Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 28.02.2002, Az.: 13 U 185/01
Anspruch eines Werkunternehmers auf Zahlung des Werklohns Zug um Zug gegen Beseitigung der am Werk befindlichen Mängel; Nichtberechtigung des Werkbestellers zur Verweigerung der Abnahme eines mit nur unbedeutenden Mängeln behafteten Werkes; Sofortige Fälligkeit eines Werklohnanspruchs bei grundloser Ablehnung der Abnahme des Werkes; Verstoß der Verweigerung der Abnahme gegen den Grundsatz von Treu und Glauben; Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechts hinsichtlich des Werklohnanspruchs trotz bestehenden Annahmeverzugs des Werkbestellers
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 28.02.2002
- Aktenzeichen
- 13 U 185/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 31056
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2002:0228.13U185.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 12.07.2001 - AZ: 21 O 5784/00
Rechtsgrundlage
- § 641 Abs. 3 BGB
Fundstelle
- BauR 2003, 106 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
...
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Knoke sowie
der Richter am Oberlandesgericht Ulmer und Wiese
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2002
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin werden das Teilurteil des Landgerichts Hannover vom 31. Mai 2001 und das Schlussurteil des Landgerichts Hannover vom 12. Juli 2001 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 6.940,02 EUR nebst 5% Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs- Gesetzes seit dem 27. Juni 2000 sowie weitere 766,94 EUR Zug um Zug gegen Beseitigung der Mängel
eine Leuchtstoffröhre ist auszutauschen, sodass die Hinterleuchtungen einen einheitlichen Farbton haben,
die Köpfe der Schrauben im Rollcontainer dürfen nicht hervorstehen,
das Holz ist auf Fehler zu überprüfen und gegebenenfalls auszubessern,
die Deckplatte des Packtresens ist zu verschrauben,
zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte sich im Hinblick auf die Beseitigung der vorstehend genannten Mängel im Annahmeverzug befindet.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der durch die Ladung der Zeugen zum Termin vom 12. Februar 2002 entstandenen Kosten haben die Klägerin 11% und der Beklagte 89% zu tragen. Die wegen der Ladung der Zeugen entstandenen Kosten haben die Parteien jeweils zur Hälfte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert und Beschwer: 8.677,21 EUR.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist teilweise begründet.
I.
Die Klägerin kann vom Beklagten Zahlung restlicher Vergütung in Höhe von 7.706,96 EUR (15.073,51 DM) verlangen, davon 766,94 EUR (1.500 DM) jedoch nur Zug um Zug gegen Beseitigung der im Tenor aufgezählten Mängel.
1.
Der Restwerklohnanspruch ist fällig.
Der Auftragnehmer ist zur Verweigerung der Abnahme nicht berechtigt, wenn er sich auf ganz unbedeutende Mängel stützt und deshalb die Verweigerung der Abnahme einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Lehnt er die Abnahme grundlos ab, so kann der Unternehmer unmittelbar auf Zahlung des Werklohns klagen. So ist es hier:
Es ist davon auszugehen, dass nur geringfügige Mängel bestehen. Eine Leuchtstoffröhre muss ausgewechselt werden, weil sie in der Lichtfarbe abweicht. Die Schrauben im Rollcontainer sind zu versenken oder so abzudecken, dass sie nicht hervorstehen. Soweit der Beklagte rügt, es seien "diverse Holzkanten abzuschleifen" hat die Klägerin mit Schreiben vom 2. August 2000 erklärt, dass dies erledigt sei; mit Schreiben vom 9. August 2000 hat sie noch angeboten, verschiedene Massivholzecken zu überprüfen bzw. auszuwachsen. Dass insoweit noch ein nennenswerter Mangel besteht, ist dem Vortrag des Beklagten nicht zu entnehmen. Soweit der Beklagte rügt, die Oberflächenstruktur der seitlichen Rückwandpartien unterscheide sich von jener der Möbel und der Pendeltür, ist entsprechend dem Schreiben der Klägerin vom 9. August 2000 davon auszugehen, dass lediglich die mit offenporiger Dickschichtlasur behandelte Rahmenkonstruktion (Rückfront) etwas rauh ist; einen abweichenden Sachverhalt zeigt der Beklagte nicht auf. Soweit die Deckplatte des Packtresens nicht angeschraubt ist, bestreitet der Beklagte nicht, dass die Platte auf Grund ihres Eigengewichts festliegt, und dass die Verschraubung in wenigen Minuten erfolgen kann.
Diese Mängel sind so unbedeutend, dass die Verweigerung der Abnahme gegen Treu und Glauben verstößt. Bei der Würdigung muss auch berücksichtigt werden, dass der Beklagte auf wiederholte Nachbesserungsangebote der Klägerin nicht einging ist und auch im Prozess kein besonderes Interesse an einer Nachbesserung hat erkennen lassen.
Weitere Mängel hat der Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Der Beklagte trägt in der Berufungsinstanz zur näheren Darlegung der behaupteten Mängel nichts vor.
2.
Wegen der von der Klägerin zugestandenen Mängel kann der Beklagte Nachbesserung verlangen.
Zwar befindet der Beklagte sich mit der Entgegennahme der Mängelbeseitigung im Verzug. Die Klägerin bat den Beklagten mit Schreiben vom 9. August 2000 um Mitteilung, wann ihm die Nachbesserung terminlich passe. Mit Anwaltschreiben vom 11. Oktober 2000 ließ sie ihn nochmals auffordern, einen Nachbesserungstermin zu vereinbaren. Sie bot ausdrücklich an, die Arbeiten nach Ladenschluss - in der Nachtzeit ab 23 Uhr - auszuführen. Der Beklagte lehnte die Angebote ohne ausreichende Gründe ab. Die Klägerin hat im Einzelnen dargelegt, dass die Arbeiten in weniger als 4-5 Stunden durchgeführt werden können, ohne das Geschäft auszuräumen. Der Beklagte bringt dagegen nichts Durchgreifendes vor.
Der Umstand, dass der Beklagte sich wegen der Mängelbeseitigung im Annahmeverzug befindet, steht einem Leistungsverweigerungsrecht aber nicht entgegen (h. M: OLG Düsseldorf, NJW 1991, 3040; OLG Hamm, Baurecht 1996, 123, 126; Nicklisch/Weick, 3. Aufl. § 13 Rdnr. 168; a. M: Werner/Pastor, 9. Aufl. Rdnr. 1341, 2531). Dem Interesse der Klägerin, durch den Verzug des Beklagten mit der Entgegennahme der Mängelbeseitigung keine unbilligen Nachteile zu erleiden, wird dadurch Rechnung getragen, dass auf ihren Antrag der Annahmeverzug festzustellen war, sodass die Klägerin vollstrecken kann, ohne zuvor die ihr obliegende Mängelbeseitigung erbringen zu müssen.
Der Höhe nach beträgt das Zurückbehaltungsrecht des Beklagten, ausgehend vom nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Klägerin, dass für die Mängelbeseitigung nicht mehr als 500 DM erforderlich seien, 766,94 EUR ( dreifacher Betrag, § 641 Abs. 3 BGB).
3.
Der restliche Vergütungsanspruch der Klägerin beträgt 7.706,96 EUR (15.073,51 DM).
Die auf eine Endsumme von 16.971,15 DM lautende Rechnung der Klägerin vom 26. Mai 2000 ist um 1.897,64 DM zu kürzen, weil anstatt der insgesamt abgerechneten 90,5 Arbeitsstunden je 79,80 DM zuzüglich Mehrwertsteuer nach dem in der mündlichen Verhandlung unstreitig gewordenen Parteivortrag nur 70 Arbeitsstunden je 79,80 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu Grund zu legen sind. Weitere Einwände gegen die Richtigkeit der Rechnung bringt der Beklagte nicht vor.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, Abs. 1, 96, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Ulmer
Wiese