Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 22.12.2022, Az.: 21 W 1/21

Berichtigung des Namens und Geburtsdatums; Indien; Umfang der Amtsermittlung; Keine Berichtigung eines abgeschlossenen Registereintrags in Bezug auf den Namen und das Geburtsdatum bei bestehenden erheblichen Zweifel an der Richtigkeit des begehrten Eintrags

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
22.12.2022
Aktenzeichen
21 W 1/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 55883
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2022:1222.21W1.21.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Lüneburg - 16.11.2020 - AZ: 52 III 7/19

Fundstellen

  • FK 2024, 37
  • NZFam 2023, 762

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Voraussetzung für eine Berichtigung nach § 48 PStG ist nicht nur die Feststellung, dass der bestehende Eintrag inhaltlich falsch ist, sondern darüber hinaus die Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit der beantragten Eintragung. An den hierfür erforderlichen Nachweis (hier: für einen anderen Namen und ein späteres Geburtsdatum) sind strenge Anforderungen zu stellen.

  2. 2.

    Auch einer eidesstattlichen Versicherung oder einer ihr gleichbedeutenden beeideten bzw. notariell beurkundeten Erklärung kann über die in § 9 Abs. 1 PStG genannten Urkunden hinaus Bedeutung für die Überzeugungsbildung von der Richtigkeit einer beantragten Eintragung zukommen (vgl. OLG Düsseldorf StAZ 2022, 210 ff.). Vernünftige und ernsthafte Zweifel können eine Berichtigung gleichwohl ausschließen.

  3. 3.

    Im Fall der Berichtigung eines bestehenden Registereintrags ist - anders als bei einer Ersteintragung - auch die gesetzliche Beweiskraft nach § 54 Abs. 1 PStG zu berücksichtigen. Daher sind bei der Berichtigung einer Eintragung an die Richtigkeit der geänderten Eintragung höhere Anforderungen bei der Überzeugungsbildung zu stellen.

In der Personenstandssache
Beteiligte
1.
##,
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
Prozessbevollmächtigte:
#
2.
Stadt B. ##
##
Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin,
3.
Landkreis L., Standesamtsaufsicht, ##
##,
hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ##, die Richterin am Oberlandesgericht
## sowie den Richter am Amtsgericht ## am 22. Dezember 2022 beschlossen:

Tenor:

  1. I.

    Die Beschwerde der Antragstellerin vom 21. Dezember 2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts L. vom 16. November 2020 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

  2. II.

    Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Berichtigung ihrer Personenstandsdaten im Familienbuch des Standesamts B..

Im Familienbuch des Standesamts B. sind für die Eheschließung der Antragstellerin mit ihrem Ehemann P. M., geboren am ## 1952, am ## Juni 2002 in T., Indien, nach dem Auszug vom ##. August 2003 für die Antragstellerin erfolgende Eintragungen vermerkt:

Eigenname vor der Eheschließung: K. A.,

Geburtstag: ## März 1973,

Geburtsort: N. T., Indien,

mit dem Zusatz hinduistisch.

Der Name des Vaters der Antragstellerin ist dort mit G. N., letzter Wohnort P., Indien, sowie der Name der Mutter der Antragstellerin G. N., L. mit gleichem Wohnort aufgeführt.

In der in Kopie vorgelegten Urkunde zu einem "Agreement of Marriage" ist für den ##. Mai 2002 die Eheschließung zwischen P. M., 50 Jahre, Kaufmann, aus B., und der Antragstellerin mit deren Name K. A., Tochter des G. N., 29 Jahre alt, Haushälterin, aufgeführt. In dem handschriftlich gefertigten "Certificate of Marriage" (Nr. ##/2002 vom ##. Mai 2002) ist für die Eheschließung am ##. Juni 2002 ebenfalls der Name der Ehefrau mit K. A. angegeben.

Mit Schreiben vom ##. Januar 2003 hat das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland bestätigt, dass es sich bei dieser "um eine formell wie inhaltlich korrekte" Urkunde handelt. In der Erklärung zur Namensführung und Angleichungserklärung hat die Antragstellerin mit dem Namen K. A. unterschrieben.

In ihrem Reisepass der Republik Indien sind als Name der Antragstellerin K. A. und als Geburtsdatum der ##. März 1973 aufgeführt. Mit Schreiben vom ##. Juni 2009 hat das indische Generalkonsulat bescheinigt, dass Frau K. A. P. nach ihrem am #. August 2002 in T. ausgestellten indischen Reisepass am ##. März 1973 in K., K., geboren wurde.

Anlässlich der Anmeldung der Eheschließung mit ihrem zweiten Ehemann B. A. hat die Antragstellerin unter dem ##. Januar 2014 gegenüber dem Standesamt in R. (Vorgangs-Nr.: ##/14) an Eides statt versichert, dass die von ihr gemachten Angaben richtig seien, sie am ##. März 1973 in N. T. in Indien geboren und ihr Eigenname K. A. sei. Änderungen gegenüber den Angaben im Familienbuch des Standesamts B. hätten sich nicht ergeben.

Am ##. Januar 2020 hat die Antragstellerin ein "Birth Certificate" vom ##. Januar 2020 (Ref.No. ##) vorgelegt, das von der N. M. J.-A. ausgestellt wurde und in der für S. A. als Geburtstag der ##. Mai 1990 ausgewiesen ist. Für die Eltern ist in dieser Urkunde vermerkt: "not known". Darüber hinaus sind in einem Anhang weitere Angaben zu dem Kind angeführt.

Im Schriftsatz vom ##. August 2021, mit dem die Antragstellerin weitere Unterlagen vorlegte, die sie von unterschiedlichen Personen aus Indien erhalten hatte, überreichte sie ein gleichlautendes "Birth Certificate" gleichen Datums. In diesem sind als Namen für den Vater A. R. sowie für die Mutter A. B. angegeben.

Die Antragstellerin hat am ##. Januar 2004 in der Privatklinik Dr. H. in L. ihren Sohn M. geboren. Im Jahr 2009 befand sich die Antragstellerin in stationärer psychotherapeutischer Therapie im Universitätsklinikum Münster, an die sich eine ambulante Behandlung anschloss. Nach einer Mutter-Kind-Kur in B. floh die Antragstellerin nach ihren Angaben vor ihrem Ehemann nach R.. Dort lernte sie 2013 ihren aus S. stammenden zweiten Ehemann B. A. erkennen, den sie am ##. März 2014 heiratete.

Im Dezember 2015 verzog die Antragstellerin mit ihrem Sohn wieder nach B. Neben ihrer aktuellen Tätigkeit als Altenpflegehelferin in einem Seniorenpflegeheim hat sie ihren Realschulabschluss nachgeholt. Um eine weitere Ausbildung bzw. Zusatzausbildung absolvieren zu können, sei es erforderlich, ihr richtiges Geburtsalter anzugeben.

Mit ihrem Berichtigungsanliegen hat sich die Antragstellerin mit Schreiben vom ##. September 2018 an das Standesamt B. gewandt, das dieses mit Schreiben vom ##. Oktober 2018 unter Hinweis auf eine erforderliche Geburtsurkunde aus Indien als nicht umsetzbar bezeichnete und mit Schreiben vom ## März 2019 eine Änderung der Personalien der Antragstellerin abgelehnt hat.

Mit ihrem Antrag vom ##. Mai 2019 macht die Antragstellerin geltend, ihre Personenstandsdaten dahingehend zu berichtigen, dass als Vorname: S., als Nachname: A.-M., als Geburtsdatum: ##. Mai 1990 sowie als Geburtsort: N., T., Indien aufzuführen seien. Nach einer unehelichen Geburt sei sie bis zu ihrem zwölften Lebensjahr in einer Pflegefamilie aufgewachsen, dann aufgrund dort erfolgter Misshandlungen geflohen und in der Folge zur Prostitution gezwungen worden. Auf diesem Weg habe sie ihren späteren, am ##. Februar 2011 verstorbenen Ehemann, Herrn P. M., im Frühjahr 2002 kennengelernt und diesen im Juni des Jahres geheiratet. Bei dieser Heirat sei ihr Name und ihr Geburtsdatum geändert worden, auch um die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. Aus diesem Grund seien die Angaben in der Heiratsurkunde nicht richtig.

Das Standesamt und die Standesamtsaufsicht haben aufgrund der anlässlich der Eheschließungen erfolgten Erklärungen der Antragstellerin eine Berichtigung abgelehnt und eine solche auch unter Hinweis auf die Zulassung zur muslimischen Hochschule für nicht möglich erachtet.

Mit Schriftsatz vom ##. November 2019 hat die Antragstellerin angekündigt, ein Altersbestimmungsgutachten des ##, H., vorzulegen, das in der Folge jedoch nicht beim Amtsgericht eingereicht wurde.

Im angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag auf Berichtigung der Personenstandsdaten der Antragstellerin mit der Begründung zurückgewiesen, dass keine Urkunden i.S.v. § 9 PStG vorgelegt wurden, die die Geburt der Antragstellerin im Mai 1990 bescheinigen. Auch die weiteren Unterlagen der Antragstellerin seien nicht geeignet, ein entsprechendes Geburtsdatum und deren anderen Namen nachzuweisen, weil insoweit unterschiedliche Geschehensabläufe geschildert wurden. Auch unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (XII ZB 265/17) sowie des Bundesverwaltungsgerichts (1 C 36/19 [zur Einbürgerung]) sei keine andere Entscheidung möglich. Im Übrigen nimmt der Senat auf die weitergehende, ausführliche Begründung im angefochtenen Beschluss Bezug.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie geltend macht, dass sie sich um weitere Unterlagen in Indien bemühen werde, um ihre richtigen Personenstandsdaten nachweisen zu können. Mit der Beschwerdebegründung legte die Antragstellerin einen persönlich verfassten Lebenslauf vor. Ihre Beschwerdebegründung ergänzte die Antragstellerin mit Schriftsätzen vom ##. August und vom ##. September 2021, mit denen sie zahlreiche weitere Unterlagen überreichte, aus denen sich ihre geänderten Personenstandsdaten ergeben würden. Hierbei beruft sich die Antragstellerin insbesondere auf den Auszug aus dem Zulassungsregister der muslimischen Hochschule N. aus dem Jahr 2019 (Zulassungs-Nr.: ##) sowie auf mehrere beeidete Erklärungen ("Affidavit") ihrer Verwandten in englischer Sprache und deutscher Übersetzung.

II.

Die gemäß §§ 51 Abs. 1 PStG, 58 ff. FamFG zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet.

Das Amtsgericht ist im angefochtenen Beschluss zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Berichtigung des abgeschlossenen Eintrags im Familienbuch nicht gegeben sind.

1.

Ein abgeschlossener Registereintrag darf in den Fällen des § 47 PStG von dem Standesamt berichtigt werden. Darüber hinaus darf nach § 48 Abs. 1 Satz 1 PStG ein abgeschlossener Registereintrag nur auf Anordnung des Gerichts berichtigt werden. Voraussetzung für eine Berichtigung aufgrund gerichtlicher Anordnung ist nicht nur die Feststellung, dass der bestehende Eintrag inhaltlich falsch ist, sondern darüber hinaus die Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit der beantragten Eintragung. An den hierfür erforderlichen Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen; es ist der volle Beweis erforderlich, eine bloße Glaubhaftmachung genügt nicht (vgl. BGH FamRZ 2017, 1337; OLG Düsseldorf StAZ 2018, 381). Das Gericht muss von der Richtigkeit der beantragten Eintragung überzeugt sein.

Das Verfahren nach § 48 PStG unterliegt gemäß §§ 51 Abs. 1 Satz 1 PStG, 26 FamFG dem Amtsermittlungsgrundsatz. Das Gericht hat eine Berichtigung zu veranlassen, wenn es aufgrund einer umfassenden Amtsermittlung zum Ergebnis gelangt, dass der Registereintrag unrichtig ist. Die objektive Feststellungslast für die Unrichtigkeit trägt die antragstellende Person. Eine Berichtigung muss daher unterbleiben, wenn sich eine Unrichtigkeit der bestehenden Eintragung sowie die Richtigkeit der beantragten Änderung nicht feststellen lässt.

2.

Der Senat kann es vorliegend dahinstehen lassen, ob der vorgelegte Auszug aus dem Zulassungsregister der muslimischen Hochschule N. zur Zulassungs-Nr.: ## echt ist und dieser als öffentliche ausländische Urkunde die Beweiskraft nach § 418 Abs. 2 ZPO zukommt. Denn unabhängig hiervon kann der Senat auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Antragstellerin, insbes. der von ihr mit Schriftsatz vom . September 2021 vorgelegten weiteren Unterlagen, nicht die erforderliche (volle) Überzeugung dahingehend gewinnen, dass die Antragstellerin mit der in dieser Urkunde genannten S. A., deren Eltern A. R. und A. B. sind, personenidentisch ist.

a)

Die Antragstellerin beruft sich darauf, dass sie durch ihre persönlichen Erkundigungen Mitte 2021 in ihrer Heimat in Indien zu Mitgliedern ihrer ursprünglichen Familie habe Kontakt aufnehmen können. Hierzu hat sie mit Schriftsatz vom ##. August 2021 die Urkunde über die Eheschließung von A. R., geb. am ## Januar 1945, und A. B., geb. am ##. Januar 1951, am ##. März 1969 vorgelegt. Nach der ebenfalls vorgelegten Geburtsurkunde "Birth Certificate" der N. M. J.-A. (Az.: ##) sind diese die Eltern der am ##. Mai 1990 geborenen S. A.

In ihrer persönlichen Stellungnahme vom 17. Dezember 2020 als Anlage zur Beschwerdebegründung hat die Antragstellerin angegeben, dass sie vier Brüder habe und hat hiervon S. A. R., N. A. R. sowie A. A. R. namentlich benannt.

In den ebenfalls mit Schriftsatz vom ##. August 2021 vorgelegten beeideten Erklärungen ("Affidavit") vom ##. Juni 2020 erklärte der am ##. Mai 1979 geborene N. A. R., dass seine Schwester S. am ##. Mai 1990 geboren wurde und seiner Erklärung .ein Lichtbild angeheftet sei. Er erinnere sich sehr gut daran, dass seine Schwester kurz vor seinem elften Geburtstag geboren wurde. Die Geburt habe damals zu einem Riesenstreit in der Familie geführt. Im Februar 2002 sei seine Schwester spurlos verschwunden. Dem vorgelegten Original der Urkunde ist ein Passfoto der Antragstellerin aufgeklebt und unter dem Datum vom ##. Juni 2020 mit einem Stempel sowie notarieller Unterschrift versehen.

Übereinstimmende Erklärungen haben ebenso S. I. K. (Cousine von S.), M. B. (Schwester von A. R. und Tante von S.), A. S. (Leiter der Schule N. M. J.-A.) sowie A. B. (Cousine von S.) abgegeben und notariell beurkunden lassen. Dem Schriftsatz vom ##. September 2021 hat die Antragstellerin darüber hinaus beeidete Erklärungen ("Affidavit") eines Stadtrats, einer Mitschülerin, der Hebamme, die die Tochter S. entbunden hat, eines Freundes der Familie, einer weiteren Tante von S., eines Bekannten der Familie sowie einer weiteren Cousine und eines weiteren Cousins beigefügt. Diesen Erklärungen waren jeweils Lichtbilder der Antragstellerin aufgeklebt, mit Schriftzug unterzeichnet und mit Stempel versehen.

Auch wenn in den Erklärungen die Namen der Eltern des Kindes S. (A. R. und A. B.) genannt wurden, lässt sich diesen Erklärungen eine Grundlage für die Abstammung der Antragstellerin von den dort genannten Elternteilen bzw. die personale Identität mit der angeführten S. nicht entnehmen. Konkrete Anhaltspunkte für eine verwandtschaftliche Beziehung, wie sie in den unterschiedlichen Erklärungen angeführt sind, bestehen über den Erklärungsinhalt hinaus nicht. Für den Senat verbleiben jedoch auch unter Berücksichtigung des Inhalts und der nicht unerheblichen Anzahl übereinstimmender Erklärungen Zweifel, ob nach 18 bis 20 Jahren eine Person von Verwandten wiedererkannt werden kann, obwohl sie diese letztmalig im kindlichen Alter wohl im Februar 2002 gesehen haben (wollen). Auch der Umstand, dass die Erklärungen jeweils mit einem Passfoto der Antragstellerin verbunden wurden, vermag hieran nichts zu ändern. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass ein Vergleichsfoto des Kindes S. nicht vorliegt. Einen solchen Vergleich vermag der Senat auch nicht mit dem ebenfalls mit Schriftsatz vom ##. September 2021 vorgelegten elektronischen Identitätsnachweis ("Unique Identifikation Authority of India") zu ziehen. Auf diesem ist zwar ein (kleines) Passbild neben dem Namen S. A und dem Geburtsdatum ##. Mai 1990 enthalten. Dieser Kopie lässt indes für den Senat nicht die ausstellende Behörde erkennen. Ob ein solcher Vergleich aus einem von der Antragstellerin im Schriftsatz vom ##. Mai 2020 angeführten Klassenfoto aus dem Jahr 1997 möglich gewesen wäre, bedarf im Hinblick auf die weiteren Umstände keiner Beurteilung durch den Senat.

Zwar hat die Antragstellerin auch eine am ##. Januar 2020 durch das Gemeindezentrum ausgestellte Geburtsurkunde vorgelegt. Dieses "Birth Certificate" enthält auf der in Kopie vorgelegten Urschrift ebenfalls ein Passfoto der Antragstellerin, das mit Stempel versehen ist. Hierbei handelt es sich jedoch erkennbar um ein aktuelles Lichtbild der Antragstellerin und nicht um ein Passbild des zwölfjährigen Kindes.

b)

Dabei verkennt der Senat nicht, dass einer eidesstattlichen Versicherung oder einer ihr gleichbedeutenden beeideten bzw. notariell beurkundeten Erklärung auch im Personenstandsverfahren über die in § 9 Abs. 1 PStG genannten Urkunden hinaus Bedeutung für die Überzeugungsbildung von der Richtigkeit einer beantragten Eintragung zukommen kann, wenn die Beschaffung öffentlicher Urkunden unmöglich oder unverhältnismäßig erschwert ist (§ 9 Abs. 2 PStG; OLG Düsseldorf StAZ 2022, 210 ff. [Rn. 15 ff., 17]). In welchem Umfang das Standesamt bei nicht vollständig geklärter Identität einer Person Ermittlungen insbesondere im Fall einer Ersteintragung durchzuführen hat, bedarf vorliegend keiner Entscheidung durch den Senat. Denn auch wenn die formalen Anforderungen an eine eidesstattliche Versicherung geprüft, diese inhaltlich gewürdigt und keine zu strengen oder übertriebenen Anforderungen an den Nachweis gestellt werden, kann eine solche Erklärung bei vernünftigen und ernsthaften Zweifeln an den dokumentierten Angaben eine Berichtigung eines bestehenden Registereintrags nicht rechtfertigen (vgl. OLG Düsseldorf StAZ 2022, 210 [Rn. 22]; OLG Hamburg StAZ 2020, 142 ff.; zur Problematik Hensel StAZ 2022, 377 ff.). Im Fall der Berichtigung eines bestehenden Registereintrags ist - anders als bei einer Ersteintragung - auch die gesetzliche Beweiskraft nach § 54 PStG zu berücksichtigen. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift beweisen die Beurkundungen in den Personenstandsregistern die Eheschließung, Begründung der Lebenspartnerschaft, Geburt und den Tod sowie die darüber gemachten näheren Angaben sowie die sonstigen Angaben über den Personenstand der Person, auf die sich der Eintrag bezieht. Daher sind bei der Berichtigung einer Eintragung an die Richtigkeit der geänderten Eintragung höhere Anforderungen bei der Überzeugungsbildung zu stellen.

Vor diesem Hintergrund bezieht der Senat über die bereits angeführten Zweifel in eine Gesamtbeurteilung auch ein, dass in dem von der Antragstellerin erstinstanzlich mit Schriftsatz vom ##. Januar 2020 vorgelegten "Birth Certificate" die Namen der Eltern der am ##. Mai 1999 geborenen S. A. als unbekannt vermerkt waren. Demgegenüber sind in der Kopie des mit Schriftsatz vom ##. August 2021 vorgelegten "Birth Certificate" (unter identischem Datum und Referenznummer) die Namen der Eltern von S. A angeführt. Zu diesem Widerspruch, auf den bereits das Standesamt hingewiesen hatte, hat die Antragstellerin nicht weiter Stellung genommen. Zudem stehen die im Anhang ("Appendix") der zuerst genannten Urkunde angeführten Lebensdaten nicht in Einklang mit der Darstellung der Lebensgeschichte der Antragstellerin. Denn dort ist eine Frau namens F. genannt, bei der das Kind (gemeint ist S.) für etwa 4 bis 5 Jahre aufgewachsen war. Nachdem S. einige Zeit als Straßenkind gelebt hätte, sei sie später von den Eheleuten S. H. und deren Familie aufgenommen worden.

Weitere Zweifel des Senats gründen in dem Umstand, dass die Antragstellerin nach ihrem Vorbringen im Oktober 2002 nach Deutschland eingereist war, im Jahr 2003 schwanger wurde und am 2. Januar 2004 ihren Sohn M. zur Welt brachte. Bei Geburt ihres Sohnes wäre sie dann erst 14 Jahre alt gewesen. Das Alter der minderjährigen Mutter wäre - auch bei einer Herkunft aus einem anderen Kulturkreis -wohl den behandelnden Ärzten, der Hebamme sowie den betreuenden Schwestern aufgefallen und voraussichtlich dokumentiert oder problematisiert worden.

Der Senat teilt auch die Bedenken der Standesamtsaufsicht, wie sie im Schriftsatz vom ##. Juni 2019 angeführt wurden. Zwar erscheint es nachvollziehbar, dass die Antragstellerin im Rahmen ihrer ersten Ehe die aus ihrer Sicht unzutreffenden Personendaten nicht hat berichtigen lassen (können), zumal sie vor der ersten Heirat zur Prostitution gezwungen war und in ihrer ersten Ehe erheblichen Belastungen und Gewalttätigkeiten ausgesetzt gewesen sei.

Allerdings erklärte die Antragstellerin - nach ihrem Vorbringen im Alter von 23 Jahren - auch anlässlich ihrer Einbürgerung am ##. August 2013, dass sie A. M., geborene K., heiße und am ##. März 1973 in N. geboren sei. Auch in ihrer eidesstattlichen Versicherung anlässlich der Anmeldung ihrer zweiten Eheschließung bestätigte sie unter dem ##. Januar 2014 ihren vorgenannten Namen, Geburtsort sowie Geburtsdatum. Dass sie zu diesem Zeitpunkt noch an einer Berichtigung der Personenstandsangaben aufgrund einer besonderen psychischen Belastung gehindert war, ist für den Senat nicht mehr in gleicher Weise wie in den Jahren ihrer ersten Ehe erkennbar, auch wenn sich die Antragstellerin insoweit darauf beruft, dass ihr damaliger zweiter Ehemann im Hinblick auf einen möglichen Entzug des Aufenthaltsstatus sie gebeten oder gezwungen habe, ihr Berichtigungsbegehren nicht weiter zu verfolgen.

Schließlich hat das Amtsgericht im angefochtenen Beschluss auf Widersprüche in der Darstellung der Antragstellerin hingewiesen, auf die der Senat inhaltlich Bezug nimmt.

3.

Der Senat ist auch im Rahmen der bestehenden Amtsermittlung nicht veranlasst, weitergehende Ermittlungen durchzuführen, um weitere Tatsachen festzustellen, weil diese weder zu der Überzeugungsbildung für den zutreffenden Geburtstag noch über die von der Antragstellerin behauptete Identität beitragen können.

Das Gericht hat nach § 51 Abs. 1 Satz 1 PStG i.V.m. § 26 FamFG die Ermittlungen durchzuführen, die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlich sind (zum Umfang der Sachverhaltsermittlung BGH FamRZ 2019, 614, 616 f. [im Fall der Nachbeurkundung einer Auslandsgeburt]). Das Verfahren muss geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für die zu treffende Entscheidung zu erlangen. Die Beurkundung setzt voraus, dass der Personenstandsfall als solcher und daher die Identität der/des Betroffenen bzw. des Kindes feststehen muss. Dies kann der Senat auch nach den von der Antragstellerin vorgelegten umfangreichen Unterlagen gerade nicht feststellen.

Eine denkbare medizinische Altersbestimmung, wie sie auch die Antragstellerin im Schriftsatz vom ##. November 2019 in Aussicht gestellt hatte, könnte eventuell Aufschluss über die Unrichtigkeit des Geburtsdatums in der Eintragung im Familienbuch ergeben, würde jedoch in keinem Fall ein genaues und eintragungsfähiges Datum vermitteln. Ebenso wenig verspricht eine - vom Senat erwogene - Auskunft des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in C., Indien, über die formelle und inhaltliche Richtigkeit des Ausdrucks aus dem Zulassungsregister der muslimischen Hochschule N. eine weitere Aufklärung. Denn diese könnte lediglich den Besuch der am ##. Mai 1990 geborenen S. A in der ersten und zweiten Klasse von Mai 1995 bis November 1997 bescheinigen, ohne dass diesen Angaben eine Übereinstimmung der Person der Antragstellerin einerseits und des Kindes S. A andererseits entnehmen ließe. Auch eine Anhörung der Antragstellerin (§§ 51 Abs. 1 PStG, 33 Abs. 1 FamFG) ist vor diesem Hintergrund zur weiteren Sachaufklärung nicht geboten.

Darüber hinausgehende, hinsichtlich des Namens und des Geburtsdatums der Antragstellerin erfolgversprechende Ermittlungen sind für den Senat weder ersichtlich noch von der Antragstellerin selbst angeregt worden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 51 Abs. 1 PStG, 81, 84 FamFG. Die Gerichtskosten trägt die Antragstellerin gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG.