Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 07.02.2018, Az.: 2 B 11230/17

Konkurrentenstreitverfahren; Leistungsgrundsatz; politischer Beamter; Staatssekretär; Statusamt

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
07.02.2018
Aktenzeichen
2 B 11230/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74418
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Auch die Leistungen eines politischen Beamten sind im Falle seiner Bewerbung für ein Richteramt zu berücksichtigen. Es wäre mit dem Leistungsgrundsatz nicht zu vereinbaren, eine etwas mehr als 2-jährige Tätigkeit als Staatssekretärin unter den Tisch fallen zu lassen oder mit einem "Politmalus" zu versehen.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60.417,24 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege der einstweiligen Anordnung gegen die Übertragung des Amtes der Präsidentin des Oberlandesgerichts bei dem Oberlandesgericht L. auf die Beigeladene.

Im Januar 2017 schrieb der Antragsgegner in der Niedersächsischen Rechtspflege die Planstelle einer Präsidentin oder eines Präsidenten des Oberlandesgerichts bei dem Oberlandesgericht M. (Besoldungsgruppe R 8) aus. Neben dem Antragsteller und der Beigeladenen ging eine weitere Bewerbung ein.

Der Antragsteller ist Präsident des Landgerichts N. (Besoldungsgruppe R 5) und aus Anlass seiner Bewerbung für den Beurteilungszeitraum September 2013 bis März 2017 auf dem Beurteilungsformular „Dienstliche Beurteilung der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte“ mit dem bestmöglichen Gesamturteil „vorzüglich geeignet“ sowohl hinsichtlich des bisherigen als auch des angestrebten Amtes beurteilt worden. Alle Einzelleistungsmerkmale sind zugleich mit der besten Wertungsstufe „übertrifft die Anforderungen herausragend“ bewertet.

Die Beigeladene ist als Staatssekretärin (Besoldungsgruppe B 9) im niedersächsischen O.ministerium aus Anlass ihrer Bewerbung auf dem Beurteilungsformular „Dienstliche Beurteilung für Beamtinnen und Beamte ...“ für den Beurteilungszeitraum Juni 2014 bis Juni 2017 durch die damalige Ministerin P. mit der Bestnote „übertrifft in hervorragender Weise die Anforderungen“ und der Eignungsprognose, sie werde „die Anforderungen in hervorragender Weise übertreffen“, beurteilt worden. Wie beim Antragsteller sind alle Einzelleistungsbewertungen ebenfalls Bestbewertungen.

In seinem Auswahlvermerk geht der Antragsgegner zunächst davon aus, dass die Beigeladene und der Antragsteller sowohl die persönlichen als auch die formalen Anforderungen für die Übernahme des angestrebten Amtes erfüllen. Im Hinblick auf die aktuellen Anlassbeurteilungen kommt der Antragsgegner zu dem Ergebnis, dass diese inhaltlich vergleichbar seien. Er stellt in seinem Auswahlvermerk fest, dass trotz der jeweiligen Spitzennoten keine „im Wesentlichen gleichen“ Leistungsbeurteilungen vorlägen, weil der Beigeladenen auf Grund ihres höheren Statusamtes, verbunden mit den entsprechend höheren Anforderungen und des dementsprechenden höheren Gewichts ihrer Beurteilung, ein Leistungsvorsprung zukomme. Diesen Statusamtsvorteil könne der Antragsteller nicht aufwiegen. Im Vergleich zur Beigeladenen sei seine Führungs- und Leitungskompetenz nach ihrer Art und ihrem Umfang deutlich geringer ausgeprägt und reiche nicht an das höchste Niveau (sowohl bezogen auf die Reichweite der Leitungsentscheidungen als auch bezogen auf deren Adressatenkreis) heran, das die Beigeladene als Staatssekretärin erlangt habe. Selbst wenn man die Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen als im Wesentlichen gleich ansehen würde, wäre die Beigeladenen auszuwählen, weil sie bei der dann vorzunehmenden ausschärfenden Betrachtung der aktuellen Beurteilungen das Anforderungsprofil des angestrebten Amtes besser erfülle als der Antragsteller.

Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller unter dem 22. November 2017 mit, dass er die Beigeladene ausgewählt habe.

Der Antragsteller hat unter dem 24. November 2017 beim Verwaltungsgericht Hannover um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und zur Begründung ausgeführt:

Die Auswahlentscheidung sei rechtswidrig, weil der Antragsgegner einzig und in schematischer Weise auf das Merkmal des höherwertigen Statusamtes abgestellt und der Beigeladenen zu Unrecht einen Leistungsvorsprung eingeräumt habe. Die Beurteilungen für ihn und die Beigeladene seien nicht vergleichbar. Auf das höhere Statusamt der Beigeladenen könne es nicht ankommen, weil das zu besetzende Amt in der ordentlichen Gerichtsbarkeit angesiedelt sei, in der zwar der Antragsteller, nicht aber die Beigeladene über hinreichende dienstliche Erfahrungen als Richter/in und Gerichtspräsident/in verfüge; darüber hinaus handle es sich bei dem Amt der Staatssekretärin um ein Amt einer politischen Beamtin. Schließlich sei durch den Vermerk über die Ausschreibung ein Anforderungsprofil vorab festgelegt worden, von dem der Antragsgegner nicht zu Gunsten des höheren Statusamtes abweichen könne.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, der Beigeladenen die von ihm unter dem 15. Januar 2017 ausgeschrieben Stelle für eine Präsidentin oder einen Präsidenten des Oberlandesgerichts bei dem Oberlandesgericht L. zu übertragen und sie zur Präsidentin dieses Gerichts zu ernennen.

Der Antragsgegner hat sich lediglich dahingehend geäußert, dass beim Verwaltungsgericht Q. ein Konkurrentenverfahren des dritten Bewerbers anhängig sei.

Die Beigeladene beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den beigezogenen Auswahlvorgang sowie die Personalakten des Antragstellers und der Beigeladenen Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft machen können. Die Kammer sieht seinen Bewerbungsverfahrensanspruch als nicht verletzt an.

Auswahlentscheidungen unterliegen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2003 - BVerwG 2 A 1.02 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 15. November 2010 - 5 ME 244/10 -, juris Rn. 20).

Die Rüge des Antragstellers, durch den Vermerk über die Ausschreibung sei ein Anforderungsprofil vorab festgelegt worden, von dem der Antragsgegner nicht zu Gunsten des höheren Statusamtes hätte abweichen können, greift nicht. In dem Vermerk über die Ausschreibung der Stelle wird lediglich die Einschränkung des Bewerberfeldes (auf Richterinnen und Richter, Beamtinnen und Beamte, die bereits im niedersächsischen Landesdienst stehen) begründet. Der Antragsteller gehört zu diesem beschränkten Bewerberfeld, ist dadurch also nicht beeinträchtigt; dass die Beigeladene durch das Anforderungsprofil ausgeschlossen sein sollte, kann nicht ernsthaft behauptet werden. Im Übrigen ist die Ausschreibung selbst nicht mit einem speziellen Anforderungsprofil versehen worden. Ausweislich des Auswahlvermerks hat der Antragsgegner das Anforderungsprofil für Behördenleitungen zugrunde gelegt, wie es in dem Personalentwicklungskonzept für die niedersächsische Justiz niedergelegt ist. Dies erscheint der Kammer erkennbar sachgerecht (vgl. Beschluss vom 17. April 2015 - 2 B 1533/15 -, Vnb).

Die Auswahlentscheidung selbst ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Erfüllen die Bewerber - wie hier - jeweils die formalen Anforderungen für die Übernahme des zu besetzenden Amtes, ist nach Art. 33 Abs. 2 GG der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung am besten geeignete Bewerber auszuwählen. Jeder Bewerber hat nach Maßgabe des in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsprinzips (Grundsatzes der Bestenauslese) das Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Bei einer Beförderung hat der auswählende Dienstherr deshalb in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen, weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auf den aktuellen Stand abzustellen ist. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Nur wenn aufgrund dieser aktuellen Beurteilungen von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung auszugehen ist, ist für die Auswahlentscheidung (zunächst) auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen, ehe die Heranziehung nicht leistungsbezogener Hilfskriterien in Betracht kommt. Sofern Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden sind, hat der Dienstherr (als weiteres unmittelbar leistungsbezogenes Kriterium) zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen. Sind die Bewerber auch nach der umfassenden inhaltlichen Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen („ausschärfende Betrachtung“) als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann die zuständige Behörde auf andere leistungsbezogene Gesichtspunkte abstellen. So kann sie zum Beispiel der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren dienstlichen Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (vgl. zuletzt Nds. OVG, Beschluss vom 1. Dezember 2017 - 5 ME 204/17 - mit weiteren Nachweisen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung, juris Rn. 15).

Der Antragsgegner hat die aktuellen Anlassbeurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen seiner Auswahlentscheidung zu Grunde gelegt und in einem ausführlichen, knapp 16 Seiten langen Auswahlvermerk dokumentiert. Nicht zu beanstanden ist, dass die beiden Anlassbeurteilungen auf der Grundlage unterschiedlicher Beurteilungsrichtlinien erstellt worden sind und der Antragsgegner die beiden Beurteilungen vergleichbar gemacht hat. Beruhen nämlich die Beurteilungen der Bewerber auf unterschiedlichen Beurteilungsrichtlinien und -systemen, hat der für die Auswahl zuständige Dienstherr für die unterschiedlichen Beurteilungen einen objektiven Vergleichsmaßstab zu bilden, auf dessen Grundlage er den Versuch zu unternehmen hat, die Beurteilungen miteinander zu vergleichen. Dabei ist es dem Dienstherrn im Rahmen des objektiven Vergleichs überlassen, besondere Leistungs- und Persönlichkeitsmerkmale hervorzuheben, die ihm für die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle und damit zugleich für die Bildung des erforderlichen Vergleichsmaßstabs wesentlich erscheinen, solange die Auswahl ihrerseits nachvollziehbar ist, keine allgemeingültigen Wertmaßstäbe außer Acht gelassen werden sowie keine sachfremden Erwägungen erfolgen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2015 - 5 ME 196/15 -, juris Rn. 14).

Der Antragsgegner hat im Zusammenhang mit der Herstellung der Kompatibilität insbesondere beachtet, dass die unterschiedlichen Beurteilungen jeweils mit der Bestnote nach den beiden Beurteilungsrichtlinien abschließen und dies auch für die einzelnen Leistungsbewertungen der Fall ist. Dagegen ist im Rahmen einer Vergleichbarmachung der Beurteilungen nichts zu erinnern. Nach beiden Beurteilungssystemen ist zudem, wie der Auswahlvermerk zutreffend feststellt, hinsichtlich der nach dem Personalentwicklungskonzept für die niedersächsische Justiz wesentlichen Anforderungsmerkmale ein Vergleich der fachlichen Qualifikation, der Leitungskompetenz, der sozialkommunikativen Kompetenzen und der besonderen beruflichen Motivation möglich (so auch VG Hannover, Beschluss vom 27. Juni 2017 - 13 B 4427/17 -, Vnb).

Die Kammer teilt auch nicht die Meinung des Antragstellers, in der Beurteilung der Beigeladenen werde die „Führungskompetenz“ nicht beurteilt. Zutreffend weist die Beigeladene insoweit darauf hin, dass sich dies bereits aus den Ausführungen in der Begründung des Gesamturteils der Beurteilung für die Beigeladene ergibt sowie daraus, dass Führungskompetenz nach den Definitionen der Leistungsmerkmale unter Buchstabe D. insbesondere in dem Merkmal „Kooperation“ verortet ist, aber auch in dem Leistungsmerkmal „C. Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit“. Im Übrigen äußert sich die frühere Ministerin R. im Rahmen der Begründung des Gesamturteils ausführlich zu der Leitungskompetenz der Beigeladenen, die sie mit Bestbewertungen charakterisiert.

Zutreffend geht der Auswahlvermerk davon aus, dass die Endzeitpunkte der beiden Anlassbeurteilungen nur unwesentlich voneinander abweichen und der Antragsgegner deshalb in seiner Auswahlentscheidung maßgeblich hierauf abstellen durfte.

Schließlich ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner im Ergebnis auf das höhere Statusamt der Beigeladenen abgestellt und der Beigeladenen einen Leistungsvorsprung gegenüber dem Antragsteller eingeräumt hat.

Sowohl der Antragsteller als auch die Beigeladene erreichten in ihren aktuellen Beurteilungen für ihr jeweiliges ausgeübtes Amt das bestmögliche Gesamturteil „vorzüglich geeignet“ bzw. „übertrifft die Anforderungen in hervorragender Weise“ und für das angestrebte Amt die Eignungsprognose „vorzüglich geeignet“ bzw. „wird die Anforderungen in hervorragender Weise übertreffen“. Auch hinsichtlich aller Beurteilungsmerkmale erzielten sie beide jeweils die Bestnoten.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers lässt der 16-seitige Auswahlvermerk keine schematische Höherbewertung der Beurteilung für die Beigeladene erkennen; vielmehr hat der Antragsgegner ausweislich der im Auswahlvermerk niedergelegten Erwägungen die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze beachtet. Danach sind mit einem höheren Amt regelmäßig gesteigerte Anforderungen und ein größeres Maß an Verantwortung verbunden. An den Inhaber eines höheren statusrechtlichen Amtes sind folglich von vornherein höhere Erwartungen zu stellen als an den Inhaber eines niedrigeren statusrechtlichen Amtes. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb bereits in seiner grundlegenden Entscheidung vom 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 -, juris Rn. 15 f.) festgestellt, dass die Rechtsprechung, wonach bei formal gleicher Bewertung die Beurteilung des Bewerbers im höheren Statusamt grundsätzlich besser sei als diejenige des in einem niedrigeren Statusamt befindlichen Konkurrenten, grundsätzlich mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sei. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung ausgeführt, dass sich eine schematische Anwendung des Grundsatzes vom höheren Statusamt verbiete. Vielmehr hänge das zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht der in einem höheren Statusamt erteilten Beurteilung von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. zuletzt Beschluss vom 17. Februar 2017 - 2 BvR 1558/16 -, juris Rn. 21 sowie Nds. OVG, Beschluss vom 23. November 2017 - 5 ME 196/17 -, Vnb).

Vor diesem Hintergrund hält es die Kammer für rechtlich nicht zu beanstanden, wenn nach dem Auswahlvermerk vorliegend kein Anlass besteht, von dem Grundsatz des größeren Gewichts der im höheren Statusamt erteilten Beurteilung der Beigeladenen abzuweichen. Der Auswahlvermerk begründet dies damit, dass das Amt der Staatssekretärin das absolute Spitzenamt in der S. Justiz ist und der Stellenplan für das T.ministerium einschließlich seines nachgeordneten Geschäftsbereichs nur eine Planstelle der Wertigkeit B 9 (mit Amtszulage gemäß Fußnote 1 zu Besoldungsgruppe B 9 NBesO) vorsieht. Der Abstand zwischen dem Statusamt der Beigeladenen und dem des Antragstellers liegt bei 4 vollen Besoldungsstufen, wobei der Unterschied auch nicht lediglich durch die Größe des zu führenden Personalkörpers begründet ist (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007, aaO). Vielmehr war die Staatssekretärin Amtschefin und höchste Beamten des Ministeriums, die im Auftrag der Ministerin das Ministerium leitete, ihre ständige Vertreterin im Ministerium war und ein uneingeschränktes Weisungsrecht gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hatte. Namentlich verantwortete sie zum Beispiel Gesetzgebungsvorhaben in unterschiedlichsten Rechtsgebieten, Bundesratsinitiativen, Vorlagen zur Unterrichtung des Landtags, Kleine wie Große Anfragen, den Justizvollzug, die fachliche Arbeit im Landespräventionsrat, die Juristenausbildung, den Justizhaushalt, die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs, Fragen der Justizorganisation und der Sicherheit in den Gerichten und Staatsanwaltschaften, dienstrechtliche Angelegenheiten aller Justizangehörigen und schwierige Personalangelegenheiten. Wenn in dem Auswahlvorgang weiter darauf abgestellt wird, dass das vom Antragsteller bekleidete Amt eines Präsidenten des Landgerichts gegenüber dem deutlich höher eingruppierten Amt einer Staatssekretärin im U.ministerium nicht mit vergleichbarer Leitungsverantwortung verbunden sei und dies sowohl im Hinblick auf die Art und Schwierigkeit als auch den Umfang der mit den jeweiligen Ämtern verbundenen Leitungsaufgaben gelte, ist hiergegen nichts zu erinnern.

Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Hinweis des Antragstellers, dass die Beigeladene als Staatssekretärin ein politisches Amt ausgeübt habe. Auch die Leistungen eines politischen Beamten sind im Falle seiner Bewerbung für ein Richteramt zu berücksichtigen. Es wäre mit dem Leistungsgrundsatz nicht zu vereinbaren, eine etwas mehr als 2-jährige Tätigkeit als Staatssekretärin unter den Tisch fallen zu lassen oder mit einem „Politmalus“ versehen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 5. Juni 2015 - 5 ME 93/15 -, juris Rn. 28 zur Verpflichtung des Dienstherrn, im Rahmen eines Auswahlverfahrens für die Besetzung der Stelle eines Präsidenten bei einem Oberlandesgericht einen Beurteilungsbeitrag für die frühere Tätigkeit eines Bewerbers als Staatssekretär im Justizministerium einzuholen).

Sofern die Rüge des Antragstellers so zu verstehen sein sollte, dass die Entscheidung zugunsten der Beigeladenen auch oder vor allem der politischen Nähe zur Justizministerin geschuldet sei, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, Auswahlentscheidungen hinsichtlich ihrer politischen Korrektheit zu bewerten. Zum anderen wäre eine solche These ebenso spekulativ wie die Annahme, bei der Besetzung des Postens des Präsidenten des Landgerichts N. hätten parteipolitische Erwägungen keine Rolle gespielt. Aufgabe des Gerichts ist allein zu überprüfen, ob die Auswahlentscheidung gegen den Leistungsgrundsatz verstößt. Dies ist - wie oben bereits ausgeführt - nach Auffassung der Kammer nicht der Fall.

Vor diesem Hintergrund kommt es auf die vorsorglich vom Antragsgegner vorgenommene ausschärfende Betrachtung der Beurteilungen nicht entscheidungserheblich an. Dessen ungeachtet hält die Kammer auch die Ausführungen im Auswahlvermerk hierzu für rechtlich nicht zu beanstanden.

Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang rügt, anders als er selbst verfüge die Beigeladene nicht über hinreichende dienstliche Erfahrungen als Richter/in und Gerichtspräsident/in, weist die Beigeladene zu Recht daraufhin, dass die Rechtsprechungstätigkeit einer Präsidentin/eines Präsidenten eines Oberlandesgerichts nur einen geringen Anteil der dienstlichen Aufgaben einnimmt und im übrigen Behördenleitungsaufgaben zu erfüllen sind, wie auch der Antragsteller als Präsident des Landgerichts N. überwiegend mit Verwaltungsaufgaben betraut sein dürfte. Im Übrigen entspricht die über 4 Jahre ausgeübte Spruchrichtertätigkeit der Beigeladenen als Richterin am Oberlandesgericht (R 2) in ihrer Wertigkeit der eines Vorsitzenden Richters an einem Landgericht (R 2), die der Antragsteller im Rahmen seiner richterlichen Aufgaben als Präsident des Landgerichts N. und zuvor des Landgerichts V. neben seiner Verwaltungstätigkeit zu erfüllen hat. Zudem war der Antragsteller, anders als die Beigeladene, nach seiner Ernennung zum Richter am Oberlandesgericht keinen Tag tatsächlich am Oberlandesgericht tätig, weil er bereits während seiner Erprobung beim Oberlandesgericht W. am X. in das Justizministerium abgeordnet wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit am Kostenrisiko beteiligt hat (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die Höhe des Streitwertes folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG. Danach ist für das Hauptsacheverfahren die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge der in dem Beförderungsverfahren in Rede stehenden Besoldungsgruppe zuzüglich der allgemeinen Stellenzulage anzusetzen. Der hiernach zugrunde zu legende sechsfache Betrag des Endgrundgehalts nach R 8 ergibt - bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung - den Betrag von 60.417,24 EUR (10.069,54 € x 6). Eine Halbierung dieses Wertes wegen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens findet nicht statt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 9. März 2015 - 5 OA 31/15 -, juris).