Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 28.02.2002, Az.: 13 U 219/01

Schadensersatz; Zahlungsfähigkeit ; Werklohn; Quotenschaden ; GmbH; Verzögerte Insolvenzanmeldung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
28.02.2002
Aktenzeichen
13 U 219/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 23953
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2002:0228.13U219.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 1 O 1090/01

Fundstellen

  • GmbHR 2002, 912 (amtl. Leitsatz)
  • KTS 2003, 79 (amtl. Leitsatz)
  • OLGReport Gerichtsort 2002, 171
  • ZInsO 2002, 1031 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Der Schutzzweck des § 64 GmbHG ist nicht der Schutz des Gläubigers vor dem Vertragsschluss mit einer bereits überschuldeten GmbH. Gem. § 823 II BGB i. V. m. § 64 GmbHG ist daher nur der Quotenschaden durch die Verzögerung der Insolvenzanmeldung nach dem Vertragsschluss zu ersetzen.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. August 2001 verkündete Teilurteil des Landgerichts Hannover - 1 O 1090/01 - wird auf deren Kosten vorläufig vollstreckbar zurückgewiesen.

Beschwer: unter 20. 000 EUR.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

A. Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

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I.

Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB, weil der Beklagte zu 2 sie über die Zahlungsfähigkeit der Beklagten zu 1 getäuscht habe und sie nur deshalb den Auftrag angenommen habe, mit dessen Werklohn sie jetzt ausfällt.

3

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte zu 1 im Januar 2000 zahlungsunfähig war. Die Beklagte zu 1 hat in großem Umfang einen Glasereibetrieb geführt und mit diesem zumindest bis zur Mitte des Jahres 2000 erhebliche Umsätze gemacht. Dies setzt notwendig voraus, dass die Beklagte zu 1 über diesen langen Zeitraum ihre fälligen Verbindlichkeiten erfüllt hat. Denn sie war auf Lieferungen angewiesen und hatte durch erhebliche Umsätze auch Einnahmen, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen. In dieser Situation kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte zu 1 zumindest billigend in Kauf nahm, dass die Beklagte zu 1 den Werklohn der Klägerin nicht werde zahlen können. Auf diese Einschätzung der Liquidität der Beklagten zu 1 ist es ohne Einfluss, ob deren Forderungen seit längerem überbewertet worden sind. Denn die zu den Beiakten 909 N 87/01 AG Hannover im Insolvenzverfahren gegebene Bilanz zum 31. Dezember 1999 weist aus, dass sich die Forderungen im Jahre 1999 nur unwesentlich verändert haben. Sie betrugen ca. 1 Mio. DM. Dies ist nur dadurch zu erklären, dass aktuelle Forderungen aus dem Geschäftsjahr 1999 realisiert worden sind und aus diesen die Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1 bezahlt worden sind. Dies genügte offensichtlich, den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Dafür ist es ohne Bedeutung, welchen tatsächlichen Wert die mit ca. 1 Mio. DM in der Bilanz enthaltenen Forderungen tatsächlich hatten. Denn diese wurden für den laufenden Geschäftsbetrieb als liquide Mittel offensichtlich nicht benötigt.

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II.

Es mag sein, dass die Klägerin einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2 gemäß § 823 BGB i. V. m. § 64 Abs. 1 GmbHG hat. Dieser Schadensersatzanspruch geht jedoch nicht auf Ersatz des ausgefallenen Werklohnes, worauf bereits das angefochtene Urteil und der Beklagte in der Berufungserwiderung hingewiesen haben. § 64 GmbHG soll die Gläubiger vor einer Verringerung ihrer Befriedigungsaussichten im Konkurs bewahren. Diesem Zweck entsprechend ist den Gesellschaftsgläubigern aus § 823 Abs. 2 in Verbindung mit § 64 Abs. 1 GmbHG Ersatz für eine Verringerung ihrer Quote an der Konkursmasse infolge verspäteter Konkursantragstellung zugebilligt worden. Über diesen Zweck - Erhaltung des Gesellschaftsvermögens zur Befriedigung der Gläubiger - hinaus erstreckt sich der Schutzbereich des § 64 Abs. 1 GmbHG nicht darauf, Gläubiger einer GmbH davor zu bewahren, mit einer überschuldeten GmbH noch in Geschäftsbeziehung zu treten (BGHZ 100, 19 - 23 m. w. N. ). Deshalb ist für den Ersatz eines Schadens, der nicht über die Quote am Masseerlös eintritt, auch für den Neugläubiger grundsätzlich kein Raum. Einen solchen Quotenschaden hat die Klägerin nicht vorgetragen, was nur zu verständlich ist, denn die im Insolvenzverfahren gegen die Beklagte zu 1 auf sie entfallende Quote ist nicht bekannt, weil das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

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B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10 und 713 ZPO.

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