Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 28.02.2002, Az.: 13 U 189/01

Fehlen der Klagebefugnis eines Vereins zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs bei der Ahndung von Wettbewerbsverstößen; Notwendigkeit einer Darlegung der Zugehörigkeit einer erheblichen Zahl von Gewerbetreibenden zum Verein; Erforderlichkeit einer Vermittlung der Mitgliedschaft in einem der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs verpflichteten Verein durch klagebefugte Verbände oder Vereinigungen; Nichtbestehen einer Beauftragung des Vereins mit der Wahrnehmung der gewerblichen Interessen der Unternehmer; Notwendigkeit einer namentlichen Benennung der Vereinsmitglieder

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
28.02.2002
Aktenzeichen
13 U 189/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 31057
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2002:0228.13U189.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 05.06.2001 - AZ: 18 O 2083/00

Fundstellen

  • GRUR-RR 2002, 312 "zur "erheblichen Zahl von Gewerbetreibenden i.S.d. 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG"
  • NJW-RR 2002, 1469-1470 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 2005, 872 (amtl. Leitsatz)
  • OLGReport Gerichtsort 2002, 183-184

In dem Rechtsstreit
...
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr... sowie
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2002
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 5. Juni 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Der Streitwert wird für die Zeit bis zum 9. Dezember 2001 auf 7.817,65 EUR und für die Zeit ab dem 10. Dezember 2001 auf 4.000 EUR festgesetzt.

Beschwer des Klägers: 4.000 EUR

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger ist ein Verein, der nach seiner Satzung die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder wahrnimmt und den unlauteren Wettbewerb bekämpft. Die Beklagte vertreibt in ihren Einzelhandelsgeschäften in ... Schmuck und Uhren.

2

Der Kläger hat die Beklagte wegen eines Verstoßes gegen das Rabattgesetz auf Unterlassung und auf Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch genommen. Er hat behauptet, dass die Beklagte am 30. November 1999 in ihrem Geschäft am ... einem Kunden einen ... Armreifen mit einem Preisnachlass von 10% und am 22. Dezember 1999 in ihrem Geschäft in der ... eine Herrenarmbanduhr ... mit einem Preisnachlass von 20% verkauft habe. Zur Begründung seiner Klagebefugnis hat der Kläger vorgetragen, dass zu seinen Mitgliedern, neben der Firma ... mit Niederlassung in ..., auch die Firma ... gehöre, die dem Kläger die Mitgliedschaft ihrer Vertragshändler vermittle. Mehrere dieser Vertragshändler betrieben Uhren- und Schmuckgeschäfte in ...

3

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger nicht klagebefugt sei. Mit der Berufung hat der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2001 hat er wegen der Aufhebung des Rabattgesetzes mit Wirkung vom 23. Juli 2001 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

4

Die Berufung ist unbegründet.

5

I.

Nachdem der Kläger den Rechtsstreit einseitig in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, hat der Senat darüber zu entscheiden, ob die Hauptsache tatsächlich wegen der Aufhebung des Rabattgesetzes erledigt ist. Dies ist nicht der Fall, weil die eingereichte Klage mangels Zulässigkeit der Rechtsverfolgung durch den Kläger von Anfang an keinen Erfolg haben konnte. Der Kläger hat nicht dargetan, dass ihm eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren und gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art in ... und den angrenzenden Ortschaften vertreiben (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG).

6

1.

Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat und die Berufung nicht in Zweifel zieht, lässt sich eine "erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden" nicht allein aufgrund der Mitgliedschaft der Firma ... bejahen.

7

2.

Eine vermittelte Mitgliedschaft der Vertragshändler der Firma ... Uhren hat der Kläger nicht ausreichend dargelegt.

8

Eine den Anforderungen des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG genügende mittelbare Mitgliedschaft kann zum einen dann angenommen werden, wenn die Vermittlung der Mitgliedschaft durch Verbände oder Vereinigungen erfolgt, die ihrerseits nach § 13 Abs. 2 UWG klagebefugt sind. Das ist im Hinblick auf die Firma ... nicht der Fall.

9

Zum anderen kann die Mitgliedschaft auch vermittelt werden durch Unternehmen bzw. Organisationen, die selbst nicht nach § 13 Abs. 2 UWG klagebefugt sind; diese müssen dann allerdings von dem Gewerbetreibenden, auf deren Mitgliedschaft der Verband sich beruft, mit der Wahrnehmung ihrer gewerblichen Interessen beauftragt worden sein (vgl. BGH, NJW 2000, 73, 75). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Der Kläger macht geltend, die Firma ... habe ihren Vertragshändlern mitgeteilt, dass sie, die Vertragshändler, sich im Namen der Firma ... an den Kläger wenden könnten, bzw. dass die Firma ... für die Vertragshändler eine Mitgliedschaft beim Kläger eingegangen sei. Dies reicht nicht aus. Eine (mittelbare) Mitgliedschaft der Vertragshändler bei dem Kläger hätte nur angenommen werden können, wenn die Vertragshändler gegenüber der Firma ... eine auf die Wahrnehmung ihrer gewerblichen Interessen gerichtete Erklärung abgegeben hätten. Dafür trägt der Kläger nichts vor.

10

3.

Die Klageberechtigung des Klägers lässt sich auch nicht im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter begründen. Der in einer anderen Wettbewerbssache des Klägers vom Oberlandesgericht Nürnberg ( Urt. v. 24. Juni 1996 - 3 U 576/96 ) vertretenen Auffassung tritt der Senat nicht bei.

11

Der Begründung der Klageberechtigung mit Hilfe eines Vertrags zugunsten Dritter steht der Wortlaut des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG entgegen, wonach eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, dem Verband angehören muss. Gehören die Gewerbetreibenden dem klagenden Verband nicht unmittelbar an, so müssen sie wenigstens zu einem die Mitgliedschaft vermittelnden, nach § 13 Abs. 2 UWG klagebefugten Verband (Vereinigung) oder zu einer die Mitgliedschaft vermittelnden Organisation gehören, die sie mit der Wahrnehmung ihrer gewerblichen Interessen beauftragt haben. Die Klageberechtigung lässt sich indes nicht schon damit begründen, dass im Sinn des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG betroffene Gewerbetreibende ausschließlich aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Verband und einem Verbandsmitglied, also ohne dies selbst begehrt zu haben, zur Inanspruchnahme des Leistungsangebots des Verbands berechtigt sind. Einer derart weiten Auslegung steht nicht nur der Wortlaut des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG entgegen. Sie widerspricht auch dem Zweck der Vorschrift, zu verhindern, dass ein Verein wettbewerbsrechtlich Unterlassungsansprüche im bloßen Gebühreninteresse verfolgt. Denn der Wettbewerbsverein könnte sich mit Hilfe einzelner Mitglieder eine große Anzahl weiterer Mitglieder verschaffen, und seine Klageberechtigung mit dem Hinweis auf solche Gewerbetreibende begründen, die an der Wahrnehmung ihrer Interessen durch einen anderen kein Interesse haben.

12

4.

Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, dass ihm durch den Europaverband der Selbständigen Bundesverband Deutschland die Mitgliedschaft von "über 300 Handwerksinnungen, Landesgewerbeverbänden, Gewerbevereinen, Handels- und Handwerksverbänden, ... sowie von mehr als 350.000 Selbständigen aus allen Bereichen als Einzelmitglieder" vermittelt werde. Der verfassungsrechtliche Grundsatz des rechtlichen Gehörs erfordert es, dass der Kläger seine Mitglieder, mit deren Verbandszugehörigkeit er die Klagebefugnis begründen will, namentlich benennt, damit die Beklagtenseite die Angaben überprüfen kann (vgl. Baumbach/Hefermehl, 22. Aufl., § 13 UWG Rdnr. 23 b mit Nachweisen). Das hat der Kläger, mit dem Hinweis, der Europaverband der Selbständigen Bundesverband Deutschland weigere sich, die Namen der Mitglieder bekannt zu geben, nicht getan.

13

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO.