrist nicht in Gang gesetzt wird. Statt dessen gilt eine Jahresfrist, die hier eingehalten worden ist. Einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO bedarf es nicht.
Die Berufung ist auch begründet, weil die Anfechtungsklage der Klägerin, soweit sie weiterverfolgt wird, zulässig und - entgegen der Beurteilung des Verwaltungsgerichts - auch begründet ist. Der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid der von dem Beklagten herangezogenen Stadt H. vom 9. Dezember 1998 und der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 24. September 1999 sind nämlich, soweit sie angefochten worden sind, rechtswidrig, verletzen die Klägerin in ihren Rechten und sind deshalb aufzuheben.
Die Voraussetzungen der §§ 45 und 50 SGB X für die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte und für die Rückforderung bereits erbrachter Leistungen sind nicht erfüllt (gewesen). Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 zurückgenommen werden. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zurückgenommenen Bescheide des Beklagten, durch die der Klägerin Leistungen zum Lebensunterhalt für die Zeit von März bis Dezember 1997 bewilligt worden waren, waren nicht rechtswidrig (dazu im Folgenden 1. ). Außerdem stand der angefochtenen Rücknahme der Bewilligungsbescheid, selbst bei unterstellter Rechtswidrigkeit der Bewilligung, gemäß § 45 Abs. 2 SGB X das Vertrauen der Klägerin auf ihren Bestand entgegen, weil es schutzwürdig war (dazu im Folgenden 2. ).
1.
Dem Anspruch der Klägerin auf die ihr in der Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 1997 gewährten Leistungen zum Lebensunterhalt stand die Sonderregelung für Auszubildende in § 26 Abs. 1 BSHG nicht entgegen. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Zwar war die Klägerin in der genannten Zeit an der Universität {B.} (weiterhin) immatrikuliert; dieses Studium war auch im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig. In ihrer Situation war aber ein besonderer Härtefall im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 BSGH gegeben, in dem Hilfe zum Lebensunterhalt (als Beihilfe oder als Darlehen) gewährt werden kann, so dass ihr die Hilfe nicht rechtswidrig gewährt wurde.
Der Senat hat entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 14.10.1993 - BVerwG 5 C 16. 91 -, BVerwGE 94, 224) für die - hier einschlägige - Gruppe von Fällen, in denen die Hilfesuchende gehindert ist, sich durch Arbeitsaufnahme selbst zu helfen, weil sie für die Betreuung und Erziehung eines Kindes unter drei Jahren allein verantwortlich ist (vgl. dazu auch § 18 Abs. 3 Satz 2 BSHG), in ständiger Rechtsprechung (Nachweise im Urteil vom 25.6.1998 - 4 L 7006/96 - und im Beschluss vom 29.9.1995 - 4 M 5332/95 -, FEVS 46, 422) einen besonderen Härtefall im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG angenommen. An dieser Auffassung, der sich das OVG Saarlouis (Beschluss vom 28.8.2001 - 3 W 9/01 - FEVS 53, 326) angeschlossen hat, hält der Senat auch in diesem Fall fest.
Es bedarf deshalb hier einer Entscheidung nicht, ob bei der Klägerin ein besonderer Härtefall im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG auch deshalb anzunehmen war, weil sie an der Universität {B.} nur "pro forma" immatrikuliert war, ihr Studium also wegen der Kindererziehung in dem hier maßgeblichen Zeitraum nicht betrieb.
2.
Die angefochtenen Rücknahme- und Rückforderungsbescheide des Beklagten sind - selbst wenn man annimmt, ein besonderer Härtfall habe nicht vorgelegen und die Hilfe sei der Klägerin rechtswidrig gewährt worden - aus einem weiteren, selbständig tragenden Grund rechtswidrig. Denn gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X durften die Bewilligungsbescheide nicht zurückgenommen werden, weil die Klägerin auf ihren Bestand vertraut hat und ihr Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Der Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin steht die Regelung in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X nicht entgegen. Danach kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit der (zurückgenommene) Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3).
Zwar ist es nach der Rechtsprechung des Senats nicht ausgeschlossen, die Angaben der Klägerin in ihrem Antrag vom 13. Februar 1997, ihr Hilfe zum Lebensunterhalt zu bewilligen, als "gemacht" im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X zu bewerten; insofern modifiziert der Senat seine Einschätzung der damaligen Vorgänge in seinem Beschluss vom 24. Januar 2002. Denn mit diesem Antrag machte sie seinerzeit die in dem Antragsformular erbetenen Angaben zur Begründung ihres Antrages auf Hilfe und unterließ nicht nur eine Änderungsmitteilung. Die von ihr seinerzeit gemachten Angaben waren auch in wesentlicher Beziehung unvollständig, weil sie dem Beklagten Kenntnis vom Fortbestehen ihrer Immatrikulation an der Universität {B.} während der Zeit der beantragen Hilfeleistung nicht verschafften und dies im Hinblick auf das vom Beklagten für richtig gehaltene Verständnis der Regelung in § 26 Abs. 1 BSHG wesentlich war. Diese Unvollständigkeit der Angaben der Klägerin in ihrem Antrag hat sie aber nicht grob fahrlässig verursacht. Grobe Fahrlässigkeit im Sinne der Bestimmung des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X (dazu: Schroeder-Printzen/Wiesner, SGB X, § 45 Anm. 4. 4 a.E.) und derjenigen in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Ein Vorwurf dieses Gewichts ist der Klägerin hier nicht zu machen. In dem für ihren Antrag vom 13. Februar 1997 verwendeten Formblatt wird eine Angabe zu einem (bestehenden) Ausbildungsverhältnis nicht verlangt (es wird lediglich nach abgeschlossenen Ausbildungen und danach gefragt, ob Leistungen der Ausbildungsförderung bezogen werden). Bei der gebotenen sorgfältigen Stellung ihres Antrages musste sie auch nicht erkennen, dass eine Angabe zu ihrer Immatrikulation an der Universität {B.} für den Beklagten wesentlich war. Vielmehr durfte sie - nicht nur im Hinblick auf die genannte Rechtsprechung des Senats zum Begriff des "besonderen Härtefalles" im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG, die ihr nicht bekannt war, sondern auch bei einer laienhaften Wertung darüber, welchen Einfluss eine Ausbildung auf den Anspruch auf Sozialhilfe haben kann, annehmen, dass sie trotz Fortbestehens ihrer Immatrikulation an der Universität {B.} Hilfe zum Lebensunterhalt beanspruchen konnte, solange sie durch die Betreuung ihres zweiten Kindes in besonderem Maße in Anspruch genommen und an einer Wiederaufnahme ihrer Erwerbstätigkeit gehindert war. Diese Bewertung ihrer Situation "in der Laiensphäre" war insbesondere deshalb berechtigt, weil die Klägerin ihr Studium in {B.} - das sie jahrelang ohne öffentliche Hilfe betrieben und durch Arbeit neben der Kindererziehung finanziert hatte - nahezu abgeschlossen hatte und nach einer kurzen "Babypause" beenden wollte. Dafür, dass die Klägerin die abweichende, in den angefochtenen Bescheiden des Beklagten zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung zu § 26 Abs. 1 BSHG kannte, ist nichts ersichtlich. Eine solche Kenntnis kann - entgegen der Auffassung des Beklagten - insbesondere nicht im Hinblick darauf unterstellt werden, dass der Klägerin während ihrer früheren Ausbildung zur Diplom-Sozialpädagogin - wie es in diesem Studiengang üblich ist - auch Grundzüge des Sozialhilferechts vermittelt worden sind.
Die Klägerin ist ferner nicht gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X gehindert, sich auf ihr Vertrauen in den Bestand der angefochtenen Bewilligungsbescheide zu berufen. Denn aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass sie die - nach Auffassung des Beklagten gegebene - Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide nicht kannte und ihre Unkenntnis auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben.