Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 07.02.2002, Az.: 11 U 241/99
Ausgleichsanspruch ; Handelsvertreter; Darlegungs- und Beweislast; Unternehmervorteile ; Neukundenbeziehungen; Berechnung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 07.02.2002
- Aktenzeichen
- 11 U 241/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 20086
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2002:0207.11U241.99.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - 7 O 46/99
Rechtsgrundlage
- § 89b HGB
Fundstelle
- OLGReport Gerichtsort 2002, 86
Amtlicher Leitsatz
Zur Frage der Darlegungs- und Beweislast, wenn der Prinzipal dem Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters entgegen hält, Unternehmervorteile seien ihm nicht nennenswert im Prognosezeitraum zugeflossen.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11. 861, 97 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 15. Dezember 1996 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges hat der Kläger 38 % und hat die Beklagte 62 % zu tragen.
Von den Kosten der Berufungsinstanz hat der Kläger 39 % und hat die Beklagte 61 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer keiner der Parteien erreicht 20. 000, - EUR.
Gründe
I.
Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das angegriffene Urteil des Landgerichts Lüneburg Bezug genommen.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die Beschlüsse des Senats vom 24. Juli 2000 und vom 7. Januar 2002 sowie die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger seinen Antrag unter Rücknahme der weitergehenden Berufung auf den Betrag reduziert, für den der Senat ihm Erfolgsaussicht mit seinem Begehren auf Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs zugebilligt hatte. Er hat erklärt, Schadensersatz nur noch hilfsweise, nachrangig zum Ausgleich zu begehren.
II.
Die Berufung des Klägers hat in dem noch aufrecht erhaltenen Umfang insgesamt Erfolg.
1. Dem Kläger steht der begehrte Handelsvertreterausgleich zu.
Der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch scheitert nicht daran, dass die Beklagte das Handelsvertreterverhältnis zum Kläger wirksam aus wichtigem Grunde gekündigt hätte.
Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 11. Dezember 1996 erachtet der Senat als unwirksam. Wegen der näheren Begründung wird auf den Senatsbeschluss vom 24. Juli 2000 Bezug genommen.
2. Soweit der Kläger mit seiner Berufung einen Handelsvertreterausgleich in Höhe des mit dem Prozesskostenhilfebeschluss des Senats errechneten Umfanges von 11. 861, 97 EUR (23. 200, - DM) zzgl. 5 % Zinsen seit dem 15. Dezember 1996 geltend macht, hat er damit Erfolg.
Zur Begründung verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf seinen Beschluss vom 7. Januar 2002.
Der Zinsanspruch ergibt sich dabei als kaufmännischer Fälligkeitszins ab dem Tage, an dem die Parteien in der hier vorliegenden speziellen Konstellation wechselseitiger Kündigungen ihre Zusammenarbeit tatsächlich eingestellt haben.
3. Soweit die Beklagte bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs noch berücksichtigt wissen will, bzw. den Anspruch insgesamt damit bekämpft, dass sie nach dem Ausscheiden des Klägers nennenswerte Unternehmervorteile aus den Geschäftsbeziehungen mit vom Kläger gefundenen Neukunden nicht gehabt habe, vermag sie damit nicht durchzudringen. Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Grundlagen dieses Vorbringens trägt sie, denn der Verbleib von Unternehmervorteilen aus Neukundenbeziehungen beim Prinzipal wird grundsätzlich vermutet. Nachdem der Kläger bestritten hat, dass die Beklagte keine Unternehmervorteile gehabt habe, kam es darauf an, ob die Beklagte ihren vorgeschilderten prozessualen Obliegenheiten ausreichend nachgekommen ist. Dies war zu verneinen.
Die Beklagte nimmt auf ihren Schriftsatz vom 6. Juli 1999 Bezug. In diesem Schriftsatz und seinen Anlagen findet sich aber über den Geschäftsverlauf mit den genannten Kunden im Wesentlichen nur für die Restzeit des Jahres 1996 etwas. Für den Geschäftsverlauf während der Dauer des weiteren Prognosezeitraums bis 2001 finden sich keine Angaben im Vortrag der Beklagten. Soweit für einzelne Kunden pauschal behauptet wird, weitere Bestellungen habe es nicht gegeben, findet sich hierfür keinerlei Beleg, geschweige denn ein Beweisangebot, das neben der Benennung leitender Mitarbeiter der Kunden auch zum Beispiel in zeugenschaftlicher Benennung eines etwaigen Nachfolgers des Klägers hätte liegen können. Insgesamt lässt sich dem Vorbringen der Beklagten in jenem Schriftsatz nicht einmal entnehmen, ob die Beklagte das dem Kläger zugewiesene Gebiet weiter durch einen Handelsvertreter hat bearbeiten lassen oder die Kunden selbst intensiv beworben hat, wozu sie im Rahmen des § 242 BGB eine Obliegenheit getroffen hätte, wenn sie sich auf Umsatzrückgänge berufen will.
Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf §§ 92, 515 Abs. III ZPO hinsichtlich der Kosten und auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit.