Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.07.1998, Az.: VII 578/97
Steuerbegünstigung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus; Förderungsversagung wegen Objektverbrauchs
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 21.07.1998
- Aktenzeichen
- VII 578/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 11322
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1998:0721.VII578.97.0A
Rechtsgrundlagen
- § 10 e EStG
- § 7 b EStG
- § 82 a EStDV
- § 34 f EStG
Tenor:
Unter Änderung des Steuerbescheids vom 27. Januar 1997 und
des Einspruchsbescheids vom 16. September 1997 wird die Einkommensteuer auf 15.604,00 DM herabgesetzt.
Der Beklagte trägt die Kosten.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor entsprechende Sicherheit leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden.
Im Streit steht, ob die Kläger für das Streitjahr die von ihnen begehrte Steuerbegünstigung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus (§ 10 e EStG) erhalten können oder aber eine Förderung wegen Objektverbrauch nicht mehr in Betracht kommt.
Im Rahmen einer Erbauseinandersetzung erwarb der Kläger in 1967 das seinerzeit als in L...bezeichnete und heute unter der Anschrift L...geführte Grundstück. In 1968 wurde am Grundstück ein Ausbau fertig gestellt. Die Kläger beantragten hierfür die Förderung nach § 7 b EStG, die sie auch erhielten. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
Aus einer zu den Steuerakten genommenen Abschreibungstabelle ergibt sich, daß für einen als Ausbau am Grundstück bezeichneten Vorgang ab 1973 eine weitere Förderung erfolgt ist. Bemessungsgrundlage war ein Betrag von 6.991,00 DM, der Abschreibungsbetragbetrug 5 % hiervon folglich 350,00 DM.
Für ein im Streitjahr fertig gestelltes neues Objekt beantragten die Kläger im Rahmen der Einkommensteuererklärung 1995 die Förderung nach § 10 e Abs. 1 EStG. Der Beklagte versagte die Vergünstigung, weil er vom Objektverbrauch im Sinne des § 10 e Abs. 4 EStG ausging. Die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nach § 7 b EStG für die zweite Fördermaßnahme 1973 werde durch die Abschreibungstabelle dokumentiert. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs trete Objektverbrauch auch dann ein, wenn ein Steuerpflichtiger die Förderung ohne entsprechenden Antrag erhalten habe, sich die Steuervergünstigung auf die Festsetzung ausgewirkt habe und die entsprechende Steuerfestsetzungen durch den Steuerpflichtigen nicht angefochten seien.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage begründen die Kläger im wesentlichen wie folgt: In 1973 seien im Hause lediglich die Türen ausgewechselt worden und neue Fußböden gelegt worden. Dies werde durch die Belege dokumentiert, die in der mündlichen Verhandlung dem Gericht übergeben wurden. Damit habe tatsächlich kein Ausbau oder Umbau am Hause seinerzeit stattgefunden. Möglicherweise sei seinerzeit eine Förderung nach § 82 a EStV klägerseits beantragt worden und vom Finanzamt (FA) versehentlich als Förderung nach § 7 b EStG gewertet worden. Im übrigen sei aus den Steuerbescheiden, die sie in den 70er Jahren erhalten hätten, nicht ersichtlich gewesen, daß ihnen das FA eine zusätzliche Förderung nach § 7 b EStG gewährt habe. So sei in den Steuerbescheiden für 1977 und 1978 jeweils lediglich ein Verlust bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung von 1.271,00 DM ausgewiesen.
Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung dem Gericht die Original-Steuerbescheide für 1977 und 1978 zur Einsicht vorgelegt. Hieraus ergibt sich, daß als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung jeweils ein Verlustbetrag von 1.271,00 DM berücksichtigt ist. Eine Erläuterung, wie sich der Betrag zusammensetzt, ist aus den Steuerbescheiden nicht ersichtlich.
Die Kläger beantragen,
den Förderbetrag von 19.800,00 DM gem. § 10 e Abs. 1 EStG bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen und zusätzlich die Steuerentlastung nach § 34 f EStG in Höhe von 2.000,00 DM zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält daran fest, daß Objektverbrauch eingetreten sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wie sie beispielhaft im Urteil vom 8. März 1994 IX R 12/90, BFH/NV 1994, 785, zum Ausdruck komme, trete Objektverbrauch auch dann ein, wenn erhöhte Absetzungen in der Vergangenheit ohne einen entsprechenden Antrag des Steuerpflichtigen gewährt worden seien und sich diese auf die Steuerfestsetzung ausgewirkt hätten. Die Gewährung der Sonderabschreibungen werde durch die Abschreibungstabelle in der Steuerakte dokumentiert. Dabei können es sich - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht um einen Fördermaßnahme nach § 82 a EStDV handeln. Zu berücksichtigen sei nämlich, daß im Jahre 1973 das Haus der Kläger nach § 82 a EStDV nicht förderungswürdig gewesen sei. Eine Förderung sei seinerzeit nur für Gebäude möglich gewesen, die vor der Währungsreform angeschafft oder hergestellt worden seien.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte. Dem Gericht haben die beim Beklagten für die Kläger geführte Einkommensteuerakte Band IV zu St.-Nr.:...sowie die für das Grundstück...geführte Einheitswertakte vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Den Klägern steht die begehrte Steuervergünstigung nach § 10 e EStG zu. Dies hat zur Folge, daß ihnen auch die Steuerermäßigung nach § 34 f EStG zukommt.
Die steuerliche Förderung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus kann vom Steuerbürger grundsätzlich nur für ein Objekt in Anspruch genommen werden. Bei Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, ist die Inanspruchnahme auf insgesamt 2 Objekte begrenzt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Steuerbegünstigung nach § 10 e EStG oder aber nach den Vorläufervorschriften des § 7 b EStG erfolgt (vgl. § 10 e Abs. 4 EStG).
Daß die Kläger erstmals ab dem Jahre 1968 die Förderung nach § 7 b EStG erhielten, ist unbestritten. Eine zweite Fördermaßnahme müssen sich die Kläger nicht anrechnen lassen. Zwar dokumentiert die in den Steuerakten enthaltene Abschreibungstabelle, daß ab dem Jahr 1973 ein Ausbau am Objekt...mit Gesamtherstellungskosten von 6.991,00 DM über 8 Jahre gefördert worden sei. Dies allein führt jedoch nicht zum Objektverbrauch. Einerseits ist zu berücksichtigen und durch die von den Klägern dem Gericht vorgelegten Belege dokumentiert, daß in 1973 tatsächlich weder ein Ausbau noch eine Erweiterung des Gebäudes stattgefunden hat. Weder die Erneuerung von Innentüren noch der Fußböden war nach § 7 b EStG steuerbegünstigt, deshalb erscheint der Vortrag der Kläger auch glaubhaft, sie hätten keinen derartigen Antrag gestellt. Ein solcher Antrag wäre zudem unter Berücksichtigung der erzielbaren Steuervergünstigung bei einem Gesamtvolumen von 6.991,00 DM äußerst unvernünftig gewesen.
Die Kläger müssen sich nicht entgegenhalten lassen, daß der Beklagte dennoch die Förderung nach § 7 b EStG vorgenommen hat. Im Gegensatz zu der vom FA zitierten Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 8. März 1994 war für die Kläger aus den Steuerfestsetzungen nicht ersichtlich, daß das FA ihnen eine derartige Förderung gewährt. Die exemplarisch für die Jahre 1977 und 1978 vorgelegten Steuerbescheide weisen lediglich in einer Gesamtsumme einen negativen Betrag bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus. Dieser setzt sich zusammen aus zwei Förderbeträgen nach § 82 a EStDV und der in Rede stehenden Förderung nach § 7 b EStG. Seine Zusammensetzung läßt sich aber nur anhand der Steuerakten nachvollziehen. Aus den Steuerbescheiden selbst ist er nicht erklärbar. Wußten die Kläger aber nicht um eine vom Beklagten vorgenommene Förderung nach § 7 b EStG, so konnten sie eine derartige Förderung auch nicht dadurch verhindern, daß sie die entsprechenden Steuerfestsetzungen anfochten.
Da die Herstellungskosten des in 1995 errichteten Objekts erkennbar mehr als 330.000,00 DM ausmachen, steht den Klägern die Höchstförderung nach § 10 e Abs. 1 EStG zu. Für die beiden Kinder der Kläger ist die Steuerermäßigung nach § 34 f Abs. 3 EStG in Höhe von 2.000,00 DM zu berücksichtigen.
Die Steuerfestsetzung ändert sich wie folgt:
Zu versteuerndes Einkommen bisher | 106.862,00 DM |
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Abzüglich Förderbetrag nach § 10 e EStG | 19.800,00 DM |
Zu versteuerndes Einkommen | 87.062,00 DM |
Steuer lt. Splittingtabelle | 18.218,00 DM |
Ab Ermäßigung nach § 34 f EStG | 2.000,00 DM |
Ab Ermäßigung nach § 34 g EStG | 614,00 DM |
Festzusetzende Einkommensteuer | 15.604,00 DM. |
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.