Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 26.02.2018, Az.: 6 A 5751/16
Alleinerziehende; Alleinstehende Frau; Außereheliche Beziehung; Bagdad; Ehebruch; Ehre; Ehrenmord; Geschiedene; Irak; Stamm; Stammesrecht
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 26.02.2018
- Aktenzeichen
- 6 A 5751/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 74366
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 3b Abs 1 Nr 4 AsylVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Alleinstehende oder alleinerziehende Frauen, die nicht auf den Schutz eines Familienverbandes zurückgreifen können, bilden im Irak eine bestimmte soziale Gruppe im Sinne des § 3 b Abs. 1 Nr. 4 AsylG.
Tenor:
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. September 2016 wird aufgehoben, soweit er dem vorstehenden Verpflichtungsausspruch entgegensteht.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin, irakische Staatsangehörige mit arabischer Volkszugehörigkeit und islamischen Glaubens, begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
Sie reiste am 2. September 2015 gemeinsam mit ihren Kindern, ehemals die Kläger zu 2. bis 6., nunmehr die Kläger im Verfahren 6 A 1805/18, mit einem Taxi aus Ungarn kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte in der zuständigen Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) für sämtliche Familienangehörige Asylanträge.
In ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 30. August 2016 führte die Klägerin in Bezug auf ihre persönlichen Verhältnisse und ihren Werdegang aus, sie gehöre zur Großfamilie der Alrubayai. Sie habe die Schule, Mittelschule sowie das Gymnasium in Diyala besucht und an der Universität in Diyala Jura studiert. Nach Abschluss des Studiums im Jahr 2009 habe sie in Diyala bis etwa Herbst 2010 als Rechtsanwältin gearbeitet. Später sei sie mit ihrem Ehemann nach Bagdad gezogen; dort habe sie etwa zwei Jahre, d.h. bis zu ihrer Ausreise aus dem Irak im Oktober 2012, im Stadtteil Alshaab im Viertel Hay Altujar gewohnt. In Bagdad sei sie Hausfrau gewesen.
Geheiratet habe sie im September 2004 in Diyala. Ihr Mann lebe weiterhin in Bagdad. Er sei nicht ausgereist, weil er Militärangehöriger der irakischen Armee sei und zudem gesundheitliche Probleme habe, bedingt durch den psychischen Druck, den er in seinem Beruf erleide. Als sie ihn im Jahr 2013 zum letzten Mal gesehen habe, habe er sich im Dienstrang eines Hauptmanns befunden. Zunächst sei er Militärpilot gewesen, dann sei er verletzungsbedingt in eine normale Militärabteilung gewechselt. Zuletzt habe er ihr mitgeteilt, in der schnellen Eingreiftruppe zu arbeiten.
Auf die Gründe für ihren Asylantrag angesprochen, führte die Klägerin aus, es habe sie verrückt gemacht, in einem Land ohne funktionierendes Rechtssystem und mit einer sehr schlechten Sicherheitslage zu leben.
Bis zum Jahr 2011 habe sie mit ihrer Familie ein ganz normales Leben in Diyala gehabt; ihr Mann habe dort als Kung-Fu-Trainer in einem Sportverein gearbeitet. Dann habe sie mit eigenen Augen gesehen, wie ein Nachbarsjunge versucht habe, ihre fünfjährige Tochter zu vergewaltigen. Sie habe bei der örtlichen Polizei Anzeige erstattet. Diese habe die Ermittlungen jedoch verschleppt und eine mögliche Festnahme des Täters mehrfach hinausgezögert. Schlussendlich habe sie den Fall auf eine Polizeistation in einer anderen Stadt übertragen lassen; diese habe innerhalb von 24 Stunden die Festnahme des Nachbarsjungen veranlasst. Nachdem letzterer zu einer Haftstrafe von sieben Jahren verurteilt worden sei, habe seine Familie das Urteil angefochten. Nach einem Jahr habe der zuständige Richter der Klägerin gegenüber die Rechtmäßigkeit des Urteils angezweifelt und ihre Tochter innerhalb von neun Monaten fünfmal angehört. Trotz ihrer gleichbleibenden Aussage und der Zeugenaussage eines anderen Nachbarn habe der Richter den Nachbarsjungen letztendlich freigelassen.
Sie sei sodann mit ihrer Familie nach Bagdad umgezogen in der Hoffnung, ein normales Leben führen zu können. Ihr Mann sei als Freiwilliger zur Armee zurückgekehrt und für den Stadtteil verantwortlich gewesen, in dem sie lebten. Infolge der allgemein unsicheren Lage sei die ganze Familie unter psychischem Druck gewesen. In Bagdad habe ein Paar sodann ihren damals sechsjährigen Sohn entführt, um Lösegeld zu erpressen. Ihr Ehemann habe als Militärverantwortlicher schnell reagiert und Straßensperrungen veranlasst, so dass man ihren Sohn nach ca. vier Stunden gefunden habe.
Im Oktober 2012 habe sie ihr Heimatland verlassen und sei zur Erholung für einen Monat in die Türkei gereist. Dann sei sie zurückgekehrt und habe beschlossen, nicht länger im Irak zu bleiben, da sie nicht ständig in Unsicherheit und Angst habe leben wollen. Ihr Mann habe alles versucht, um sie dazu zu bewegen, dort zu bleiben, aber sie habe abgelehnt. Ende 2013 sei sie dann mit ihren Kindern in die Türkei ausgereist. Sie habe sich eine Wohnung in Istanbul gesucht und in einem dortigen Reisebüro gearbeitet, u.a. um das Schulgeld für ihre Kinder zu bezahlen.
Sie wünsche sich, mit ihren Kindern in Sicherheit zu leben. Mit dem Irak wolle sie nichts mehr zu tun haben; sie bereue ihr dortiges Leben sehr. Selbst wenn sie sterbe, wolle sie nicht, dass ihr Leichnam in den Irak zurückgebracht würde.
Mit Bescheid vom 19. September 2016, dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 22. September 2016 zugestellt, erkannte das Bundesamt der Klägerin und ihren Kindern die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Nr. 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung ab (Nr. 2), erkannte ihnen den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 4). Zudem drohte es die Abschiebung der Kläger in den Irak an (Nr. 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf dreißig Monate ab dem Tag der Abschiebung.
Zur Begründung führte es aus u.a., aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich weder eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung noch ein flüchtlingsrechtlich relevantes Verfolgungsmerkmal. Die Klägerin habe keine individuelle Bedrohungssituation geltend gemacht, sondern lediglich kriminelle Übergriffe. Die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus scheide aus, da es an individuellen gefahrerhöhenden Umständen in der Person der Kläger fehle. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG scheide aus, da es der Klägerin auch bis zu ihrer Ausreise gelungen sei, für sich eine Lebensgrundlage zu schaffen.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 4. Oktober 2016 für sämtliche Familienangehörige Klage erhoben.
Ihr Prozessbevollmächtigter erklärte mit Schriftsatz vom 1. März 2017, die Klagebegründung habe sich wegen einer fehlenden Rücksprachemöglichkeit mit der Klägerin verzögert, da sie sich seit Anfang September 2016 in psychiatrischer Behandlung befinde und starke Beruhigungsmittel verschrieben bekommen habe, die eine massive Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit mit übermäßiger Müdigkeit bedingt hätten.
Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2017 überreichte die Klägerin sodann ein von ihr angefertigtes handschriftliches Schreiben in arabischer Sprache nebst Übersetzung sowie das Original einer von ihr ausgestellten Spezialvollmacht zur gerichtlichen Vertretung im Irak, ferner das Original einer Übersetzung eines Antrages der Klägerin beim Personenstandgericht in Abi Saida im Irak. In ihrem handschriftlichen Schreiben schilderte die Klägerin, ihr Ex-Mann D. habe sie und die gemeinsamen fünf Kinder, ehemals die Kläger zu 2. bis 6., verlassen und ihnen das gesamte Familienvermögen genommen. Momentan sei er – ohne vorherige offizielle Scheidung - mit einer anderen Frau verheiratet, ohne ihr, der Klägerin, Bescheid gesagt zu haben. Infolgedessen betreibe sie von Deutschland aus die Scheidung. Zudem habe sie von Bekannten erfahren, ihr Ex-Mann erzähle im gemeinsamen Bekanntenkreis, sie lebe nicht mehr nach religiösen Traditionen und gehe den Werten und Normen ihres Stammes nicht mehr nach. Er habe ihre Familie gegen sie aufgehetzt, die sich nunmehr gegen sie gewandt und ihr mit dem Tod gedroht habe. Sie könne nicht mehr in den Irak zurückkehren. Zum einen wolle ihr Ex-Mann ihr das alleinige Sorgerecht entziehen und ihr die gemeinsamen Kinder wegnehmen. Zum anderen herrsche im Irak in Situationen wie den von ihr beschriebenen das Stammesrecht, so dass im Falle ihrer Rückkehr in den Irak Lebensgefahr bestehe.
Mit Beschluss vom 29. Januar 2018 hat das Gericht den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. September 2016 zu verpflichten,
1. den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
2. den Klägern hilfsweise subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen sowie
3. hilfsweise festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. Hinsichtlich der persönlichen Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wird verwiesen auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 26. Februar 2018.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 6. März 2018 das Verfahren der Kläger zu 2. bis 6. abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 6 A 1805/18 fortgeführt.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die der Berichterstatter gemäß § 76 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) anstelle der Kammer als Einzelrichter entscheidet, hat Erfolg. Sie ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Einzelrichter ist dabei nicht daran gehindert, auf Basis der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2018 über die Klage zu entscheiden, obgleich kein Vertreter der Beklagten erschienen ist. Das Gericht hat die Beteiligten nämlich mit der Ladung darauf hingewiesen, dass auch in ihrer Abwesenheit mündlich verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).
1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Bescheid des Bundesamtes vom 19. September 2016, mit dem dieses Begehren abgelehnt worden ist, verletzt die Klägerin in ihren Rechten und ist aufzuheben, soweit er dem vorgenannten Anspruch entgegensteht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
Nach § 3 Abs. 4 AsylG in der Fassung des Gesetzes vom 11.03.2016 (BGBl. I S. 394) wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, grundsätzlich die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. § 3 Abs. 1 AsylG bestimmt dazu, dass ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) ist, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Diese Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sind in der Person der Klägerin erfüllt.
Eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG kann vom Staat, staatsähnlichen Organisationen oder auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder nichtstaatliche Träger faktischer Staatsgewalt einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten (§ 3c f. AsylG) und soweit nicht eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht (§ 3e AsylG).
Eine „begründete Furcht“ vor Verfolgung (vgl. auch Art. 1 GFK, Art. 2 RL 2011/95/EU) liegt vor, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen, d. h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67, Rn. 19). Der danach maßgebliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende bzw. bewertende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Zu bewerten ist letztlich, ob aus Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Schutzsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in das Herkunftsland als unzumutbar erscheint. Zu begutachten ist die Wahrscheinlichkeit künftiger Geschehensabläufe bei einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr des Schutzsuchenden in seinen Heimatstaat (BVerwG, Urteil vom 06.03.1990 - 9 C 14.89 -, juris). Dabei entspricht die zunächst zum nationalen Recht entwickelte Rechtsdogmatik zur Frage der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ auch dem neueren europäischen Recht (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 10 C 25.10 -, BVerwGE 140, 22; Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2017 – 2 LB 91/17, BeckRS 2017, 118678, Rn. 29).
Bei der Bewertung, ob die im Einzelfall festgestellten Umstände eine die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG rechtfertigende Verfolgungsgefahr begründen, ist zu unterscheiden zwischen der Frage, ob dem Ausländer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungshandlung gemäß den § 3 Abs. 1, § 3a AsylG droht, und der Frage einer ebenfalls beachtlich wahrscheinlichen Verknüpfung zwischen Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund (Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2017 – 2 LB 91/17, BeckRS 2017, 118678, Rn. 30).
Beim Flüchtlingsschutz gilt für die Verfolgungsprognose ein einheitlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Das gilt unabhängig von der Frage, ob der Ausländer vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Die Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU (sog. Qualifikationsrichtlinie), nicht (mehr) durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 10 C 25.10 -, BVerwGE 140, 22, Rnr. 21 f.; Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2017 – 2 LB 91/17, BeckRS 2017, 118678, Rn. 31).
Hinsichtlich der Anforderungen an den Klägervortrag muss unterschieden werden zwischen den in die eigene Sphäre des Asylsuchenden (bzw. hier: des um Flüchtlingsschutz Nachsuchenden) fallenden Ereignissen, insbesondere seiner persönlichen Erlebnisse, und den in den allgemeinen Verhältnissen seines Herkunftslandes liegenden Umständen, die seine Furcht vor Verfolgung rechtfertigen sollen. Lediglich in Bezug auf erstere muss er eine Schilderung geben, die geeignet ist, seinen Anspruch lückenlos zu tragen, wobei dem persönlichen Vorbringen des materiell beweisbelasteten Klägers und dessen Würdigung nach § 108 VwGO im Hinblick auf die regelmäßig bestehende Not an anderen Beweismitteln gesteigerte Bedeutung zukommt. Zur Anerkennung kann schon allein sein Tatsachenvortrag führen, sofern seine Behauptungen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände in dem Sinne „glaubhaft“ sind, dass sich das Tatsachengericht von ihrer Wahrheit überzeugen kann (Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2017 – 2 LB 91/17, BeckRS 2017, 118678, Rn. 33). Hinsichtlich der allgemeinen politischen Verhältnisse im Herkunftsland reicht es hingegen wegen seiner zumeist auf einen engeren Lebenskreis beschränkten Erfahrungen und Kenntnisse aus, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich - ihre Wahrheit unterstellt - hinreichende Anhaltspunkte für eine nicht entfernt liegende Möglichkeit der Verfolgung für den Fall einer Rückkehr in das Herkunftsland ergeben (BVerwG, Urteil vom 04.11.1981 - 9 C 251/81 -, juris; Urteil vom 22.03.1983 - 9 C 68.81 -, juris). Hier ist es Aufgabe der Beklagten und der Gerichte, unter vollständiger Ausschöpfung aller verfügbaren Erkenntnisquellen die Gegebenheiten im Herkunftsstaat aufzuklären und darauf aufbauend eine in besonderem Maße von Rationalität und Plausibilität getragene Prognose zu treffen (Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2017 – 2 LB 91/17, BeckRS 2017, 118678, Rn. 34 f.).
Führt dies für sich genommen zu keinem für den Schutzsuchenden günstigen Ergebnis, verbleibt es bei allgemeinen Beweislastregeln. Allgemein gilt, dass die humanitäre Schutzrichtung des Asyl- und Flüchtlingsrechts weder eine Umkehr der objektiven Beweislast noch eine Folgenabwägung im Sinne eines „better safe than sorry“ gebietet (vgl. hierzu Ellerbrok/Hartmann, NVwZ 2017, S. 522 (523)). Das gilt erst recht, wenn es allein um die genaue Ausprägung des Schutzstatus geht, nicht aber um das „Ob“ der Schutzgewährung (Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2017 – 2 LB 91/17, BeckRS 2017, 118678, Rn. 36).
Auf Basis dieses rechtlichen Maßstabs haben im vorliegenden Fall die für die Verfolgung der Klägerin sprechenden Umstände bei einer zusammenfassenden Bewertung größeres Gewicht als die dagegen sprechenden Umstände. Das Gericht kommt aufgrund des aus dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung, dass der Klägerin im Falle der Rückkehr in den Irak aus individuellen, nur in ihrer Person liegenden Gründen im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine geschlechtsspezifische Verfolgung droht.
Der Klägerin kommt bei der Beurteilung der Frage, ob ihr weiterhin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsgefahren im Irak drohen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - juris Rn. 32; Urteil vom 01.03.2012 - 10 C 7.11 - juris Rn. 12) die Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie nicht zugute. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde bzw. von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil die Klägerin nicht vorverfolgt aus dem Irak ausgereist ist. Die Handlungen, welche die Klägerin in ihrer Anhörung vor dem Bundesamt geschildert hat, knüpfen nicht an einen Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 Abs. 1, § 3b Abs. 1 AsylG an. Insoweit nimmt das Gericht auf die zutreffenden Feststellungen im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts Bezug und macht sich diese zu eigen (§ 77 Abs. 2 Var. 1 AsylG).
Das Gericht geht jedoch aufgrund der aus dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse davon aus, dass die Klägerin im Falle ihrer Rückkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 5 AsylG) von Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1, § 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG bedroht ist.
Nach § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG gilt eine Gruppe insbesondere dann als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund haben, der nicht verändert werden kann (lit. a) und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird (lit. b). Eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch dann vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft (§ 3b Abs. 1 Nr. 4 letzter HS AsylG). Letzteres ist bei der Klägerin als demnächst geschiedene und alleinerziehende Frau im Irak der Fall.
Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln bilden alleinstehende Frauen ebenso wie geschiedene und ggf. zusätzlich alleinerziehende Frauen im Irak, welche nicht auf den Schutz ihres Familienverbandes zurückgreifen können, eine eigene soziale Gruppe im Sinne des § 3b Abs. 1 Nr. 4 letzter HS AsylG.
In dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes (AA) über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 7. Februar 2017 (Stand: Dezember 2016) heißt es zur Lage der Frauen im Irak (S. 13 f.), dass die in der Verfassung festgeschriebene Gleichstellung der Geschlechter und das verfassungsrechtlich verankerte Verbot jeder Art von Diskriminierung (vgl. Art. 14 und 20 der irakischen Verfassung) in niederrangigen Rechtsnormen keine Entsprechung finde und in der Praxis durch erhebliche Defizite gekennzeichnet sei. Die Stellung der Frau habe sich im Vergleich zur Zeit des Saddam-Regimes teilweise deutlich verschlechtert. Die prekäre Sicherheitslage und wachsende fundamentalistische Tendenzen in Teilen der irakischen Gesellschaft hätten negative Auswirkungen auf das Alltagsleben und die politischen Freiheiten der Frauen. Vor allem im schiitisch geprägten Südirak würden islamische Regeln, z.B. Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten, stärker durchgesetzt. Frauen würden unter Druck gesetzt, ihre Freizügigkeit und Teilnahme am öffentlichen Leben einzuschränken (VG Gelsenkirchen, Urt. v. 08.06.2017 – 8a K 1971/16.A -, juris Rn. 52).
Middle East Online hebt in einem Artikel aus Dezember 2011 hervor, nach Angaben der irakischen Parlamentsabgeordneten Safia al-Souhail sei in statistischer Hinsicht eine von fünf irakischen Frauen körperlicher oder psychischer Gewalt ausgesetzt, die oft von Familienangehörigen ausgehe (Middle East Online, Hidden victims of Iraq conflict: Women expect little change for better, 21.12.2011).
Human Rights Watch berichtete im Februar 2014, die Rechten der Frauen im Irak hätten sich seit dem Golfkrieg 1991 dramatisch verschlechtert. Mit der Erosion von Sicherheit und Stabilität einhergehend, hätten frauenfeindliche Ideologien propagierende Milizen Frauen und Mädchen zur Zielscheibe von Angriffen gemacht und sie eingeschüchtert, sich aus dem öffentlichen Leben fernzuhalten. Frauen sähen sich dem Risiko ausgesetzt, von Mitgliedern der ausschließlich männlichen Polizei oder anderen Sicherheitskräften belästigt und misshandelt zu werden, was ihre fortwährende Viktimisierung im häuslichen Bereich konsolidiere. Die größten Opfer der fortdauernden Unsicherheit seien junge Frauen. Sie würden verwitwet, versklavt, zur frühen Heirat gezwungen, häuslicher Gewalt ausgesetzt oder sexuell belästigt, sobald sie das Haus verließen. Letzteres sei ein neues Phänomen im Irak (Human Rights Watch, No one is safe. Abuses of women in Iraq’s criminal justice system, Februar 2014).
Nach den Förderungsrichtlinien für die Bewertung der internationalen Schutzbedürfnisse von Asylsuchenden aus dem Irak des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) vom 31. Mai 2012 ist die Gewalt gegen Frauen und Mädchen seit 2003 gestiegen und setzt sich unvermindert fort. Frauen und Mädchen seien im Irak Opfer von gesellschaftlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Diskriminierungen, Entführungen und Tötungen aus politischen, religiösen oder kriminellen Gründen, sexueller Gewalt, erzwungener Umsiedlung, häuslicher Gewalt, "Ehrenmorden" und anderen schädlichen traditionellen Praktiken, wie etwa (Sex-)Handel und erzwungener Prostitution. Frauen ohne männliche Unterstützung, einschließlich Witwen, Frauen, deren Ehemänner vermisst würden oder inhaftiert seien, und geschiedenen Frauen seien am meisten betroffen. Traditionell würden sie nach dem Verlust ihrer Ehemänner mit ihren Familien oder ihren Schwiegereltern mitgehen. Allerdings seien diese Verwandten oft wegen ihrer eigenen wirtschaftlichen Not nicht in der Lage, eine beträchtliche Unterstützung zu bieten (UNHCR, Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Iraq, 31.05.2012, S. 34 f.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 08.06.2017 – 8a K 1971/16.A -, juris Rn. 60).
Einer Schnellrecherche der Länderanalyse der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) zufolge gelten alleinlebende Frauen zu den verletzlichsten Personengruppen des Landes. Ohne Unterstützung und Schutz von Verwandten seien sie besonders anfällig für Belästigungen, Entführungen oder sexuelle Übergriffe. Viele seien zur Sicherung ihres Lebensunterhalts gezwungen, sich zu prostituieren, Ehen mit älteren Männern oder Zeitehen („pleasure marriages“) einzugehen (SFH, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 15. Januar 2015 zu Irak: Zwangsheirat, S. 2, 8).
Auch Unami Human Rights stellt in einem Bericht aus Juni/Juli 2014 fest, einzelne Frauen und weibliche Haushaltsvorstände seien besonders anfällig für Drohungen von sexuellen und anderen Formen der physischen Gewalt, Tötungen und den beeinträchtigten Zugang zu ohnehin bereits begrenzter humanitärer Hilfe (Unami Rights Report on the Protection of Civilians in the Non International Armed Conflict in Iraq, 5 June - 5 July 2014, S. 21; VG Gelsenkirchen, a.a.O., Rn. 60).
Des Weiteren hebt das Britische Innenministerium in seinem Länderbericht 2015 in Bezug auf den Irak hervor, dass einzelne Frauen und Kinder, die in den Irak zurückkehrten, aufgrund ihres Geschlechts und ihres Alters besonders anfällig seien und wahrscheinlich die Schwelle für die Zuerkennung internationalen Schutzes erreicht sein dürfte, sofern sie keine Unterstützungsnetze hätten oder sich nicht finanziell unterstützen könnten (UK Home Office, Country Information and Guidance. Iraq: humanitarian situation in Baghdad, the south (including Babil) and the Kurdistan Region of Iraq, Version 1.0., Juni 2015, S. 7, Rn. 2.4.8).
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in einer Schnellrecherche vom 5. Februar 2018 aus (SFH, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 5. Februar 2018 zum Irak: Frauenhäuser in Kirkuk, S. 3 f.):
„Laut dem Geneva International Centre for Justice (2015) werden unverheiratete Frauen im Irak gesellschaftlich stigmatisiert. Ein Bericht von Care (April 2015) deutet darauf hin, dass die vorherrschenden sozialen Normen Frauen daran hindern, ohne einen Mann zu leben. Insbesondere weiblich geführte Haushalte riskieren Gewalt ausgesetzt zu sein. Zu den schutzbedürftigsten Gruppen im Irak zählt Care unter anderem insbesondere schwangere und/oder stillende, ledige und verwitwete Frauen. Auch in einem Bericht einer Fact-Finding-Mission des Danish Refugee Council und des Danish Immigration Service (Januar 2016) wird hervorgehoben, dass ledige Frauen sowie weiblich geführte Haushalte unter den intern vertriebenen Menschen (IDPs) «besonders verletzlich» sind. Laut der Koalition des CEDAW-Schattenberichtes (2014) ist insbesondere die «Kategorie der Witwen und der geschiedenen Frauen» mit grossen sozialen Herausforderungen und diskriminierenden Traditionen konfrontiert. Diese Frauen seien oft dem Risiko der sexuellen Ausbeutung, Prostitution und Ehen auf Zeit ausgesetzt. Haushalte, die von Frauen geführt werden, leben aufgrund des tiefen Einkommens in sehr schlechten finanziellen Verhältnissen.“
[…] Gemäss IWHR et al. (August 2015) sind irakische Frauen nach einer Scheidung oft von männlichen Verwandten abhängig. Insbesondere geschiedene Frauen ohne Bildung oder Arbeitserfahrung, vor allem in ländlichen Regionen, seien mit grossen Schwierigkeiten konfrontiert. Aus Angst vor gewaltsamen Repressalien, sozialer Stigmatisierung und finanzieller Isolierung bei einer Trennung entscheiden sich viele Frauen dafür, eine Beziehung mit einem gewalttätigen Partner aufrechtzuerhalten.“
In Bezug auf die gesetzlichen Grundlagen der Ehescheidung im Irak führt die Schweizerische Flüchtlingshilfe in einer Länderanalyse aus August 2011 aus, in den meisten muslimischen Ländern würden zivilrechtliche Angelegenheiten betreffend Heirat, Sorgerecht und Erbschaften gemäß dem islamischen Scharia-Recht geregelt. Im Irak ersetze hingegen das „Personal Status Law“ (Zivilstandsgesetz) aus dem Jahr 1959 die Schariagerichte und gelte als liberal bezüglich der Rechte der Frauen. Kinderheirat und Zwangsheirat seien verboten, Polygamie sei eingeschränkt. Die Rechte der Frauen bei einer Scheidung seien erweitert worden, ihre Möglichkeiten bezüglich Erbschaften verbessert. Gemäß Art. 57 des Zivilstandsgesetzes habe die Frau das Sorgerecht über die Kinder, bis diese zehn Jahre alt seien. In dieser Zeit müsse der Vater Unterhaltsgeld für die Kinder bezahlen. Das Sorgerecht der Frau könne vor Gericht bis zum 15. Lebensjahr verlängert werden, danach dürfe das Kind entscheiden, wer das Sorgerecht haben solle (SFH, Auskunft der SFH-Länderanalyse, Irak: Scheidung in KRG-Region, 11.08.2011, S. 1 f.). Seit dem Sturz der Baath-Regierung habe sich jedoch die massive Kritik religiöser Führer weiter verfestigt, welche in der Gesetzeslage einen Widerspruch zur islamischen Rechtsprechung sowie zu Art. 41 der neuen irakischen Verfassung sähen („Iraquis are free in their commitment to their personal status according to their religions, sects, beliefs, or choices and that shall be regulated by law“; SFH, a.a.O., S. 1). Nach den Angaben einer Kontaktperson vor Ort sprächen die irakischen Gerichte zudem oft den Ehemännern das Sorgerecht zu, da die Frauen oftmals nicht die wirtschaftlichen Möglichkeiten besäßen, für die Familie aufzukommen (SFH, a.a.O., S. 2).
Das Deutsche Orient-Institut (DOS) führt in einem Gutachten aus Juni 2005 zu den Folgen einer Scheidung durch „Verstoßung“ durch den Ehemann gemäß §§ 37 bis 39 des irakischen Personenstandsgesetzes aus, durch eine Verstoßung erleide eine Frau eine „gesellschaftliche Stigmatisierung“, d.h. sie sei mit einem fast nicht mehr behebbaren „erheblichen Makel“ behaftet, der sie in gesellschaftlich-sozialen Misskredit bringe. Eine irakische Frau versuche infolgedessen unter allen Umständen eine Scheidung zu vermeiden (DOS, Gutachten vom 14.06.2005 – Az.: 1789 al/br, S. 7). Sie finde normalerweise – wenn überhaupt - nur einen sozial, finanziell und gesellschaftlich schlechter gestellten Mann, weil sie nicht mehr unerfahren sei. Andernfalls müsse sie im Schutze der eigenen Familie leben. Auch könne man sich eine alleinstehende Frau im Irak mit einer noch minderjährigen Tochter im Irak schlecht vorstellen. Im Regelfall würde eine Frau in einer derartigen Situation in gesellschaftlich-sozialer Weise „kein Bein mehr auf den Boden bekommen“ (DOS, a.a.O., S. 9).
Auf Basis dieser Erkenntnismittellage steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass alleinstehende oder geschiedene, alleinerziehende Frauen, welche nicht auf den Schutz ihres Familienverbundes zurückgreifen können, als bestimmte soziale Gruppe im Sinne des § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG anzusehen sind. Sie weisen aufgrund ihres Geschlechts in Kombination mit ihrem Familienstand und ihrer fehlenden Einbindung in einen schützenden Familienverbund eine besondere Identität auf, derentwegen sie die irakische Gesellschaft als andersartig betrachtet, d.h. als gesellschaftlichen Fremdkörper. Hiermit einher geht eine besondere Verletzlichkeit bzw. Anfälligkeit gegenüber den in § 3a AsylG bezeichneten Verfolgungshandlungen.
Das Gericht ist darüber hinaus aufgrund der glaubhaften und substantiierten Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung sowie auf Basis der vorliegenden Erkenntnismittel zu der Überzeugung gelangt, dass sie sich im Falle ihrer Rückkehr in den Irak als alleinerziehende und demnächst geschiedene Frau mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von nichtstaatlicher Seite geschlechtsspezifischen Verfolgungsmaßnahmen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 4, § 3a Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 AsylG ausgesetzt sehen würde.
Als Verfolgungen im Sinne des § 3a Abs. 1 gelten dabei Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen (Nr. 1), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Klägerin droht im Falle ihrer Rückkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, von ihrem (Ex-)Mann bzw. Angehörigen ihrer Familie väterlicherseits, insbesondere ihrem Vater und ihren weiterhin in Diyala lebenden Brüdern, wegen Ehebruchs getötet zu werden.
Eine (geschiedene) Frau, die sich mit der Anschuldigung konfrontiert sieht, Ehebruch begangen zu haben, muss nach der gegenwärtigen Erkenntnismittellage fürchten, Opfer eines sogenannten „Ehrenmordes“ zu werden, d.h. einer rechtswidrigen Tötung durch Familienangehörige oder nahestehende Dritte „zur Wiederherstellung der Familienehre“.
Das Deutsche Orient-Institut (DOS) führt in dem bereits erwähnten Gutachten aus Juni 2005 aus, der bloße Umstand einer Scheidung (wegen Verstoßung) begründe nicht die Gefahr eines „Ehrenmordes“ zur Wahrung des familieninternen Verständnisses von Ehre und Ansehen. Zwar mögen sich die männlichen Verwandten, beispielsweise die älteren Brüder oder der Vater, „Sorgen“ machen, sofern eine junge Frau nach einer Scheidung nunmehr allein im Ausland lebe, d.h. ohne männlichen Schutz. Dieses würde ggf. zu einer Wiederverheiratung „unter tatkräftiger Mithilfe“ der männlichen Verwandten führen. Von einer 37jährigen Frau, die nach irakischen Maßstäben auf dem dortigen Heiratsmarkt bereits als „alte Frau“ gelte, würde jedoch nach praktisch-realistischen Maßgaben niemand erwarten, dass sie sich wiederverheirate. Sie könne grundsätzlich unbehelligt von den Erwartungen ihrer männlichen Verwandten leben (DOS, Gutachten vom 14.06.2005 – Az.: 1789 al/br, S. 2-4). Schande könnte die Betroffene ihrer Familie indessen dann bringen, wenn sie nach der Verstoßung einen „sittenlosen Lebenswandel“ führen würde. In einem solchen Fall würden die männlichen Familienangehörigen sie zunächst zur Ordnung rufen und, bei einem massiven Verstoß gegen die dortigen Anschauungen, ihr auch körperlich nahetreten (DOS, a.a.O., S. 3). In einem Ergänzungsgutachten aus Januar 2006 präzisierte das Deutsche Orient Institut diese Aussagen dahingehend, die Tötung einer Frau drohe dann, wenn der Ehemann sich scheiden lasse, weil die Ehefrau in ehebrechender Weise unerlaubte Beziehungen zu anderen Männern unterhalten habe (DOS, Gutachten vom 30.01.2006 – Az.: 1789 al/br, S. 6). Naturgemäß verfüge der Mann dabei über die Möglichkeit, seine Frau „nach allen Regeln der Kunst“ schlecht zu machen und ihr die (mittelbare) Verantwortung für die Scheidung zuzuschieben. In einem solchen Fall würde das persönliche Umfeld ihm glauben, nicht hingegen der Frau, und zwar selbst dann, wenn alle Evidenz gegen den Mann spreche (DOS, a.a.O., S. 8 f.).
Nach einem Bericht der Nichtregierungsorganisation Heartland Alliance aus Januar 2011 (Heartland Alliance, Institutionalized Violence Against Women and Girls. Laws and Practices in Iraq, Januar 2011, https://www.heartlandalliance.org/international/wp-content/uploads/sites/15/2017/02/Institutionalized-Violence-Against-Women-and-Girls-in-Iraq-Laws-and-Practices-January-2011.pdf, S. 21; auszugsweise abgedruckt bei SFH, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 5. Februar 2011 zum Irak: Frauenhäuser in Kirkuk, S. 5 f.) stellt Ehebruch im Irak ebenso wie in den meisten anderen muslimischen Ländern eine Straftat nach Art. 377 des irakischen Strafgesetzbuchs (Iraqi Penal Code (IPC)) dar, welche als Vergehen im Sinne des Art. 26 Abs. 1 IPC mit einer Gefängnisstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren zu bestrafen ist. Männer seien ebenfalls nach dieser Vorschrift strafbar, jedoch diskriminiere das irakische Recht Frauen dahingehend, dass diese unabhängig vom Ort der Begehung des Ehebruchs zu bestrafen seien (Art. 377 Abs. 1 IPC). Männer seien nur strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, sofern sie den Ehebruch in der ehelichen Wohnung begingen (Art. 377 Abs. 2 IPC).
Des Weiteren sehe die irakische Gesellschaft Ehebruch als gravierendes soziales Vergehen gegen die Ehre der Familie, der Gemeinschaft und des Stammes an. Infolgedessen müssten Frauen ernsthaft befürchten, dass die Familie ihres Ehemannes oder ihre Herkunftsfamilie sie „zur Wiederherstellung der Ehre“ töten würden (Heartland Alliance, a.a.O., S. 21). Die Tötung wegen Ehebruchs gelte dabei in der irakischen Gesellschaft als einer von mehreren sozial anerkannten Gründen, Frauen wegen der „Entehrung der Familie“ zu töten. Dabei könne bereits die bloße Anschuldigung, Ehebruch begangen haben, die Grundlage für einen „Ehrenmord“ sein, wobei gerade Frauen die Bürde obliege, die Familienehre zu wahren. Ehemänner, die ihre Frauen misshandelten, würden den Straftatbestand zudem häufig als Drohkulisse nutzen, um ihre Frauen gefügig zu halten, aber auch dazu, um sich selbst zur Vorbereitung einer neuen Ehe unter vereinfachten Bedingungen scheiden zu lassen (Heartland Alliance, a.a.O., S. 21). Frauen, die des Ehebruchs angeklagt und/oder verurteilt würden, verlören üblicherweise das Sorgerecht für ihre Kinder und könnten sich unter keinen Umständen wieder sicher in ihre Herkunftsfamilien oder örtlichen Gemeinschaften integrieren (Heartland Alliance, a.a.O., S. 21).
Nach dem aktuellen Länderbericht Irak des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) für das Jahr 2017 bleiben Ehrenverbrechen im ganzen Irak weiterhin ein ernstzunehmendes Problem, das sich derzeit noch zunehmend verschärft. Die Gründe hierfür seien u.a. die schwachen Strafverfolgungsbehörden, die paramilitärischen religiösen Milizen, die stark an Macht gewonnen hätten sowie die zunehmende Verbreitung besonders strenger und konservativer religiöser Werte. Ehrenverbrechen würden in allen Gegenden des Irak und bei allen ethnischen und religiösen Gruppen begangen, wobei es schwer sei, das wahre Ausmaß von Ehrenverbrechen zu erfassen, da viele Fälle nicht angezeigt würden. Ehrenmorde würden meist begangen, nachdem eine Frau eines der folgenden Dinge getan habe oder dessen auch nur verdächtigt werde: eine Freundschaft oder voreheliche Beziehung mit einem Mann einzugehen, sich zu weigern, einen von der Familie ausgewählten Mann zu heiraten, gegen den Willen der Familie zu heiraten, Ehebruch, oder das Opfer einer Vergewaltigung oder Entführung zu sein. Solche Verletzungen der Ehre würden in der irakischen Gesellschaft als unverzeihlich angesehen und könnten aus Sicht dieser häufig nur getilgt werden, indem man die Frau töte. Per Definition würden Ehrenmorde von einem Familienmitglied ausgeführt, es könne aber auch sein, dass die Großfamilie, der Clan, die Gemeinde, der Stamm, eine bewaffnete Gruppe oder anderen externe Akteure Druck auf die Familie ausübten, ein Familienmitglied zu töten, das vermeintliche Schande über die Familie gebracht habe (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Irak, 24.08.2017, S. 138 f.).
Diese Erkenntnismittellage zum Risiko von (geschiedenen) Frauen, die des Ehebruchs bezichtigt werden, findet ihre Entsprechung in den glaubhaften Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung. Aufgrund dieser Angaben steht zur Überzeugung des Einzelrichters fest, dass die Klägerin im Falle ihrer Rückkehr befürchten müsste, dass sie von ihren männlichen Familienangehörigen der Familie väterlicherseits oder ihrem Ehemann „aus Gründen der Ehre“ getötet würde.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass ihr Vater und ihre in Diyala lebenden Brüder den Plan hegten, ihr im Falle ihrer Rückkehr Gewalt anzutun, da ihr Ehemann und baldiger Ex-Mann sie aus Rache für die Erhebung einer Ehescheidungsklage in den Glauben versetzt habe, sie gehe im Ausland einem „westlichen“ bzw. unislamischen Lebenswandel nach und habe Affären mit zahlreichen Männern.
Diesbezüglich hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zunächst glaubhaft erörtert, dass sie sich bereits in den letzten Jahren ihres Lebens im Irak immer weiter von den dortigen Gesellschaftsanschauungen und Traditionen entfremdet und infolgedessen „unter verschärfter Beobachtung“ ihres Ehemanns und dessen Familie gestanden habe. Bereits bei der Eheschließung im Jahr 2004 habe es Einwände der Familie ihres Ehemanns gegeben, weil ihre Eltern geschieden seien und ihre Mutter Christin sei, womit die Klägerin selbst „nur zur Hälfte“ als Muslimin gelte. Zudem habe sie sich lange geweigert, ein Kopftuch zu tragen, was die Familie ihres Ehemannes als Beleg für die Annahme herangezogen habe, dass sie ihrer Mutter nacheifern wolle. Sie selbst habe zudem sehr darunter gelitten, dass sie trotz ihres Jurastudiums und ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin nicht die Rechte ihrer Tochter gegen den Vergewaltiger habe durchsetzen können; aus ihrer Frustration über die Benachteiligung als Frau und die schlechte Sicherheitslage im Irak habe sie gegenüber ihrem Ehemann keinen Hehl gemacht. Dieser habe sie dann letztendlich mit den Kindern in die Türkei geschickt mit dem Versprechen, ihr nach Verwertung des Familienvermögens baldmöglichst nach Europa nachzufolgen. Er sei letztendlich froh gewesen, zunächst seine Ruhe zu haben vor ihrer ständigen Kritik an den Verhältnissen im Irak, zumal er stets befürchtet habe, dass sie es andernfalls ihrer Mutter gleichtun und nach Dohuk gehen würde, um dort ggfs. ebenfalls Christin zu werden. Letzteres habe er auf keinen Fall gewollt.
Ebenso hat die Klägerin glaubhaft dargetan, dass das Verhältnis zu ihrem Ehemann bis ca. 18 Monate vor der mündlichen Verhandlung noch normal gewesen sei, sich dann jedoch der telefonische Kontakt nur sporadisch gestaltet habe. Sie habe sich sodann hilfesuchend an ihren in Dohuk lebenden, zum Christentum konvertierten Bruder gewandt und diesen gebeten, einmal nach Bagdad zu gehen und zu schauen, ob ihr Ehemann tatsächlich solche Probleme habe, dass gemeinsame Haus und den Laden zu verkaufen und die Ausreise vorzubereiten. In Bagdad habe ihr Bruder sodann festgestellt, dass ihr Ehemann unter Ausnutzung der von ihr gewährten Handlungsvollmacht alles verkauft habe und auch nicht mehr beim Militär arbeite, sondern sich der iranischen Miliz Hashd Al Shabi angeschlossen habe. Zudem habe ihr Bruder ihr mitgeteilt, dass ihr Ehemann mit einer anderen Frau verheiratet sei. Dies sei für sie ein großer Schock gewesen. Sie habe ihren Mann damals immer noch als ihren Ehemann betrachtet. Es sei ein großes Problem für sie gewesen, dass er das gesamte Familienvermögen verkauft habe und es nun nutze, um mit einer anderen Frau zusammenzuleben. Sie habe ihren Ehemann daraufhin telefonisch zur Rede gestellt und dieser habe ihr dann auch die Wahrheit erzählt und nichts abgestritten. Auf ihre Nachfrage hin, warum er sie weiterhin in dem Glauben gelassen habe, er werde ihr nach Deutschland folgen, habe er ihr mitgeteilt, dass er gemerkt habe, dass sie auf jeden Fall den Irak verlassen wolle. Er hingegen habe das zu keinem Zeitpunkt gewollt. Er habe ihr mitgeteilt, er wolle in seiner Heimat bleiben. Zudem sei sie nach seiner Auffassung auf dem Weg Christin zu werden, da sie sehr westlich orientiert sei. Nachdem sie dieses erfahren habe, habe sie zunächst für ca. zwei Monate keinen Kontakt mehr mit ihrem Ehemann gehabt. In dieser Zeit habe ihre Familie über gemeinsame Gespräche erfahren, dass ihr Ehemann sich von ihr und den gemeinsamen Kindern losgesagt habe. In der Folgezeit habe sie auch keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie gehabt in dieser Zeit. Dieses habe sich auf ihren Vater und die gemeinsamen Geschwister bezogen, die weiterhin in Diyala lebten. Kontakt habe sie lediglich zu ihrer Mutter und dem Bruder und der Schwester gehabt, die ebenfalls in Dohuk lebten und zum Christentum konvertiert seien.
Ca. zwei Monate nach dem Telefonat mit ihrem Ehemann habe dieser sie wieder angerufen und sie aufgefordert, wieder in den Irak zurückzukehren. Sie habe dieses jedoch abgelehnt und habe ihn darüber informiert, dass man in Deutschland viel mehr Freiheiten habe, z. B. die Freiheit, mit wem man befreundet sei. Zudem habe sie ihm erzählt, dass ihre Kinder hier ein soziales Umfeld hätten und z.B. mit dem Kindergarten in die Kirche gehen würden; ferner, dass sie selbst auch mit einer örtlichen Frauengruppe in die Kirche gehe, um Kontakte zu knüpfen. Ihr Ehemann habe ihr im damaligen Telefonat vorgehalten, dass sie sich verändert habe. Sie hingegen habe ihm mitgeteilt, dass sie bereit sei, sich zu versöhnen, sofern er nach Deutschland komme und sie und die gemeinsamen Kinder unterstütze. Dieses habe er jedoch abgelehnt. Als sie gesehen habe, dass es hoffnungslos sei, habe sie dann eine Scheidungsklage eingereicht, dieses u. a. auch deshalb, weil ihr Ehemann ihr gedroht habe. Zum Beispiel habe er damit gedroht, Anzeige zu erstatten und zu bewirken, dass ihre Kinder aus Deutschland zurückgeholt werden würden. Infolgedessen habe sich die Klägerin u. a. an ihren Prozessbevollmächtigten gewendet und sich erkundigt, ob so etwas möglich sei.
All diese Äußerungen der Klägerin weisen hinreichende Realkennzeichen auf, welche aus Sicht des Einzelrichters für die Wiedergabe eines real erlebten Geschehens sprechen, insbesondere eine logische Konsistenz des Geschehens, einen außerordentlichen quantitativen Detailreichtum der Aussage, eine ungeordnete sprunghafte Darstellung sowie die Schilderung von Interaktionen und Emotionen der Beteiligten nebst Wiedergabe ausgefallener Einzelheiten. Insbesondere der Umstand, dass die Klägerin zunächst noch ihrer Schilderung nach versuchte, sich mit ihrem Ehemann zu versöhnen, um eine Scheidung zu vermeiden, entspricht der Erkenntnismittellage zur sozialen Stigmatisierung von Scheidungen im Irak.
Des Weiteren hat die Klägerin glaubhaft dargelegt, dass die Angehörigen ihrer Familie väterlicherseits ihr im Falle einer Rückkehr in den Irak Gewalt antun würden, nachdem ihr Ehemann den Eindruck erweckt habe, sie pflege im Ausland zahlreiche außereheliche Beziehungen. So hat die Klägerin geäußert, sie selbst habe zunächst überhaupt nicht erfahren, weshalb ihre Familie den Kontakt abgebrochen habe. Ihre Geschwister in Dohuk hätten ihr dieses auch nicht sagen wollen, weil sei Sorge gehabt hätten, dass sie noch trauriger werden könnte. Jetzt sei es aber so, dass ihren Familienangehörigen aus Dohuk den Irak ebenfalls verlassen wollten, weil die Lage dort sehr schlecht geworden sei. Daraufhin habe ihr Bruder ihr telefonisch mitgeteilt: „Bevor ich gehe, möchte ich dir sagen, dass du auf keinen Fall in den Irak zurückkehren kannst, weil die Gefahr besteht, dass mein Vater bzw. unsere Geschwister dich dann umbringen“. Sodann habe er ihr erzählt, was ihr Ehemann alles bei ihrer Familie väterlicherseits erzählt habe. Ihr Vater, ein ehemaliger Militärangehöriger, betrachte nicht die vermeintliche Hinwendung zum Christentum als Problem, sondern den Umstand, dass sie sich vermeintlich mit zahlreichen Männern eingelassen habe, was seine Ehre verletze. Auch ihr Ehemann habe ihr bereits konkret gedroht. So habe er zwischenzeitlich in Erfahrung gebracht, dass viele Flüchtlinge aus dem Irak zurückgeschoben werden würden und habe ihr vor kurzem auf Messenger geschrieben: „Bald bist du wieder im Irak“.
Auch diese Ausführungen der Klägerin weisen hinreichende Realkennzeichen auf, insbesondere die detaillierte Wiedergabe von Interaktionen mit ihren Familienangehörigen sowie die Schilderung unverstandener Handlungselemente bzw. von Komplikationen im Handlungsablauf, welche die Klägerin erst nachträglich zutreffend einordnen konnte. Die Schilderung zum familiären Ehrverständnis ihres Vaters erweisen sich zudem als logisch konsistent mit der vorherigen Angabe der Klägerin zur Loyalität ihres Vaters zu seinem Stamm, die sogar so weit ging, dass dieser sich beim Umzug ihrer Mutter nach Dohuk habe von seiner Ehefrau scheiden lassen, um bei seinem Stamm bleiben zu können. Ferner hat die Klägerin sichtbar emotional ihre Trauer darüber zum Ausdruck gebracht, dass ihre Familie väterlicherseits einfach ihrem Ehemann geglaubt habe, anstatt sich nach ihrer Version der Geschichte zu erkundigen. Für die Glaubhaftigkeit dieser Schilderung spricht dabei auch, dass sich dieser Befund mit den Informationen aus den zuvor aufgeführten Erkenntnismitteln deckt.
Dafür, dass die Klägerin im Falle ihrer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung nach § 3 Abs. 1, § 3a Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 AsylG durch ihre Familienangehörigen droht, spricht schließlich auch der Umstand, dass sie nach eigener Angabe zwischenzeitlich nach der endgültigen Lossagung von ihrem Ehemann in Deutschland einen neuen Freund gefunden hat. Eine Bedrohung durch ihren Ehemann erweist sich dabei nochmals deshalb als wahrscheinlicher, weil sich dieser zwischenzeitlich einer extrem religiösen schiitischen Miliz angeschlossen hat.
Die festgestellte nichtstaatliche Verfolgungshandlung beruht auch kausal auf dem Verfolgungsgrund. Nach § 3a Abs. 3 AsylG muss zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1, Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. Die Verfolgung muss mit anderen Worten „wegen“ bestimmter Verfolgungsgründe drohen, anderenfalls kann eventuell nur subsidiärer Schutz nach § 4 AsylG zuerkannt werden. Auf die subjektive Motivation des Verfolgers kommt es dabei nicht an, sondern auf die objektiven Auswirkungen für den/die Betroffenen. Auch genügt es, wenn ein Verfolgungsgrund nach § 3b einen wesentlichen Faktor für die Verfolgungshandlung darstellt und die Maßnahme nach ihrem Charakter und den jeweiligen Umständen des Einzelfalls objektiv erkennbar zielgerichtet ist (Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 3a AsylG, Rn. 7; BVerwG, Urteil vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 -, BVerwGE 133, 55, Rn. 22, 24; Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2017 – 2 LB 91/17, BeckRS 2017, 118678; VGH München, Urteil vom 23.03.2017 – 13 a B 17.30011 -, NVwZ-RR 2017, S. 986 [VGH Bayern 23.03.2017 - 13a B 17.30011] für die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten als kinderspezifische Verfolgung). Maßgebend ist im Sinne einer objektiven Gerichtetheit die Zielrichtung, die der Maßnahme unter den jeweiligen Umständen ihrem Charakter nach zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1.2009 - 10 C 52.07 -, BVerwGE 133, 55, Rn. 22, 24, Marx, AsylG, 2017, § 3a Rn. 50 ff.). Dieses ist hier zu bejahen. Die drohende Verfolgung der Klägerin durch ihre Familie erfolgt wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, da sie an ihre verletzliche Stellung als demnächst geschiedene, alleinerziehende Frau ohne sonstige familiäre Unterstützung anknüpft und dabei den im Irak herrschenden Moralvorstellungen in Bezug auf das (Sexual-)Verhalten von Frauen Rechnung trägt.
Die der Klägerin drohende Verfolgung durch private Dritte ist auch flüchtlingsrechtlich beachtlich im Sinne des § 3c Nr. 3 AsylG. Hiernach kann die Verfolgung ausgehen von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat oder die in Nummer 2 der Norm genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Klägerin kann sich nicht auf wirksamen staatlichen Schutz vor der Verfolgung durch die ihre Familie berufen.
Nach § 3d Abs. 1 Nr. 1 AsylG kann Schutz vor der Verfolgung u.a. vom Staat geboten werden, sofern dieser willens und in der Lage ist, Schutz gemäß § 3d Abs. 2 AsylG zu leisten. Hiernach muss der Schutz vor Verfolgung wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in § 3d Abs. 1 AsylG genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat. Letzteres setzt voraus, dass die Betroffenen einen realistischen Zugang zu den Schutzmaßnahmen haben, was insbesondere erfordert, dass sie den Schutz gefahrenfrei in Anspruch nehmen können (Kluth, in: BeckOK AuslR, Stand: November 2017, § 3d AsylG, Rn. 3). Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin nicht gegeben. Der Klägerin ist es nicht möglich, im Falle ihrer Rückkehr auf eine für sie zumutbare Weise wirksamen Schutz vor der Bedrohung durch ihre Familie väterlicherseits zu erlangen.
Die Klägerin kann sich zum einen nicht schutzsuchend an die irakische Polizei wenden. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes sind die irakischen Sicherheitskräfte nicht in der Lage, landesweit den Schutz der Bürger zu gewährleisten. Die Anwendung bestehender Gesetze sei nicht gesichert, zumal es ohnehin kein Polizeigesetz gebe. Personelle Unterbesetzung, mangelnde Ausbildung, mangelndes rechtsstaatliches Bewusstsein vor dem Hintergrund einer über Jahrzehnte gewachsenen Tradition von Unrecht und Korruption auf allen Ebenen seien hierfür die Hauptursachen (AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Dezember 2016), 07.02.2017, S. 9). Nach dem bereits zitierten Bericht von Human Rights Watch aus Februar 2014 besteht für Frauen zudem ein erhebliches Risiko, von Mitgliedern der ausschließlich männlichen Polizei oder anderen Sicherheitskräften belästigt und misshandelt zu werden, was zur Konsolidierung häuslicher Gewalt beiträgt (Human Rights Watch, No one is safe. Abuses of women in Iraq’s criminal justice system, Februar 2014). Selbst wenn es zur Anzeige kommt, werden Täter zudem selten zur Rechenschaft gezogen, und das Gesetz erlaubt es, dass Strafen milder ausfallen können, wenn das Verbrechen einen „Ehren“-Aspekt hat (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Irak, 24.08.2017, S. 139). Dieses hat die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung eindrucksvoll unter Hinweis auf zwei Fallbeispiele aus ihrem persönlichen Umfeld dargelegt, die sie während des Jurastudiums beobachten konnte.
Des Weiteren gibt es nach den aktuellen Erkenntnissen des österreichischen Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl im Irak im Allgemeinen keine Zufluchtsstätten für von Ehrenverbrechen bedrohten Frauen. Abgesehen von drei offiziellen Frauenhäusern in der kurdischen Autonomieregion gebe es im Rest des Landes keine offiziellen Unterkünfte. Einige Frauenrechtsorganisationen versuchten zwar, im Geheimen inoffizielle Unterkünfte zu betreiben, jedoch seien die Betreiber oder die Bewohnerinnen unter großer Gefahr, weil solche Unterkünfte häufig das Ziel von Angriffen verschiedener Milizen seien. Darüber hinaus würden sie oft von den Behörden geschlossen, die derartige Einrichtungen scheinbar teilweise als Bordelle betrachten. Es sei nicht unüblich, dass Frauen für längere Zeit in Polizei-Gefängniszellen säßen, weil sie von ihren Familien bedroht würden und keine andere Unterkunftsmöglichkeit hätten (BFA, a.a.O., S. 139 f.). Diese Erkenntnisse zum Fehlen von Schutzmöglichkeiten in Gestalt von Frauenhäusern o.ä. decken sich auch mit denjenigen einer aktuellen Recherche der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus Februar 2018 (SFH, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 5. Februar 2018 zum Irak: Frauenhäuser in Kirkuk, S. 6 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Schließlich kann sich die Klägerin der weiterhin drohenden Verfolgungsgefahr durch private Akteure nicht gemäß § 3e Abs. 1 AsylG durch eine Flucht in sonstige Landesteile des Irak entziehen, d.h. in Provinzen außerhalb der kurdischen Autonomieregion. Die Kammer nimmt diesbezüglich in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil v. 26.10.2017 - 6 A 7844/17 und 6 A 9126/17) an, dass sich Flüchtlinge im Irak aufgrund der vorherrschenden humanitären Verhältnisse in aller Regel nicht dauerhaft in andere Landesteile begeben können. Dazu heißt es im Urteil vom 26. Oktober 2017 (6 A 9126/17):
„Eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3 e Abs. 1 AsylG besteht nicht. Es fehlt den Flüchtlingen die Möglichkeit sicher in vergleichsweise sichere Landesteile zu reisen und dort aufgenommen zu werden, vgl. § 3 e Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Denn Personen, die aus den vom IS kontrollierten Gebieten im Nord- und Zentralirak fliehen, haben nur eingeschränkten Zugang zu diesen Gebieten in anderen Landesteilen, da strenge Einreise- und Niederlassungsbeschränkungen bestehen, die u.a. an den Nachweis eines Bürgen, eine Meldung bei den örtlichen Behörden und eine erfolgreiche Sicherheitsprüfung durch verschiedene Sicherheitsbehörden geknüpft sind. Die Zugangs- und Niederlassungsvoraussetzungen sind in den Provinzen unterschiedlich ausgestaltet, und mitunter gibt es sogar innerhalb einer Provinz je nach (Unter-)Distrikt unterschiedliche Regelungen. Teilweise werden vollständige Einreisestopps für Flüchtlinge aus Konfliktgebieten verhängt, einschließlich der Provinzen Bagdad, Babel und Karbala. Die Sicherheitsüberprüfungen betreffen vor allem sunnitische Araber und sunnitische Turkmenen, die aus den vom IS kontrollierten Gebieten fliehen und als Sicherheitsrisiko angesehen werden.
Zugangsbeschränkungen an Kontrollpunkten sind nicht immer klar definiert und können je nach Sicherheitslage unterschiedlich angewandt bzw. willkürlich geändert werden. Die Voraussetzungen für eine Bürgschaft entbehren einer Rechtsgrundlage und werden oftmals willkürlich geändert. Sie können an den einzelnen Kontrollpunkten und je nach diensthabendem Personal unterschiedlich gehandhabt werden. Auch wenn Personen alle angegebenen Voraussetzungen an die Bürgschaft erfüllen, ist der Zugang zu einem relativ sicheren Gebiet nicht garantiert, und selbst Menschen mit ernsthaften gesundheitlichen Problemen wurde schon der Zugang verwehrt. Insbesondere ethnische und religiöse Erwägungen können darüber entscheiden, ob der Zugang gewährt oder verwehrt wird. Es besteht das Risiko einer Ausbeutung und Misshandlung, einschließlich sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, da einige Bürgen Geld oder „Dienste“ für die Übernahme der Bürgschaft verlangen. Es kann passieren, dass Schutz suchende Personen ohne Zugang zu grundlegender Versorgung an den Kontrollpunkten festsitzen, weil diese geschlossen sind oder ihnen der Zutritt zu bestimmten Orten verwehrt wird.
Binnenvertriebene werden zunehmend daran gehindert, städtische Gebiete zu betreten, und – bisweilen gegen ihren Willen – in Lager verbracht, in denen ihre Freizügigkeit in unangemessener Weise und ohne legitime sicherheitsbezogene oder sonstige Gründe beschränkt wird. Infolgedessen müssen Flüchtlinge oft in den Konfliktgebieten bzw. in deren Umgebung bleiben (vgl. zum Vorstehenden UNHCR-Position zur Rückkehr in den Irak vom 14.11.2016, S. 4; Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7.2.2017, S. 10-12). Auch das Auswärtige Amt geht davon aus, dass Rückkehrer aus dem Ausland, die derzeit nicht in ihre noch vom IS kontrollierte Heimat zurückkehren können, kaum eine Möglichkeit haben, einen sicheren Aufnahmeplatz zu finden. Ausnahmen stellten ggf. Familienangehörige in nicht umkämpften Landesteilen dar.“
Es ist vorliegend weder ersichtlich noch vorgetragen worden, dass im Fall der Klägerin besondere Umstände vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, ihre Lage könne von der vorgenannten Situation abweichen. Im Gegenteil: Nach Erkenntnissen von Unami Human Rights aus Juni/Juli 2014 bestehen Hinweise darauf, dass Mitarbeiter an Checkpoints der kurdischen Autonomieregion jungen Frauen ohne männliche Begleitung die Einreise verwehren (Unami Rights Report on the Protection of Civilians in the Non International Armed Conflict in Iraq, 5 June - 5 July 2014, S. 21). Nach einem Gutachten des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien (EZKS) aus November 2011 ist es für alleinstehende Frauen ohne familiäre Kontakte, insbesondere wegen der Knappheit des Angebots an Arbeitsstellen für Frauen, sehr schwierig, sich dauerhaft in Kurdistan aufzuhalten (EZKS, Gutachten an das Verwaltungsgericht München zu Irak (Kurdistan), Aktenzeichen M 4 K 10.30095, 9. November 2011, S. 8). Dieses gilt erst recht im vorliegenden Fall für die Klägerin als nicht kurdisch sprechende Mutter von fünf betreuungsbedürftigen (Klein-)Kindern.
Insbesondere kann die Klägerin selbst dann, wenn sie in die Autonomieregion einreisen könnte, nicht mehr auf effektive Unterstützung ihrer dort lebenden Familienangehörigen hoffen. Sie hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und substantiiert dargelegt, dass ihre in Dohuk lebende Schwester einen Libanesen geheiratet habe sowie infolgedessen mit ihm gemeinsam in den Libanon gehen und auch die kranke Mutter mitnehmen wolle. Ihr in Dohuk lebender Bruder habe ebenfalls bereits mitgeteilt, dass er nicht alleine in der Autonomieregion bleiben wolle.
2.
Die im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes enthaltene Abschiebungsandrohung ist hinsichtlich der Bezeichnung des Iraks als Zielstaat gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO ebenfalls aufzuheben. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, was nach § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AsylG der Bezeichnung des Staates Irak in der Abschiebungsandrohung entgegensteht. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 – 10 C 8/07 - BVerwGE 129, 251).
3.
Zur Klarstellung ist in der Folge auch das Einreise- und Aufenthaltsverbot des Bescheides gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO aufzuheben, denn die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG ist mit der Aufhebung der Abschiebungsandrohung gegenstandslos geworden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 S. 1, S. 2 ZPO.