Sozialgericht Stade
Urt. v. 15.02.2016, Az.: S 22 U 151/14

Notwendigkeit einer im Vollbeweis gesicherten bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule für die Anerkennung als Berufskrankheit eines Malers

Bibliographie

Gericht
SG Stade
Datum
15.02.2016
Aktenzeichen
S 22 U 151/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 13151
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGSTADE:2016:0215.S22U151.14.0A

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung der Berufskrankheit (BK) 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV). Der im Jahr 1954 geborene Kläger hat eine Ausbildung zum Maler durchlaufen und war in diesem Beruf durchgehend bis zum Eintritt der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit am 6. Juli 2011 tätig. Hierbei hat er vorwiegend Hausmalerarbeiten mit Tapezier- und Streicharbeiten sowie bis zu 10 % Bodenoberbelagsverlegungsarbeiten durchgeführt. Der Sanierungsanteil lag bei 50 %. Zwischen 30 % und 50 % der Auftragsarbeiten enthielten typische Arbeiten an Fassaden in Außenbereichen. Am 31. Juli 2012 zeigte der Hausarzt des Klägers, Dr. F., gegenüber der Beklagten den Verdacht auf das Bestehen einer Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule beim Kläger an. Die Beklagte zog einen Ambulanzbericht des MVZ G. vom 28. Juli 2011 nach einer Untersuchung vom 25. Juli 2011 mit der Diagnose eines Bandscheibenvorfalls ebenso bei wie den CT-Bericht vom 6. September 2012 über eine am 25. Juli 2011 durchgeführte CT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule (LWS). Hierin wurde eine Höhenminderung der Bandscheibenfächer LWK 3/4 sowie L5/S1, ein Ventralgleiten von LWK 5 gegenüber S1 Grad 1 nach Meyerding beschrieben sowie ausgeprägte ventrale Spondylosen in allen Segmenten bei regelrechter Höhe der Wirbelkörper. Der Radiologe Dr. H. beschrieb einen medio-bilateralen Bandscheibenvorfall in L2/3 und ausgeprägter bei L3/4 sowie eine multisegmentale Osteochondrose der LWS. Aus dem Entlassungsbericht der Rheumaklinik I. vom 3. Juli 2012 ergibt sich die Diagnose einer schweren degenerativen Veränderung der LWS bei Morbus Forestier und Listhesis mit Lyse L5 beidseits. Der Beratungsarzt Dr. J. stellte in seiner Stellungnahme vom 26. November 2012 dar, dass die Beschwerden im Bereich der LWS des Klägers aktenkundig seit Juli 2011 zu einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers geführt hätten. Die Auswertung der CT-Aufnahmen vom 25. Juli 2011 und Röntgenaufnahmen vom 25. August 2004 und 5. April 2005 hätten einen Gleitwirbel L5 auf S1 mit einer Störung des Wirbelbogens im Sinne einer Spondylolisthesis L5/S1 (Wir-belgleiten) Grad 1 nach Meyerding sowie einen Bandscheibenvorfall im Segment L2/3 und bei L3/4 zum Vorschein gebracht. Bandscheibenvorwölbungen oder -vorfälle in L4/5 oder L5/S1 seien nicht darstellbar. Nach Auswertung der seitlichen Röntgenbilder sei eine Chrondrose Grad 1 bei L3/L4 festzustellen. Die zur fraglichen Anerkennung medizinisch zu fordernde Erniedrigung des Zwischenwirbelraumes von mindestens Grad 2 (Chondrose Grad 2) läge in keinem Segment vor. Zudem sei keine Spondylose zu finden. Die Höhe der Bandscheibenfächer der LWS zeige ein harmonisches Muster. Ein deutlich isoliertes Geschehen in einer Etage könne nicht erkannt werden. Als konkurrierende Ursache sei ein fortgeschrittener Gleitvorgang der LWS bei L5/S1 im Sinne einer Spondylolisthesis anzusehen. Die Hauptschädigung beim Kläger betreffe die Etagen, die nicht im Wesentlichen von belastungsbedingten Schäden betroffen seien. Ein Bandscheibenschaden, der den Erfordernissen der BK 2108 entspräche, sei nicht dokumentiert. Das Erkrankungsbild entspräche nicht den Kriterien, die Voraussetzung für die Anerkennung einer BK 2108 wären. Es sei hier entsprechend den Beurteilungskriterien von einer Konstellation A1 auszugehen. Der Landesgewerbearzt Dr. K. konnte in seiner Stellungnahme vom 14. Dezember 2012 dem Gutachten des Herrn Dr. J. nicht folgen und empfahl eine erneute Begutachtung des Klägers. Am 18. März 2013 legte der Präventionsdienst der Beklagten seine Stellungnahme vor. Hieraus ergibt sich eine berufliche Gesamtdosis nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) von 36 Meganewtonstunden (MNh = 106 Nh). Das zweite Zusatzkriterium entsprechend den Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung bei BK 2108 (besonders intensive Belastung; Anhaltspunkt: Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren) läge nicht vor. Auch das dritte Zusatzkriterium der Konsensempfehlungen (besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen; Anhaltspunkt: Erreichen der Hälfte des MDD-Tagesdosisrichtwertes durch hohe Belastungsspitzen - bei Männern ab 6 kN) sei ebenfalls nicht erfüllt. In Absprache mit dem Kläger beauftragte die Beklagte Herrn Dr. L. mit der Begutachtung des Klägers. Der Sachverständige untersuchte den Kläger am 24. Juni 2013 und legte sein Gutachten am 16. September 2013 vor. Die Röntgenuntersuchung hätte eine Höhenminderung der Bandscheibenfächer L3/4 sowie L5/S1 gezeigt. In Seitansicht seien erhebliche ventrale Verknöcherungen, zum Teil monströs, zum Teil mit vollständiger Verblockung der Wirbelkörper insbesondere über den oberen Abschnitten der LWS sichtbar gewesen. Das Längsband an der vorderen Lendenwirbelsäule wäre vollständig verknöchert. Zwischen L5 und S1 bestand ein Wirbelgleiten Grad 1 nach Meyerding. Dr. L. gelangte zu der Einschätzung, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK 2108 nicht gegeben seien. Es sei keine Differenzierung zwischen belasteter und unbelasteter LWS möglich; vielmehr sei die morphologische Struktur pathologischer Veränderungen einheitlich. Die Berechnung der normierten relativen Bandscheibenhöhe nach Hurxthal II lasse eine von oben nach unten zunehmende Höhenminderung in den einzelnen Bandscheibenfächern nicht erkennen. An den Deck- und Bodenplatten der Lendenwirbelkörper sei keine vermehrte Knochendichte in den einzelnen Bewegungssegmenten feststellbar. Zwar sei beim Kläger eine ausgeprägte ventrale Spondylophytenbildung vorhanden, allerdings ohne Höhenminderung der Zwischenwirbelräume mit Ausnahme von L3/4 und L5/S1. Die ausgeprägte Spondylophytenbildung setzte sich im Bereich der Brust- und Halswirbelsäule (BWS und HWS) fort, ohne dass in diesen Bereichen eine Höhenminderung der Zwischenwirbelräume erkennbar wäre. Dieser Röntgenbefund sei mit der Erkrankung Morbus Forestier vereinbar, die sich nicht mit einer beruflichen Exposition in Übereinstimmung bringen ließe. Die Erkrankung sei auch nicht im Sinne einer Verschlimmerung beeinträchtigt worden. Am 27. Januar 2014 führte Dr. L. ergänzend aus, dass beim Kläger die Konstellation C5 nach den Beurteilungskriterien/Konsensempfehlungen vorläge. Danach sei ein Zusammenhang zu einer beruflichen Tätigkeit nicht wahrscheinlich, falls die schicksalhaften Krankheitsursachen durch ihre überragende Qualität für das Schadensbild erklärbar seien. Im Fall des Klägers seien ein Morbus Forestier und die bereits im Jahr 2004 erkennbare Spondylolisthesis (Wirbelgleiten) zwischen L5/S1 als überwiegende Ursachen anzusehen, womit eine berufsbedingte Bandscheibenschädigung beim Kläger zu verneinen sei. Auf Anregung des Gewerbearztes Dr. K. veranlasste die Beklagte eine erneute Begutachtung, diesmal durch Herrn Dr. M., der sein Gutachten am 24. April 2014 vorlegte. Auch er führte aus, dass ein Wirbelgleiten beim Kläger im Segment L5/S1 nach Grad 1 nach Meyerding bestände. Bei L4/5 und L5/S1 war ein Bandscheibenvorfall nicht sichtbar. Ein Bandscheibenvorfall in L2/3 und L3/4 sei nicht ganz sicher nachvollziehbar, da qualitativ eine schlechte CT-Aufnahme vorgelegt worden sei. Auf jeden Fall sein kein sequestrierter Vorfall mit aufgerissenem Faserring der Bandscheibe sichtbar. Die Bestimmung der normierten relativen Bandscheibenhöhe nach Hurxthal II erbrachte keine relevante Chondrose im Segment L1/2, L2/3 und L4/5. Bei L3/4 und L5/S1 läge eine Chondrose Grad 1 mit einer relativen Bandscheibenhöhe von jeweils 68 % vor. Dr. M. führte aus, dass eine sichere, bandscheibenbedingte Symptomatik mit einer Schmerzausstrahlung in die Beine und ggf auch sensiblen oder motorischen Ausfallerscheinungen vom Kläger nicht beschrieben werde. Dies sei nach Aussage des Klägers auch zu keinem Zeitpunkt der Fall gewesen. Der Kläger habe lediglich einen diffusen Schmerz im Bereich der gesamten LWS angegeben, geringer ausgeprägt auch im Bereich der HWS und BWS. Im Bereich der hauptbelasteten Segmente L4/5 und L5/S1 könne ein Bandscheibenschaden und ein Bandscheibenvorfall nicht festgestellt werden. Die Röntgenaufnahmen hätten ein ausgeprägtes Muster eines Morbus Forestier zum Vorschein gebracht. Eine typische Begleitspondylose bei der Erkrankung des Klägers mit den massiven knöchernen Randkantenanbauten sei damit nicht mehr abgrenzbar bzw nachweisbar. Der klinische Befund einer bandscheibenbedingten Symptomatik habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Auch ein typischer segmentbezogener Befund sei nicht zu konstatieren. Als konkurrierende Ursachen seien das Wirbelgleiten bei L5/S1 und der Morbus Forestier anzusehen. Ein Zusammenhang dieser Erkrankung mit einer bandscheibenbedingten Erkrankung sei nicht feststellbar. Weder die Konstellationen A1, C2, B2 noch B3 nach den Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung bei BK 2108 lägen vor, womit insgesamt ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden könne. Schließlich empfahl der Gewerbearzt Dr. K. am 12. Mai 2014, die BK 2108 beim Kläger nicht anzuerkennen. Durch Bescheid vom 3. Juni 2014 stellte die Beklagte fest, dass die Erkrankung des Klägers nicht als BK 2108 anzuerkennen sei. Den hiergegen am 13. Juni 2014 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch Bescheid vom 30. September 2014 zurück. Der Kläger hat am 27. Oktober 2014 Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

  1. 1.)

    den Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2014 aufzuheben und

  2. 2.)

    festzustellen, dass die Berufskrankheit BK 2108 der Anlage 1 zur BKV beim Kläger vorliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich zur Begründung ihres Antrags auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Bescheide. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht hat nach Lage der Akten entscheiden, da die Beteiligten auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen wurden, der Kläger im Termin nicht erschienen war und die Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung beantragt hatte, § 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage iSd § 54 Abs 1 i.V.m. § 55 Abs 1 Nr 3 SGG statthafte Klage ist zulässig. Die Klage ist indes unbegründet. Der Bescheid vom 03. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2014 erweist sich als rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht iSd § 54 Abs 2 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der bei ihm bestehenden Erkrankung im LWS-Bereich als BK 2108 der Anlage 1 zur BKV. Es ist nach Auffassung des Gerichts bereits eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS nicht im Vollbeweis gesichert. Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufkrankheiten bezeichnet (sogenannte Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten Berufskrankheiten gehören nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist für die Feststellung einer Listen-BK erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) sowie dass eine Krankheit vorliegt. Des Weiteren muss die Krankheit durch die Einwirkungen verursacht worden sein (haftungsbegründende Kausalität). Schließlich ist Anerkennungsvoraussetzung, dass der Versicherte deshalb seine Tätigkeit aufgeben musste sowie alle gefährdenden Tätigkeiten unterlässt. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist die BK nicht anzuerkennen (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007 - Az: B 2 U 4/06 R = BSGE 99,162; Urteil vom 23. April 2015 - Az: B 2 U 6/13 R - zitiert nach ). Dabei müssen die "Krankheit", die "versicherte Tätigkeit" und die durch sie bedingten schädigenden "Einwirkungen" einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung für die Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (ständige Rechtsprechung, vgl anstatt vieler BSG, Urteil vom 04. Juli 2013 - Az: B 2 U 11/12 R = BSGE 114, 90 ff mit weiteren Nachweisen). Eine solche Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Faktoren ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass die richterliche Überzeugung hierauf gestützt werden kann (BSG Urteil vom 6. April 1989 - Az: 2 RU 69/87 - zitiert nach ). Definitionskriterien der hier streitigen BK 2108 sind - medizinisch eine gesicherte bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule und - arbeitstechnisch eine langjährige - versicherte - Exposition durch das Heben und Tragen schwerer Lasten und/oder Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung. Unstreitig erfüllt der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2108. Der Kläger arbeitete seit seiner Malerausbildung ununterbrochen als Maler bis zum Eintritt der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit am 06. Juli 2011. Er war damit als "Beschäftigter" im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Der Kläger unterlag für die Zeit seiner Tätigkeit als Maler einer kumulativen Einwirkungsbelastung in Form von Heben oder Tragen schwerer Lasten bzw. Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung von 36 × 106 Nh. Dies ergibt sich aus der Stellungnahme des Präventionsdienstes der Beklagten vom 18. März 2013, womit er den für Männer angesetzten Orientierungswert von 25 x 106 übertrifft. Beim Kläger ist nach Überzeugung der Kammer bereits eine bandscheibenbedingte Erkrankung iSd BK 2108 nicht im Vollbeweis gesichert. Dies ergibt sich dem Gericht aus dem Gutachten des Herrn Dr. L. vom 16. September 2013 als auch aus dem Gutachten des Herrn Dr. M. vom 14. April 2014. Ein typischer, segmentbezogener Befund mit begleitender radikulärer Symptomatik ließ sich beim Kläger nicht erheben. Beim Kläger besteht nach Auswertung der Röntgen- und (qualitativ schlechten) CT-Befunden allenfalls eine relevante Vorwölbung bzw. ein grenzwertiger Vorfall im Segment L2/3. Im Bereich der bei der BK 2108 hauptbelasteten Segmente L4/5 und L5/S1 ist ein Bandscheibenschaden und somit ein Bandscheibenvorfall anhand der von den Sachverständigen ausgewerteten Röntgen- und CT-Befunde nicht erkennbar. Ferner ergibt die Berechnung der normierten Bandscheibenhöhen nach Hurxthal II nur eine erstgradige Chondrose im Bereich der Segmente L3/4 und L5/S1 (relative Bandscheibenhöhe jeweils 68 %). Im Segment L5/S1 ist das Wirbelgleiten nach Meyerding Grad 1 sichtbar. In den Segmenten L1/2 und L2/3 und L4/5 konnte eine relevante Chondrose nicht gemessen werden. Insoweit decken sich die Berechnungen der Sachverständigen Dr. J. und Dr. M ... Eine sichere, bandscheibenbedingte Symptomatik mit einer Schmerzausstrahlung in die Beine und ggf. auch sensiblen oder motorischen Ausfallerscheinungen wurde weder in den medizinischen Befunden beschrieben, noch haben solche Beschwerden zu irgendeinem Zeitpunkt vorgelegen, was der Kläger gegenüber Dr. M. angegeben hatte. Der Kläger berichtete lediglich über diffuse Schmerzen im Bereich der gesamten LWS, geringer ausgeprägt auch im Bereich der HWS und BWS. Die bei Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls (hier allenfalls im Segment L2/3) zur Anerkennung der Erkrankung als Listenkrankheit 2108 nach den Beurteilungskriterien zusätzlich erforderlichen Begleitspondylosen sind beim Kläger aufgrund der massiven knöchernen Randkantenanbauten aufgrund des Morbus Forestier nicht sicher abgrenzbar. Ein belastungskonformes Schadensbild der LWS gemäß den Konsensempfehlungen ist nicht erkennbar. Im Vollbeweis gesichert beim Kläger hingegen ist eine Spondylosis hyperostotica, der sogenannte Morbus Forestier. Diese Erkrankung führt zu erheblichen ventralen Verknöcherungen (ausgeprägte knöcherne Randkantenanbauten), die von Dr. L. als zum Teil monströs, als zum Teil mit vollständiger Verblockung der Wirbelkörper insbesondere über den oberen Abschnitten der LWS beschrieben werden. Die mit an Sicherheit vorliegende Erkrankung des Klägers, der Morbus Forestier, besteht beim Kläger im Bereich der gesamten Wirbelsäule und ist unabhängig von einer beruflichen Belastung entstanden. Dies führen die Sachverständigen Dr. L. und Dr. M. übereinstimmend zu Überzeugung des Gerichts aus. Jedoch auch, wenn man im Fall des Klägers eine bandscheibenbedingte Erkrankung im Sinne der BK 2108 der Anlage 1 der BKV als im Vollbeweis gesichert unterstellt, weil der CT-Bericht vom 06. September 2012 einen Bandscheibenvorfall im Segment L2/3 und ausgeprägter bei L3/4 beschreibt, ist ein Zusammenhang zwischen der bei der Kläger bestehenden Erkrankung der LWS und der zuvor ausgeübten beruflichen Tätigkeit nicht wahrscheinlich zu machen. Zur Beurteilung des Kausalzusammenhangs sind die Medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule (Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung; Veröffentlichung: Bolm-Audorff/Brandenburg/Brüning et al, Trauma und Berufskrankheit 2005, S 211 - 252) bei den BKen Nr 2108 bis 2110 heranzuziehen. Dabei gelangen folgende Kriterien zur Anwendung (vgl Mehrtens/Brandenburg: Die Berufskrankheitenverordnung [BKV], M 2108 Rn 6.2): 1. Lokalisation des morphologischen Schadens 2. der Degenerationszustand der gesamten Wirbelsäule 3. Vorhandensein einer sogenannten Begleitspondylose als Positivkriterium 4. Art und Ausprägung prädispositioneller Faktoren sowie 5. spezielle Ausprägung der beruflichen Exposition (sogenannte Spitzenbelastung). Nach den Konsensempfehlungen (aaO, S 216) spricht eine Betonung der Bandscheibenschäden an den unteren drei Segmenten der LWS eher für einen Ursachenzusammenhang mit der beruflichen Exposition. Umgekehrt spricht eine Aussparung der unteren LWS-Segmente eher gegen eine berufliche Verursachung. Diese tendenziellen Aussagen werden in den Konsensempfehlungen im Rahmen der Darstellung typischer Fallkonstellationen (Konsensempfehlungen, aaO, S 217 ff) konkretisiert. Danach wird im Falle eines bei L2/3 und höher lokalisierten Schadens die Wahrscheinlichkeit einer exogenen Verursachung verneint (Fallkonstellationen C1 und C2), es sei denn dass eine sogenannte Begleitspondylose vorliegt. Als Begleitspondylose im Sinne der Konsensempfehlungen wird definiert eine Spondylose in/im nicht von Chondrose oder Vorfall betroffenen Segment(en) (a) sowie in/im von Chrondrose oder Vorfall betroffenen Segment(en), die nachgewiesenermaßen vor dem Eintritt der bandscheibenbedingten Erkrankung im Sinne einer Chondrose oder eines Vorfalls aufgetreten ist (b). Um eine positive Indizwirkung für eine berufsbedingte Verursachung zu haben, muss die Begleitspondylose über das Altersmaß hinausgehen und mindestens 2 Segmente betreffen (Konsensempfehlungen, aaO, S 216 f). Die Begleitspondylose wird nach den Konsensempfehlungen als Zeichen dafür gewertet, dass eine langjährige Belastung/Beanspruchung der LWS tatsächlich in Form belastungsadaptiver Umbauvorgänge wirksam geworden ist. Diese "belastungsadaptiven Reaktionen" sollen umso ausgeprägter sein, je höher die Wirbelsäulengelenke beansprucht werden (Mehrtens/Brandenburg, aaO, Kap 6.2.4, S 54 f mwN aus der medizinischen Literatur). Ein Ursachenzusammenhang wurde verneint, wenn eine bandscheibenbedingte Erkrankung nicht nachgewiesen ist (sogenannte A1-Konstellationen) oder die ausreichende berufliche Belastung nicht vorliegt (Konstellation A2). Ein weitergehender, aber nicht umfassender Konsens wurde erreicht bei einer Schadenslokalisation, bei denen die bandscheibenbedingte Erkrankung die unteren beiden Segmente der LWS (L4/5 oder L5/S1) betrifft und eine Chondrose Grad II oder höher vorliegt (Fallkonstellationen B1 bis B10). Die B-Konstellationen, bei denen ein Ursachenzusammenhang im Konsens als wahrscheinlich beurteilt wurde, haben gemeinsam, dass entweder eine "Begleitspondylose" nach Definition der Konsensempfehlungen vorliegt oder mindestens 1 der Zusatzkriterien der Konstellation B2 erfüllt ist. Die Einordnung des Erkrankungsbildes des Klägers in die Fallkonstellationen B1 bis B10 ist nicht möglich, da bereits eine bandscheibenbedingte Erkrankung der unteren beiden Segmente der LWS des Klägers ausgeschlossen ist. Dies ergibt sich aus dem CT-Bericht vom 6. September 2012 sowie aus den Gutachten des Dr. L. vom 16. September 2013 und des Dr. Möller vom 24. April 2014 sowie aus der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Otto vom 26. November 2012. Konsens zur Beurteilung der Zusammenhangsfrage wurde überwiegend erreicht bei einer Schadenslokalisation, bei denen die bandscheibenbedingte Erkrankung - wie hier im Fall des Klägers - nicht die unteren beiden Segmente der LWS (L4/5 oder L5/S1) betrifft und eine Chondrose Grad II oder höher und/oder Vorfall vorliegt (Fallkonstellationen C1 bis C5). Unterstellt, der im CT- Befund vom 6. September 2012 beschriebenen Bandscheibenschaden bei L2/3 war eine als relevant zu bezeichnende Form eines Bandscheibenvorfalls - wobei unklar bleibt, ob zum damaligen Zeitpunkt hiervon ausgehend eine Symptomatik im Sinne einer radikulärer Symptomatik und somit ein entsprechender klinischer Segmentbefund festzustellen war -, wäre die Situation nach der Konstellation C2 zu bewerten. Doch auch diese Möglichkeit scheidet beim Kläger aus, da anhand der Gutachten des Dr. J. und des Dr. M. eine Chondrose Grad I in keinem der LWS-Segmente des Klägers festgestellt werden konnte und zudem beim Kläger eine "Begleitspondylose" nicht vorliegt. Weder gelingt die Einordnung in die Fallkonstellation C1 bis 5 gelingt; noch wäre bei Einordnung des Schadensbildes in eine C-Konstellation der Zusammenhang mit einem unterstellten Bandscheibenschaden bei L2/3 entsprechend der Konsensempfehlungen wahrscheinlich. Da beim Kläger weder eine Begleitspondylose noch ein Bandscheibenschaden an der HWS nachweisbar sind und zudem konkurrierende Ursachenfaktoren in Form eines Wirbelgleitens (Spondylolisthesis) von L5 auf S1 nach Meyerding Grad 1 als auch der Morbus Forestier hinzutreten, kann nach den Konsensempfehlungen ein Ursachenzusammenhang zwischen der Erkrankung des Klägers und der beruflichen Tätigkeit nicht hergestellt werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.