Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 25.07.2006, Az.: 74 IK 69/00

Pflicht des Insolvenzgerichts zur Bestimmung der Laufzeit einer Abtretungserklärung im Beschluss über die Ankündigung einer Restschuldbefreiung in vor dem 1.12.2001 eröffneten Insolvenzverfahren; Ausschluss einer nachträglichen Abänderung durch das Insolvenzgericht bei Festsetzung der Laufzeit einer Abtretungserklärung auf sieben Jahre

Bibliographie

Gericht
AG Göttingen
Datum
25.07.2006
Aktenzeichen
74 IK 69/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 34743
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGGOETT:2006:0725.74IK69.00.0A

Fundstelle

  • ZVI 2006, 597-598 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Das Vermögen der ...

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    In vor dem 01.12.2001 eröffneten Insolvenzverfahren war das Insolvenzgericht im Hinblick auf Artikel 107 EGInsO gehalten, die Laufzeit der Abtretungserklärung im Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung zu bestimmen.

  2. 2.

    Wird die Laufzeit der Abtretungserklärung auf sieben Jahre festgesetzt und ist der Beschluss rechtskräftig, ist eine nachträgliche Abänderung durch das Insolvenzgericht ausgeschlossen.

Tenor:

Der Antrag der Schuldnerin, die Laufzeit der Abtretungserklärung auf fünf Jahre herabzusetzen, wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Über das Vermögen der Schuldnerin ist aufgrund Antrages vom 03.05.2000 am 24.08.2000 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden. Zu diesem Zeitpunkt lagen auch Anträge eines Sozialversicherungsträgers und des Finanzamtes vor. Im Verlaufe des Verfahrens ist der anwaltlich vertretenen Schuldnerin ein Formular für die Abtretungserklärung übersandt worden. Das Formularfeld über eine Zahlungsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1997 ist nicht angekreuzt und kein Antrag auf Abkürzung der Laufzeit der Abtretung von sieben auf fünf Jahren gestellt worden. Mit Beschluss vom 18.03.2002 ist der Schuldnerin Restschuldbefreiung angekündigt und die Laufzeit der Abtretungserklärung auf sieben Jahre festgesetzt worden. Dieser Beschluss ist dem Schuldnervertreter zugestellt worden; ein Rechtsmittel ist nicht eingelegt worden.

2

Mit Schreiben vom 08.08.2005 hat die Schuldnerin die Abkürzung der Wohlverhaltensperiode beantragt mit der Begründung, dass sie bereits vor dem 01.01.1997 zahlungsunfähig gewesen sei. Die Rechtspflegerin hat dazu die Gläubiger angehört und auf Bedenken hingewiesen. Der Schuldnervertreter hat zunächst die Auffassung vertreten, beim Schreiben der Schuldnerin handele es sich um eine sofortige Beschwerde gegen den Beschluss zur Ankündigung der Restschuldbefreiung, verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag. Diesen Antrag erhält die Schuldnerin nicht mehr aufrecht. Der Schuldnervertreter beruft sich nunmehr darauf, dass § 291 InsO nicht die Angabe der Laufzeit der Abtretungserklärung fordert, so dass dieser Teil des Beschlusses nicht in Rechtskraft erwachse. Unter Hinweis darauf, dass das Insolvenzgericht von Amts wegen über die Laufzeit der Abtretungserklärung zu entscheiden habe, hat er beantragt, dass das Insolvenzgericht eine nachträgliche Änderung der festgelegten Abtretungszeit feststelle. Nachdem die Rechtspflegerin auf die Rechtskraft des Beschlusses vom 18.03.2002 hingewiesen hat, hat der Schuldnervertreter beantragt, eine Entscheidung des Insolvenzrichters herbeizuführen.

3

Der Richter hat die Entscheidung gem. § 18 Abs. 2 Satz 3 RPflG an sich gezogen, da es sich um eine ungeklärte Rechtsfrage handelt.

4

Der Antrag ist abzulehnen.

5

§ 291 InsO enthält keine Regelung darüber, ob in dem Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung auch die Laufzeit der Abtretungserklärung anzugeben ist. In der Kommentarliteratur wird die Auffassung vertreten, dass aus Gründen der Rechtsicherheit auch der Beginn und die Dauer der Laufzeit der Abtretungserklärung anzugeben sind (Uhlenbruck/Vallender InsO, § 291 Rz. 24; MünchKomm-InsO/Stephan § 291 Rz. 15 f).

6

So ist das Insolvenzgericht im vorliegenden Fall verfahren. Dazu bestand auch Veranlassung. Es handelt sich um ein so genanntes Altverfahren, das vor dem 01.12.2001 eröffnet wurde. Für dieses Verfahren gilt Artikel 107 EGInsO. Dieser bestimmt, dass bei bereits vor dem 1. Januar 1997 zahlungsunfähigen Schuldnern die Laufzeit der Abtretung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO sich von sieben auf fünf Jahre verkürzt. Zugleich ist angeordnet, dass die Wirksamkeit von Verfügungen gem. § 114 Abs. 1 InsO sich von drei auf zwei Jahre verkürzt (die Frist von zwei Jahren ist inzwischen generell in die ab dem 01.01.2001 geltende geänderte Fassung des § 114 Abs. 1 InsO übernommen worden). Das Zusammenspiel beider Vorschriften erfordert es, dass bei Ankündigung der Restschuldbefreiung auch eine Entscheidung über die Laufzeit der Abtretungserklärung getroffen wird. Somit liegt ein sachlicher Grund vor, die Laufzeit im Ankündigungsbeschluss gem. § 291 InsO festzulegen.

7

Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass die Rechtskraft des Beschlusses gem. § 291 InsO auch die Laufzeit der Abtretungserklärung umfasst. Etwas Anderes könnte möglicherweise gelten, wenn dafür kein sachlicher Grund vorläge. Dies ist jedoch - wie aufgezeigt - nicht der Fall.

8

Infolge der Rechtskraft besteht folglich keine Möglichkeit mehr, die Laufzeit der Abtretungserklärung (nachträglich) zu reduzieren. Dies gilt unanhängig von der Frage, ob das Insolvenzgericht von Amts wegen die Laufzeit der Abtretungserklärung in Altfällen festzulegen hatte, ob im vorliegenden Fall entsprechende Anhaltspunkte vorhanden waren, ob die Schuldnerin nachträglich ihre Zahlungsunfähigkeit vor dem 01.01.1997 glaubhaft gemacht hat.

Schmerbach, Richter am Amtsgericht