Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 07.02.2002, Az.: 11 U 117/01

Schadensersatz; Aufrechnungsverbot; Frachtvertrag; Allgemeine Geschäftsbedingungen; Einbeziehung; Bestreiten; Verspätetes Verteidigungsvorbringen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
07.02.2002
Aktenzeichen
11 U 117/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 20084
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2002:0207.11U117.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 7 O 32/01

Amtlicher Leitsatz

Die Einbeziehung von AGB erst 2 Tage vor der mündlichen Verhandlung zu bestreiten, stellt ein verspätetes Verteidigungsvorbringen dar.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Lüneburg vom 15. März 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer der Beklagten beträgt den Gegenwert von 13. 852, 65 DM in Euro.

Gründe

1

I.

Die Parteien streiten um die Aufrechnungsmöglichkeit der Beklagten mit angeblichen Schadensersatzansprüchen aus einem Unfall vom 12. April 2000, die die Beklagte unstreitigen Frachtansprüchen entgegenhält, die die Klägerin im Wege des Factoring geltend macht.

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Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

3

Das Landgericht hat gemeint, die Beklagte sei durch § 406 BGB gehindert, mit den Schadensersatzansprüchen aufzurechnen.

4

Dies hat die Beklagte mit ihrer Berufung bekämpft; wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.

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Dem ist die Klägerin in der Berufungserwiderung vom 21. November 2001 mit der Behauptung entgegen getreten, auch ein Aufrechnungsverbot aus in die Frachtverträge einbezogenen AGB stehe einem Erfolg der Beklagten mit ihrer Aufrechnung entgegen. Erstmals mit Schriftsatz vom 8. Januar 2002, 2 Tage vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, hat die Beklagte die Einbeziehung der AGB in die Verträge in der von der Klägerin geschilderten Weise in Abrede genommen. Zudem hat sie sich darauf berufen, dass das Aufrechnungsverbot unanwendbar sei, weil der Zedent der Klägerin zahlungsunfähig sei, so dass sie ihr Recht nur noch im Wege der Aufrechnung durchsetzen könne.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

7

II.

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg; die Klage ist in dem Umfang, wie sie dem Senat zur Entscheidung angefallen ist, begründet.

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1. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind unstreitig.

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2. Die Beklagte kann hiergegen nicht mit Erfolg mit Gegenansprüchen aus dem Unfallgeschehen vom 12. April 2000 aufrechnen.

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Dabei kann offen bleiben, ob und ggs. in welcher Höhe der Beklagten derartige Ansprüche zustehen.

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Die Beklagte ist an der Aufrechnung durch ein Aufrechnungsverbot gehindert, das in den vertraglichen Beziehungen der Parteien wirksam vereinbart war.

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Die Klägerin hatte mit der Berufungserwiderung vom 21. November 2001 vorgetragen, die Parteien hätten für ihre Frachtverträge die Geltung der VBGL vereinbart, nach deren § 9 die Aufrechnung mit streitigen Forderungen ausgeschlossen sei. Hiervon hatte der Senat auszugehen. Die Beklagte hat die Einbeziehung dieser AGB erst mit Schriftsatz vom 8. Januar 2002, d. h. zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung, bestritten. Dieses Verteidigungsvorbringen war verspätet (§§ 527, 519 Abs. 5, 132 ZPO; vgl. auch BGH III ZR 218/86 v. 17. September 1987). Hätte die Beklagte es früher vorgebracht, hätte der Senat der Klägerin aufgegeben, die früheren Rechnungen ihrer Zedentin an die Beklagte beizubringen, um zu erkunden, ob diese den Aufdruck der Einbeziehung der AGB schon enthielten. Hätte die Beklagte dem nicht widersprochen, wäre jedenfalls für alle nach der ersten unwidersprochen gebliebenen Verwendung auf einer Rechnung durchgeführten Frachtgeschäfte die Einbeziehung der VBGL wirksam vereinbart (vgl. zur erleichterten Möglichkeit der Einbeziehung derartig gängiger AGB BGH NJW-RR 89, 481ff. [BGH 14.12.1988 - I ZR 235/86] ); auf die von der Beklagten geltend gemachte Einbeziehung bei dem mündlichen Abschluss der ersten, der nach dem unbestrittenen Klagevorbringen jeweils einzeln erfolgten Auftragserteilungen bei Beginn der Tätigkeit kommt es hiernach nicht an.

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Wollte man die vorgenannte bei früherem Bestreiten für erforderlich erachtete Auflage nachholen, müsste ein neuer Termin angesetzt werden, da der Klägerin als Zessionarin zur Beibringung der alten - an sich vom Rechtsstreit nicht betroffenen - Rechnungen zumindest eine Frist von zwei Wochen hätte gesetzt werden müssen, was eine neue mündliche Verhandlung erfordert und den Rechtsstreit verzögert hätte.

14

Das Aufrechnungsverbot aus § 9 VBGL ist auch wirksam. Ein Aufrechnungsverbot wie das vorliegende, das die Aufrechnung mit unstreitigen oder titulierten Forderungen nicht ausgeschlossen wird, ist grundsätzlich wirksam.

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Die Beklagte ist im Streitfall an das Aufrechnungsverbot nicht etwa dadurch nicht mehr gebunden, weil der Zedent der Klägerin inzwischen insolvent geworden ist. Zwar kann ein Aufrechnungsverbot dann unanwendbar sein, wenn der Aufrechnungsgegner insolvent geworden ist und die Berufung auf das Verbot darauf hinausliefe, dass der Inhaber der Aufrechnungsforderung keine Erfüllung seines Anspruchs mehr erlangen kann (vgl. BGH TranspR 1987, 287ff. ). So könnte es hier zwar liegen. Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer solchen Situation ist aber im Streitfall die Beklagte, die sich zu ihren Gunsten darauf beruft. Die Beklagte legt aber nicht mit Substanz dar, dass beim Zedenten Insolvenz eingetreten sein soll. Sie legt damit insb. nicht mit Substanz dar, dass vom Zedenten Erfüllung ihrer Gegenforderungen nicht zu erlangen sei. Aus der von der Beklagten ins Feld geführten Angabe des erstinstanzlich am 28. März 2001 zeugenschaftlich vernommenen Zedenten, er habe sein Geschäft im Dezember 2000 aufgegeben, folgt nämlich nicht die Undurchsetzbarkeit einer etwaigen Forderung oder die Erschwerung von deren Durchsetzbarkeit im Klagewege gegenüber der Zeit vor der Geschäftsaufgabe, weil der Zedent immer (nur) in Person als Schuldner für die Erfüllung der Forderung zur Verfügung stand.

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Zudem hätte auch die bei Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten erforderliche Vernehmung des Zeugen ....... einen neuen Termin erforderlich gemacht und damit den Rechtsstreit verzögert. Ihre späte und § 132 ZPO missachtende Antwort auf die vom 21. November stammende Berufungserwiderung hat die Klägerin schließlich nicht entschuldigt, so dass zu präkludieren war.

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III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit und auf § 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten.

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Zur Zulassung der Revision hat der Senat keinen Anlass gesehen. Auch die Parteien haben insoweit nichts vorgetragen, das zu anderer Beurteilung Anlass gegeben hätte.

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