Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 19.07.2006, Az.: 74 IK 323/06
Anhörungstermin; Aufklärungspflichtverletzung; Ausbleiben; geringfügige Schulden; Insolvenzantrag; Insolvenzeröffnungsverfahren; Insolvenzverfahrenseröffnung; Mitwirkungspflichtverletzung; Nichterscheinen; Rechtsmissbrauch; Restschuldbefreiungsverfahren; Unzulässigkeit; Verfahrenskostenunterschreitung
Bibliographie
- Gericht
- AG Göttingen
- Datum
- 19.07.2006
- Aktenzeichen
- 74 IK 323/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 53386
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 14 InsO
- § 20 InsO
- § 287 InsO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ein auf geringfügige Forderungen, die unter den Verfahrenskosten liegen, gestützter Insolvenzantrag ist jedenfalls dann als unzulässig abzuweisen, wenn die Schuldnerin zu einem gerichtlichen Anhörungstermin nicht erscheint.
Tenor:
1. Der Antrag vom 26.06.2006 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
3. Der Gegenstandswert wird auf bis zu 300 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die am 06.05.1985 geborene Antragstellerin begehrt mit Antrag vom 26.06.2006 Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit einem Antrag auf Stundung und Restschuldbefreiung, weil sie zahlungsunfähig sei. Sie verfügt über Sozialleistungen einschließlich Kindergeld von 465 € und meint, sie sei neben den Unterhaltsleistungen für ihr Kind naturalunterhaltspflichtig für einen Lebenspartner, geboren 20.02.1970.
An Schulden führt die Antragstellerin Verpflichtungen zum Gesamtwert von 1.409 € auf, wobei Hauptgläubigerin die Sparkasse G. mit einem Anteil von 93 % ist.
Die Antragstellerin meint, unter Berücksichtigung ihrer Einkommens- und Familienverhältnisse keinen Plan zur Bereinigung der Schulden anbieten zu können.
Nachdem das erkennende Gericht darauf hingewiesen hatte, dass der Antrag wohl eindeutig rechtsmissbräuchlich wegen der geringen Schulden sei, ferner auch die behauptete gesetzliche Unterhaltspflicht für den Lebenspartner nicht zu erkennen sei, hat der Verfahrensbevollmächtigte mitgeteilt, dass der Lebenspartner selbst ALG-1 Empfänger sei, er sei ebenfalls überschuldet, über sein Vermögen sei erst kürzlich das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Einen daraufhin vom Gericht anberaumten Termin zur Anhörung der Schuldnerin haben sowohl die Schuldnerin als auch der Verfahrensbevollmächtigte unbeachtet gelassen.
II.
Der Antrag ist als unzulässig abzuweisen.
Zum einen ergeben sich aus den aus der gerichtlichen Verfügung ersichtlichen Gründen Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, denn der Antragstellerin dürfte es nicht dauerhaft unmöglich sein, die geringfügigen Schulden durch Teilzeitarbeit, ggf. auf 400 €-Basis, in absehbarer Frist zu begleichen.
Insbesondere unter Berücksichtigung der hier durch das Restschuldbefreiungsverfahren auftretenden Verfahrenskosten, die die Schulden der Antragstellerin bei weitem übersteigen, ergibt sich hier eine förmliche Ausnutzung einer vom Gesetz geschaffenen Rechtsposition, die so nicht gewollt ist und als rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden muß.
Insbesondere mag sich die Antragstellerin auch vergegenwärtigen, dass sie sich durch das Beschreiten dieses Insolvenzverfahrens für die nächsten 16 Jahre bindet, insbesondere sich der Gelegenheit begibt, in diesem Zeitraum erneut derartige Verfahrensschritte zu unternehmen.
Dies erscheint, vor allem unter Berücksichtigung des Geburtsdatums der Antragstellerin, sie ist gerade 21 Jahre alt, verfehlt.
Auch aus der Tatsache, dass die Antragstellerin den Anhörungstermin völlig unbeachtet gelassen hat, wird deutlich, dass die Antragstellerin auch an der Aufklärung der näheren Umstände ihrer vermeintlichen Insolvenz und der Zahlungsunfähigkeit nicht mitzuarbeiten gewillt ist, so dass hier ein weiterer Versagungsgrund vorliegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 4 InsO, 91 ZPO.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 4 InsO i. V. m. § 37 GKG.