Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.05.2009, Az.: 4 LC 653/07
Erstattung von Fahrgeldausfällen wegen unentgeltlicher Beförderung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Personennahverkehr; Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Erstattungsregelung des § 148 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX)
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 26.05.2009
- Aktenzeichen
- 4 LC 653/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 14754
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2009:0526.4LC653.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 26.06.2007 - AZ: 13 A 3349/06
- nachfolgend
- BVerwG - 18.03.2010 - AZ: BVerwG 3 C 26.09
Rechtsgrundlagen
- § 145 Abs. 1 SGB IX
- § 145 Abs. 2 SGB IX
- § 148 Abs. 1 SGB IX
- § 148 Abs. 4 SGB IX
- § 148 Abs. 5 S. 1 SGB IX
- Art. 3 Abs. 1 GG
- Art. 12 Abs. 1 GG
Fundstelle
- NdsVBl 2009, 286-289
Amtlicher Leitsatz
Die Regelung der Erstattung der Fahrgeldausfälle im Personennahverkehr wegen der unentgeltlichen Beförderung schwerbehinderter Menschen nach § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX ist verfassungsgemäß.
Erstattung der Fahrgeldausfälle nach § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Fahrgeldausfällen wegen der unentgeltlichen Beförderung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Personennahverkehr.
Sie betreibt den öffentlichen Personennahverkehr auf C. mittels einer Kleineisenbahnlinie und zweier Buslinien. Mit Schreiben vom 20. April 2006 beantragte sie bei dem Beklagten die Erstattung der Fahrgeldausfälle wegen der unentgeltlichen Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr gemäß § 148 SGB IX für das Kalenderjahr 2005 sowie die Festsetzung der Vorauszahlung für das Kalenderjahr 2006. Nach einem dem Antrag beigefügten Nachweis der Klägerin betrugen ihre Fahrgeldeinnahmen im Kalenderjahr 2005 1.882.285 EUR. Aus der von der Klägerin nachgereichten Auflistung der Fahrgastzählungen in der 7. bis 9., 14. bis 16., 30. bis 32. sowie 45. bis 47. Kalenderwoche des Jahres 2005 ergab sich, dass sie in diesen Zeiträumen insgesamt 21.549 Personen entgeltlich sowie insgesamt 1.404 schwerbehinderte Fahrgäste unentgeltlich befördert hatte. Der Prozentsatz der unentgeltlich beförderten schwerbehinderten Personen betrug damit 6,52 %.
Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 16. Mai 2006 die Erstattung der Fahrgeldausfälle der Klägerin für das Kalenderjahr 2005 auf 106.537,33 EUR fest. Das entsprach 5,66 % der von der Klägerin angegebenen Fahrgeldeinnahmen. Abzüglich der für das Kalenderjahr 2005 bereits geleisteten Vorauszahlungen aus Bundesmitteln in Höhe von 3.937 EUR sowie aus Landesmitteln in Höhe von 104.839 EUR errechnete der Beklagte eine Überzahlung aus Bundesmitteln in Höhe von 783,50 EUR sowie aus Landesmitteln in Höhe von 1.455,17 Euro für das Jahr 2005. Außerdem setzte er in dem Bescheid nach Verrechnung mit den Überzahlungen für das Jahr 2005 Vorauszahlungen zum 15. Juli 2006 in Höhe von 477,50 EUR aus Bundesmitteln und 39.897,83 EUR aus Landesmitteln sowie weitere Vorauszahlungen zum 15. November 2006 in Höhe von 1.261 EUR aus Bundesmitteln und 41.354 EUR aus Landesmitteln fest. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Berechnungsgrundlage des Erstattungsanspruchs für die unentgeltliche Beförderung von schwerbehinderten Menschen ergebe sich aus § 148 Abs. 2 und 4 SGB IX. Danach sei von den Fahrgeldeinnahmen der für das jeweilige Kalenderjahr vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit bekannt gegebene Prozentsatz zu erstatten. Dieser betrage 2,59 % für das Kalenderjahr 2005. Daneben bestehe die Möglichkeit, nach § 148 Abs. 5 SGB IX durch Verkehrszählung einen höheren Prozentsatz beförderter schwerbehinderter Menschen nachzuweisen. Übersteige der Anteil der von dem Unternehmen beförderten schwerbehinderten Menschen den festgesetzten Prozentsatz um mindestens ein Drittel, so werde zusätzlich der nachgewiesene, über dem Drittel liegende Anteil erstattet. Der Erstattungsbetrag sei gemäß § 151 Abs. 1 SGB IX zum Teil vom Bund und zum Teil vom Land Niedersachsen zu tragen. Der Landesanteil betrage dabei 97,04 % und der Bundesanteil 2,96 %. Auf Antrag des Unternehmers seien gemäß § 150 Abs. 2 SGB IX auch Vorauszahlungen für das laufende Kalenderjahr in Höhe von 80 % des zuletzt festgesetzten Erstattungsbetrages zu zahlen. Die Vorauszahlungen seien gemäß § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB IX je zur Hälfte am 15. Juli und am 15. November des laufenden Jahres auszuzahlen.
Die Klägerin hat am 19. Juni 2006, einem Montag, Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass § 148 Abs. 5 SGB IX in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung verfassungswidrig sei, soweit der von den Verkehrsunternehmen individuell ermittelte Prozentsatz für die Berechnung der Erstattung der Fahrgeldausfälle nunmehr um einen Selbstbehalt in Höhe von einem Drittel des nach § 148 Abs. 4 SGB IX festgesetzten Prozentsatzes gekürzt werde. Die vor dem Inkrafttreten dieser Fassung des § 148 Abs. 5 SGB IX geltende Regelung der individuellen Erstattung, die eine solche Kürzung nicht vorgesehen habe, sei seinerzeit als Härteklausel zunächst in das Schwerbehindertengesetz eingefügt worden, um verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf eine übermäßige Belastung von Unternehmen, die typischerweise überdurchschnittlich viele Schwerbehinderte beförderten, auszuräumen. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 17. Oktober 1984 eine Erstattung der Fahrgeldausfälle ohne Härteklausel als Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG angesehen. Dabei habe das Bundesverfassungsgericht auf den damals bereits vorliegenden Gesetzentwurf mit einer Härteklausel ohne Kürzung um ein Drittel als verfassungsgemäße Lösung hingewiesen. Es stelle eine Fehlinterpretation dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dar, wenn man meine, dieses Drittel nicht kompensieren zu müssen. Denn dann bleibe die vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig qualifizierte Sonderbelastung einer bestimmten Gruppe von Verkehrsunternehmen bestehen. Diese Sonderbelastung werde als solche auch nicht dadurch beseitigt, dass der Schwellenwert für die individuelle Abrechnung gesenkt worden sei. Die Kürzung der Erstattung um ein Drittel des vom Land festgesetzten Prozentsatzes stelle daher eine sachlich nicht gerechtfertigte Sonderbelastung der Verkehrsunternehmen dar, die überdurchschnittlich viele schwerbehinderte Menschen beförderten. Zur weiteren Begründung der Verfassungswidrigkeit des § 148 Abs. 5 SGB IX n. F. beziehe sie sich auf ein Gutachten von Prof. Dr. Jarass aus dem Jahr 2006. Die Regelung des § 148 Abs. 5 SGB IX müsse daher dahingehend verfassungskonform ausgelegt werden, dass Verkehrsunternehmen, die nachwiesen, dass das Verhältnis zwischen den unentgeltlich beförderten schwerbehinderten Personen und den sonstigen Fahrgästen den nach § 148 Abs. 4 SGB IX festgesetzten Prozentsatz um mindestens ein Drittel übersteige, eine Erstattung nach dem vollen nachgewiesenen Prozentsatz erhielten. Falls das Gericht eine derartige verfassungskonforme Auslegung mit dem Wortlaut der Regelung nicht für vereinbar halte, müsse es das Verfahren aussetzen und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der Regelung einholen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2006 aufzuheben, soweit ihr Erstattungsantrag abgelehnt worden ist und die Vorauszahlungen entsprechend reduziert worden sind, und den Beklagten zu verpflichten, ihr für das Abrechnungsjahr 2005 zusätzliche Erstattungszahlungen gemäß § 148 SGB IX in Höhe von 16.187,65 EUR und zusätzliche Vorauszahlungen für das Jahr 2006 in Höhe von 12.921 EUR, jeweils zuzüglich Prozesszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit, zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und erwidert, bei der Festsetzung der Erstattung für das Jahr 2005 sowie der Vorauszahlungen für das Jahr 2006 sei § 148 Abs. 4 und 5 SGB IX in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung korrekt angewandt worden. Die Neufassung des § 148 Abs. 5 SGB IX verstoße auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz eröffne dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von öffentlichen Leistungen einen weiten Ermessensspielraum, der bei der Änderung der Erstattungsregelung nicht überschritten worden sei. Der in § 148 Abs. 5 SGB IX n. F. vorgesehene Selbstbehalt beseitige eine Besserstellung von Unternehmen, die eine Erstattung nach § 148 Abs. 5 SGB IX verlangen könnten, gegenüber Unternehmen, bei denen der individuell ermittelte Prozentsatz der beförderten schwerbehinderten Personen den landesweit festgesetzten Prozentsatz um etwas weniger als ein Drittel übersteige, die also für die Differenz zwischen dem landesweit festgesetzten Prozentsatz und dem individuell ermittelten Prozentsatz keine Erstattung beanspruchen könnten. Der Gesetzgeber dürfe sich auf eine typisierende Abgeltung der Fahrgeldeinbußen beschränken. Eine Erstattung in Höhe der tatsächlichen Fahrgeldausfälle sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Neufassung des § 148 Abs. 5 SGB IX bewirke auch keine unverhältnismäßige Belastung der Unternehmen, die überdurchschnittlich viele schwerbehinderte Menschen beförderten. Vielmehr sei der Kreis der Unternehmen, die die individuelle Erstattung beanspruchen könnten, durch die Änderung der Berechnungsformel für die Festsetzung des allgemeinen Erstattungsprozentsatzes in § 148 Abs. 4 SGB IX zum 1. Januar 2005 erweitert worden. Seitdem werde bei der Berechnung des Landesprozentsatzes nur noch die Hälfte der Schwerbehindertenausweise, bei denen die Notwendigkeit einer ständigen Begleitung eingetragen sei, berücksichtigt. Für das Land Niedersachsen habe das zur Folge gehabt, dass der Landesprozentsatz von 3,63 % im Jahr 2004 auf 2,59 % im Jahr 2005 gesunken sei. Damit sei auch die Drittel-Grenze gesunken, ab der Unternehmen, die überdurchschnittlich viele schwerbehinderte Menschen beförderten, die individuelle Erstattung nach § 148 Abs. 5 SGB IX verlangen könnten, so dass die Unternehmen nunmehr eine individuelle Berechnung ihres Erstattungsanspruchs unter erleichterten Voraussetzungen geltend machen könnten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 26. Juni 2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Für die vorliegende Erstattungsstreitigkeit sei gemäß § 150 Abs. 7 Satz 2 SGB IX der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Die fristgerecht erhobene Klage habe jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin stehe kein Erstattungsanspruch zu, der über die in dem Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2006 festgesetzten Leistungen hinausgehe. Der Beklagte sei gemäß § 150 Abs. 3 Satz 1 SGB IX i.V.m. den dazu ergangenen Beschlüssen der Niedersächsischen Landesregierung vom 13. Juli und 16. November 2004 (Nds. MBl. 2004, S. 689) und dem Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit vom 3. November 2004 (Nds. MBl. 2004, S. 767) für die Festsetzung der Erstattung der Fahrgeldausfälle im Nahverkehr zuständig. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass es sich bei den Buslinien und der Kleineisenbahnlinie der Klägerin auch um öffentlichen Personennahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX handele. Der Beklagte habe bei der Festsetzung des Erstattungsanspruchs für das Jahr 2005 zudem § 148 Abs. 4 und 5 SGB IX rechtlich und rechnerisch zutreffend angewandt. Die Klägerin habe durch Fahrgastzählungen einen Prozentsatz schwerbehinderter Fahrgäste von 6,52 % nachgewiesen. Da der pauschale Landesprozentsatz nach § 148 Abs. 4 SGB IX im Land Niedersachsen im Jahr 2005 2,59 % betragen habe, sei von dem individuell ermittelten Prozentsatz ein Drittel des Landesprozentsatzes, also 0,86 %, gemäß § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX abzuziehen gewesen. Der Beklagte sei daher in dem Bescheid vom 16. Mai 2006 zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin nur einen Erstattungsbetrag in Höhe von 5,66 % ihrer Fahrgeldeinnahmen verlangen könne. Der bei dieser Berechnung gemäß § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX abgezogene Selbstbehalt von einem Drittel des Landesprozentsatzes sei auch nicht verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht habe zwar in seinem Beschluss vom 17. Oktober 1984 (1 BvL 18/82 u. a.) zum Ausdruck gebracht, dass die später in § 60 des Schwerbehindertengesetzes eingefügte Härteklausel, die einen solchen Selbstbehalt nicht enthalten habe, geeignet gewesen sei, den bis dahin verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Daraus lasse sich aber nicht der Schluss ziehen, dass diese auch in § 148 Abs. 5 SGB IX a. F. enthaltene Härteklausel die einzig denkbare verfassungsmäßige Regelung darstelle. Zur Herstellung verfassungsmäßiger Zustände müsse der Gesetzgeber nicht um die vollständige Gleichbehandlung aller denkbaren Einzelfälle besorgt sein. Er dürfe vielmehr generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden, ohne durch die damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitssatz zu verstoßen. Es sei hier daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den Verkehrsunternehmern keine Erstattung in Höhe der tatsächlich entstandenen Fahrgeldausfälle zuspreche, sondern die Erstattungssumme nach einem Prozentsatz der nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen berechne. Der Gesetzgeber sei deshalb auch bei den Verkehrsunternehmen, die überdurchschnittlich viele schwerbehinderte Menschen beförderten, nicht verpflichtet, den vollen Fahrpreisausfall auf der Grundlage einer fiktiven Beförderung unter Nutzung eines Einzelfahrscheins zu erstatten. Wegen des im öffentlichen Personennahverkehr hohen Anteils der Fixkosten (Personal, Transportmittel) an den Gestehungskosten und der hieraus folgenden Abhängigkeit der relativen Beförderungskosten je Fahrgast von der Auslastung könne in diesem Bereich nicht durchweg von gleichbleibenden absoluten Aufwendungen je befördertem Fahrgast ausgegangen werden. Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des § 148 Abs. 5 SGB IX müsse ferner berücksichtigt werden, dass die Kombination der pauschalisierten Regelerstattung nach § 148 Abs. 4 SGB IX und der zusätzlichen Erstattung in Härtefällen nach § 148 Abs. 5 SGB IX dazu führe, dass der Selbstbehalt um so größer ausfalle, je höher der landesweit festgesetzte Prozentsatz nach § 148 Abs. 4 SGB IX liege. Aufgrund des im Jahr 2005 für das Land Niedersachsen geltenden Landesprozentsatzes nach § 148 Abs. 4 SGB IX in Höhe von 2,59 % betrage der Selbstbehalt für dieses Kalenderjahr nur 0,86 % der Fahrgeldeinnahmen. Ein Selbstbehalt in dieser Höhe stelle eine geringfügige und damit verhältnismäßige Mehrbelastung der davon betroffenen Unternehmen dar, zumal dessen relatives Gewicht mit der Zahl beförderter schwerbehinderter Menschen sinke. Dieser niedrige Selbstbehalt sei darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber die Berechnungsmethode für den Landesprozentsatz verändert habe. Dies habe im Land Niedersachsen zur Folge gehabt, dass der Landesprozentsatz, der im Jahr 2004 noch 3,63 % betragen habe, im Jahr 2005 auf nur noch 2,59 % gesunken sei. Durch die Absenkung des Landesprozentsatzes würden indirekt die Unternehmen begünstigt, die überdurchschnittlich viele schwerbehinderte Menschen beförderten, weil dadurch auch die Ein-Drittel-Grenze gesunken sei, ab der die Unternehmen den zusätzlichen Erstattungsanspruch nach der Härteklausel des § 148 Abs. 5 SGB IX in Anspruch nehmen könnten. So sei die Härtefallgrenze nach § 148 Abs. 5 SGB IX im Jahr 2004 erst bei einem durch Verkehrszählung nachgewiesenen Prozentsatz in Höhe von 4,84 %, im Jahr 2005 dagegen schon bei einem Prozentsatz von 3,45 % überschritten gewesen. Mit den Verkehrszählungen zur Ermittlung des individuellen Prozentsatzes schwerbehinderter Fahrgäste sei auch kein unzumutbarer Kostenaufwand verbunden, so habe die Klägerin nur in zwölf Kalenderwochen des Jahres 2005 Fahrgastzählungen durchführen müssen. Die Einfügung des Selbstbehalts in § 148 Abs. 5 SGB IX n. F. führe schließlich auch nicht zu einem Systembruch zwischen individueller und pauschaler Erstattung. Auch die Individualerstattung nach § 148 Abs. 5 SGB IX a. F. habe pauschalierende Elemente enthalten. Durch die Neufassung von § 148 Abs. 4 und Abs. 5 SGB IX habe der Gesetzgeber die Fahrgelderstattung für alle Verkehrsunternehmen beschränkt. Die Entlastung der öffentlichen Haushalte stelle einen legitimen Gemeinwohlbelang dar. Zwar reiche das fiskalische Bemühen, Ausgaben zu sparen, für sich genommen in aller Regel nicht aus, um eine differenzierende Behandlung verschiedener Personengruppen nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen. § 148 Abs. 5 SGB IX n.F. führe jedoch nicht zu einer spürbaren Benachteiligung von Unternehmen, die überdurchschnittlich viele Schwerbehinderte beförderten. Da die betriebsbedingten Kosten der Verkehrsunternehmen sich nicht proportional zum Anteil der beförderten Schwerbehinderten veränderten, sondern maßgeblich von anderen Faktoren, wie den Fixkosten oder der Auslastung der Verkehrslinien, geprägt seien, sei der Gesetzgeber nicht gehalten, ein Erstattungssystem zu schaffen, bei dem sich der Erstattungsbetrag gleichbleibend streng proportional am Anteil der unentgeltlich beförderten schwerbehinderten Fahrgäste orientiere. Zudem handele es sich bei den Unternehmen, die überdurchschnittlich viele Schwerbehinderte beförderten, sowie den sonstigen Verkehrsunternehmen, die durchschnittlich viele Schwerbehinderte beförderten, nicht jeweils um statische Gruppen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und am 14. August 2007 eingelegte Berufung der Klägerin. Zu deren Begründung führt die Klägerin an, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Verfassungswidrigkeit des sogenannten Selbstbehalts gemäß § 148 Abs. 5 SGB IX verneint. Die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 17. Oktober 1984 beurteilte Regelung der Fahrgelderstattung habe einen solchen Selbstbehalt nicht enthalten. Das Bundesverfassungsgericht habe eine Härteklausel ohne Selbstbehalt als geeignet angesehen, den verfassungswidrigen Zustand der überdurchschnittlichen Belastung der Verkehrsunternehmen mit einem deutlich über dem Landesdurchschnitt liegenden Prozentsatz unentgeltlicher Beförderungen zu beseitigen. Es spreche deshalb vieles dafür, dass das Bundesverfassungsgericht gerade auch den Ausgleich des Drittels, das nach der neuen Regelung abgezogen werde, als ein wesentliches Merkmal der Verfassungsmäßigkeit einer Härteklausel angesehen habe. Die Härteklausel mit Selbstbehalt gemäß der Neufassung des § 148 Abs. 5 SGB IX führe zu einer unzumutbaren und damit unverhältnismäßigen Belastung der davon betroffenen Verkehrsunternehmen. Der Selbstbehalt sei zwar mit 0,86 % im Jahr 2005 relativ niedrig gewesen. Auch möge der Hinweis des Verwaltungsgerichts, dass dessen Gewicht in Relation zu den einzelnen schwerbehinderten Fahrgästen mit deren steigender Zahl sinke, die Sonderbelastung insofern relativieren. Dies ändere jedoch nichts an der Sonderbelastung als solcher. Durch die Reduzierung der Erstattung um den auf das Drittel entfallenden Anteil würden die davon betroffenen Unternehmen belastet und gegenüber den anderen Unternehmen ohne sachlichen Grund ungleich behandelt. Dabei bedeute schon die Voraussetzung für die individuelle Erstattung, dass der Landesprozentsatz um mindestens ein Drittel überschritten sein müsse, eine erhebliche Belastung für die Unternehmen, die überdurchschnittlich viele unentgeltliche Beförderungen leisteten. Die Sonderbelastung durch den Selbstbehalt entfalle auch nicht dadurch, dass die Berechnung des Landesprozentsatzes geändert worden sei. Denn zum einen würden dadurch der Landesprozentsatz und damit die pauschale Erstattung gesenkt, wodurch die Belastung der Verkehrsunternehmen allgemein steige, und zum anderen bleibe die Sonderbelastung bestehen, auch wenn die Härteklausel nun gewissermaßen eher zur Anwendung komme. Ferner liege hier ein Systembruch vor, der zur Verfassungswidrigkeit der Erstattungsregelung führe, weil ein sachlicher Grund für die Vermengung der pauschalen mit der individuellen Erstattung fehle. Diese Vermengung bestehe darin, dass generell keine Erstattung in Höhe des Selbstbehalts geleistet werde. Die Einsparung öffentlicher Mittel reiche nicht zur Rechtfertigung dieses Systembruchs. Sofern das Verwaltungsgericht diese Sonderbelastung offenbar dadurch als gerechtfertigt ansehe, dass sich die betriebsbedingten Kosten nicht proportional zum Anteil der beförderten Schwerbehinderten veränderten, sondern maßgeblich von anderen Faktoren, wie den Fixkosten oder der Auslastung der Unternehmen, geprägt seien, sei dies eine vom Verwaltungsgericht nicht näher belegte Annahme. Sie lasse sich schon mit dem Hinweis darauf widerlegen, dass größere Zahlen Schwerbehinderter zum Einsatz größerer Fahrzeuge zwängen und dadurch die Fixkosten stiegen. Ebenso wenig könne der Umstand, dass es sich bei den betroffenen Gruppen von Verkehrsunternehmen nach Meinung des Verwaltungsgerichts nicht um statische Gruppen handele, deren unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Sollte der Klage daher nicht über eine verfassungskonforme Auslegung des § 148 Abs. 5 SGB IX stattgegeben werden können, müsse die Sache dem Bundesverfassungsgericht gemäßArt. 100 Abs. 1 GG vorgelegt werden. Hinsichtlich der mit der Berufung ebenfalls begehrten höheren Vorauszahlungen für das Jahr 2006 habe der Beklagte inzwischen einen endgültigen Bescheid vom 24. Mai 2007 über die Erstattung der Fahrgeldausfälle im Jahr 2006 erlassen. Dadurch sei die Klage aber weder unzulässig noch unbegründet geworden, da die aus dem Selbstbehalt folgende Reduzierung der Vorauszahlung in dem endgültigen Bescheid wegen der erneuten Anwendung des Selbstbehalts fortgesetzt worden sei. Außerdem bestehe ihr Zinsbebegehren fort.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 13. Kammer - vom 26. Juni 2007 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihr für das Jahr 2005 zusätzliche Erstattungsleistungen in Höhe von 16.187,65 EUR und für das Jahr 2006 zusätzliche Vorauszahlungen in Höhe von 12.921 EUR, jeweils zuzüglich Prozesszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit, zu gewähren, und den Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2006 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und erwidert, die Berufung sei bereits unzulässig, soweit mit ihr die Erhöhung der Vorauszahlungen für das Jahr 2006 verfolgt werde, da diese Vorauszahlungen durch den seit dem 28. Juni 2007 bestandskräftigen Bescheid vom 24. Mai 2007 in einer das Klagebegehren übersteigenden Höhe abgerechnet worden seien. Im Übrigen sei die Berufung unbegründet, da die Regelung der Erstattung der Fahrgeldausfälle in § 148 Abs. 5 SGB IX n. F. verhältnismäßig sei. Die über dem Grenzwert von einem Drittel liegenden Beförderungskosten würden in voller Höhe erstattet, obwohl nach der auslastungsorientierten Fixkostenbetrachtung die Kosten je Fahrgast bei zunehmendem Anteil unentgeltlicher Beförderungen nur degressiv anstiegen. Zudem falle der Selbstbehalt relativ gesehen umso geringer aus, je höher der Anteil unentgeltlicher Beförderungen sei. Sollten im Einzelfall die Rahmenbedingungen einer typisierenden auslastungsorientierten Fixkostenbetrachtung nicht gegeben sein, etwa weil der Anstieg der unentgeltlich beförderten Fahrgäste zu einer Erhöhung des Verkehrsangebotes führe, könne dem mit den nach dem Personenbeförderungsgesetz zulässigen Maßnahmen, beispielsweise einer Tariferhöhung, begegnet werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten A und B) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Es kann dahin stehen, ob und inwieweit die Berufung, soweit höhere Vorauszahlungen für das Jahr 2006 begehrt werden, bereits deshalb erfolglos bleiben muss, weil der Beklagte die Erstattung der Fahrgeldausfälle wegen der unentgeltlichen Beförderung schwerbehinderter Menschen für das Jahr 2006 durch den bestandskräftigen Bescheid vom 24. Mai 2007 in einer die Vorauszahlungen, die durch den angefochtenen Bescheid vom 16. Mai 2006 gewährt worden sind, übersteigenden Höhe endgültig geregelt hat. Denn die Klägerin hat jedenfalls keinen Anspruch auf eine höhere endgültige Erstattung für das Jahr 2005 und höhere Vorauszahlungen für das Jahr 2006, als sie in dem Bescheid vom 16. Mai 2006 festgesetzt worden sind, so dass die Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht nicht zu beanstanden ist.
Nach § 145 Abs. 1 und 2 des SGB IX in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens im Sozialrecht vom 21. März 2005 (BGBl. I S. 818) - Fassung 2005 - haben schwerbehinderte Menschen und ihre Begleitpersonen unter den dort im Einzelnen genannten Voraussetzungen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr. Die dadurch entstehenden Fahrgeldausfälle werden nach Maßgabe der §§ 148 bis 150 SGB IX erstattet ( § 145 Abs. 3 SGB IX). Nach § 148 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB IX werden die Fahrgeldausfälle im Nahverkehr nach einem für jedes Bundesland von der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Behörde für jeweils ein Jahr bekannt gegebenen und gemäß § 148 Abs. 4 Sätze 2 bis 4 SGB IX zu berechnenden Prozentsatz der von den Unternehmen nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen erstattet. Weist ein Unternehmen durch Verkehrszählungen jedoch nach, dass das Verhältnis zwischen den unentgeltlich beförderten Fahrgästen und den sonstigen Fahrgästen den nach § 148 Abs. 4 SGB IX festgesetzten Prozentsatz um mindestens ein Drittel übersteigt, wird neben dem sich aus der Berechnung nach § 148 Abs. 4 SGB IX ergebenden Erstattungsbetrag auf Antrag der nachgewiesene, über dem Drittel liegende Anteil erstattet ( § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX). Nach Maßgabe des § 150 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB IX erhalten die Unternehmer auf Antrag zudem Vorauszahlungen für das laufende Kalenderjahr, die je zur Hälfte zum 15. Juli und zum 15. November gezahlt werden.
Der Beklagte hat auf der Grundlage dieser Bestimmungen den Erstattungsbetrag für das Jahr 2005 und die Vorauszahlungen für das Jahr 2006 durch den Bescheid vom 16. Mai 2006 richtig festgesetzt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil gemäß § 130 b Satz 2 VwGO Bezug genommen.
Das Verwaltungsgericht hat auch die im Berufungsverfahren zwischen den Beteiligten allein noch strittige Frage, ob der sogenannte Selbstbehalt bei der Berechnung des Erstattungsanspruchs gemäß § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung verfassungswidrig ist, im Ergebnis zu Recht verneint. Es besteht daher entgegen der Auffassung der Klägerin weder Anlass zu der von ihr gewünschten verfassungskonformen Auslegung dieser Vorschrift noch zu einer Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG.
Nach § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX werden die Fahrgeldausfälle wegen der unentgeltlichen Beförderung schwerbehinderter Menschen im Wege einer sogenannten individuellen Erstattung auf Antrag erstattet, wenn ein Verkehrsunternehmen durch Verkehrszählungen nachweist, dass das Verhältnis zwischen den unentgeltlich beförderten Fahrgästen und den sonstigen Fahrgästen den nach § 148 Abs. 4 SGB IX für die sogenannte pauschale Erstattung allgemein für das jeweilige Bundesland festgesetzten Prozentsatz um mindestens ein Drittel übersteigt. In diesem Fall wird nach § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX neben dem Erstattungsbetrag, der sich aufgrund einer pauschalen Berechnung nach dem gemäß § 148 Abs. 4 SGB IX festgesetzten Landesprozentsatz ergibt, der über dem Drittel liegende Anteil erstattet. Demnach beträgt der Selbstbehalt in den Fällen, in denen das Ergebnis der Verkehrszählung (knapp) unter einem Drittel liegt und in denen es deshalb bei der pauschalen Erstattung nach dem Landesprozentsatz bleibt, bis zu einem Drittel und in den Fällen, in denen das Ergebnis der Verkehrszählung ein Drittel des Landesprozentsatzes übersteigt, genau ein Drittel. Insoweit weicht diese Erstattungsregelung sowohl von der im Übrigen gleichen Erstattungsregelung im Schwerbehindertengesetz in den ab dem 1. April 1984 gültig gewesenen Fassungen als auch von der nachfolgenden Erstattungsregelung in § 148 Abs. 5 SGB IX in den vom 1. Juli 2001 bis zum 31. Dezember 2004 gültig gewesenen Fassungen ab. Denn danach wurde der Berechnung des Erstattungsbetrages auf Antrag der nachgewiesene Prozentsatz in vollem Umfang zugrunde gelegt, wenn der Unternehmer durch Verkehrszählungen nachweisen konnte, dass das Verhältnis zwischen den unentgeltlich beförderten Fahrgästen und den sonstigen Fahrgästen den Landesprozentsatz um mindestens ein Drittel überstieg.
Der Unterschied zwischen der alten und der neuen Erstattungsregelung besteht zusammengefasst darin, dass nach der alten Erstattungsregelung entweder eine pauschale Erstattung in Höhe des Landesprozentsatzes oder - bei einem durch Verkehrszählungen nachgewiesenen Überschreiten der Ein-Drittel-Grenze - eine individuelle Erstattung in vollem Umfang erfolgte, während nach der neuen Erstattungsregelung in allen Fällen eine pauschale Erstattung vorgenommen wird, die bei einem Überschreiten der Ein-Drittel-Grenze durch eine individuelle Erstattung des über dem Drittel liegenden Anteils ergänzt wird. Während also nach der alten Regelung pauschale und individuelle Erstattung sozusagen "nebeneinander" gestellt waren, sind diese Bereiche nach der neuen Regelung "horizontal" voneinander getrennt.
Bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Erstattungsregelung des § 148 SGB IX Fassung 2005 ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 17.10.1984 - 1 BvL 18/82 u. a. -, BVerfGE 68, 155) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 17.1.2003 - 5 B 261.02 -, NVwZ 2003, 866) davon auszugehen, dass der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist, eine zwar nicht völlig ausgeschlossene, aber jedenfalls sowohl für die Verkehrsunternehmen als auch für die Erstattungsbehörden mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbundene (BVerfG, Beschluss vom 17.10.1984, a.a.O.) Erstattung der Fahrgeldausfälle wegen der unentgeltlichen Beförderung schwerbehinderter Menschen in vollem Umfang vorzusehen. Der Gesetzgeber darf die Fahrgeldausfälle vielmehr in der Regel pauschal nach einem für das jeweilige Bundesland allgemein festgesetzten Prozentsatz erstatten und muss eine Härteklausel nur für die Fälle vorsehen, in denen das Verhältnis zwischen den unentgeltlich beförderten Fahrgästen und den sonstigen Fahrgästen den Landesprozentsatz um mindestens ein Drittel übersteigt. Er ist also bis zu dieser Ein-Drittel-Grenze berechtigt, die Fahrgeldausfälle pauschal zu erstatten. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in seinem Beschluss vom 17. Januar 2003 (a.a.O.) unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Oktober 1984 (a.a.O.) Folgendes ausgeführt:
"In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 68, 155 <170>) ist geklärt, dass die Indienstnahme Privater zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe als eine verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenkliche Berufsausübungsregelung zu beurteilen ist, deren Zulässigkeit an Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG zu messen ist. Eine solche Berufsausübungsregelung muss auch Ungleichheiten berücksichtigen, die typischerweise innerhalb des Berufs bestehen, dessen Ausübung geregelt wird. Durch eine insgesamt verfassungsgemäße Berufsausübungsregelung kann Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sein, wenn innerhalb der betroffenen Berufsgruppe nicht nur einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte, wenn auch zahlenmäßig begrenzte Gruppen typischer Fälle ohne zureichende sachliche Gründe wesentlich stärker als andere belastet werden (BVerfG, a.a.O., S. 173). Das Bundesverfassungsgericht hat in der genannten Entscheidung auf dieser Grundlage die Erstattungsregelung in § 60 Abs. 1 und 4 des Schwerbehindertengesetzes 1979 mit der Maßgabe als mit dem Grundgesetz vereinbar erkannt, dass auch für die bis zum 31. März 1984 geltende Erstattungsregelung eine ergänzende Regelung für solche Härtefälle, in denen die betroffenen Verkehrsunternehmen in außergewöhnlichem Umfang schwerbehinderte Fahrgäste ohne finanziellen Ausgleich befördern mussten und dadurch erhebliche Fahrgeldeinbußen zu verzeichnen hatten, vorzusehen gewesen wäre, wie sie der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. April 1984 mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I S. 1532) durch Einfügung eines § 60 Abs. 5 SchwbG geschaffen hatte, dessen Wortlaut § 62 Abs. 5 SchwbG in der im Berufungsverfahren anzuwendenden Fassung entspricht. In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt (a.a.O., S. 171 f.), dass die Beförderungspflicht und ihre Verknüpfung mit einer pauschalen Erstattung der Fahrgeldausfälle als Berufsausübungsregelung den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genügt und eine Erfassung und Anrechnung der tatsächlichen Fahrgeldausfälle von Verfassungs wegen nicht geboten ist, der Gesetzgeber sich vielmehr auf eine typisierende Abgeltung der Fahrgeldeinbußen beschränken kann, wie sie § 62 Abs. 5 SchwbG zur Berücksichtigung eines überdurchschnittlichen Anteils unentgeltlich zu befördernder, schwerbehinderter Fahrgäste vorsieht. ... Die Berechnungsformel für den Härteausgleich nach § 62 Abs. 5 SchwbG stellt sicher, dass sich bei der Berechnung der Erstattung des Fahrgeldausfalles ein überdurchschnittlich hoher Anteil an unentgeltlich zu befördernden Schwerbehinderten unmittelbar auf die absolute Höhe des Erstattungsanspruchs auswirkt: Je höher der Anteil der wegen Schwerbehinderung unentgeltlich zu befördernden Fahrgäste an der Gesamtzahl der Fahrgäste ist, desto höher fällt hiernach die Erstattungsleistung aus. Nach der vom Berufungsgericht bezeichneten Formel zur Berechnung des zu erstattenden Fahrgeldausfalles, die im Einklang mit § 62 Abs. 5 SchwbG auf das Verhältnis zwischen den unentgeltlich beförderten Fahrgästen und den sonstigen Fahrgästen abstellt, besteht insoweit ein linearer Zusammenhang. Für die verfassungsrechtliche Prüfung keine andere Beurteilung ergäbe sich bei einer Berechnung, nach der bei wachsendem Anteil unentgeltlich zu befördernder Schwerbehinderter zwar der absolute Erstattungsbetrag stiege, indes der relative Erstattungsbetrag (Erstattungsbetrag je unentgeltlich beförderter schwerbehinderter Person) sänke. Ein relativ sinkender Erstattungsbetrag je befördertem Schwerbehinderten bei wachsendem Anteil schwerbehinderter Personen am Gesamtfahrgastaufkommen begründete für sich allein noch keine ernsthaften verfassungsrechtlichen Zweifel. Wegen des im öffentlichen Personennahverkehr hohen Anteils der Fixkosten (Personal, Transportmittel) an den Gestehungskosten und der hieraus folgenden Abhängigkeit der relativen Beförderungskosten (je Fahrgast) von der Auslastung kann in diesem Bereich nicht durchweg von gleich bleibenden (absoluten) Aufwendungen je befördertem Fahrgast ausgegangen werden."
Soweit die Klägerin gegen den sowohl in der oben wieder gegebenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als auch in dem Urteil des Verwaltungsgerichts unter Bezugnahme auf diese Entscheidung zur Rechtfertigung der pauschalen Erstattung bis zu der genannten Ein-Drittel-Grenze u. a. angeführten Gesichtspunkt der Abhängigkeit der Transportkosten von den Fixkosten und der Auslastung der Unternehmen einwendet, dass dies eine nicht näher belegte Annahme sei, die sich schon mit dem Hinweis darauf widerlegen lasse, dass größere Zahlen Schwerbehinderter zum Einsatz größerer Fahrzeuge zwängen und dadurch die Fixkosten stiegen, greift dieser Einwand nicht. Denn auch wenn letzterer Hinweis der Klägerin (in Einzelfällen) zutreffen sollte, ändert dies nichts daran, dass - wie das Bundesverwaltungsgericht in der oben wieder gegebenen Entscheidung ausgeführt hat - wegen des im öffentlichen Personennahverkehrs hohen Anteils der Fixkosten und der hieraus folgenden Abhängigkeit der relativen Beförderungskosten je Fahrgast von der Auslastung in diesem Bereich nicht durchweg von gleich bleibenden absoluten Aufwendungen je befördertem Fahrgast ausgegangen werden kann.
Demnach ist höchstrichterlich geklärt, dass eine pauschale Erstattungsregelung, die zur Folge hat, dass Verkehrsunternehmen Fahrgeldausfälle bis zu einem Drittel des Landesprozentsatzes selbst tragen müssen, verfassungskonform ist. Dann stellt aber auch der nach § 148 SGB IX Fassung 2005 vorgesehene maximale Selbstbehalt von einem Drittel, der der pauschalen Erstattung zugeordnet ist, weil die zusätzliche individuelle Erstattung erst über der Ein-Drittel-Grenze einsetzt, entgegen der Auffassung der Klägerin weder eine unverhältnismäßig hohe Belastung noch eine unzumutbare Ungleichbehandlung der betroffenen Verkehrsunternehmen im Vergleich zu den Verkehrsunternehmen dar, die durchschnittlich viele Schwerbehinderte entsprechend dem Landesprozentsatz oder weniger befördern.
Dies gilt umso mehr, als die Berechnung des Landesprozentsatzes gemäß § 148 Abs. 4 SGB IX durch die Streichung des Zuschlages von 20 % zu der Zahl der im betreffenden Kalenderjahr ausgegebenen Wertmarken und die Berücksichtigung nur noch der Hälfte der Schwerbehindertenausweise, bei denen die Notwendigkeit einer Begleitung eingetragen ist, im Hinblick darauf, dass der öffentliche Personennahverkehr nicht in dem ursprünglich angenommenen Maße von schwerbehinderten Menschen in Anspruch genommen wird (BT-Drucks. 15/2357, S.26, und BT-Drucks. 15/4228, S. 31), geändert worden und dadurch der Landesprozentsatz im Land Niedersachsen nach den zutreffenden Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil von 3,63 % im Jahr 2004 auf 2,59 % im Jahr 2005 gesunken ist. Dadurch ist auch der Anteil von mehr als einem Drittel, um den die Zahl der unentgeltlich beförderten Fahrgäste über dem Landesprozentsatz liegen muss, um in den Bereich der zusätzlichen individuellen Erstattung zu gelangen, auf nur noch etwas mehr als 0,86 % im Jahr 2005 gefallen. Bei einem derart niedrigen Prozentsatz, dessen relatives Gewicht bezogen auf die Gesamtaufwendungen mit der Zahl der unentgeltlich beförderten schwerbehinderten Fahrgäste und der damit insgesamt steigenden Erstattung nach § 148 Abs. 5 SGB IX ohnehin sinkt, kann von einer unverhältnismäßigen Belastung keine Rede sein, wenn dieses Drittel unberücksichtigt bleibt.
Soweit die Klägerin im Hinblick auf die Änderungen der Berechnung des Landesprozentsatzes darauf hinweist, dass dadurch der Landesprozentsatz für die pauschale Erstattung gesunken und damit die Belastung der Verkehrsunternehmen allgemein gestiegen sei, betrifft dies nicht die Verkehrsunternehmen, die - wie die Klägerin - die genannte Ein-Drittel-Grenze überschreiten und daher zusätzlich zu der (niedrigeren) Erstattung nach dem Landesprozentsatz die Erstattung nach dem von ihnen nachgewiesenen Prozentsatz unentgeltlich beförderter Schwerbehinderter oberhalb der Ein-Drittel-Grenze in Anspruch nehmen können. Für diese Gruppe erweist sich die mit diesen Änderungen verbundene Senkung der Ein-Drittel-Grenze nach dem oben Gesagten vielmehr als begünstigend, da sie dadurch die Ein-Drittel-Grenze eher überwindet und in den Genuss der zusätzlichen individuellen Erstattung gelangen kann und zudem der bei der Berechnung nicht berücksichtigte Selbstbehalt von einem Drittel geringer ausfällt.
Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich, die die Verfassungswidrigkeit der Erstattungsregelung des § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX Fassung 2005 nach Maßgabe der bei der vorliegenden Berufsausübungsregelung nach Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG zu beachtenden Kriterien begründen könnten. Die Neuregelung des § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX ist entgegen der Auffassung der Klägerin durch einen vernünftigen sachlichen Grund gerechtfertigt und verstößt auch nicht gegen die Kriterien der Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit.
Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, dass Regelungen, die einzelne Personengruppen bevorzugen oder benachteiligen, aufgrund einer an der Gerechtigkeit orientierten Betrachtungsweise den geregelten Lebenssachverhalten entsprechen und durch vernünftige sachliche Gründe gerechtfertigt sind. Der Gesetzgeber muss die betroffenen Personenkreise sachgerecht auswählen und abgrenzen (Schmidt-Bleibtreu, GG, Kommentar, 11. Aufl. 2008, Art. 3 Rn. 18 und 20 m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG). Dabei bleibt es grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er die gleiche Rechtsfolge knüpfen, die er also im Rechtssinn als gleich behandeln will. Allerdings muss er die Auswahl der gleich zu behandelnden Sachverhalte sachgerecht treffen und hat dabei tatsächliche Ungleichheiten zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht außer Betracht bleiben dürfen ( BVerfG, Urteil vom 13.2.2007 - 1 BvR 910/05 u. a. -, BVerfGE 118, 1), wobei zur Vermeidung eines unvertretbaren Aufwandes auch pauschalierende Lösungen, die auf typische Fälle abstellen, zulässig sind, wie dies das Bundesverfassungsgericht speziell für die Regelung der Erstattung der Fahrgeldausfälle wegen der unentgeltlichen Beförderung Schwerbehinderter festgestellt hat (Beschluss vom 17.10.1984, a.a.O.; hierzu auch v. Mangoldt, GG, Kommentar, 5. Aufl. 2005, Art. 3 Rn. 23). Der Gesetzgeber muss ferner die bei der Ordnung eines Lebenssachverhalts zugrunde gelegten Wertentscheidungen nach den seinen Gestaltungsspielraum insofern einengenden Kriterien der Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit auch konsequent durchhalten, wobei er seine Vernünftigkeitskriterien allerdings auch neu ausrichten und Sachverhalte neu und anders bewerten kann (v. Mangoldt, a.a.O., Art. 3 Rn. 44 f. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG).
Hier ist die Änderung des § 148 Abs. 5 SGB IX in dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 15/4228, S. 31) wie folgt begründet worden:
"Das System der individuellen Abrechnung benachteiligt Unternehmen, die zwar überdurchschnittlich viele schwerbehinderte Menschen befördern, die aber noch unter der Ein-Drittel-Grenze liegen: Wird die Grenze nicht erreicht, erhalten die Unternehmen für ihren Mehraufwand keine zusätzliche Erstattung, wird die Grenze überschritten, wird der gesamte Mehraufwand erstattet. Das Bundesverfassungsgericht hat die Zulässigkeit einer pauschalierten Abrechnung grundsätzlich bejaht und damit auch anerkannt, dass es in gewissem Umfang (hier bis zu der Ein-Drittel-Grenze) Unschärfen geben kann, die im Wesen der Pauschalisierung begründet liegen. Auf dieser Grundlage sieht der Gesetzesentwurf vor, dass künftig alle Unternehmen, die überdurchschnittlich viele schwerbehinderte Menschen befördern, eine Erstattung auf der Grundlage des Landessatzes erhalten sowie zusätzlich der Teil der Mehrkosten erstattet wird, der jenseits der Ein-Drittel-Grenze liegt. Der Selbstbehalt, der für die Unternehmen, die die Ein-Drittel-Grenze nicht überschreiten, heute schon gilt, wird also für alle Unternehmen, die überdurchschnittlich viele schwerbehinderte Menschen befördern, verbindlich gemacht. Dies baut eine heute bestehende Ungleichbehandlung der Verkehrsunternehmen ab und trägt außerdem zu den notwendigen Einsparungen bei, ohne die schwerbehinderten Menschen zu belasten."
Die gesetzgeberische Umsetzung des in der Begründung des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung genannten Gesichtspunkts, dass der Selbstbehalt in Höhe des bezeichneten Drittels generell unberücksichtigt bleiben soll, um die Ungleichbehandlung nach der alten Erstattungsregelung im Verhältnis der Verkehrsunternehmen, die die Ein-Drittel-Grenze nicht erreichten und deshalb auch bei überdurchschnittlich vielen unentgeltlich beförderten schwerbehinderten Menschen nur die pauschale Erstattung erhielten, zu den Verkehrsunternehmen, die diese Grenze überschritten und die deshalb die individuelle Erstattung uneingeschränkt beanspruchen konnten, abzubauen, ist zwar aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zwingend geboten gewesen; ansonsten wäre die alte Härteklausel vom Bundesverfassungsgericht und vom Bundesverwaltungsgericht als verfassungswidrig angesehen worden. Der o. g. Gesichtspunkt ist aber gleichwohl ohne weiteres geeignet, die Neuregelung der Erstattung der Fahrgeldausfälle in § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG als eine von mehreren möglichen verfassungsgemäßen Regelungen zu rechtfertigen. Denn es stellt einen überzeugenden sachlichen Grund dar und entspricht einer an der Gerechtigkeit orientierten Betrachtungsweise, Unternehmen, die überdurchschnittlich viele Schwerbehinderte unentgeltlich befördern und die Ein-Drittel-Grenze überschreiten, nicht besser als die Unternehmen zu stellen, die ebenfalls überdurchschnittlich viele schwerbehinderte Menschen unentgeltlich befördern, aber die Ein-Drittel-Grenze nicht erreichen.
§ 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX Fassung 2005 verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin, die sich insoweit auf das von ihr vorgelegte Gutachten mit dem Titel "Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung des § 148 SGB IX" von Prof. Dr. Jarass aus dem Jahr 2006 stützt, auch nicht gegen die Kriterien der Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit. Vielmehr bestätigt gerade die Prüfung anhand dieser Kriterien, dass die Neuregelung der Erstattung in § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.
Das vom Gesetzgeber bei der Neuregelung der Erstattung der Fahrgeldausfälle wegen der Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personennahverkehr gewählte Modell ist eine in sich konsequente und folgerichtige Neustrukturierung der Erstattung der Fahrgeldausfälle wegen der unentgeltlichen Beförderung schwerbehinderter Menschen. Denn nach der neuen Regelung bleibt der Bereich von einem Drittel zwischen dem Landesprozentsatz und der genannten Ein-Drittel-Grenze konsequent und insofern dem Gerechtigkeitsgedanken im Vergleich zu der alten Regelung in einem höheren Maße entsprechend in allen Erstattungsfällen unberücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Klägerin und von Prof. Dr. Jarass werden die Bereiche pauschaler und individueller Erstattung keineswegs vermengt. Es wird vielmehr der Bereich der pauschalen Erstattung - Fahrgastzahlen entsprechend dem Landesprozentsatz und bis zu einem Drittel darüber - von dem Bereich der individuellen Erstattung - Fahrgastzahlen über der Ein-Drittel-Grenze - konsequent getrennt. Während nach der alten Erstattungsregelung entweder eine pauschale oder eine individuelle Erstattung erfolgte, weil bei einem Überschreiten der Ein-Drittel-Grenze die individuelle an die Stelle der pauschalen Erstattung trat und diese daher sozusagen "nebeneinander" gestellt waren, sind nach der neuen Erstattungsregelung beide Bereiche "horizontal" voneinander getrennt. Die individuelle Erstattung findet nur für die über der Ein-Drittel-Grenze liegenden Beförderungsfälle statt. Dies hat zur Folge, dass in allen Fällen der Beförderung überdurchschnittlich vieler Schwerbehinderter ein Selbstbehalt bis zu einem Drittel des Landesprozentsatzes erfolgt und dadurch die nach der alten Erstattungsregelung entstandene Ungleichbehandlung der Verkehrsunternehmen, deren Fahrgastzahlen (knapp) unter der Ein-Drittel-Grenze bleiben, im Verhältnis zu den Unternehmen, deren Fahrgastzahlen (knapp) darüber liegen, vermieden wird. Auch wenn diese Ausgestaltung der Erstattungsregelung - wie bereits dargelegt - verfassungsrechtlich nicht zwingend geboten ist, stellt sie doch nach den hier maßgeblichen Wertungen und Vernünftigkeitsraster (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9.2.1982 - 2 BvL 6/78 u. a. -, BVerfGE 60, 16) eine vernünftige, dem Gerechtigkeitsgedanken entsprechende, systemgerechte und folgerichtige Neustrukturierung der Erstattung der Fahrgeldausfälle wegen der unentgeltlichen Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personennahverkehr dar.
Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, dass der generelle Abzug eines Drittels in dem Bereich der individuellen Erstattung einen Fremdkörper darstelle. Dieser Einwand, der sich auf das von der Klägerin vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. Jarass stützt, geht fehl, weil er auf der unzutreffenden Annahme beruht, dass der Abzug eines Drittels nach § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX im Bereich der individuellen Erstattung erfolgt. Nach der oben dargestellten neuen Struktur der Erstattung der Fahrgeldausfälle findet eine individuelle Erstattung gemäß § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX nur für die über der Ein-Drittel-Grenze liegenden Beförderungsfälle statt. Diese Erstattung erfolgt in vollem Umfang. Die Unterdeckung von einem Drittel ist daher nicht auf einen Abzug bei der individuellen Erstattung, sondern darauf zurückzuführen, dass in dem Bereich bis zu der Ein-Drittel-Grenze lediglich eine pauschale Erstattung nach dem Landesprozentsatz erfolgt.
Die Klägerin kann schließlich auch nicht mit Erfolg einwenden, die Änderung des § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX führe zu einer nicht gerechtfertigten Schlechterstellung der Verkehrsunternehmen, die die Ein-Drittel-Grenze überwinden und damit stets einen Selbstbehalt von einem Drittel tragen müssen, gegenüber den Verkehrsunternehmen, die den Landesprozentsatz, aber nicht die Ein-Drittel-Grenze überschreiten und damit zumindest im Durchschnitt nur einen Selbstbehalt in Höhe eines Sechstels des Landesprozentsatzes tragen müssen. Denn dieser Vergleich ist verfehlt, weil der Gesetzgeber durch die Neuregelung der Erstattung die Bereiche der pauschalen und der individuellen Erstattung in allen Erstattungsfällen konsequent und klar und insofern auch in einem höheren Maße einer an der Gerechtigkeit orientierten Betrachtungsweise entsprechend voneinander getrennt hat. Im Übrigen berücksichtigt er nicht, dass im Bereich der individuellen Erstattung die Erstattung der Fahrgeldausfälle oberhalb der Ein-Drittel-Grenze linear erfolgt, während die Kosten im Verhältnis zu der Zahl der Fahrgäste wegen des hohen Anteils der Fixkosten im Personennahverkehr nur degressiv steigen, wodurch die Verkehrsunternehmen begünstigt sind, die über dieser Grenze liegen.