Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 22.12.2022, Az.: 1 U 112/21

Anspruch des Insolvenzverwalters auf Rückzahlung einer Vorauszahlung für wegen der Corona-Pandemie abgesagten Messe nicht genutzten Hotelzimmer; Rückzahlungsanspruch wegen Unmöglichkeit; Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
22.12.2022
Aktenzeichen
1 U 112/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 70698
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 08.12.2021 - AZ: 7 O 190/20

In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2022 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ...., den Richter am Oberlandesgericht .... und die Richterin am Oberlandesgericht .... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. Dezember 2021 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger hat als Insolvenzverwalter über das Vermögen der L. GmbH & Co. KG (im Folgenden als Insolvenzschuldnerin bezeichnet) von der Beklagten die Rückzahlung einer Vorauszahlung von 15.440,00 EUR für Hotelzimmer, die wegen der Corona-Pandemie abgesagten H. Messe im April 2020 nicht genutzt wurden, verlangt.

Hinsichtlich der erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen und der gestellten Anträge wird Bezug genommen auf das am 08.12.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Hannover (Bl. 143 ff. d. A.), § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 7.522,00 EUR verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Kläger könne die Rückzahlung der hälftigen Buchungskosten in Höhe von 7.720,00 EUR gemäß §§ 346, 313 BGB beanspruchen. Mit der Corona-Pandemie sei im Vertragsverhältnis der Beklagten und Insolvenzschuldnerin eine Störung der Geschäftsgrundlage eingetreten. Für eine solche Annahme spreche auch der Inhalt des neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB. Diese Krise habe sich bei der Insolvenzschuldnerin verwirklicht und damit die Geschäftsgrundlage nach Vertragsschluss schwerwiegend zu ihren Lasten verändert. Ein unverändertes Festhalten am Vertrag sei ihr nicht zumutbar. Dabei komme der vertraglichen Risikoverteilung besondere Bedeutung zu. Zwar falle das Risiko, dass der Anlass der Reise, also die H. Messe, wegfalle und die Insolvenzschuldnerin deshalb keine Verwendung mehr für die Hotelzimmer habe, als bloße Störung des Verwendungszwecks grundsätzlich in ihren Risikobereich; zu beruflichen Zwecken habe die Beklagte seinerzeit Beherbergungsmöglichkeiten anbieten dürfen. Dies berücksichtige aber nicht hinreichend, dass sich im Streitfall mit einer weltweiten Pandemie ein außergewöhnliches Risiko verwirklicht habe, das nicht mehr eindeutig in den Risikobereich einer Partei falle. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Durchführung der Messe ihrerseits in ihre Preisgestaltung aufgenommen habe. Unstreitig bestimme die Durchführung der Messe den Preis als wertbildender Faktor. Mit Absage der Messe habe sich der Markt grundlegend verändert, ohne dass dies für eine Partei vorhersehbar oder beherrschbar gewesen wäre. Diese Situation sei nicht mehr dem Risikobereich einer Partei zuzuordnen, was für eine Risikoteilung spreche. Da keine Partei eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt habe und für die Kammer auch keine Gründe für eine anderweitige Aufteilung ersichtlich seien, sei es angemessen, das von keiner Partei zu tragende Pandemierisiko auf beide Parteien je zur Hälfte zu verteilen. Die im Rückgewährschuldverhältnis vereinbarte Stornierungsgebühr von 100 % des Zimmerpreises unter Anrechnung ersparter Aufwendungen werde dem nicht gerecht.

Auch habe die Insolvenzschuldnerin zuvor keine Vertragsbeendigungserklärung gegenüber der Beklagten abgegeben. Zwar habe sie sich vor ihrem mit E-Mail vom 16.04.2020 erklärten Rücktritt bei der Beklagten über Möglichkeiten zur Weitervergabe/Stornierung der Zimmer erkundigt. Eine vorherige Erklärung auf Vertragsbeendigung habe sie jedoch nicht abgegeben.

Das Landgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung weiterer 7.720,00 EUR verneint. Ein solcher ergebe sich nicht aus einem vertraglichen Stornierungsrecht i.V.m. § 346 BGB. Das Stornierungsrecht sei mit einer Stornierungsgebühr von 100 % unter Anrechnung ersparter Aufwendungen verknüpft, sodass hieraus kein Anspruch auf vollständige Rückzahlung der Vorauszahlung bestehe. Auch aus §§ 346, 326 Abs. 1 Abs. 4 BGB stehe dem Kläger kein Rückzahlungsanspruch zu. Durch die Absage der H. Messe sei der Beklagten die Erbringung ihrer Leistung nicht objektiv oder subjektiv unmöglich geworden. Die Durchführung der Messe sei nicht zum Vertragsinhalt geworden, die Buchung hätte nicht nur unter der Voraussetzung der Durchführung der Messe Wirksamkeit erlangen sollen. Im Beherbergungsvertrag sei im wesentlichen Mietrecht anwendbar. Danach trage der Mieter im Grundsatz uneingeschränkt das Verwendungsrisiko. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte abweichend hiervon das Verwendungsrisiko in Form der Durchführung der H. Messe übernommen hätte, bestünden nicht. Dass die Schuldnerin der Beklagten vor der Buchung mitgeteilt habe, die Zimmer aus Anlass der Messe anzumieten, mache die Durchführung der Messe noch nicht zum Vertragsinhalt. Eine Einstandspflicht der Beklagten für die Durchführung der Messe ergebe sich auch nicht daraus, dass sie für Buchungen während der Messezeiten höhere Preise und eine 100 %ige Vorauszahlung verlange. Diese Vertrags- und Preisgestaltung folge den Gesetzmäßigkeiten des Marktes. Zu Messezeiten herrsche üblicherweise eine höhere Nachfrage, die sich in höheren Preisen niederschlage. Eine Unmöglichkeit folge auch nicht aus dem Beherbergungsverbot. Zu beruflichen Zwecken sei eine Unterbringung weiterhin möglich gewesen. Ansprüche aus Bereicherungsrecht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB bestünden ebenfalls nicht. Die Zahlung des Buchungspreises sei nicht ohne rechtlichen Grund erfolgt. Auch eine Zweckverfehlung im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB liege nicht vor. Die Durchführung der Messe sei nicht Vertrags- bzw. Leistungsinhalt geworden.

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das Urteil des Landgerichts, soweit die Beklagte zur Zahlung von 7.522,00 EUR verurteilt worden ist. Die Beklagte meint, die Geschäftsgrundlage des Hotelaufnahmevertrags sei nicht weggefallen. Es habe keine staatlichen Maßnahmen gegeben, die die Nutzung der vermieteten Hotelzimmer in nennenswertem Umfang beeinträchtigt hätten. Die Verschiebung des Messezeitraums der H. Messe betreffe lediglich die Verwendungsabsicht der Insolvenzschuldnerin. Ein Verbot der Hotelaufnahme von Geschäftsreisenden habe es - dies ist unstreitig - im betreffenden Zeitraum nicht gegeben. Ein geschäftlicher Aufenthalt erhalte auch nicht deshalb touristischen Charakter, weil der ursprüngliche geschäftliche Zweck entfalle. Aus Art. 240 § 7 EGBGB ergebe sich nichts anderes. Der Wegfall des Nutzungsinteresses liege ausschließlich in der Risikosphäre der Insolvenzschuldnerin als Mieterin. Dies folge aus § 537 Abs. 1 BGB. Ein Hotelgast, der die Durchführung einer Messeveranstaltung zur Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Hotelaufnahmevertrags machen wolle, müsse eine entsprechende vertragliche Regelung treffen. Wer dies nicht tue, stattdessen langfristig im Voraus miete, um verhältnismäßig günstige Konditionen zu erzielen, gehe das Risiko, die Zimmer nicht zu einem Messebesuch nutzen zu können, in gesteigertem Maße ein. Selbst wenn die Grundsätze der Rechtsprechung zu staatlichen Nutzungsverboten bei der Gewerberaummiete auf den vorliegenden Fall übertragbar wären, fehle es an jeder Darlegung des Klägers dazu, weshalb ihm die Erfüllung des Hotelaufnahmevertrags unzumutbar sein solle. Der Kläger trage keine negativen Folgen vor. Da die Insolvenzschuldnerin sich schon mit E-Mail vom 16.10.2019 vom Vertrag habe lösen wollen, sei davon auszugehen, dass sie überzeugt gewesen sei, dass eine Messeteilnahme für sie keine wirtschaftlichen Vorteile habe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 01.02.2022 (Bl. 176 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hannover vom 08.12.2021 - 7 O 190/20 - abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 04.07.2022, auf den Bezug genommen wird, hat der Senat die Parteien u.a. darauf hingewiesen, dass Voraussetzung einer Vertragsanpassung nach § 313 BGB die Unzumutbarkeit sei, zu der der darlegungs- und beweispflichtige Kläger bisher nicht vorgetragen hatte. Sollte eine Vertragsanpassung in Betracht kommen, müsste eine umfassende Interessenabwägung erfolgen. Daraufhin haben die Parteien wie folgt vorgetragen:

Der Kläger hält das Festhalten am unveränderten Vertrag für die Insolvenzschuldnerin für unzumutbar. Eine Miete der Hotelräume für den gebuchten Zeitraum führe für diese zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis. Dabei sei insbesondere zu bedenken, dass der Mietpreis der Hotelräume für den Zeitraum einer Messebranche typisch um ein Vielfaches erhöht werde, den ein objektiver, wirtschaftlich denkender Mieter ohne die Durchführung der Messe nicht zahlen würde. Von der Standardrate der Hotelzimmer in Höhe von 130,00 EUR pro Nacht ausgehend, wäre eine Buchungssumme von allenfalls 5.200,00 EUR angemessen. Zudem sei mit dem Wegfall der Messe der einzige berufliche Zweck des Hotelbesuchs in Hannover während des gebuchten Zeitraums entfallen. Daher sei bereits fraglich, ob eine weitere Beherbergung der Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin noch rechtlich möglich gewesen sei. Zweck des § 1 Abs. 4 der Niedersächsischen Verordnung zum Schutz von Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17.04.2020 sei gewesen, den Hotelaufenthalt auf ein beruflich notwendiges Minimum zu beschränken. Der berufliche Zweck sei mit der Absage der Messe automatisch entfallen. Der Insolvenzschuldnerin sei auch nicht zumutbar gewesen, die Umbuchung auf den 12.-17.07.2020 anzunehmen. Die Wahrnehmung von Geschäftsreisen mit mehreren Mitarbeitern erfordere hinreichende Planung und müsse sich in das Betriebsleben einfügen. Der Kläger trägt weiter vor, die Insolvenzschuldnerin habe dementsprechend disponiert. Ein Messebesuch drei Monate später hätte nicht gleicherweise ihren Interessen entsprochen. Zudem sei nicht absehbar gewesen, dass die Messe im Juli stattfindet; ein erneutes Ausfallrisiko sei unzumutbar gewesen. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte 15 % Umbuchungsgebühr verlangt habe. Die Insolvenzschuldnerin hätte somit einen zusätzlichen beträchtlichen finanziellen Aufwand betreiben müssen für den Besuch einer Veranstaltung zu einem Zeitpunkt, der ursprünglich so nicht gewollt und geplant war und erneut unter einem Ausfallrisiko gestanden habe. Die Insolvenzschuldnerin habe während der Corona-Pandemie weder staatliche Unterstützungsleistungen noch Leistungen aus Betriebsversicherungen enthalten. Die Interessen der Beklagten seien durch die hälftige Teilung des Buchungspreises hinreichend berücksichtigt worden. Nach Wegfall der Messe hätte die Beklagte für den Buchungszeitraum allenfalls die übliche Standardrate verlangen können, wobei jedoch aufgrund des § 1 Abs. 4 der Verordnung erhöhte Schwierigkeiten bestanden hätten, Hotelgäste zu finden. Daher sei die hälftige Zahlung des überhöhten "Messepreises", der über den Standardpreis hinausgehe und die Beklagte vom Risiko einer Hotelzimmervermietung in Zeiten der Corona-Pandemie befreie, eine wirtschaftliche und interessengerechte Lösung.

Die Beklagte hält die Grundsätze aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu pandemiebedingten Einschränkungen der Verwendbarkeit von Mieträumen auf den vorliegenden Fall für nicht anwendbar. Einer Beschränkung in der Verwendbarkeit von Mieträumen habe im fraglichen Zeitraum nur die Beklagte, nicht die Insolvenzschuldnerin unterlegen. Denn die Vermietung sei nur an Geschäftsreisende möglich gewesen. Die von der Insolvenzschuldnerin bestimmten Personen seien in der Lage gewesen, die Mieträume ohne jede Einschränkung zu ihren Zwecken zu nutzen. Verwirklicht habe sich nicht etwa ein unvorhersehbares Pandemierisiko, sondern das Risiko eines Messeausfalls. Der Ausfall einer Veranstaltung, zu deren Besuch Hotelzimmer angemietet werden, sei nicht unvorhersehbar. Dies zeige schon die Entscheidung des OLG Braunschweig vom 31.07.1975 (Az. 2 U 29/74). Das Veranstaltungsausfallrisiko sei umso größer, je länger Hotelzimmer im Voraus gemietet würden. Dafür habe der langfristige Mieter den Vorteil, nicht die Zimmerpreise bezahlen, zu denen Hotelzimmer unmittelbar vor oder während der Messe angeboten würden. Der gesetzlichen Wertung des § 537 Abs. 1 BGB entspreche es, dass ein Mieter das Risiko des Wegfalls seines Nutzungsinteresses trage.

Die Beklagte bestreitet, dass die Insolvenzschuldnerin keine Möglichkeit gehabt hätte, sich um staatliche Unterstützung zu bemühen und hiervon keinen Gebrauch gemacht habe. Zwar möge es richtig sein, dass es keine gesonderten Unterstützungsleistungen für die Anmietungskosten von Hotelzimmern gegeben habe, die wegen des Ausfalls von Veranstaltungen nicht benötigt würden, weil der Gesetzgeber hierfür keinen Grund gesehen habe. Dagegen habe die Insolvenzschuldnerin die Möglichkeit gehabt, wie jedes andere Unternehmen andere staatliche Unterstützungsleistungen wie Kurzarbeitergeld o.ä. zu beantragen, die sie von dem Entgeltaufwand für Beschäftigte entlastete, die sie während und auf der Messe einsetzen wollte. Im Übrigen habe es unterschiedliche Hilfsprogramme gegeben, Unternehmen bei der Bewältigung einer Kostenlast zu helfen, die trotz der Einschränkung des Betriebes entstanden seien wie auch Hotelvertragsentgelte. Die Beklagte habe von April bis Juni 2020 lediglich die Möglichkeit gehabt, eine Liquiditätshilfe zur Regulierung fortlaufender erwerbsmäßiger Verbindlichkeiten zu beantragen und 20.000,00 EUR zu erhalten. Diesen Betrag müsse sie aber - dies ist unbestritten - in vollem Umfang zurückzahlen.

Die Beklagte berechnet die Ersparnis, die mit der unterbliebenen Nutzung der angemieteten Zimmer verbunden war, mit einem Betrag von 1.671,46 EUR.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB ist ausgeschlossen, wenn eine spezielle gesetzliche Vorschrift zur Lösung der Problematik greift (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2022 - XII ZR 64/21 -, juris Rn. 34 m.w.N). Dies ist hier nicht der Fall.

a) Insoweit hat das Landgericht mit ausführlicher und zutreffender Begründung ein vertragliches Rücktritts- bzw. Stornierungsrecht (§ 346 BGB), einen Rückzahlungsanspruch wegen Unmöglichkeit (§§ 346, 326 Abs. 1, Abs. 4 BGB) und einen bereicherungsrechtlichen Anspruch (§§ 812 Abs. 1 S. 1, 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB) verneint. Auch ein Kündigungsgrund gemäß § 543 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB oder nach § 313 Abs. 1 und Abs. 3 BGB ist nicht ersichtlich gegeben.

Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass sich die Insolvenzschuldnerin bereits im Oktober 2019, also vor der Corona-Pandemie, wieder vom Hotelaufnahmevertrag lösen wollte, kommt es hierauf nicht an. Sie hat den Vertrag nicht vor der Absage der H. Messe beendet, sondern Anfang Februar 2020 vertragsgemäß den zweiten Teil der "Anzahlung" geleistet (Anlage B 4). Zudem wurde in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass eine Teilnahme an der Messe aufgrund der nicht möglichen Stornierung sodann wieder beabsichtigt war.

b) Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung meint, die Insolvenzschuldnerin sei in der Lage gewesen, die angemieteten Hotelzimmer während des Mietzeitraums zur Unterbringung ihrer Beschäftigten während einer Geschäftsreise nach Hannover zu nutzen, hat das Landgericht dementsprechend einen Rückforderungsanspruch des Klägers aus §§ 346, 326 Abs. 1, Abs. 4 BGB wegen Unmöglichkeit verneint. Auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil (dort Seite 9) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Der Wegfall des Frühstücksbuffets, an dessen Stelle ein Zimmerservice angeboten wurde, führt ebenso wenig zu einer Unmöglichkeit der vertraglich vereinbarten Überlassung der angemieteten Hotelzimmer im Rahmen von Geschäftsreisen wie das touristische Beherbergungsverbot. Denn gemäß § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf Leistung nur ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Der Beklagten war es zum Zeitpunkt des ursprünglichen Messetermins trotz des in Niedersachsen geltenden Veranstaltungsverbots und des angeordneten Beherbergungsverbots zu touristischen Zwecken nicht unmöglich, der Insolvenzschuldnerin den Gebrauch der Mietsache zu beruflichen Zwecken zu gewähren (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21 -, juris Rn. 19 zur Anmietung von Räumlichkeiten für eine Hochzeitsfeier).

c) Auch eine Mietzinsminderung nach § 536 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht. Der Bundesgerichtshof hat selbst bei einer behördlich angeordneten Betriebsschließung keinen Mangel der vermieteten Geschäftsräume angenommen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 -, juris Rn. 26; zustimmend z.B. Anzelotti, Schließung von Hotels aufgrund der Corona-Schutzverordnung begründet kein Mietminderungsrecht, jurisPR-MietR 17/2022 Anm. 4, der eine Anwendung von § 313 BGB statt § 536 BGB mit der überwiegenden Rechtsprechung und Literatur für überzeugend hält m.w.N.). Gleiches gilt, wenn aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie in Räumlichkeiten, die von Privatpersonen bei einem gewerblichen Anbieter angemietet wurden, eine dort geplante Veranstaltung nicht stattfinden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21 -, juris Rn. 24). Mithin liegt auch bei einem bloßen Wegfall des Verwendungszwecks infolge der ausgefallenen Messe kein Mangel der Mietsache vor.

d) Eine Sperrwirkung des mit Gesetz vom 27.03.2020 eingeführten Art. 240 § 2 EGBGB auf die Folgen, die sich aus den umfangreichen hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie insbesondere für gewerbliche Mietverhältnisse ergeben können, wird von der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur zu Recht abgelehnt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 -, juris Rn. 19 f.; OLG Hamm, Urteil vom 24. September 2021 - I-30 U 114/21 -, juris Rn. 44; vgl. auch OLG Celle, Urteil vom 2. Dezember 2021 - 2 U 64/21 -, juris Rn. 44 ff. m.w.N.).

2. Die Voraussetzungen einer Vertragsanpassung nach § 313 BGB liegen vor.

a) Vorliegend haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt für den Mieter von gewerblich genutzten Räumen im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, ein Anspruch auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB grundsätzlich in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 -, juris Rn. 41 f.), ebenso für einen Mieter, der bei einem gewerblichen Vermieter Räumlichkeiten zur Durchführung einer Veranstaltung gemietet hat, die aufgrund von hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21 -, juris Rn. 29: Hochzeitsfeier). Das OLG Köln hat für den Fall der pandemiebedingten Absage einer Messe einen Rückzahlungsanspruch der hälftigen Buchungskosten für Hotelzimmer aus §§ 346, 313 Abs. 1, Abs. 4 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage angenommen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 14. Mai 2021 - I-1 U 9/21 -, juris Rn. 31).

Auch im vorliegenden Fall kommt eine Anpassung der Hotelzimmermiete wegen Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.

Die Durchführung der H. Messe ist, wenn auch nicht zum Vertragsinhalt, so doch zur Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 BGB geworden. Obwohl die Parteien die Möglichkeit der Teilnahme von Mitarbeitenden der Insolvenzschuldnerin an der H. Messe nicht ausdrücklich zur gemeinsamen Grundlage des Beherbergungsvertrags gemacht haben, hatten sie dennoch die gemeinsame Vorstellung, dass die Messe im Mietzeitraum stattfinden werde. So partizipiert auch die Beklagte wirtschaftlich an der Durchführung der Messe, während derer sie erheblich über dem Standardpreis liegende Zimmerpreise durchsetzen kann. Dementsprechend enthält der Vertrag unter Ziffer 9 sogar eine Sonderregelung zur Anpassung der vereinbarten Rate für den Fall geänderter Messedaten zugunsten der Beklagten.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die pandemiebedingte Absage der H. Messe eine schwerwiegende Änderung der Umstände, die zur Grundlage des Beherbergungsvertrags geworden sind, darstellt. Keine der Parteien hatte bei Abschluss des Hotelaufnahmevertrags im Juli 2019 die Vorstellung, während der vereinbarten Mietzeit werde es zu einer Pandemie und damit verbundenen erheblichen hoheitlichen Eingriffen kommen, die zu einer Absage der H. Messe führten. Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie Geschäftsschließungen, Kontakt- und Zugangsbeschränkungen und der damit verbundenen massiven Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 ist im vorliegenden Fall die sogenannte "große Geschäftsgrundlage" betroffen. Darunter ist die Erwartung der vertragschließenden Parteien zu verstehen, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-) Katastrophe ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 -, juris Rn. 45). Diese Erwartung der Parteien wurde dadurch schwerwiegend gestört, dass die H. Messe aufgrund der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie getroffenen hoheitlichen Maßnahmen abgesagt wurde.

Nach Auffassung des OLG Karlsruhe schafft zudem Art. 240 § 7 EGBGB eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sich aufgrund der Pandemie ein Umstand im Sinn des § 313 Abs. 1 BGB, der Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach dem Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Februar 2021 - 7 U 109/20 -, juris Rn. 21).

Soweit sich die Beklagte auf die Entscheidung des OLG Braunschweig vom 31.07.1975 beruft, wonach Gegenstand der Geschäftsgrundlage grundsätzlich keine Umstände sein könnten, die in den Risikobereich der einen oder anderen Vertragspartei fallen, sodass das im dort zu entscheidenden Fall das Stattfinden einer Ausstellung nicht Geschäftsgrundlage des Beherbergungsvertrages geworden sei (vgl. OLG Braunschweig, Urteil vom 31.07.1975 - 2 U 29/74, NJW 1976, 570, 571, zitiert nach beck-online), ist dieser Fall nicht mit vorliegender Störung der sogenannten großen Geschäftsgrundlage im Rahmen einer Systemkrise vergleichbar. Zudem hat der Bundesgerichtshof bereits vor der Corona-Pandemie entschieden, dass eine Anpassung bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage auch in einem an sich von einer Partei zu tragenden Risiko erfolgen kann (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1989 - VII ZR 60/89 -, BGHZ 109, 224-230, juris Rn. 17 zu Hotel-Stornokosten nach Kündigung einer Reise wegen höherer Gewalt nach Reaktorunfall in Tschernobyl: Verteilung je zur Hälfte).

Zudem hat der Bundesgerichtshof hinsichtlich einer geplanten Veranstaltung (Musicalaufführung) in Bezug auf einen Rechtskauf (von Eintrittskarten im Vorverkauf) entschieden, dass dem Vertrag als große Geschäftsgrundlage die damals noch nahezu selbstverständliche Erwartung zugrunde gelegen haben dürfte, dass Veranstaltungen dieser Art grundsätzlich erlaubt bleiben, ohne dass die Vertragsparteien sich dies hätten bewusst machen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2022 - VIII ZR 317/21 -, juris Rn. 56). Beruhe die Absage der Veranstaltung auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einem Veranstaltungsverbot, gehe dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko eines Käufers hinaus. Denn die fehlende Nutzbarkeit des Teilnahmerechts zum geplanten Veranstaltungstermin beruhe in diesem Fall nicht auf Umständen, die dem Einflussbereich des Käufers oder des Veranstalters unterliegen und damit im Verhältnis zwischen einem Käufer und einer Vorverkaufsstelle der Risikosphäre des Käufers zugewiesen sind. Vielmehr sei dies Folge umfangreicher staatlicher Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die weder der Veranstalter noch einer der Kaufvertragsparteien verantwortlich gemacht werden könne. Letztlich habe sich durch die COVID-19-Pandemie ein Risiko verwirklicht, das von der kaufvertraglichen Risikoverteilung nicht umfasst sei (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2022 - VIII ZR 317/21 -, juris Rn. 66). Diese Erwägungen treffen entsprechend auch auf vorliegenden Fall der mietvertraglichen Risikoverteilung zu.

b) Der Anwendung des § 313 Abs. 1 BGB steht hier nicht entgegen, dass - wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist - das Verwendungsrisiko der Mietsache grundsätzlich in den Risikobereich der Insolvenzschuldnerin als Mieterin fällt und die Beklagte die Beherbergung zu beruflichen Zwecken anbieten durfte. Denn die Insolvenzschuldnerin hat im vorliegenden Fall nicht vertraglich das alleinige Verwendungsrisiko für den Fall einer pandemiebedingten Absage der H. Messe übernommen. Kann ein Mieter eine konkrete Veranstaltung, für die er Räumlichkeiten gemietet hat, aufgrund hoheitlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht durchführen, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus (so BGH, Urteil vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21 -, juris Rn. 32), was auch für vorliegenden Fall gilt, dass die Hotelzimmer zur Teilnahme einer pandemiebedingt abgesagten Veranstaltung nicht mehr zweckgemäß verwendet werden können. Diese Situation ist nicht mehr dem Risikobereich nur einer Partei zuzuordnen.

Zudem hat - wie das Landgericht zutreffend berücksichtigt hat -, die Beklagte die Durchführung der Messe ihrerseits in ihre Preisgestaltung aufgenommen. Insoweit hat sich nach Absage der Messe der Markt grundlegend verändert, ohne dass dies für eine Partei vorhersehbar oder beherrschbar gewesen wäre (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 14. Mai 2021 - I-1 U 9/21 -, juris Rn. 35).

c) Weiter setzt eine Anpassung des Vertrags gemäß § 313 BGB voraus, dass die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie die Veränderung vorausgesehen hätten (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 -, juris Rn. 42). Hiervon ist auszugehen. So ist anzunehmen, dass die Parteien den Hotelaufnahmevertrag mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie bei Vertragsschluss die Möglichkeit einer Pandemie und die damit verbundene Gefahr, dass aufgrund hoheitlicher Beschränkungen die H. Messe 2020 nicht stattfinden könnte, vorausgesehen hätten. Denn es ist anzunehmen, dass redliche Mietvertragsparteien für diesen Fall das damit verbundene wirtschaftliche Risiko nicht einseitig zu Lasten des Mieters geregelt, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Anpassung vorgesehen hätten (so BGH, Urteil vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21 -, juris Rn. 30, für den Fall einer wegen Regelungen der Corona-Schutzverordnung nicht durchführbaren Hochzeitsfeier; siehe auch BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 -, juris Rn. 52, für den Fall einer hoheitlich angeordneten Betriebsschließung des Mieters).

d) Allerdings muss bei einer Vertragsanpassung neben den hier gegebenen realen und hypothetischen Elementen auch das normative Element erfüllt sein. Denn die Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB berechtigt für sich genommen noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung die Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag für die betroffene Vertragspartei (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21 -, juris Rn. 31; BGH, Urteil vom 13. Juli 2022 - VIII ZR 317/21 -, juris Rn. 63 m.w.N.). § 313 Abs. 1 BGB fordert, dass der Mieterin "unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann."

aa) Soweit das Landgericht ausführt: "Da keine Partei eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt hat und für die Kammer auch keine Gründe für eine anderweitige Aufteilung ersichtlich sind, ist es angemessen, das von keiner Partei zu tragende Pandemierisiko auf beide Parteien je zur Hälfte zu verteilen" (angefochtenes Urteil Seite 7), verkennt es, dass Voraussetzung einer Vertragsanpassung die Unzumutbarkeit im konkreten Einzelfall ist. Insoweit heißt es lediglich, dass ein unverändertes Festhalten am Vertrag der Klägerin nicht zumutbar sei (angefochtenes Urteil Seite 6), ohne dies weiter zu begründen oder näher zu prüfen. Insofern ist das landgerichtliche Urteil unvollständig. Nach entsprechendem Hinweis des Senats haben die Parteien im Berufungsverfahren zur Unzumutbarkeit vorgetragen.

bb) Unter Berücksichtigung aller vorgetragenen Umstände des vorliegenden Einzelfalls war es der Insolvenzschuldnerin nicht zumutbar, nach Absage der H. Messe 2020 am Beherbergungsvertrag zu den vereinbarten Konditionen ("Messepreise") festzuhalten.

(1) Eine Unzumutbarkeit i.S.v. § 313 BGB setzt keine Existenzgefährdung im konkreten Einzelfall voraus.

Die Frage, ob eine Unzumutbarkeit an der Festhaltung am Vertrag i.S.v.§ 313 BGB eine Existenzgefährdung des Mieters erfordert, war in der Rechtsprechung zur Anpassung von Mieten aufgrund der COVID-19-Pandemie umstritten (siehe hierzu Übersicht in OLG Köln, Urteil vom 24. November 2021 - I-22 U 79/21 -, juris Rn. 60). Nunmehr hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters nicht erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 -, juris Rn. 59). Dem schließt sich der Senat an.

(2) Die Vorschrift des § 313 Abs. 1 BGB verlangt indes, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 -, juris Rn. 53; BGH, Urteil vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10 -, juris Rn. 30). Voraussetzung sind ganz erhebliche konkrete Gründe, die unter den Bedingungen der Pandemie ein Festhalten am bestehenden Vertrag als unzumutbar erscheinen lassen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 19. März 2021 - 2 U 143/20 -, juris Rn. 65, bestätigt durch BGH, Urteil vom 16. Februar 2022 - XII ZR 17/21) bzw. ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem Ergebnis führt, das die Grenze des vertraglich übernommenen Risikos überschreitet und bei dem die benachteiligte Vertragspartei in der getroffenen Vereinbarung ihr Interesse nicht mehr auch nur annähernd gewahrt sehen kann (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24. September 2021 - I-30 U 114/21 -, juris Rn. 59; siehe auch OLG München, Beschluss vom 17. Februar 2021 - 32 U 6358/20 -, juris Rn. 35 f). Die Unzumutbarkeit bestimmt sich aus dem Vergleich von Schuldneraufwand und Leistungserfolg. Dabei sind nicht nur die Interessen des Schuldners, sondern auch die des Gläubigers mit dem Ziel, die beiderseitigen - widerstreitenden - Interessen auszugleichen, zu berücksichtigen. Dem Schuldner sind Aufwendungen, welche die dem Schuldverhältnis immanente Opfergrenze überschreiten, nicht mehr zumutbar (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Februar 2021 - 7 U 109/20 -, juris Rn. 24).

Da es sich vorliegend - anders als beim Dauerschuldverhältnis - nur um einen zeitlich eng begrenzten Beherbergungsvertrag handelt, für den der geleistete Mietpreis nur einmalig zu bezahlen war, liegt eine Unzumutbarkeit nicht etwa nur für den Fall einer schweren Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Fortkommens vor. So ergibt sich auch aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum Ausfall einer Hochzeitsfeier (BGH, Urteil vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21) und zum Vertrieb von Eintrittskarten über eine Vorverkaufsstelle (BGH, Urteil vom 13. Juli 2022 - VIII ZR 317/21), dass eine Unzumutbarkeit nicht allein aufgrund der eher überschaubaren Geldbeträge, die in dortigen Fällen im Streit standen, abzulehnen ist. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof in beiden Fällen eine Unzumutbarkeit aus anderen Gründen (Nichtannahme von Verlegungs- bzw. Gutscheinangeboten) nach umfassender Abwägung der konkreten Umstände abgelehnt und nicht etwa aufgrund fehlender bzw. nicht festgestellter finanzieller Untragbarkeit. Das OLG Celle hat im Fall von Mietkosten für eine Hochzeitsfeier und Taufe in Höhe von netto 5.000,00 EUR eine Unzumutbarkeit bejaht und eine Anpassung der Vertragsbeziehungen vorgenommen (vgl. OLG Celle, Urteil vom 2. Dezember 2021 - 2 U 64/21, juris, nicht rechtskräftig, siehe zum Sachverhalt LG Lüneburg, Urteil vom 10. Mai 2021 - 10 O 313/20 -, juris Rn. 2).

Hier hatte der pandemiebedingte Ausfall der H. Messe 2020 zur Folge, dass die Insolvenzschuldnerin für die bereits bezahlten Hotelkosten in Höhe von 15.440,00 EUR keine Gegenleistung erhalten hat. Auch hat die Beklagte der Insolvenzschuldnerin keine wirtschaftlich zumutbare Gegenleistung angeboten (siehe hierzu nachfolgend Ziff. 3. b) aa)). Damit ist die dem Beherbergungsvertrag der Vertragsparteien immanente Opfergrenze überschritten.

3. Die vorzunehmende Vertragsanpassung führt nicht dazu, dass dem Kläger ein geringerer Betrag als erstinstanzlich ausgeurteilt zuzusprechen ist.

a) Eine pauschale hälftige Teilung der streitgegenständlichen Hotelkosten erscheint problematisch.

aa) Das Landgericht ist der Entscheidung des OLG Köln vom 14. Mai 2021 (Az. I-1 U 9/21) gefolgt und hat ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls eine pauschale hälftige Teilung der vereinbarten Hotelkosten vorgenommen.

bb) Einer derartigen Lösung hat der Bundesgerichtshof eine Absage erteilt. Danach kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht (so BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 -, BGHZ 232, 178-203, juris Rn. 57 m.w.N. zum Meinungsstand in obergerichtlicher Rechtsprechung und Literatur; siehe auch BGH, Urteil vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21 -, juris Rn. 37; OLG Frankfurt, Urteil vom 19. März 2021 - 2 U 143/20 -, juris Rn. 53). Ebenso wenig sei ein Regel-Ausnahme-Verhältnis anzunehmen, das von einer Herabsetzung der Miete um die Hälfte ausgeht und derjenigen Vertragspartei, die Abweichungen hiervon begehrt, die Vortrags- und Beweislast auferlegt (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2022 - XII ZR 17/21 -, juris Rn. 32).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordert die Frage, ob dem Mieter ein Festhalten an dem Vertrag zumutbar ist, auch im Fall einer pandemiebedingten Geschäftsschließung eine konkret auf den Einzelfall bezogene Abwägung aller relevanten Umstände, die nicht durch eine pauschale Aufteilung der Miete ersetzt werden kann. Deshalb lasse sich eine Reduzierung der Miete um 50 % nicht mit der Begründung rechtfertigen, die mit der pandemiebedingten Geschäftsschließung verbundenen Belastungen seien gleichmäßig auf beide Mietvertragsparteien zu verteilen, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt habe. Vielmehr seien tragfähige Feststellungen zu den konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen zu treffen sowie dazu, ob staatliche Hilfen gewährt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - juris Rn. 64).

cc) Auch das OLG Hamm und das OLG München halten eine umfassende Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände, insbesondere auch der Vorteile, die der betroffenen Partei neben den Nachteilen aus den eingetretenen Veränderungen erwachsen sind, für erforderlich (OLG Hamm, Urteil vom 24. September 2021 - I-30 U 114/21 -, juris Rn. 60; OLG München, Beschluss vom 17. Februar 2021 - 32 U 6358/20 -, juris Rn. 36). Eine Herabsetzung der Miete könne nicht nach einem objektiven Schema wie bspw. der hälftigen Herabsetzung unter vorheriger Anrechnung von tatsächlich erfolgten oder nur möglichen Hilfsleistungen erfolgen (so OLG München, Beschluss vom 17. Februar 2021 - 32 U 6358/20 -, juris Rn. 37).

dd) Dagegen wird im Schrifttum vielfach eine hälftige Aufteilung des Risikos zwischen den Parteien für billig gehalten (Staudinger-V.Emmerich, BGB (2021), Vorbemerkungen zu § 536, Rn. 44, zitiert nach beck-online m.w.N.); bei Entwertung der Hauptleistung könne in Fällen, bei denen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise ausschließlich Umstände betreffen, die an sich in die Risikosphäre einer Vertragspartei fielen, der Anspruch auf die Gegenleistung halbiert werden, auch bei Hotelstornierung wegen Messeabsage (so Grüneberg-Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 313 Rn. 37a unter Hinweis auf Gegenstimmen sowie Bezugnahme auf OLG Köln; siehe auch Münchener Kommentar zum BGB-Finkenauer, 9. Aufl., § 313 Rn. 332, zitiert nach beck-online: Teilung der Stornierungskosten angemessen; auch BeckOGK-Martens, Stand: 1.10.2022, BGB § 313 Rn. 232, beck-online: Soweit eine vertragliche Leistung pandemiebedingt sinnlos wird, müssten die entstehenden Verluste von beiden Parteien gleichmäßig getragen werden, sodass der entsprechende Anteil der Gegenleistung im Zweifel auf die Hälfte herabzusetzen sei).

Woitkewitsch hält es allerdings für fraglich, ob eine Halbierung des Mietzinses für gebuchte Hotelunterkünfte gelten könne. Zwar sei im Rahmen der Interessenabwägung die Existenzgefährdung der Betriebe und ihrer Angestellten ein erheblicher Belang; allerdings könnten die Inhaber staatliche Hilfsleistungen in Anspruch nehmen. Da in den übrigen Zeiträumen das gebuchte Leistungsangebot typischerweise nicht mehr uneingeschränkt erbracht werden durfte (Versagung von Frühstück/Brunch), komme zumindest ein Anspruch auf Umbuchung in Betracht. Zweifelhaft wäre es, wenn der Staat den betroffenen Betrieben einerseits mit Milliardenbeträgen aushilft, andererseits den zugunsten des Infektionsschutzes auf Reisen verzichtenden Verbrauchern aber den Rechtsschutz versage (Woitkewitsch, Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf zivilrechtliche Rechtsverhältnisse, NJW 2022, 1134, 1137f., Rn. 30, zitiert nach beck-online).

ee) Das OLG Frankfurt hat zu einer Anpassung des Vertrags bei einer behördlichen Schließung des Geschäftsbetriebs des Mieters durch Herabsetzung der geschuldeten Miete um die Hälfte ausgeführt: "Hierbei würde es sich zwar um eine für die Praxis gut handhabbare Lösung der Problematik handeln, weil die Umstände des Einzelfalls nur in geringerem Maße zu berücksichtigen wären. Die Begründung entspräche aber nicht den gesetzlichen Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB" (siehe OLG Frankfurt, Urteil vom 19. März 2021 - 2 U 143/20 -, juris Rn. 53 mit ausführlicher Begründung).

b) Selbst wenn der Auffassung des Landgerichts nicht zu folgen und keine pauschale Herabsetzung der vereinbarten Hotelkosten um 50 % vorzunehmen wäre, führt eine Vertragsanpassung anhand der konkreten Umstände des vorliegenden Falls nicht zu einem geringeren Rückzahlungsanspruch als der Hälfte der Beherbergungskosten.

aa) Die Vertragsanpassung war hier nicht auf eine Verlegung der Hotelzimmerbuchungen auf den nächsten Messe-Termin beschränkt.

So hat es der Bundesgerichtshof als erforderlich angesehen, im Fall einer pandemiebedingt nicht durchführbaren Hochzeitsfeier zu prüfen, ob sich der Anspruch auf Vertragsanpassung auf die angebotene Verlegung der Hochzeitsfeier beschränkt. Im dortigen Fall hatte die Vermieterin den Klägern eine kostenlose Umbuchung auf eine Vielzahl von Ausweichterminen angeboten, was die Kläger pauschal abgelehnt hatten. Dies zeige, dass die Kläger an einer interessengerechten Lösung nicht interessiert wären, sondern allein eine Aufhebung des Mietvertrags erreichen und damit das Risiko der Absage der Feier einseitig auf die Beklagte verlagern wollten. Nach Abwägung der Umstände des konkreten Falls, in dem u.a. die Hochzeitsfeier nicht im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Trauung stand, hat der Bundesgerichtshof die Annahme des Angebots auf Verlegung für zumutbar gehalten und deshalb eine (teilweise) Befreiung von der Verpflichtung zur Mietzahlung als Vertragsanpassung abgelehnt. (so BGH, Urteil vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21 -, juris Rn. 41 f.).

Der vorliegende Einzelfall ist jedoch anders zu beurteilen. Zwar hat die Insolvenzschuldnerin das Umbuchungsangebot der Beklagten auf den Zeitraum 12.07.-17.07.2020 nicht angenommen. Sie kann aber dennoch eine Herabsetzung des Mietpreises verlangen. So enthielt - abgesehen davon, dass die H. Messe 2020 auch zum Ersatztermin im Juli 2020 nicht stattgefunden hat - das Umbuchungsangebot der Beklagten eine zusätzlich zum erhöhten Messepreis zu zahlende Umbuchungspauschale von 15 % (siehe Schreiben vom 10.03.2020, Anlage K 2). Dieses anzunehmen war der Insolvenzschuldnerin auch aufgrund des Umstands, dass, wie der Kläger nunmehr vorträgt, die Teilnahme an einer Messe mit mehreren Mitarbeitern einer hinreichenden Planung und zusätzlichen finanziellen Aufwands bedurft hätte, sich terminlich in das Betriebsleben einfügen musste und zudem im Zeitpunkt des Umbuchungsangebots pandemiebedingt unsicher war, ob die Messe im Juli stattfinden werde, also ein erneutes besonderes Ausfallrisiko bestand, nicht zumutbar. Die ursprüngliche Reservierung der Hotelzimmer war bereits im Juli 2019 und damit über neun Monate vor dem vorgesehenen Messetermin im April 2020 erfolgt, was zeigt, dass die Insolvenzschuldnerin den Messebesuch langfristig, d.h. mit einer längeren Vorbereitungszeit als nur drei Monaten geplant hatte.

bb) Da die Berufung der Beklagten nur Erfolg hätte, wenn dem Kläger ein geringerer Rückzahlungsbetrag als die ausgeurteilte Hälfte der streitgegenständlichen Hotelkosten zustände, müsste die Abwägung der Gesamtumstände ergeben, dass der Insolvenzschuldnerin ein geringerer Ausgleich als die Hälfte zustünde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr führt die vorzunehmende Abwägung der konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen beider Vertragsparteien nicht dazu, dass diese bei der Insolvenzschuldnerin weniger schwerwiegend als bei der Beklagten gewesen oder durch andere Leistungen aufgefangen worden wären.

(1) Es kann nicht festgestellt werden, dass die Insolvenzschuldnerin staatliche Unterstützungsleistungen für den vorliegenden Fall eines zeitlich begrenzten Beherbergungsvertrags - es handelte sich nicht um ein Dauermietverhältnis im Rahmen einer Geschäftsraummiete - erhalten hätte. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass die Insolvenzschuldnerin keine staatliche Unterstützung und keine Leistungen aus Betriebsversicherungen erhalten habe. Die Insolvenzschuldnerin sei nicht unmittelbare Adressatin der Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus gewesen, sodass ein Bemühen um einen staatlichen Ausgleich für die Hotelbuchungskosten von vornherein aussichtslos gewesen sei. Die Beklagte hat zwar bestritten, dass die Insolvenzschuldnerin keine Hilfen beantragt oder erhalten habe. Sie hat aber eingeräumt, dass es keine gesonderten Unterstützungsleistungen für die Anmietkosten von Hotelzimmern gegeben hat. Ihr Bestreiten bezieht sich lediglich darauf, dass die Insolvenzschuldnerin keine staatlichen Unterstützungsleistungen wie Kurzarbeitergeld o.ä. erhalten hat oder hätte erhalten können, die sie von dem Entgeltaufwand für Beschäftigte, die sie während der Messe einsetzen wollte, entlastet hätten. Auf die Entlastung für Personalkosten der Insolvenzschuldnerin kommt es jedoch bei den hier streitgegenständlichen Hotelkosten nicht an. Denn diese sind ihrem Unternehmen - anders als der Beklagten - unabhängig von der Inanspruchnahme des Beherbergungsvertrags mit der Beklagten und der Teilnahme an der Messe Hannover 2020 entstanden. Anhaltspunkte dafür, dass die Insolvenzschuldnerin dadurch, dass sie die Leistungen der Beklagten nicht in Anspruch genommen hat, indem ihre Mitarbeitenden nicht nach Hannover gereist sind und dort übernachtet haben, Personalkosten eingespart oder durch Kurzarbeitergeld eine Kompensation für die Hotelkosten erhalten hätte, sind nicht vorhanden.

(2) Hingegen hat die Beklagte durch die Nichtinanspruchnahme der Hotelleistungen durch die Insolvenzschuldnerin Aufwendungen erspart und - wenn auch zurückzuzahlen - eine Liquiditätshilfe für den betroffenen Zeitraum erhalten.

Auch ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte aufgrund des Ausfalls der Messe im April 2020 die vereinbarten erhöhten Messepreise auf dem Markt nicht mehr verlangen konnte und zudem von erhöhten Schwierigkeiten auszugehen ist, überhaupt Hotelgäste (zu nicht touristischen Zwecken) zu finden.

cc) Aufgrund der Absage der H. Messe könnte eine Anpassung der Zimmerpreise an die außerhalb von Messezeiten geltenden Standardrate von 130,00 EUR pro Zimmer und Übernachtung vorgenommen werden (wie vom Landgericht bereits in seinem Vergleichsvorschlag vom 12.01.2021 angedacht).

So führt die Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage in aller Regel dazu, den Vertrag in einer den berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung tragenden Form der veränderten Sachlage anzupassen. Deshalb ist nicht nur bei der Prüfung des normativen Tatbestandsmerkmals des § 313 Abs. 1 BGB, sondern auch bei der Frage, welche Form der Vertragsanpassung im konkreten Fall angemessen ist, von besonderer Bedeutung, welche Regelung die Parteien gewählt hätten, wenn sie das Ereignis, das zur Störung der Geschäftsgrundlage geführt hat, bei Vertragsschluss bedacht hätten (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21 -, juris Rn. 35 m.w.N.). Hätten die Parteien den Ausfall der Messe vorausgesehen, könnte für diesen Fall eine Herabsetzung der Zimmerpreise an die Standardrate vereinbart worden sein. Hierfür spricht, dass Nr. 9 des geschlossenen Hotelaufnahmevertrags eine Preisanpassungsklausel für den Fall der Änderung der öffentlich bekannt gegebenen Messezeiten enthält. Diese war zwar nur zugunsten der Beklagten vereinbart, ihr lässt sich aber entnehmen, dass sich eine Änderung von Messezeiten durchaus auf das Vertragsverhältnis der Parteien auswirken konnte. Das Motiv für die Vereinbarung dieser Sonderregelung spielt keine Rolle, wenn es um die Abwägung aller Umstände im Rahmen einer möglichen Vertragsanpassung geht.

Da der vereinbarte Messepreis von 15.440,00 EUR für acht Zimmer und fünf Übernachtungen gegenüber dem Standardpreis von nur 5.200,00 EUR (bzw. einem noch geringeren Preis nach Abzug des Anteils für Frühstück und anderer ersparter Aufwendungen) indes mehr als doppelt so hoch veranschlagt war, erhielte der Kläger einen höheren Rückzahlungsbetrag als erstinstanzlich ausgeurteilt, sodass es - weil nur die Beklagte Berufung eingelegt hat - im Ergebnis bei dem ausgeurteilten Betrag verbliebe.

c) Nach alledem ist von der Beklagten jedenfalls kein geringerer Betrag an den Kläger zurückzuzahlen als diesem vom Landgericht zugesprochen. Damit kann im vorliegenden Berufungsverfahren dahinstehen, welcher der vorgenannten Auffassungen bzw. Anpassungsmöglichkeiten zu folgen ist. Ein geringerer Rückzahlungsanspruch als die Hälfte kommt - wie dargelegt - nicht in Betracht.

d) Dass das Landgericht dem Kläger lediglich 7.522,00 EUR zugesprochen hat (Tenor), obwohl es in den Entscheidungsgründen einen Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von 7.720,00 EUR (= Hälfte des bezahlten Gesamtpreises von 15.440,00 EUR) begründet hat, wirkt sich nicht zulasten der Beklagten und Berufungsklägerin aus und ist daher nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

4. Soweit das Landgericht Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ausgeurteilt hat, wird dies mit der Berufung nicht angegriffen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 ZPO. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 -, BGHZ 151, 221-229, juris Rn. 4). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 381/10 -, juris Rn. 12). Dies ist vorliegend zu bejahen.