Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 27.02.2018, Az.: 1 A 926/16

Drainage; Gewässer; Gewässereigenschaft; Kanal; Kanalisation; Niederschlagswasser; Niederschlagswassergebühr; Verrohrung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
27.02.2018
Aktenzeichen
1 A 926/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74115
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Gewässereigenschaft einer verrohrten Gewässerstrecke kann insbesondere verloren gehen, wenn infolge baulicher Veränderungen kein Zufluss aus einem (natürlichen) Gewässer mehr vorhanden ist. Ein indirekter Zufluss aus landwirtschaftlichen Drainagerohren, die bei der Bebauung früherer Felder an Grundstücksentwässerungsanlagen angeschlossen wurden, vermittelt keine Gewässereigenschaft.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Heranziehung zu Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks A-Straße in E. (Flurstück 3/12). Die beidseitig Anliegerbebauung aufweisende F. verläuft vom G. aus mit Gefälle von Südwesten nach Nordosten und mündet in die H.. In nordöstliche Richtung gehen von der F. zwei Stichstraßen ("I. " und "J. ") und ein Stichweg ab, der zum klägerischen Grundstück führt. 1978 wurden an der nordwestlichen Grenze des klägerischen Grundstücks beim Ausbaggern der Baugrube Felddrainagerohre unterbrochen, was zu Feuchtigkeitsproblemen im Keller und zu Staunässe auf dem angrenzenden Feld führte, woraufhin auf dem Feld ein "Entlastungskanal" verlegt wurde, an den die unterbrochenen Drainagerohre angeschlossen wurden. 1978/1979 wurden von der Beklagten in der F. neue Rohrleitungen im Trennsystem für Schmutz- und Niederschlagswasser verlegt; auch alte Rohrleitungen blieben erhalten. An eine der in der F. verlaufenden Rohrleitungen, deren rechtliche Qualität zwischen den Beteiligten streitig ist, ist das Grundstück des Klägers über eine im Stichweg verlegte private Rohrleitung angeschlossen. Der Kläger bat unter dem 30. November 1978 um Anschluss des errichteten Neubaus an "den neu verlegten Regenwasserkanal", da das Wasser nicht ohne Pumpe in den alten, höher liegenden Kanal geleitet werden könne. Die Beklagte wies unter dem 6. Dezember 1978 darauf hin, dass vorab geprüft werden müsse, ob die Tiefenlage des neuen Kanals ausreiche, um den Regenwasserabfluss vom klägerischen Grundstück aufzunehmen. Schließlich lehnte sie mit Schreiben vom 15. Mai 1979 den Bau einer gemeindlichen Kanalverbindung zwischen dem klägerischen Grundstück und der F. unter Hinweis auf den im Privatbesitz befindlichen Weg und die hohen Kosten ab. Der Bau einer Kanalverbindung werde frühestens nach Übernahme des Weges und dessen Ausbau geschehen. Der Kläger wurde seither zu Abwasserbeseitigungsgebühren herangezogen. Seit dem Jahr 1996 wurden getrennte Gebühren für Schmutz- und Niederschlagswasser erhoben. Zu Niederschlagswassergebühren werden nach den Angaben des Klägers nicht diejenigen Grundstückseigentümer herangezogen, die das Wasser in Kanalstränge ableiten, die an den Rückseiten der Grundstücke verlaufen.

Anfang 2004 beantragte die Beklagte erstmals eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung von Niederschlagswasser der Ortschaften E., K. und L. in verschiedene Gewässer dritter Ordnung. In dem Erläuterungsbericht heißt es u. a., dass die Vorfluter für die Einleitungsstellen südlich des Ortes am Ausläufer des M. entspringen würden und durch die über Jahrzehnte gewachsene Ortschaft zum Teil auf Privatgrundstücken verrohrt und erst im nördlichen Teil der Ortslage offen seien. Das Niederschlagswasser werde über Gewässer dritter Ordnung, die als Vorfluter dienten, dem N. Bach zugeführt. Der Untergrund des G. hanges sei durch Störzonen mit tiefreichendem Kluftsystem zerschnitten, wobei die Verwerfungen durch Bergwerksanlagen durchstoßen würde, was einer riesigen unterirdischen Drainage entspreche. Als Sanierungsmaßnahme wurde die konstruktive Abkopplung des Außeneinzugsgebietes oder eine Rückhaltung erörtert, die dazu führen könnte, dass die vorhandenen Verrohrungen nur für das Oberflächenwasser aus der Ortslage dienen könnten. Eine weitere Variante sei die Umlegung der Vorfluter auf der nordwestlichen und östlichen Seite der Ortslage. Die vorhandenen Verrohrungen der Grabensysteme könnten somit nur für das Oberflächenwasser aus der Ortslage dienen. Zusammengefasst bestehe zum Teil eine hydraulische Überlastung des vorhandenen Regenwassernetzes. Ursächlich sei eine Unterdimensionierung des Regenwassernetzes bzw. der Gewässerverrohrung. Die beantragte Erlaubnis wurde unter dem 20. September 2004 von der Region B-Stadt erteilt. Für die Ortslage E. wurde dabei die Umsetzung einzelner Maßnahmen vorgesehen (Aufgabe des Einlaufs im Bereich der Straße "J. ", Aufweitung des Kanals von Hausnummer 40/42 bis zur Straße "J. ", Umbau eines Schachtbauwerks als Abschlagbauwerk in das nordwestlich verlaufende Gewässer dritter Ordnung).

In einer Sitzung des Ausschusses für Bau Planung und Umwelt der Beklagten am 5. November 2015 antwortete die Verwaltung der Beklagten auf eine entsprechende Einwohnerfrage, dass alte Unterlagen gefunden worden seien, aus denen hervorgehe, dass ein Teil der Regenwasserkanalisation privat sei, ein anderer Teil jedoch ein Gewässer dritter Ordnung. Die endgültige Klärung der aufgeworfenen Fragen werde im Verfahren zum Ausbau der F. erfolgen. Mit E-Mail vom 12. Januar 2016 beantwortete die Region B-Stadt eine vorangegangene Frage des Klägers dahingehend, dass seitens der Region B-Stadt keine Genehmigung erteilt worden sei, die verrohrten Abschnitte des in der F. verlaufenden Gewässers mit in das kommunale Kanalisationssystem zu integrieren. Aus dem von der Beklagten eingereichten Kanalbestandsplan (Fassung vom 13.07.2016, Beiakte 002) ergibt sich, dass ein als "Regenwasserkanal Abschnitt 1" (RW 1) bezeichneter Kanal in Höhe der Hausnummern 41 und 42 beginnt. In Höhe der östlichen Einmündung der Straße "J. " mündet ein verrohrter Graben ein. Der Durchmesser vergrößert sich von 300 auf 500 mm. Ab Höhe der westlichen Einmündung der Straße "J. " verläuft parallel zum RW 1 ein als "Regenwasserkanal Abschnitt 2" (RW 2) bezeichneter weiterer Kanal bis zur Höhe der Hausnummern 6 und 9A, wo er gemeinsam mit dem RW 1 in einen als "Regenwasserkanal Abschnitt 3" bezeichneten Kanal mit einer Dimensionierung von 800 mm mündet, welcher weiter in der F. verläuft und schließlich die H. unterquert.

Der Kläger wurde mit Abgabenbescheid der Beklagten vom 12. Januar 2016 für das Grundstück A-Straße in E. (Flurstück 3/12) u. a. zu Niederschlagswasserbeseitigungsgebühren i. H. v. 51,77 EUR (310 m2 Fläche bei einem Gebührensatz von 1,67 EUR/10 m2) herangezogen.

Der Kläger hat gegen die Festsetzung von Niederschlagswassergebühren am 11. Februar 2016 Klage erhoben. Das Oberflächenwasser abführende System sei ein in mehreren parallelen Strängen verlaufendes natürliches Gewässer dritter Ordnung, das in sieben verschiedenen Quellzuflüssen - davon sechs aus dem G. - seinen Ursprung habe. Das Gewässer verlaufe im Straßenbereich durch bis zu drei parallel geführte verrohrte Stränge und zwei größtenteils verrohrte Gräben, die südlich und nördlich der Straße entlang der Rückseiten der Häuser verliefen. Bis in die 1950er-Jahre sei der heutige Kanal RW 1 als offener Wegeseitengraben verlaufen und habe als Oberflächenentwässerung der umliegenden Wald- und Ackerflächen gedient; er stelle ein natürliches Gewässer dar. Die Verrohrung sei im Zuge der Errichtung von Wohngebäuden an der Nordseite vorgenommen worden. Die Haupteinleitungsmenge sei Felddrainagewasser. Die Grundstücksanlieger Hausnummern 36 bis 26a leiteten Drainage- und Oberflächenwasser nicht in diesen Kanal, sondern in das auf der Rückseite der Grundstücke verlaufende Gewässer. Das verrohrte Gewässer dritter Ordnung habe in Höhe der Straße "J. " ursprünglich die F. unterquert. Die Verlegung des RW 2 (gemeint RW 1) in 1978/79 sei auf Bitten und Empfehlung von mehrfach von Überschwemmungen betroffenen Anliegern zusammen mit dem neuen Schmutzwasserkanal erfolgt und habe als Entlastungskanal ausschließlich wasserwirtschaftlichen Zwecken gedient. Das aus Norden über die Straße "J. " einströmende Gewässer dritter Ordnung sei in den RW 2 (gemeint RW 1) umgeleitet worden. 78,4 % des Wassers stamme aus den umliegenden landwirtschaftlich genutzten Flächen, 12 % von befestigten Flächen der Anliegergrundstücke und der Straße und 9,6 % von Grünflächen innerhalb des Baugebiets. Für die Erhebung von Kanalbenutzungsgebühren fehle es an einer Rechtsgrundlage. Die untere Wasserbehörde habe bestätigt, dass keine Genehmigung dafür erteilt worden sei, die verrohrten Abschnitte des in der F. verlaufenden Gewässers in das kommunale Kanalisationssystem zu integrieren. Es fehle an einem Entzug der Gewässereigenschaft. Es fließe noch Oberflächenwasser aus Felddrainagerohren zu, was ein Fortbestehen der Gewässerfunktion auch im Bereich der verrohrten Abschnitte begründe. Eine vollständige Absonderung vom natürlichen Wasserkreislauf sei nicht gegeben; der RW 2 nehme weiter am natürlichen Wasserkreislauf teil und behalte seine Gewässerfunktion. Der RW 2 sei funktionell eingebunden in die Ableitung von Oberflächenwasser durch das alte Kanalnetz in der F.. Die alten Felddrainagen seien weiter in Funktion; dies habe nur durch deren Anschluss an die grundstückseigenen Regenwasserabflusssysteme erreicht werden können. So verlaufe der hinter dem klägerischen Grundstück verlegte Entlastungskanal in Richtung Hausnummer 10. Die Funktion der Felddrainagen werde mithin durch die Grundstücksentwässerungsanlagen mit aufrechterhalten. Das Gewässer der F. sei auch nicht rechtswirksam durch Widmung zum Bestandteil des kommunalen Regenwassernetzes bestimmt worden. Eine Widmung erfolge nicht "automatisch" durch die Abwasserbeseitigungsabgabensatzung. Eine wasserrechtliche Erlaubnis sei notwendige Voraussetzung für die Widmung eines Gewässers; darüber hinaus bedürfe es aber auch einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde, die nicht vorliege. Unabhängig davon fehle es auch an einem eindeutigen schlüssigen Verhalten der Beklagten, aus dem ein Widmungswillen hätte erkannt werden können. Heranziehungsbescheide mit gleichem Aufbau seien bereits seit vielen Jahren vor 2004 versandt worden, sodass dem Bescheid für 2004 keine entsprechende Aussagekraft zugeschrieben werden könne. Es werde auch gegen die Beitragsgerechtigkeit verstoßen, weil nur von den Anliegern Gebühren erhoben würden, die ihr Oberflächenwasser in einen der im Straßenbett verlaufenden Kanalstränge ableiteten, nicht aber von denjenigen, die in Kanalstränge auf den Rückseiten der Häuser entwässerten. Die Einleitung von Niederschlagswasser vom klägerischen Grundstück stelle wasserrechtlichen Gemeingebrauch dar. Schließlich verstoße das dem Abgabenbescheid zugrundeliegende Satzungsrecht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Es fehle insbesondere bei jenen Grundstücken an einer eindeutigen Bestimmung, von denen das Oberflächenwasser in ein Gewässer dritter Ordnung eingeleitet werde. Gebühren würden auch deshalb nicht ausgelöst, weil das Niederschlagswasser ohne Behandlung oder Reinigung in einen Vorfluter geleitet werde. Außerdem sei das Grundstück in Bezug auf den Regenwasseranschluss ein nicht erschlossenes Hinterliegergrundstück.

Der Kläger beantragt,

den Abgabenbescheid der Beklagten vom 12. Januar 2016 aufzuheben, soweit dieser Niederschlagswassergebühren festsetzt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das klägerische Grundstück sei am Kanal RW 2 und damit an die zentrale Niederschlagswasserbeseitigungsanlage angeschlossen. Der RW 2 diene ausschließlich der Grundstücks- und Straßenentwässerung; ein Gewässer dritter Ordnung entwässere nicht in diesen Kanal. Der Kläger verwechsele den Sachverhalt, wenn er die Weiterführung des RW 1 als RW 2 bezeichne. Der Kanal RW 2 sei durch Satzung gewidmet und Teil der zentralen öffentlichen Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung. Ein Gewässer dritter Ordnung werde nicht in den Kanal eingeleitet. Der behauptete Zufluss von Felddrainagen könne nicht bestätigt werden; Drainageleitungen aus den Feldern hätten im Zuge der optischen Inspektion der Kanäle nicht identifiziert werden können. Bei dem vom Kläger beschriebenen Rohr handele es sich nicht um ein Tonrohr, sondern um ein Steinzeugrohr, das in der Regel für den Bau von Schmutzwasserkanälen verwendet werde. In dem gesamten Kanalstrang befänden sich insgesamt vier angeschlossene Straßenabläufe und acht Grundstücksentwässerungen. Weiterhin mündeten zwei Kanalstränge aus dem Stichweg zu den Hausnummern 14 A, 16 und 18 ein. Die vom Kläger dargestellte Berechnung der Abflussspenden sei nicht auf den Kanal RW 2 anwendbar. Eine bewusste zielgerichtete Einleitung von Oberflächenwasser aus den Außenbereichen finde nicht statt; es handele sich allenfalls um systembedingtes Fremdwasser, was nur noch in äußerst seltenen Fällen bei Starkregenereignissen über die Grundstücke in die Niederschlagswasserbeseitigungsanlage gelange.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Über die Klage entscheidet nach dem Übertragungsbeschluss der Kammer vom 19. Januar 2018 der Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 VwGO).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Festsetzung von Niederschlagswasserbeseitigungsgebühren ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Für die Inanspruchnahme ihrer zentralen öffentlichen Abwasseranlagen erhebt die Beklagte aufgrund ihrer Satzung über die Erhebung der Abgaben für die Abwasserbeseitigung (Abwasserbeseitigungsabgabensatzung - ABAS -) vom 13. Dezember 2012 Gebühren. Nach § 1 Abs. 1 c) der Satzung der Beklagten über die Abwasserbeseitigung und den Anschluss an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage (Kanalanschlusssatzung - KAS -) vom 17. Dezember 1998 betreibt diese nach Maßgabe der Satzung zur Beseitigung des in ihrem Entsorgungsgebiet anfallenden Niederschlagswassers eine rechtlich selbstständige Anlage zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung als öffentliche Einrichtung. Gemäß § 13 ABAS werden für die Inanspruchnahme der zentralen öffentlichen Abwasseranlagen Abwassergebühren für die Grundstücke erhoben, die an diese öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen sind oder in diese entwässern. Nach § 14 Abs. 2 ABAS wird die Abwassergebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung nach der überbauten und befestigten Grundstücksfläche bemessen, von der aus Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlage gelangt, wobei jeweils angefangene 10 m² eine Berechnungseinheit bilden; nach § 15 Buchst. b) in der Fassung vom 17. Dezember 2015 belief sich der Gebührensatz ab 1. Januar 2016 auf 1,67 EUR/10 m². Nach § 2 Abs. 5 KAS gehören zu den öffentlichen Abwasseranlagen das gesamte öffentliche Entwässerungsnetz einschließlich aller technischen Einrichtungen wie a) u. a. Leitungsnetz mit - je nach den öffentlichen Verhältnissen - getrennten Leitungen für Schmutzwasser und Niederschlagswasser und d) offene und verrohrte Gräben, Mulden und Wasserläufe, wenn ihnen wasserrechtlich die Gewässereigenschaft entzogen ist und sie zur Aufnahme der Abwässer dienen.

1. Eine Inanspruchnahme der zentralen Niederschlagswasserbeseitigung durch das klägerische Grundstück i. S. v. § 13 ABAS ist gegeben. Der Kanal RW 2 (laut Kanalbestandsplan vom 13.07.2016), an den das klägerische Grundstück über eine private Leitung angeschlossen ist, ist nach Einschätzung des Einzelrichters jedenfalls infolge des mit den Baumaßnahmen in den Jahren 1978/1979 geschaffenen und bis heute unverändert gebliebenen Zustands als Teil der öffentlichen Abwasseranlagen i. S. v. § 2 Abs. 5 a) und d) ABS anzusehen, weil spätestens mit der "Entkopplung" des RW 2 vom RW 1 eine etwaige vormals vorhandene Eigenschaft als Gewässer verloren gegangen war.

Ein oberirdisches Gewässer i. S. d. Wasserhaushaltsgesetzes ist das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser (§ 3 Nr. 1 WHG). Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NWG sind die Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes und des Niedersächsischen Wassergesetzes nicht anzuwenden auf Gräben, einschließlich Wege- und Straßenseitengräben als Bestandteil von Wegen und Straßen, die nicht dazu dienen, die Grundstücke mehrerer Eigentümer zu bewässern oder zu entwässern. § 1 Abs. 2 NWG bestimmt, dass ein natürliches Gewässer als solches auch nach künstlicher Änderung gilt und dass im Zweifel ein Gewässer als ein natürliches anzusehen ist.

a) Bei der gemeindlichen Siedlungsentwicklung werden regelmäßig Maßnahmen erforderlich, um den Verlauf vorhandener natürlicher Fließgewässer als "Vorfluter" und die beabsichtigte bauliche Nutzung, die mit einer Flächenversiegelung einhergeht, miteinander vereinbar zu machen. Gleiches gilt für vor der baulichen Nutzung vorhandene landwirtschaftliche Entwässerungssysteme, denen ebenfalls eine Gewässereigenschaft zukommen kann. Vielfach müssen für die Siedlungsentwicklung offene Wasserläufe einer Verrohrung weichen, was in der Folge das Problem aufwerfen kann, ob es sich bei einem verrohrten Wasserlauf gleichwohl noch um ein Gewässer oder aber schon um einen Teil des gemeindlichen Regenwasserkanalnetzes handelt. Wasserrechtlich ist dies für die Frage der Unterhaltungspflicht und abgabenrechtlich für die Frage einer gebührenpflichtigen Benutzung einer öffentlichen Einrichtung der Gemeinde in Gestalt eines von dieser vorgehaltenen Kanalnetzes von Relevanz. Ein typisches partiell verrohrtes natürliches Fließgewässer ist dasjenige, bei dem ein bislang offenes Gewässerbett streckenweise verrohrt wird, weil der offene Verlauf einer (baulichen) Nutzung im Wege wäre; Zweck ist dabei in erster Linie die Fortführung des natürlichen Verlaufs bei gleichzeitiger Nutzbarmachung der darüber liegenden Fläche. Für die Gewässereigenschaft ist nach der gesetzlichen Definition der Abfluss in einem "Bett" gefordert.

In seiner älteren Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 31.10.1975 - IV C 43.73 -, juris Rn. 26 f.) zum Tatbestandsmerkmal des "Betts" und damit zugleich zu der skizzierten Abgrenzungsproblematik ausgeführt:

"Dieses Tatbestandsmerkmal versteht in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch unter einem Gewässerbett eine äußerlich erkennbare natürliche oder künstliche Begrenzung des Wassers in einer Eintiefung an der Erdoberfläche […]. Von einem Gewässerbett in diesem Sinne kann daher nicht mehr die Rede sein, wenn […] ein im Quellbereich noch offenes Wasser an einem bestimmten Punkt des Wasserlaufs vollständig von einer unterirdisch verlegten Rohrleitung aufgenommen und mit dieser in einem sodann geschlossenen Verlauf dem nächsten Vorfluter zugeführt wird. Für den Bereich einer derart abgeschlossenen Wasserführung fehlt es offensichtlich sowohl an einem "äußerlich erkennbaren" Gerinne, als auch an einem Gerinne in einer "Eintiefung an der Erdoberfläche". Dieser Beurteilung steht es nicht entgegen, daß - wie allgemein anerkannt ist - der teilweise Verlauf oberirdischer Gewässer durch unterirdische Teilstrecken nicht notwendigerweise und nicht in jedem Fall von Einfluß auf die rechtliche Qualifizierung des Gesamtgewässers zu sein braucht. Das Vorhandensein eines offenen Gewässerbettes wird vom gesetzlichen Tatbestand nicht in dem Sinne absolut gefordert, daß ein oberirdisches Gewässer diese seine Eigenschaft allein schon deshalb verlieren würde, weil und soweit es an einzelnen Stellen, etwa in Felsdurchlässen oder -höhlungen, in Rohren, Tunneln oder Dükern, unterirdisch verläuft. In der Regel sind solche unterirdischen Teilstrecken oberirdischer Gewässer weder zum Grundwasser im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 WHG zu rechnen […] noch für sich allein geeignet, den (Teilverlust) Verlust der im übrigen gegebenen Gewässereigenschaft zu bewirken; sie bleiben vielmehr grundsätzlich Bestandteile derjenigen oberirdischen Gewässer, in deren Verlauf sie fallen. […] [D]er Verlust eines offenen, an der Erdoberfläche sichtbaren Gewässerbettes wirkt sich für ein Wasservorkommen als Verlust auch seiner Eigenschaft als oberirdisches Gewässer jedenfalls dann aus, wenn das Wasser vollständig in einer Rohrleitung gefaßt wird und für seinen gesamten weiteren Verlauf bis zur Einmündung in den nächsten Vorfluter in einem Leitungssystem vom unmittelbaren Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserkreislauf abgesondert bleibt."

In seiner jüngeren Rechtsprechung stellt das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 27.01.2011 - 7 C 3/10 -, juris Rn. 19 f.) für die rechtliche Einordnung des verrohrten Abschnitts eines Gewässers hingegen nicht mehr auf eine im vorstehend beschriebenen Sinne formale, sondern auf eine materielle, wertende Betrachtung ab:

"Der 4. Senat hat in seinem Urteil vom 31. Oktober 1975 […] das Vorliegen einer für die Gewässereigenschaft unschädlichen unterirdischen Teilstrecke (nur) dann als möglich erachtet, wenn diese in den Verlauf eines oberirdischen Gewässers fällt. Die Frage, ob insoweit der Verlauf des Gewässers durch die Teilstrecke ohne Gewässerbett unterbrochen wird, beantwortet die Entscheidung nach einem formalen, auf das jeweilige Gewässer bezogenen Verständnis, nicht aber im Wege einer materiellen Betrachtungsweise bezogen auf die Teilhabe am natürlichen Wasserkreislauf, der sich nicht auf das einzelne Gewässer beschränkt. Dieser formale Ansatz ermöglicht zwar eine klare Abgrenzung, wenn das Gewässer auf dem letzten Teilstück verrohrt ist. Für die unterschiedliche wasserrechtliche Einordnung je nach Lage der unterirdisch geführten Teilstrecke als Zwischen- oder als Endstück eines Gewässers fehlt es aber an einem angesichts des Regelungszwecks des Wasserhaushaltsgesetzes überzeugenden Grund. Der Maßstab für den Verlust der Gewässereigenschaft ist letztlich die Absonderung vom natürlichen Gewässerhaushalt, die sich insbesondere in der Beeinträchtigung der Gewässerfunktionen zeigt. Ob diese bei einer Unterbrechung der offenen Wasserführung von einem solchen Gewicht ist, dass der Zusammenhang mit dem Wasserhaushalt gelöst erscheint, muss sich daran messen lassen, ob das Wasser weiterhin in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden ist. Hierfür ist unbeachtlich, ob das Gewässer vor und nach der unterirdischen Wasserführung rechtlich identisch ist. Vielmehr kann die Einbindung in den natürlichen Wasserkreislauf bei einer funktionsbezogenen, an den tatsächlichen Gegebenheiten orientierten Betrachtungsweise auch dann zu bejahen sein, wenn die unterirdische Wasserführung das Wasser von einem Gewässer in das nächste leitet […]. Demgegenüber endet die Gewässereigenschaft, wenn der Wasserlauf vollständig in eine Abwasseranlage einbezogen wird."

b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann nicht von einer Gewässereigenschaft des Kanals RW 2 ausgegangen werden. Zweifelhaft ist die Gewässereigenschaft schon vor den baulichen Veränderungen in den Jahren 1978/1979, als der jetzige im Kanalbestandsplan als RW 2 bezeichnete Kanal noch aus dem Kanal RW 1 gespeist wurde. Die Annahme des dem Kläger insoweit vorschwebenden (kanalisationsfreien) "aufgefächerten (natürlichen) Gewässers dritter Ordnung" über mehrere lange Rohrstränge wäre in Anbetracht der dargestellten Definition für ein Gewässer zumindest untypisch. Die Verrohrung wurde bereits in den 1950er-Jahren offenkundig vor dem Hintergrund der Wohnbebauung an der F. erstellt und sollte damit gerade auch Zwecke der Siedlungsentwässerung erfüllen. Ein Wasserlauf in einem offenen Gewässerbett, welches durch eine Verrohrung nur (kurz) unterbrochen wurde, erscheint nicht sehr naheliegend, denn immerhin erstreckt sich die Verrohrung auf den gesamten bebauten Bereich der F.. Die Frage der Einstufung des RW 1 in seiner ursprünglichen Form als Gewässer (wovon in der mündlichen Verhandlung im Übrigen auch die Beklagte selbst ausgegangen ist) oder Teil der gemeindlichen Kanalisation lässt der Einzelrichter indessen ausdrücklich offen, da es darauf für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits letztlich nicht ankommt.

Jedenfalls ab den baulichen Veränderungen 1978/1979 kann der Kanal RW 2 kein Bestandteil eines Gewässers dritter Ordnung mehr gewesen sein. Der Kanal wurde ab diesem Zeitpunkt erkennbar nicht mehr von einem natürlichen Wasserzulauf gespeist bzw. diente nicht mehr dazu, sondern ausschließlich der Grundstücks- und Straßenentwässerung. Damit hatte die Rohrleitung nur noch eine typische Kanalisationsfunktion; sie diente fortan ohne Zulauf aus einem (natürlichen) Gewässer ausschließlich noch der Siedlungsentwässerung. Ein wasserwirtschaftlicher Zweck im Sinne der Fortführung eines ehemals natürlichen Vorfluters, der möglicherweise aus dem G. kommend in den Oberlauf des RW 1 mündet, ging vollständig verloren. Es überzeugt daher auch nicht, den 1978/1979 neu verlegten Regenwasserkanal nur als Entlastungskanal zu betrachten, der an dem Status des Kanals, in den das klägerische Grundstück entwässert, nichts verändert hätte.

Der Zufluss von landwirtschaftlichem Drainagewasser über die Grundstücksentwässerungsanlagen der unmittelbar angeschlossenen Grundstücke vermittelt dem Kanal RW 2 entgegen der Auffassung des Klägers keine Gewässereigenschaft. Es ist schon ersichtlich und wird auch nicht behauptet, dass der Zufluss in den RW 2 aus einem mehrere landwirtschaftliche Grundstücke entwässernden offenen Grabensystem stammen würde. Vielmehr erfolgt ein - mittelbarer - Zufluss lediglich aus landwirtschaftlichen Drainagerohren, denen eine eigenständige Gewässereigenschaft - an welcher der RW 2 dann teilhaben könnte - schon nicht beigemessen werden kann. Hinsichtlich der Drainagerohre fehlt es ersichtlich schon an einem "Bett" i. S. d. skizzierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Ein System unterirdisch verlaufender Drainagerohre stellt bei landwirtschaftlich genutzten Flächen letztlich das Pendant zur Führung des Oberflächenwassers auf versiegelten und baulich genutzten Flächen dar; in beiden Fällen geht es um die schadlose Abführung von Oberflächenwasser, um die beabsichtigte Nutzung überhaupt erst zu ermöglichen. Abgesehen von der deshalb fehlenden Gewässereigenschaft des landwirtschaftlichen Drainagesystems im "Einzugsbereich" des RW 2 kann nicht davon ausgegangen werden, dass der RW 2 der Aufnahme von landwirtschaftlichem Drainagewasser überhaupt zu dienen bestimmt wäre. Das ursprünglich bestehende landwirtschaftliche Drainagesystem büßte seine Funktion spätestens mit der Besiedelung der an die F. angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen in diesem Bereich ein. Der Kläger hat selbst plastisch vor Augen geführt, dass alte Drainagerohre offenbar im Zuge der Bebauung seines Grundstücks "gekappt" wurden. Im Falle der Überbauung oder Kappung der Stränge eines landwirtschaftlichen Entwässerungssystems besteht kein Anspruch auf Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Entwässerungsanlagen für Zwecke der Siedlungsentwässerung (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 21.11.2007 - 13 LB 517/04 -, juris). Umgekehrt können im Zuge der Bebauung neu geschaffene Einrichtungen der Siedlungsentwässerung dann grundsätzlich nicht mehr der landwirtschaftlichen Entwässerung dienen. Dies gilt auch dann, wenn möglicherweise Grundstückseigentümer, die über den RW 2 entwässern, alte Drainagerohre an ihre Grundstücksentwässerungsanlagen angeschlossen haben, um eine Vernässung von Feldern zu verhindern. Durch diese "Fehlanschlüsse" wird der Kanal RW 2 ersichtlich nicht Bestandteil eines landwirtschaftlichen künstlichen Gewässersystems.

Abgesehen von diesen Erwägungen ist offenkundig, dass der RW 2 auch nicht an den typischen natürlichen Gewässerfunktionen wie Verdunstung, Versickerung, Auffangen von Regenwasser und Auffangen von aufsteigendem Grundwasser teilnimmt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 07.11.2011 - 9 LA 224/10 -, V. n. b., unter Hinweis auf OVG Thüringen, Beschl. v. 28.05.2009 - 4 EO 347/08 - ThürVBl. 2010, 60). Er ist funktional vielmehr vollständig Teil der zentralen Abwasseranlage der Beklagten geworden. Durch die Entkopplung von dem bisherigen Zufluss wurde der Kanal im Bereich des klägerischen Grundstücks zugleich auch leistungsfähiger, da er nicht mehr den alten Zufluss aus dem RW 1 aufzunehmen hatte. Für eine Einbeziehung in die Abwasseranlage ist es auch nicht etwa erforderlich, dass der Kanal Teil eines insgesamt miteinander verbundenen Kanalrohrsystems im Gemeindegebiet geworden wäre. Eine zentrale Niederschlagswasserbeseitigung kann durchaus auch aus mehreren örtlich verteilten Kanalrohrsträngen bestehen und seinerseits durch natürliche Gewässer als Vorfluter "unterbrochen" sein. Die "Zentralität" der Niederschlagswasserbeseitigung bedeutet lediglich, dass das Oberflächenwasser eben nicht sogleich am Ort des Anfalls "dezentral" beseitigt wird (etwa durch Versickerung). Dass das im Kanal RW abgeführte Niederschlagswasser nach dem Ende der Verrohrung wieder zu Tage tritt und letztlich ohne Behandlung in einer Abwasseranlage in ein natürliches Gewässer dritter Ordnung gelangt, stellt einen der wasserwirtschaftlichen Regelfälle des Umgangs mit Niederschlagswasser nach § 55 Abs. 2 WHG dar. Nach dieser Vorschrift ist vorgesehen, dass - abgesehen von den dort geregelten Ausnahmen - Niederschlagswasser ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden soll.

c) Eine andere Betrachtung ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 5 d) KAS, wonach offene und verrohrte Gräben, Mulden und Wasserläufe zu den öffentlichen Abwasseranlagen gehören, wenn ihnen wasserrechtlich die Gewässereigenschaft entzogen ist und sie zur Aufnahme der Abwässer dienen. Dieser Vorschrift kann nicht etwa die Aussage entnommen werden, dass ein ehemaliges natürliches Gewässer im Falle der Verrohrung - unabhängig von deren Ausgestaltung - die Gewässereigenschaft nur durch einen gesonderten wasserbehördlichen Rechtsakt verlieren könnte und ansonsten gleichsam eine "Bestandsgarantie" für die Gewässereigenschaft bestünde. Ein derartiges Verständnis ginge über die gemeindliche Satzungskompetenz für das Recht der Abwasserbeseitigung hinaus, da sich die Eigenschaft eines Gewässers eigenständig aus den Regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes und des Niedersächsischen Wassergesetzes ergibt. Die Formulierung "wasserrechtlich die Gewässereigenschaft entzogen" schließt daher die sich aus den genannten wasserrechtlichen Vorschriften ergebende rechtliche Einordnung eines Wasserlaufs als "Nicht-Gewässer" ein. Es kommt demzufolge nicht auf die vom Kläger hervorgehobene Aussage der Region B-Stadt an, dass von dieser keine Genehmigung erteilt worden sei, den verrohrten Abschnitte des in der überrascht F. verlaufenden Gewässers mit in das kommunale Kanalisationssystem zu integrieren. Maßgeblich bleibt allein die materielle wasserrechtliche Betrachtungsweise anhand der bereits eingehend skizzierten Maßstäbe, die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelt wurden. Auf eine Erlaubnis der Wasserbehörde für die Integration eines Gewässers in das öffentliche Abwassernetz kommt es hingegen nur bei aus materiellen Gründen fortbestehender Gewässereigenschaft an (Nds. OVG, Beschl. v. 07.11.2011 - 9 LA 224/10 -, V. n. b.), was wiederum voraussetzt, dass man es rechtlich überhaupt für möglich hält, dass ein Wasserlauf zugleich Gewässer und Teil einer Abwasserbeseitigungsanlage sein kann (Zwei-Naturen-Theorie; vgl. dazu Hess. VGH, Beschl. v. 10.05.2012 - 5 C 3180/09.N -, juris Rn. 74 m. w. N.; Nds. OVG, Beschl. v. 22.02.2008 - 9 LA 251/05 -, juris Rn. 6; ablehnend : Sächs. OVG, Urt. v. 23.03.2017 - 5 A 241/16 -, juris Rn. 23 ff.). Dies bedarf hier keiner Entscheidung, weil eine Gewässereigenschaft des RW 2 zu verneinen ist.

d) Der Einwand des Klägers, dass "das Gewässer" der F. nicht rechtswirksam durch Widmung zum Bestandteil des kommunalen Regenwassernetzes bestimmt worden sei, verfängt nicht. Wie dargestellt haben (spätestens) die bautechnischen Veränderungen in den Jahren 1978/79 eine Einbeziehung der Rohrleitung RW 2 in die Abwasseranlage i. S. v. § 2 Abs. 5 a) und d) KAS zur Folge gehabt. Infolge dieser satzungsrechtlichen Regelung wurde zugleich die vom Kläger vermisste Widmung ins Werk gesetzt. Es mag zunächst an einer äußeren Erkennbarkeit dieser Widmung gefehlt haben. Hinsichtlich der Widmung muss nämlich der (nach außen wahrnehmbare) Wille der Gemeinde erkennbar sein, die fragliche Anlage als Teil der gemeindlichen Entwässerungsanlage in Anspruch nehmen zu wollen. Diesen Widmungswillen kann eine Gemeinde aber u. a. dadurch zu erkennen geben, dass sie für das Einleiten von Abwasser in eine bestimmte Anlage Entwässerungsgebühren verlangt (VG Arnsberg, Urt. v. 23.01.2012 - 8 K 1522/11 -, juris Rn. 29). Dies geschah bereits seit dem Jahr 1996, als erstmals getrennte Gebühren für Schmutz- und Niederschlagswasser erhoben wurden.

2. Auch die weiteren - hilfsweise geltend gemachten - Argumente des Klägers sind nicht geeignet, zur Annahme der Rechtswidrigkeit des angegriffenen Gebührenbescheides zu führen:

Warum und inwieweit das Satzungsrecht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstoßen soll, erschließt sich dem Einzelrichter nicht. Welche Grundstücke von der Gebührenpflicht erfasst sind und welche nicht, ist satzungsrechtlich in der durchaus auch in anderen Kommunen üblichen Weise geregelt worden. Schwierigkeiten, die aus der tatsächlichen Frage resultieren, ob im Einzelfall in ein Gewässer oder in eine Kanalisation entwässert wird, machen nicht sogleich die Satzung zu unbestimmt.

Ein Verstoß gegen die Gebührengerechtigkeit, der aus Sicht des Klägers vorliegen soll, weil Gebühren nicht von Eigentümern erhoben würden, die in Kanalstränge auf den Rückseiten der Häuser entwässerten, kann nicht zum Erfolg der Klage führen. Zunächst ist im vorliegenden Klageverfahren nicht die Gebührenpflicht anderer Grundstückseigentümer streitgegenständlich, bei denen die Verhältnisse sich durchaus auch anders darstellen können, als im Falle der in den RW 2 entwässernden Grundstückseigentümer. Der im Kanalbestandsplan vom 13. Juli 2016 gelb gekennzeichnete "verrohrte Graben" unterscheidet sich ersichtlich vom RW 2. Zudem könnte der Kläger im Falle einer etwaigen ungerechtfertigten Nichterhebung von Gebühren nicht verlangen, selbst nicht zu Gebühren herangezogen zu werden.

Dass der Auslösung eines Gebührentatbestandes nicht entgegensteht, dass Niederschlagswasser ohne Behandlung oder Reinigung in einen Vorfluter geleitet wird, ergibt sich bereits aus dem obigen Hinweis, dass diese Vorgehensweise einen der wasserwirtschaftlichen Regelfälle des Umgangs mit Niederschlagswasser nach § 55 Abs. 2 WHG darstellt. Eine Niederschlagswassergebühr dient bei einem Trennsystem ersichtlich nicht der Finanzierung einer Kläranlage, sondern der Unterhaltung des Kanalisationssystems selbst.

Die Gebührenerhebung scheitert auch nicht daran, dass es sich beim Grundstück des Klägers in Bezug auf den Regenwasseranschluss um ein nicht erschlossenes Hinterliegergrundstück handeln würde. Das Grundstück entwässert über eine Privatleitung ersichtlich in den Kanal RW 2. Nach § 17 ABAS entsteht die Gebührenpflicht, sobald das Grundstück an die zentrale öffentliche Abwasseranlage angeschlossen ist oder der zentralen öffentlichen Abwasseranlage von dem Grundstück Abwasser zugeführt wird. Dies ist der Fall. Auf die Herstellung eines öffentlichen Regenwasserkanals direkt vor dem Grundstück kommt es nicht an. Maßgeblich ist hier nicht § 7 ABAS, wonach die Beitragspflicht jeweils mit der betriebsfertigen Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasseranlage vor dem Grundstück einschließlich der Fertigstellung des ersten Grundstücksanschlusses entsteht. Es geht vorliegend nicht um einen Abwasserbeitrag, sondern um eine Abwassergebühr.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.