Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 15.02.2018, Az.: 13 A 5143/17

Asylantrag; Dänemark; Prüfungsumfang; Unzulässig

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
15.02.2018
Aktenzeichen
13 A 5143/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 73908
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zuerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft.

Es handelt sich bei dem Kläger um einen 1993 in M. (Libanon) geborenen staatenlosen Palästinenser. Im November 2016 beantragte er die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Er gab an, aus Syrien geflohen zu sein und über Libanon, Ägypten, Italien und Dänemark nach Deutschland gereist zu sein. Im Libanon habe er sich ca. 19 Monate aufgehalten, in Ägypten und Italien nur wenige Tage und in Dänemark etwa zwei Jahre.

Nach einem Vermerk der Beklagten vom 08.03.2017 wurde ein Asylantrag des Klägers in Dänemark von den dänischen Behörden am 27.12.2005 10 rechtskräftig abgelehnt. Der Kläger habe von Dänemark aus in den Libanon abgeschoben werden sollen, sich jedoch der Abschiebung durch Untertauchen entzogen.

Der Kläger wurde am 02.05.2017 angehört. Er gab an, im Libanon geboren zu sein. 1976 habe seine Familie nach Syrien fliehen müssen. Er sei auch bei der UNRWA registriert. Nach seinen Asylgründen gefragt, erklärt der Kläger, der Hauptgrund sei der Krieg in Syrien. Als Palästinenser könne er nicht in anderen arabischen Ländern leben. Er sei auf der Suche nach Sicherheit. Im Libanon sei ihm nichts widerfahren. Aber als Palästinenser sei man dort nicht willkommen. In Dänemark sei er falsch beraten worden. Man habe ihn dort gesagt, er solle eine politische Geschichte erzählen. Unter schwerwiegenden Erkrankungen leide er nicht.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 31.05.2017 wurde der Asylantrag des Klägers und auch für seinen – nicht am Klageverfahren beteiligten - Sohn als unzulässig abgelehnt. Der Kläger und sein Sohn hätten bereits in einen sicheren Drittstaat ein Asylverfahren betrieben. Ein weiteres Asylverfahren sei nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1-3 Verwaltungsverfahrensgesetz vorliegen würden. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Nach den Verwaltungsvorgängen wurde der Bescheid am 01.06.2017 per Postzustellungsurkunde versandt.

Der Kläger hat am 07.06.2017 Klage erhoben.

Er trägt vor, das Bundesamt habe nicht abgefragt, ob Dänemark auch den subsidiären Schutzstatus abgelehnt habe. Im Übrigen würden Abschiebungsverbote vorliegen. Es handele sich bei ihm um einen palästinensische Volkszugehörigen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 81. 5. 2017 zu verpflichten, ihn als Flüchtling anzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus vorliegen, weiter hilfsweise festzustellen, dass in seiner Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Aufenthaltsgesetz vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt der Klage entgegen.

Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 02.08.2017 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht gemäß § 76 Abs. 1 AsylG durch den Einzelrichter.

Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung weiterhin ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, des subsidiären Schutzstatus oder auf Feststellung von Abschiebungsverboten.

Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt das Gericht gemäß § 77 Abs. 2 Asylgesetz Bezug auf die zutreffenden Gründe des Bescheides des Bundesamtes vom 31.05.2017. Dem Kläger ist es nicht gelungen, diese Gründe zu entkräften. Zu Recht wurde sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist ein Asylantrag ist unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrags nach § 71 AsylG oder eines Zweitantrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen, § 71a Abs. 1 AsylG.

Die Voraussetzungen des §§ 29 Abs. 1 Nr. 5, 71a Abs.1 AsylG für eine Ablehnung des Antrages als unzulässig liegen vor. Der Kläger hat bereits in Dänemark ein Asylverfahren durchlaufen. Insbesondere hat er keine veränderten Umstände oder neue Beweismittel vorgetragen, die ein Wiederaufgreifen des Verfahrens rechtfertigen könnten.

Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe nicht aufgeklärt, ob Dänemark die Frage des subsidiären Schutzstatus geprüft habe, obliegt es zuerst dem Kläger, den vermeintlich zu geringen Prüfungsumfang in Dänemark darzulegen. Er war dort Verfahrensbeteiligter. Im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht hat er die Entscheidung der dänischen Behörden hier vorzulegen, aus denen sich der Prüfungsumfang ergibt. Das hat er nicht getan. Er hat den Bescheid nur unvollständig und ohne deutsche Übersetzung vorgelegt. Es fehlt die erste Seite des Bescheides, aus denen sich der Adressat und die eigentliche Entscheidung ergeben. Letztendlich kommt es darauf aber auch nicht an. Falls die dänischen Behörden das Begehren des Klägers nicht umfänglich geprüft haben sollten, hätte der Kläger die dortige Entscheidung nicht bestandskräftig werden lassen dürfen, sondern sich mit den dort gegebenen Rechtsmitteln dagegen wenden müssen.

Zwar ist Dänemark durch die Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) nach Ziff. 51 der Erwägungen dieser Richtlinie nicht gebunden. Jedoch gewährt § 7 Udlændingeloven (dänisches Ausländer/Einwanderungsrecht) durchaus einen auch mit § 4 AsylG vergleichbaren Schutz.

Hinzu kommt, dass auch in der Sache keine stattgebende Entscheidung möglich ist. Der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil der Kläger bei der UNRWA registriert ist. Art. 1 D GK enthält in Abs. 1 eine Ausschluss- und in Abs. 2 eine Anwendungsklausel bezüglich der Genfer Konvention. Die Ausschlussklausel hat zur Folge, dass der von ihr betroffene Ausländer sich auf den Schutz der Genfer Konvention nicht berufen und damit auch nicht etwa geltend machen kann, er sei Flüchtling i.S.v. Art. 1 A Nr. 2 GK, weil er sein Heimatland aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung verlassen habe. Der innere Grund für die Ausschlussklausel des Art. 1 D Abs. 1 GK liegt darin, dass palästinensische Flüchtlinge primär auf den Schutz durch die UNWRA verwiesen werden sollen. Ins deutsche Recht wurde diese Regelung durch § 3 Abs. 3 AsylG umgesetzt.

Anhaltspunkte für die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes liegen nicht vor. Dem Kläger drohen im Libanon keine Gefahren, vor denen § 4 Asylgesetz schützen will. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich des Libanons greifen nicht zugunsten des Klägers ein. Der Kläger ist im Libanon geboren worden, hat sich lange Zeit nach seiner Ausreise aus Syrien wieder im Libanon aufgehalten, er ist bei der UNWRA registriert und seine Ehefrau lebt auch noch im Libanon.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.