Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.05.2009, Az.: 4 PA 70/09
Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei Beendigung eines Verfahrens vor der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag durch Vergleich, Klagerücknahme oder beiderseitige Erledigungserklärungen
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 05.05.2009
- Aktenzeichen
- 4 PA 70/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 14861
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2009:0505.4PA70.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Lüneburg - 10.02.2009 - AZ: 4 A 240/07
Rechtsgrundlagen
- § 166 VwGO
- § 114 ZPO
- § 117 ZPO
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt grundsätzlich nicht mehr in Betracht, wenn das Verfahren vor der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag durch Vergleich, Klagerücknahme oder beiderseitige Erledigungserklärungen beendet worden ist. Etwas anderes gilt aus Gründen der Billigkeit lediglich dann, wenn sich das Verfahren ohne Zutun des Klägers erledigt hat oder wenn dieser vor dem Wegfall der Rechtshängigkeit alles ihm Zumutbare getan hat, um eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zu erreichen.
- 2.
Tritt Bewilligungsreife für die begehrte Prozesskostenhilfe erst nach Abschluss der Instanz ein, weil die nach § 166 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorzulegenden Erklärungen erst nach diesem Zeitpunkt übermittelt werden, scheidet eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Beschwerdeverfahren aus.
Zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Erledigung der Hauptsache
Gründe
Der Kläger zu 3. begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine Klage, die auf Aufhebung eines Rücknahmebescheides des Beklagten betreffend gewährte Leistungen der Hilfe zur Pflege gemäß § 68 BSHG gerichtet war.
Das Verfahren erster Instanz wurde in der Hauptsache durch einen in der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2009 geschlossenen Vergleich beendet. Mit Beschluss vom selben Tage, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zu 3. zugestellt am 13. Februar 2009, hat das Verwaltungsgericht dem Kläger zu 3. die beantragte Prozesskostenhilfe versagt, weil dieser trotz Aufforderung vom 15. Dezember 2008 eine aktuelle Erklärung über seine persönlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht vorgelegt hat. Hiergegen hat der Kläger zu 3. am 27. Februar 2009 Beschwerde erhoben und mit Schriftsatz vom 4. März 2009 die geforderte aktuelle Erklärung über seine persönlichen und rechtlichen Verhältnisse übersandt.
Die gegen die Ablehnung seines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhobene Beschwerde des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe scheitert schon daran, dass das Klageverfahren aufgrund eines Vergleichs bereits vor der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag beendet gewesen ist. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO grundsätzlich voraus, dass die Rechtsverfolgung noch beabsichtigt ist. Deshalb kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht mehr in Betracht, wenn das Verfahren vor der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag durch Vergleich, Klagerücknahme oder beiderseitige Erledigungserklärungen beendet worden ist (Senatsbeschl. v. 19.2.2008 - 4 PA 636/07 - u. v. 4.10.2006 - 4 PA 169/06 -; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 15. Aufl., § 166 Rn. 14 m.w.N.). Etwas anderes gilt aus Gründen der Billigkeit lediglich dann, wenn sich das Verfahren ohne Zutun des Klägers erledigt hat oder wenn dieser vor dem Wegfall der Rechtshängigkeit alles ihm Zumutbare getan hat, um eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zu erreichen (Senatsbeschl. v. 19.2.2008 - 4 PA 636/07 - u. v. 4.10.2006 - 4 PA 169/06 -; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 166 Rn. 14).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn zum einen hat sich das erstinstanzliche Verfahren nicht ohne Zutun des Klägers zu 3. erledigt, hat dieser doch aktiv an der Beendigung des Verfahrens durch den Vergleichsschluss in der mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2009 mitgewirkt. Zum anderen hat der Kläger zu 3. vor Abgabe seiner auf den Vergleichsschluss gerichteten Willenserklärung nicht ausdrücklich um eine sofortige Bescheidung seines Prozesskostenhilfeantrags gebeten.
Darüber hinaus hat der Kläger die gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderliche und - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 26.10.2007 - 24 C 07.2530 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 16.6.1992 - 18 E 275/91.A -, NVwZ-RR 1993, 168) - aktualisierte Erklärung und die Belege zum Nachweis seiner Bedürftigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht entgegen der Aufforderung des Verwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2008 nicht bis zur mündlichen Verhandlung und damit nicht vor dem Vergleichsschluss beigebracht, so dass sein Prozesskostenhilfegesuch im Zeitpunkt des Wegfalls der Rechtshängigkeit nicht entscheidungsreif gewesen ist. Da allein maßgebend ist, ob das Prozesskostenhilfegesuch in diesem Zeitpunkt entscheidungsreif gewesen ist, kann die nachträgliche Vorlage der aktuellen Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Beschwerdeverfahren seiner Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen (Senatsbeschl. v. 4.10.2006 - 4 PA 169/06 -; ). Tritt Bewilligungsreife für die begehrte Prozesskostenhilfe erst nach Abschluss der Instanz ein, weil die nach § 166 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorzulegenden Erklärungen erst nach diesem Zeitpunkt übermittelt werden, scheidet folglich eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus (vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.6.1997 - 10 WF 20/97 -, FamRZ 1998, 249 f.; OLG Bamberg, Beschl. v 9.1.1997 - 7 WF 190/96 -; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rn. 504).